Viele Arten von Herzrhythmusstörungen können die Ärzte heute mit bestimmten Medikamenten behandeln. Diese Medikamente werden einer bestimmten Gruppe zugeordnet, welche die Mediziner als Antiarrhythmika bezeichnen. Antiarrhythmika sind darauf ausgelegt, den Herzschlag des Patienten zu regulieren und zu stabilisieren. Einige dieser Medikamente verschnellern den Herzschlag bei einem zu langsamen Rhythmus. Ein zu schneller Herzrhythmus wird mit anderen entsprechenden Präparaten normalisiert, sprich verlangsamt.
Generell unterscheiden die Ärzte bei Herzrhythmusstörungen zwischen einem zu schnellen Herzschlag (Herzrasen, Tachykardie) und einem zu langsamen Herzrhythmus (Bradykardie). Als ein zu langsamer Herzschlag wird ein Rhythmus mit weniger als 60 Schlägen pro Minute definiert. Als ein zu schneller Herzrhythmus gelten mehr als 100 Schläge pro Minute. Beide Werte beziehen sich auf den Ruhezustand des Patienten, denn unter Belastung steigt die Herzfrequenz regelmäßig an. Ferner treten Herzrhythmusstörungen mitunter als ein unregelmäßiger Herzschlagrhythmus auf. Entsprechend der vorliegenden Herzrhythmusstörungen greifen die Ärzte für die Behandlung auf unterschiedliche Medikamente aus der Gruppe der Antiarrhythmika zurück.
Für die Auswahl der richtigen Behandlung und der entsprechenden Medikamente sind verschiedene Faktoren wichtig. Zuerst muss geklärt werden, unter welchen Herzrhythmusstörungen der Patient leidet. Diese werden unterteilt in:
Des Weiteren ist es für die Auswahl der Medikamente von Wichtigkeit, wo am Herz die Störungen lokal angesiedelt sind. Herzrhythmusstörungen können am Vorhof (supraventrikulär) oder in den Herzkammern (ventrikulär) auftreten. Ferner kann eine Störung der Überleitung von Herzvorhof zur Herzkammer bestehen.
Der Herzschlag resultiert generell aus einer elektrisch-mechanischen Aktion. Hierbei spielen bestimmte Ionen (geladene Teilchen von Calcium, Natrium und Kalium) eine wichtige Rolle. Elektrische Impulse werden durch ein spezielles Leitsystem am Herzen geleitet. Diese Elektroimpulse werden vom sogenannten Sinusknoten abgegeben. Der Impuls veranlasst das Herz dazu, zu schlagen. Gefiltert werden diese Impulse vom sogenannten AV-Knoten und sie verbreiten sich dort über die weiteren Anteile des Erregungsleitungssystems. Die elektrischen Impulse führen zu einem Zusammenziehen der Herzmuskeln – es kommt zur normalen Herztätigkeit. Kommt es beim Fluss dieser elektrischen Impulse zu einer Störung, können hieraus Herzrhythmusstörungen resultieren. Diese Störungen im Signalfluss lassen sich mithilfe der Antiarrhythmika beeinflussen.
Die Aktivität und Frequenz des Herzschlags und insbesondere des Sinusknotens wird durch das vegetative Nervensystem beeinflusst. Das vegetative Nervensystem setzt sich aus dem sympathischen Anteil und einem parasympathischen Anteil zusammen. Der sympathische Anteil hat unter anderem die Aufgabe, die Herzfrequenz bei Bedarf zu steigern. Der parasympathische Anteil hingegen drosselt die Herzschlagfrequenz. Auch an diesen Mechanismen wirken verschiedene Antiarrhythmika.
Mitunter kann es allerdings durch die Medikamente selbst wiederum zu Herzrhythmusstörungen kommen. Die Ärzte sprechen daher bei diesen Medikamenten von proarrhythmogenen Präparaten.
Akute Herzrhythmusstörungen behandeln die Ärzte mit Medikamenten innerhalb der Gruppe der Antiarrhythmika, die sich allgemein auf zwei unterschiedliche Arten auswirken:
Ferner unterteilen die Mediziner bestimmte Antiarrhythmika in verschiedene Klassen, die mit den römischen Ziffern von I bis IV klassifiziert werden. Diese Medikamente werden je nach Ursache bei einem zu schnellen Herzschlag verabreicht.
Darüber hinaus gibt es weitere Medikamente, die einen Einfluss auf den Herzrhythmus haben und bei verschiedenen Rhythmusstörungen eingesetzt werden, ohne dass sie in diese Gruppen eingeordnet werden.
Tachykarde Herzrhythmusstörungen werden je nach Ursache mithilfe von Antiarrhythmika der Klasse I bis IV behandelt. Die Medikamente zielen generell darauf ab, den Herzschlag zu verlangsamen und somit zu normalisieren. Zwischen diesen vier Medikamenten-Klassen gibt es jedoch einige Unterschiede.
Als Klasse-I-Antiarrhythmika gelten Medikamente, welche eine Blockade der Natriumkanäle in den Zellmembranen der Herzzellen bewirken. Das Ion Natrium kann durch diese Blockade über diese Kanäle nicht mehr in die Herzzelle eindringen. Dies macht die Zellmembran stabiler und die Empfindlichkeit für die elektrischen Signale vermindert sich. Der Herzschlag verlangsamt sich. Allerdings muss für die Wirkung der Medikamente der Natriumkanal offen und aktuell inaktiv sein. Ferner wird durch diese Wirkung eine längere Erholungszeit für die Natriumkanäle erreicht. Zu früh eintretende und unregelmäßige Herzschläge werden hierdurch im Idealfall verhindert.
Die Länge der Erholungszeit der Natriumkanäle bestimmt über die genauere Einordnung des jeweiligen Medikaments in drei Unterklassen (A, B und C). Zu den Klasse-I-Antiarrhythmika zählen verschiedene Medikamente, hauptsächlich mit den Wirkstoffen Ajmalin, Lidocain und Propafenon. Diese Medikamente verabreichen die Ärzte bei Herzrhythmusstörungen, die in der Herzkammer auftreten. Allerdings dürfen sie bei einer Herzschwäche und direkt nach einem Infarkt nicht eingesetzt werden. Unter Umständen liegt beim Patienten eine Herzrhythmusstörung vor, die aus einer Störung der Erregungsüberleitung vom Vorhof zu Herzkammer resultiert. In diesem Fall werden diese Medikamente ebenfalls nicht verabreicht.
Die Medikamente dieser Klasse werden als Beta-Blocker bezeichnet. Die Beta-Blocker wirken in erster Linie direkt auf den Sinusknoten (die takt-erzeugenden Zellen) und auf den AV-Knoten ein. Sie blockieren Rezeptoren für Adrenalin und Noradrenalin und führen dazu, dass diese Substanzen des sympathischen Nervensystems nicht mehr andocken können. Die Medikamente senken hierbei die Erregbarkeit des Sinusknotens. Zeitgleich steigern sie die Filtereigenschaft vom AV-Knoten. Hierdurch erzielen diese Medikamente eine verbesserte Regelmäßigkeit vom Signalfluss im elektrischen Leitsystem des Herzens. Bei einem zu schnellen Herzrhythmus ist eine Verlangsamung vom Herzschlag die Folge.
Die Klasse-II-Antiarrhythmika eignen sich gut für die Behandlung von einem zu schnellen Herzschlagrhythmus, der von den Herzvorhöfen ausgeht. Zudem lassen sich mit diesen Medikamenten unregelmäßige Herzrhythmen behandeln, die von den Herzkammern ausgehen. Die Beta-Blocker sind zumeist gut verträglich und erzielen eine effektive Wirkung. Zu den Beta-Blockern gehören beispielsweise die Wirkstoffe Atenolol, Bisoprolol, Metoprolol und Propranolol.
Die Klasse-III-Antiarrhythmika werden auch als Kaliumkanalblocker bezeichnet. Die Medikamente blockieren die Kaliumkanäle in den Herzzellen. Das Ion Kalium hat in Bezug auf den Herzschlag die Aufgabe, für einen Rückgang der elektrischen Aktivität im Leitsystem zu sorgen. Werden die Kaliumkanäle blockiert, wird das Ion Kalium daran gehindert, aus der Herzzelle zu strömen. Der Erregungszustand der Zelle bleibt hierdurch länger bestehen. Zudem wird die Zelle für eine gewisse Zeit vor einem erneuten Erregungsimpuls geschützt. Hierdurch wird bei einem zu schnellen Herzschlag eine Verlangsamung und Normalisierung vom Herzschlagrhythmus erreicht.
Die Klasse-III-Antiarrhythmika werden bevorzugt bei schweren Herzrhythmusstörungen und bei Vorhofflimmern eingesetzt. Die Medikamente können ohne Bedenken auch bei einer Herzschwäche zum Einsatz kommen. Einer der wichtigsten Präparate dieser Klasse ist das Amiodaron. Dieses Medikament ist in der Lage, die Kalium-, Natrium- und Calciumkanäle zu blockieren. Das Medikament senkt somit wirksam die Herzfrequenz und wirkt gegen einen unregelmäßigen Herzrhythmus. Allerdings kann das Medikament Nebenwirkungen wie Störungen der Schilddrüsenfunktion hervorrufen.
Bei diesen Antiarrhythmika handelt es sich um Calciumkanalblocker. Durch die Blockade der Calciumkanäle wird die Erregung von Sinusknoten und AV-Knoten herabgesetzt. Hiedurch wird die Erregungsüberleitung im Leitsystem des Herzen erschwert. Die Calciumblocker wirken allerdings nur, wenn die Calciumkanäle aktuell inaktiv und offen sind. Diese Medikamente finden Verwendung bei Herzrhythmusstörungen, die vom Vorhof des Herzens ausgehen. Oft verwendete Medikamente dieser Klasse sind Diltiazem, Verapamil und Gallopamil.
Bradykarde Herzrhythmusstörungen können auf zwei unterschiedliche Arten behandelt werden. Die eingesetzten Medikamente wirken auf das vegetative Nervensystem des Menschen. Zum einen bieten sich hierfür Antiarrhythmika an, welche den parasympathischen Anteil des vegetativen Nervensystems bremsen. Die Ärzte sprechen bei diesen Medikamenten von Parasympatholytika. Zu dieser Gruppe zählen beispielsweise Medikamente wie Ipratropium oder Atropin. Andere Medikamente bewirken eine Förderung vom sympathischen Anteil des vegetativen Nervensystems. Diese Medikamente werden als Sympathomimetika bezeichnet. Zu dieser Medikamentengruppe zählen Wirkstoffe wie Adrenalin oder Orciprenalin.
Mit den Parasympatholytika und den Sympathomimetika kann je nach Ursache ein zu langsamer Herzschlag beschleunigt und normalisiert werden. Treten diese Herzrhythmusstörungen jedoch langfristig in Erscheinung, kann ein Herzschrittmacher nötig werden.
In einigen Fällen verabreichen die Ärzte anderweitige Antiarrhythmika. Diese lassen sich nicht in die beschriebenen Gruppen einordnen. Beispiele hierfür sind die Medikamente Digitoxin und Digoxin. Diese Mittel, auch als Digitalis-Glykoside bezeichnet, stimulieren direkt den parasympathischen Anteil vom vegetativen Nervensystem. Derartige Medikamente sind nur wirksam bei Herzrhythmusstörungen, die von den Herzvorhöfen ausgehen. Ein Beispiel hierfür ist das Vorhofflimmern. Gehen die Herzrhythmusstörungen von den Herzkammern aus, dürfen diese Medikamente nicht verabreicht werden. Die Gefahr auf ein gefährliches Kammerflimmern besteht.
Eine weitere Wirkweise weist das Mittel Adenosin auf. Es bewirkt eine Stimulation vom Adenosin-Rezeptor. Hierdurch werden spezielle Kaliumkanäle am Sinusknoten geöffnet. Dies bewirkt, dass die Zellen einen Schutz vor einer erneuten Erregung erhalten und sich die Herzfrequenz verlangsamt. Zeitgleich blockiert das Medikament am AV-Knoten die Calciumkanäle. Die Weiterleitung des Impulses vom Vorhof in die Herzkammern wird kurzzeitig unterbrochen. Adenosin hat einen Nutzen bei wiederholter kreisender Erregung (Reentry-Tachykardie). Ist der AV-Knoten jedoch blockiert, dürfen diese Medikamente nicht eingesetzt werden.
Ferner besteht die Möglichkeit, mithilfe von hohen Mengen Magnesium die Erregungsweiterleitung im Herzen zu hemmen.
In einigen Fällen bewährt sich zudem der Wirkstoff Ivabradin. Dieses Präparat bewirkt eine Blockade bestimmter Kanäle im Sinusknoten. Hierdurch wird der Fluss der Ionen Natrium und Kalium behindert. Dieses Medikament wird eingesetzt, wenn aufgrund bestimmter Umstände Beta-Blocker eine Gefährdung für den Patienten darstellen.
aktualisiert am 04.10.2018