Der Sinusknoten ist der primäre Schrittmacher des Herzens. Er ist der Impulsgeber, der die elektrischen Erregungen liefert, die das Herz zum Schlagen bringen. Selbstverständlich ist ein komplexes Leitsystem nötig, damit diese Impulse bei allen Herzmuskelzellen ankommen. Dennoch ist es vorrangig der Sinusknoten, der für den regelmäßigen Herzschlag sorgt und dessen Geschwindigkeit definiert. Kann der Sinusknoten diese Aufgabe nicht mehr wie vorgesehen übernehmen, sind die Patienten vom Sick-Sinus-Syndrom betroffen. Dies kann schwerwiegende Folgen für das Leben der Betroffen haben und erfordert in vielen Fällen eine Therapie mit einem Herzschrittmacher oder mit Medikamenten.
Das Sick-Sinus-Syndrom wird auch als Sinusknotensyndrom bezeichnet und „SSS“ abgekürzt. Kommt es zu der Funktionsstörung des Sinusknotens, dann kann das Herz sowohl zu langsam als auch zu schnell schlagen. Dies hängt von der genauen Form der Herzrhythmusstörung ab, die aufgrund des geschädigten Sinusknotens entsteht. Üblicherweise gelten folgende Rhythmusstörungen als Formen des Sick-Sinus-Syndroms:
Das Sick-Sinus-Syndrom ist häufig bei älteren Menschen zu beobachten, die nicht selten schon von einer weiteren Herzrhythmusstörung geplagt werden. Meist sind Patienten über 50 Jahre betroffen, wobei ungefähr die gleiche Erkrankungshäufigkeit bei Frauen und Männern zu erwarten ist. Dieses Syndrom gibt in Deutschland bei rund 30 Prozent der durchgeführten Herzschrittmacherimplantationen den Ausschlag für diese Operation. Selbst Kinder können an dem Sinusknotensyndrom erkranken, wobei dies oft nach Operationen aufgrund angeborener Herzfehler der Fall ist.
Neben den genannten Rhythmusstörungen werden prinzipiell weitere Herzrhythmusstörungen ebenfalls unter dem Oberbegriff des Sinusknotensyndroms zusammengefasst. Dazu gehören:
Im praktischen Sprachgebrauch der Ärzte gehören diese jedoch nicht zum Sick-Sinus-Syndrom.
Wenn das Sinusknotensyndrom in seiner leichten Form auftritt, wissen die Patienten oftmals nicht um ihre Krankheit. Kommt es zu einem verlangsamten oder erhöhten Herzschlag, dann können die gängigen Symptome einer Rhythmusstörung des Herzens auftreten. Welche der Symptome auftreten, ist davon abhängig, ob sich der Herzschlag durch das Sinusknotensyndrom verlangsamt, das Herz zu schnell schlägt oder die Impulsübertragung zeitweise oder komplett ausfällt. Schlägt das Herz zu langsam, dann können folgende Anzeichen vorkommen:
Ein zu schneller Herzschlag kann sich bemerkbar machen durch:
Im schlimmsten Fall besteht Lebensgefahr für die Betroffenen.
Eine Schädigung am Sinusknoten ist für das Sinusknotensyndrom und die damit einhergehenden Symptome verantwortlich. Häufig handelt es sich um Vernarbungen, aber auch andere Schäden wie eine übermäßige Dehnung können die Ursache darstellen. Oft steckt ein längerfristig hoher Blutdruck, der die Herzvorhöfe weitet, hinter einer solchen Dehnung. Andere mögliche Ursachen für Schäden am Sinusknoten sind verschiedene Herzerkrankungen oder Nebenwirkungen von Medikamenten wie Beta-Blockern.
Diese Veränderungen führen dazu, dass der Sinusknoten als Taktgeber des Herzens seiner Funktion nicht mehr korrekt nachgehen kann. Konkret kann dies bedeuten, dass zu wenige elektrische Impulse ausgesendet werden. Die verringerte Impulsanzahl führt entsprechend zu einer langsameren Herzfrequenz. In der Fachsprache wird diese Problematik als Sinusbradykardie bezeichnet. In einigen Fällen ist es so, dass das Herz der Patienten mal langsamer und dann wieder schneller schlägt (Bradykardie-Tachykardie-Syndrom).
Ebenso kann es zu einem sinuatrialen Block kommen, der als SA-Block abgekürzt wird. Dieser Block im Bereich des Sinusknotens bedeutet, dass die elektrische Signalübertragung entweder zeitweise oder dauerhaft nicht korrekt funktioniert. Die elektrischen Impulse, die normalerweise vom Sinusknoten zu den Herzmuskelzellen des Vorhofs (Atrium) weitergeleitet werden, kommen dort nicht wie vorgesehen an. Dies kann ansonsten folgenlos bleiben, aber auch Symptome wie zum Beispiel Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Schwindel verursachen oder diese verstärken. Bei einem ausgeprägten SA-Block bricht die Signalweiterleitung gänzlich zusammen.
Wenn der primäre Schrittmacher des Herzens keine elektrischen Erregungen mehr abgibt, handelt es sich um einen Sinusknotenstillstand. Dieser ist in der Fachsprache auch als Sinusknotenarrest (Sinusarrest) bekannt. Fehlt die Rhythmusvorgabe vom Sinusknoten, dann übernimmt eine andere Struktur, der AV-Knoten, als sekundärer Schrittmacher die Erzeugung der Impulse. Dann wird die Herzfrequenz langsamer (etwa 40 bis 50 Schläge pro Minute). Sofern das Herz das Ausfallen des Sinusknotens nicht durch den sekundären Schrittmacher ausgleichen kann, ist ein Herzstillstand möglich. Somit kann das Sinusknotensyndrom im schlimmsten Fall mit einer akuten Lebensgefahr für die Patienten einhergehen.
Bei Rhythmusstörungen des Herzens wird ein Elektrokardiogramm (EKG) für die Diagnosestellung verwendet. Dies ist auch in Fällen eines Sinusknotensyndroms nicht anders. Mit Hilfe von Elektroden können die Herzströme überwacht werden, wenn der Verdacht auf zu langsame, unregelmäßige oder zu schnelle Rhythmen vorliegt. Die Ergebnisse dieser Messung werden aufgezeichnet, so dass der Herzschlag über den Untersuchungszeitraum hinweg festgehalten werden kann. Ob das Herz mal zu schnell und mal zu langsam schlägt, ist auf dem EKG-Diagramm zu erkennen. Um ein aussagekräftiges Ergebnis zu erzielen, ist es teilweise erforderlich, dass die EKG-Diagnostik über einen Zeitraum von einem ganzen Tag durchgeführt wird. Eine Momentaufnahme reicht oft nicht aus, da der Herzschlag sich beim Sinusknotensyndrom in vielen Fällen immer wieder verändert. Daher wird der zuständige Arzt die Patienten mit einem Langzeit-EKG-Gerät ausstatten. Dieses Gerät tragen die Betroffen dann für einen Tag bei sich, damit die kontinuierliche Überwachung möglich ist.
Zum Teil wird ein Belastungs-EKG erforderlich. Das bedeutet, dass die EKG-Untersuchung durchgeführt wird, während sich die Patienten sportlich betätigen. Dies kann zum Beispiel auf einem Fahrradtrainer passieren. Sofern ein nicht ausreichender Anstieg der Herzfrequenz zu verzeichnen ist, liefert dies ein Indiz für das Sinusknotensyndrom.
Ebenso kann Atropin in Kombination mit einer EKG-Untersuchung zum Einsatz kommen. Das Arzneimittel wird den Patienten gespritzt, um dann die Reaktion des Körpers auf dieses Mittel für die nächsten 45 bis 60 Minuten zu überwachen. Im Normalfall reagiert der menschliche Körper auf das Mittel mit einem deutlichen Anstieg der Herzfrequenz. Fehlt diese Reaktion komplett oder steigt der Herzschlag nur in einem sehr geringen Maß an, weist der Atropin-Test auf ein vorliegendes Sinusknotensyndrom hin.
Wer vom Sick-Sinus-Syndrom betroffen ist, muss häufig einen Herzschrittmacher eingepflanzt bekommen. Wie bereits angesprochen, führen Vernarbungen oder andere Schäden im Bereich des Sinusknotens zu der genannten Symptomatik. Diese Veränderungen bleiben dauerhaft. Daher besteht keine Aussicht, dass sich der Sinusknoten erholen wird. Da der natürliche primäre Schrittmacher des Herzens somit von einer dauerhaften Funktionsstörung betroffen ist, führt bei schwerer Symptomatik oder bei Risiken kein Weg an einem implantierten Herzschrittmacher vorbei. Sind keine Symptome vorhanden, dann ist oft auch keine Behandlung notwendig.
Ein Herzschrittmacher springt für den Sinusknoten ein. Meist wird der Schrittmacher im oberen linken Brustbereich unter der Haut eingesetzt. Von dem Schrittmacher aus führen zwei Sonden zum Herzen. Der künstliche Schrittmacher greift nur dann ein, wenn der Sinusknoten ausfällt und gleicht diesen Ausfall aus.
Sofern bei der jeweiligen Form des Sick-Sinus-Syndroms auch Herzrasen auftritt, wird zusätzlich eine medikamentöse Therapie erforderlich. Dabei werden Mittel wie Beta-Blocker (Bisoprolol, Metoprolol), Amiodaron oder Dronedaron eingesetzt.
Eine rechtzeitige Therapie ist unbedingt zu empfehlen, da Patienten, die bereits an einer Herzschwäche leiden, sonst mit einer starken Verschlechterung ihres Gesundheitszustands rechnen müssen. Meist kann das Sinusknotensyndrom mit einem Schrittmacher erfolgreich therapiert werden. Allerdings gilt dies nur dann, wenn die Herzkrankheit, die für dieses Syndrom verantwortlich ist, ebenso behandelt wird und die Herzschrittmacherimplantation rechtzeitig erfolgt.
aktualisiert am 15.03.2021