Vorhofflimmern ist eine der häufigsten Rhythmusstörungen des Herzens. Das Herz schlägt dabei schneller und unregelmäßig. Im Gegensatz zu Kammerflimmern ist Vorhofflimmern meistens nicht lebensgefährlich. Allerdings drohen schwerwiegende Komplikationen, wie ein Schlaganfall, eine Lungenembolie oder eine Unterversorgung verschiedener Organe durch ein Blutgerinnsel. Eine zeitnahe Behandlung ist daher ein Muss.
Wenn ein gesundes Herz regelmäßig schlägt, kann fortwährend Blut durch den gesamten Körper gepumpt werden, um die Sauer- und Nährstoffversorgung der einzelnen Organe sicherzustellen. Dazu müssen die Vorhöfe und Kammern des Herzens als perfektes Team fungieren. Nachdem sich die Vorhöfe des Herzens zusammengezogen haben, fließt das Blut in die linke und rechte Herzkammer. Diese ziehen sich anschließend aufeinander abgestimmt zusammen und pumpen das mit Sauerstoff angereichte Blut in den Organismus. So stellt das Herz die Blutversorgung des Organismus sicher. Ist ein Patient von Vorhofflimmern betroffen, schlägt sein Herz hingegen nicht mehr in dem gewohnten Takt. Die Vorhöfe sind nicht mehr in der Lage durch Kontraktion Blut zu transportieren. Die Sauerstoffversorgung des Organismus ist gefährdet.
Im Normalfall erfolgt die Koordination des Zusammenziehens des Herzens durch die Herzzellen. Sie sind dafür zuständig, dass die elektrischen Signale, die vom Sinusknoten ausgehen, an die Kammern weitergeleitet werden. Der Impuls führt dazu, dass sich die Kammern wie vorgesehen zusammenziehen. Kommt es zum Vorhofflimmern, dann funktioniert dieser Prozess nicht mehr. Grund dafür sind unkoordinierte elektrische Impulse im Bereich der Vorhöfe.
Die elektrischen Impulse „kreisen“ chaotisch innerhalb der Vorhöfe. Die Vorhöfe zucken stark, was als „Flimmern“ bezeichnet wird. Somit sind die Vorhöfe des Herzens nicht mehr in der Lage, Blut in die Herzkammern zu transportieren. Das Blut steht in den Vorhöfen. Es wird nur noch passiv durch die Kontraktion der Herzkammern angesaugt und weiterbewegt. Beim Vorhofflimmern lassen sich Vorhoffrequenzen von 350 bis 600 Schlägen pro Minute errechnen. Der AV-Knoten schützt die Kammern vor zu schnellem Herzschlag. Die fehlgesteuerten Impulse dringen nur unregelmäßig und in einem geringen Ausmaß zu den Kammern vor. Der so entstehende unregelmäßige Puls wird als absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern bezeichnet.
Somit ist der AV-Knoten nicht nur für die Impulsweiterleitung zwischen Vorhof und Kammern verantwortlich. Vielmehr erfüllt er eine Schutzfunktion. Er kann die meisten unkoordinierten Impulse von den Kammern fernhalten. Trotz der Filterfunktion des AV-Knotens sollte Vorhofflimmern nicht unbehandelt bleiben. Vorhofflimmern kann schließlich schwerwiegende Komplikationen auslösen. Dadurch, dass sich das Blut in den Vorhöfen nicht bewegt, kann es zur Bildung von Blutgerinnsel kommen, die einen Schlaganfall oder eine Lungenembolie auslösen können. Zudem wird eine Behandlung immer schwieriger, je länger man abwartet. Im Anfangsstadium sind die Patienten oftmals anfallsartig von Vorhofflimmern betroffen. Häufig enden diese Episoden spontan. Dann ist von paroxysmalem Vorhofflimmern die Rede.
Es wird hauptsächlich zwischen drei Arten von Vorhofflimmern unterschieden:
Das paroxysmale Vorhofflimmern tritt anfallsartig auf und verschwindet in der Regel von alleine innerhalb von 48 Stunden. Das persistierende Vorhofflimmern dauert länger als sieben Tage und lässt sich nur mit Medikamenten beenden. Als langanhaltendes persistierendes Vorhofflimmern wird ein Vorhofflimmern bezeichnet, das nach einer Dauer von einem Jahr medizinisch behandelt wird. Bei dem permanenten Vorhofflimmern handelt es sich um eine fortgeschrittene Erkrankung. Ein permanentes Vorhofflimmern wird vom Patienten akzeptiert und eine medizinische Behandlung nicht vorgesehen.
Die Liste der möglichen Ursachen, die ein Vorhofflimmern auslösen können, ist lang. Teilweise lösen mehrere Faktoren das Vorhofflimmern in Kombination aus:
Bei Stress handelt es sich nur selten um die wahre Ursache von Vorhofflimmern. Allerdings kann es passieren, dass Patienten, die ohnehin an episodenhaftem Vorhofflimmern leiden, von Vorhofflimmern heimgesucht werden, wenn sie gestresst sind. Vorhofflimmern betrifft rund 2,2 Prozent der Bevölkerung. Ungefähr 4 Prozent der über 60-Jährigen und 10 Prozent der über 80-Jährigen sind davon betroffen. Vorhofflimmern tritt vor allem bei Menschen mit höherem Lebensalter auf.
Nicht alle Patienten bemerken, dass sie von Vorhofflimmern betroffen sind. Dies hängt vor allem von der Höhe der Herzfrequenz ab. Wenn Vorhofflimmern mit Herzrasen gepaart ist, nehmen es Betroffene eher wahr. Über 30 Prozent der Vorhofflimmer-Patienten sind beschwerdefrei. Grundsätzlich können folgende Symptome auf Vorhofflimmern hinweisen:
Welche Therapiemaßnahme zu ergreifen ist, hängt von der Art des Vorhofflimmerns ab. Anfallsartiges Vorhofflimmern bedarf meist keiner Therapie. Es endet mit hoher Wahrscheinlichkeit spontan und bedarf keiner medikamentösen Therapie. Je häufiger es zu Vorhofflimmern kommt, desto unwahrscheinlicher ist es, dass sie von alleine wieder verschwinden. Wenn man nicht mehr davon ausgehen kann, dass das Herz wieder in seinen normalen Rhythmus kommt, dann ist eine rasche Therapie sinnvoll.
Bei der Behandlung von Vorhofflimmern werden drei verschiedene Maßnahmen unterschieden. Eine passende Therapie wird der Arzt vorschlagen:
Das Ziel der Behandlung ist es, den Sinusrhythmus des Herzens (den normalen Rhythmus) wieder herzustellen. Bei neu auftretenden Vorhofflimmern ist die Wahrscheinlichkeit am höchsten, dass es gelingt. In Frage kommt eine medikamentöse Therapie (chemische Kardioversion) oder eine Behandlung mit Strom (elektrische Kardioversion). Bei der Elektrokardioversion wird dem Herzen ein massiver Stromstoß verpasst. Das erfolgt in Vollnarkose. Für einen kurzen Moment werden alle Herzmuskeln gleichzeitig erregt. Der Sinusknoten erholt sich als erstes Reizbildungszentrum und gibt im optimalen Fall beim Herzrhythmus wieder den Ton an. Bei einigen Patienten ist es sinnvoll, den Vorhof von innen mit einem Katheter mit Strom zu behandeln (Vorhofablation).
Bevor die Therapiemaßnahmen ergriffen werden, gilt es sicherzustellen, dass sich kein Gerinnsel im Bereich der Vorhöfe gebildet hat. Daher wird eine Ultraschalluntersuchung (transösophageale Echokardiografie) angeordnet, um dies mit einem bildgebenden Verfahren zu überprüfen. Bei erstmaligem Vorhofflimmern, bei dem der Patient symptomfrei ist, kommen gerinnungshemmende Arzneimittel gefolgt von einer Kardioversion nach ca. drei Wochen zum Einsatz. Eine Ultraschallkontrolle ist in diesem Fall nicht erforderlich.
Mit einer medikamentösen Therapie versucht man, die Herzfrequenz zu senken. So kann das Herz wieder effektiver arbeiten und das Risiko einer Herzinsuffizienz reduziert werden. Um Rückfälle vorzubeugen, werden Medikamente wie Beta-Blocker oder Antiarrhythmika wie Amiodaron, Dronedaron, Flecainid oder Propafenon gegeben. Trotz aller Bemühungen, gelingt es nur in 50 Prozent der Fälle, das Wiederauftreten von Vorhofflimmern zu verhindern.
Wenn die Elektrokardioversion oder die medikamentöse Therapie ohne Erfolg sind, dann gilt es abzuwägen, ob das Herz unbedingt wieder in einen regulären Rhythmus gebracht werden muss. Wenn es gut Gründe dafür gibt, dann kann eine Katheterablation durchgeführt werden. Bei diesem Eingriff geht es darum, zu verhindern, dass ein bestimmter Bereich, der im linken Herzvorhof anzutreffen ist, in Zukunft Störerregungen aussenden kann. Damit dies nicht mehr passiert, wird der genannte Bereich mittels eines Katheters, der von der Leiste durch die große Hohlvene bis zum Herzen vorgeschoben wird, verödet. Die Erfolgsquote beträgt 60 bis 80 Prozent. Nach einer Wiederholung der Behandlung liegt die Erfolgsquote sogar bei 90 Prozent.
Verzichtet man auf eine Kathetherablation, zielt die Therapie darauf ab, die Pulsfrequenz zu regulieren, ohne den regulären Rhythmus wiederherzustellen. Um die Pulsfrequenz zu stabilisieren und zu senken, kommen speziellen Arzneimittel zum Einsatz: Betablocker oder Calciumantagonisten (Digitalis oder Substanzen vom Verapamil-Typ). Ein Absenken der Herzfrequenz ist in dem Maße erstrebenswert, dass der Betroffene von seiner Herzrhythmusstörung so wenig wie möglich beeinträchtigt wird und möglichst symptomfrei ist. Diese Therapiemaßnahme wird vor allem bei älteren Patienten in Betracht gezogen.
Wenn es nicht gelingen sollte, den Sinusrhythmus des Herzens wieder herzustellen, dann ist eine lebenslange Embolieprophylaxe notwendig. Mit Medikamenten kann das Embolierisiko und damit das Risiko von Schlaganfall und Lungenembolie verringert werden.
Vorhofflimmern ist behandlungsbedürftig. Bleibt eine Therapie aus, droht ein Schlaganfall. Das Schlaganfallrisiko ist vierfach erhöht. Die Therapie sollte so schnell wie möglich erfolgen, da es sonst zu Herzmuskelveränderungen kommen kann, die eine Behandlung erschweren. Wenn Vorhofflimmern über einen längeren Zeitraum unbehandelt bleibt, führt dies zu einer Vergrößerung der Vorhöfe. Auch die Gewebe- und Muskelzellenbeschaffenheit verändern sich zu Ungunsten der Patienten. Nicht immer ist eine zeitnahe Therapie möglich, weil viele Betroffene keine Symptome aufweisen. Dass sie von Vorhofflimmern betroffen sind, wird oftmals zufällig festgestellt, da ein EKG aus einem anderen Grund angeordnet wurde.
Vorhofflimmern wird nicht nur deshalb zum Problem, da die Kammern ihrer Pumparbeit nicht mehr wie gewohnt durch die Vorhöfe unterstützt werden. Vielmehr kann sich Blut in einzelnen Vorhofmuskulatur-Nischen ansammeln, so dass sich gefährliche Gerinnsel bilden. Löst sich der Thrombus, kann er die Arterie verschiedener Organe verstopfen und somit nicht nur einen Schlaganfall nach sich ziehen. Eine Verstopfung einer Organarterie bedeutet, dass das betroffene Organ oder der betroffene Bereich schlechter oder gar nicht mehr mit Blut versorgt werden kann, was die Organfunktion beeinträchtigt.
Die Prognose hängt von der auslösenden Erkrankung ab, die das Vorhofflimmern verursacht. Ob bereits eine Organarterie verstopft ist oder das Vorhofflimmern lange unbehandelt besteht, wirkt sich ebenfalls auf die Prognose aus. Menschen, die aufgrund verschiedener Herzkrankheiten an Vorhofflimmern leiden, müssen von einer schlechteren Prognose ausgehen. Patienten, bei denen die Ursache gut zu behandeln ist (zum Beispiel eine Schilddrüsenüberfunktion) haben gute Heilaussichten.
aktualisiert am 16.11.2023