Prof. Meinertz: Normalerweise läuft sowohl die elektrische Erregung als auch das nachfolgende Zusammenziehen und Erschlaffen von Herzvorhöfen und Herzkammern geordnet. Die Erregung geht dabei vom Sinusknoten aus, der an der Einmündungsstelle der oberen Hohlvene lokalisiert ist, läuft über den rechten Vorhof und anschließend über den AV-Knoten zu den Herzkammern.
Beim Vorhofflimmern ist dieser Ablauf gestört. Statt des Sinusknotens übernehmen tausende anderer Zellen in den Herzvorhöfen die Rolle des Taktgebers. Aus einem geordneten Erregungsablauf bei Sinusrhythmus ist ein elektrisches Chaos entstanden, dass in einem mechanischen Chaos mündet. Die Vorhöfe ziehen sich nicht mehr zusammen und stehen praktisch still. Die Schlagfolge beider Herzkammern erfolgt unregelmäßig. Über den AV-Knoten, der die Herzvorhöfe und die Herzkammern elektrisch verbindet, wird das Vorhofflimmern auf die Herzkammern geleitet, sodass es zu einer unregelmäßigen Aktivierung der Herzkammern kommt. Bedingt durch die meist rasche Überleitung des Vorhofflimmerns auf die Herzkammern, liegt deren Schlagfolge meistens bei 100 bis 130 Schläge pro Minute. Hierdurch erklären sich auch die Beschwerden der Patienten, wie Herzklopfen, Herzjagen und Schwindelgefühl.
Die Vorhöfe ziehen sich nicht mehr zusammen und stehen praktisch still.
Prof. Meinertz: In jedem Lebensalter, insbesondere aber bei jungen Menschen, verläuft der erste Anfall von Vorhofflimmern häufig unter dramatischen Umständen: Nicht selten sind die Beschwerden für die Betroffenen so angsteinflößend, dass diese selbständig den Notarzt rufen oder direkt die Notaufnahme eines Krankenhauses aufsuchen. Typische Symptome sind: Plötzlich einsetzendes Herzklopfen mit raschem und unregelmäßigem Herzschlag, Atemnot, Druckgefühl im Brustkorb, Hustenreiz, Schwindel, Schweißausbruch und Angstgefühl.
Bei einer anderen großen Gruppe von Betroffenen äußert sich Vorhofflimmern in Beschwerden, die zunächst nicht auf das Vorliegen einer Rhythmusstörung hinweisen: Eingeschränkte körperliche Belastbarkeit, Schwächegefühl, Schwindelgefühl und Neigung zu Schwitzen. Bei diesen Patienten wird aufgrund der uncharakteristischen Beschwerden die Diagnose von Vorhofflimmern häufig verspätet gestellt.
Bei einer dritten Gruppe, etwa 30% der Betroffenen, verursacht Vorhofflimmern keinerlei Beschwerden. Manchmal fällt der unregelmäßige Puls zufällig bei einer ärztlichen Untersuchung oder beim Messen des Blutdrucks auf. Leider wird es nicht selten erst dann diagnostiziert, wenn Vorhofflimmern schon zu einem Schlaganfall geführt hat. Man geht davon aus, dass etwa 20-30% aller Schlaganfälle durch vorher nicht bekanntes Vorhofflimmern verursacht werden. Diese durch Vorhofflimmern bedingten Schlaganfälle verlaufen häufig besonders schwer und hinterlassen bleibende Invalidität.
Prof. Meinertz: Für die Entstehung von Vorhofflimmern gibt es keine einheitliche Ursache. Vielmehr sind zahlreiche Risikofaktoren bekannt, die sowohl mit dem erstmaligen Auftreten von Vorhofflimmern als auch mit der Neigung zum Übergang in eine anhaltende Form des Vorhofflimmerns verbunden sind. Bei mehr als der Hälfte aller Menschen mit Vorhofflimmern besteht ein Bluthochdruck. Die hierdurch bedingte Mehrbelastung der linken Herzkammer übertragt sich auf den linken Vorhof. Hier kommt es durch die Mehrbelastung zu einer vermehrten Wandspannung und zu Veränderungen des Stoffwechsels der Muskelzellen des Vorhofs.
Ein zweiter wichtiger Faktor ist das Lebensalter. Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko, an Vorhofflimmern zu erkranken. Dieses Risiko verdoppelt sich ab dem 50. Lebensjahr etwa alle 10 Jahre. Während bei den unter 50-Jährigen deutlich weniger als 1% an Vorhofflimmern leiden, steigt die Häufigkeit bei über 60-Jährigen auf 4-6% und bei über 80-Jährigen auf 9-16%. Eine koronare Herzkrankheit (Verengung von Herzkranzarterien) liegt bei etwa 20% aller Vorhofflimmer-Patienten vor. Bei etwa 15% der Vorhofflimmer-Patienten besteht eine Herzinsuffizienz. Bei diesen Patienten kann Vorhofflimmern die Beschwerden und den Verlauf der Herzinsuffizienz besonders ungünstig beeinflussen.
Andere Ursachen für das Auftreten von Vorhofflimmern sind: Herzmuskelerkrankungen (Kardiomyopathien), Herzklappenerkrankungen, chronische Lungenerkrankungen und die Zuckerkrankheit. In den letzten Jahren hat man herausgefunden, dass übergewichtige Patienten deutlich häufiger Vorhofflimmern haben als Normalgewichtige. Vorhofflimmern findet sich ebenfalls häufiger bei Hochleistungssportlern aber auch bei Alkohol- und Nikotinabusus. Tritt Vorhofflimmern bei jugendlichen Patienten auf, die keine verursachenden Krankheiten oder Faktoren haben, muss man an eine genetische Ursache denken. Es ist bekannt, dass Vorhofflimmern ohne strukturelle Herzkrankheit familiär gehäuft auftritt.
Bei mehr als der Hälfte aller Menschen mit Vorhofflimmern besteht ein Bluthochdruck.
Prof. Meinertz: In aller Regel tritt Vorhofflimmern zunächst nicht anhaltend, sondern von Zeit zu Zeit auf. Man spricht auch von paroxysmalem (anfallsartigem) Vorhofflimmern. Ebenso in aller Regel, wenn auch nicht immer, geht diese Form des Vorhofflimmerns auf die Dauer in anhaltendes Vorhofflimmern über. Nicht nur das anhaltende, sondern auch das anfallsweise Vorhofflimmern erhöht das Risiko für einen Schlaganfall erheblich.
Den Grad der Gefährdung durch einen Schlaganfall bei Vorhofflimmern hängt nicht nur von der Rhythmusstörung, sondern von vielen begleitenden Faktoren ab. Bei Berücksichtigung dieser Faktoren ist das Risiko eines Patienten mit Vorhofflimmern einen Schlaganfall zu entwickeln relativ genau abschätzbar. Eine zweite wichtige Komplikation von unbehandeltem Vorhofflimmern ist die Entwicklung einer Herzschwäche. Besonders gefährdet sind Patienten, die eine hohe Kammerfrequenz bei Vorhofflimmern haben (z.B. über 110/min. im Mittel). Die Entstehung der Herzschwäche kann man sich so vorstellen: Der Motor läuft dauernd mit viel zu hoher Drehzahl, was zu einer Abnutzung führt. Schlaganfall und Herzinsuffizienz als Folge von Vorhofflimmern bedeuten eine Verkürzung der Lebenszeit.
Nicht nur das anhaltende, sondern auch das anfallsweise Vorhofflimmern erhöht das Risiko für einen Schlaganfall erheblich.
Prof. Meinertz: Die beiden Hauptgefahren durch Vorhofflimmern wurden gerade ausführlich besprochen: Der Schlaganfall und die Herzschwäche. Andererseits wird die Gefahr von akut auftretendem Vorhofflimmern bei jugendlichen Patienten aufgrund der häufig dramatischen Symptomatik überschätzt. Selbst hohe Herzfrequenzen (Herzschlagfolgen) mit über 120/min. werden bei einem sonst gesunden Herzen ohne Probleme für Stunden toleriert.
Andererseits ist das Risiko für thromboembolische Komplikationen (Schlaganfall!) schon bei einer Dauer des Vorhofflimmerns von mehr als 12 Stunden erhöht. Die Erstmaßnahmen zur Behandlung von Vorhofflimmern besteht daher in der Hemmung der Blutgerinnung (sogenannte Blutverdünnung) und in der medikamentösen Senkung der Kammerfrequenz. Bei erstmalig auftretendem Vorhofflimmern ist die Chance groß, dass dieses innerhalb von 48 Stunden von selbst wieder in Sinusrhythmus übergeht.
Prof. Meinertz: Beim erstmalig auftretenden Anfall von Vorhofflimmern wartet man ab, ob sich nicht innerhalb von Stunden wieder der normale Sinusrhythmus einstellt (sogenannte Spontankonversion). Ist dies nicht der Fall, leitet man eine gerinnungshemmende Therapie ein. Wenn die hohe Kammerfrequenz für den Patienten sehr belästigend ist, kann man z.B. durch Gabe eines Betarezeptorenblockers die Kammerfrequenz reduzieren und so das bestehende Vorhofflimmern erträglicher machen.
Sollte sich innerhalb von 48 Stunden der Sinusrhythmus nicht wieder einstellen, besteht die Indikation zur Kardioversion. Die sicherste und effektive Form, den Sinusrhythmus wieder herzustellen, ist die elektrische Kardioversion (sogenannte DC-Kardioversion, DC steht für "direct current"). Alternativ kann man unter ärztlicher Beobachtung auch den Versuch unternehmen, neu aufgetretenes Vorhofflimmern medikamentös zu kardiovertieren. Diese Therapie ist immer dann möglich und sinnvoll, wenn keine strukturelle Herzkrankheit besteht.
Die sicherste und effektive Form, den Sinusrhythmus wieder herzustellen, ist die elektrische Kardioversion...
Prof. Meinertz: Die elektrische Kardioversion erfolgt in Kurznarkose, wobei der applizierte Gleichstromimpuls im Gegensatz zur Defibrillation EKG-getriggert und hierdurch das Vorhofflimmern beendet wird. Vor Durchführung der elektrischen Kardioversion erfolgt in der Regel der Ausschluss von Gerinnselmaterial im Herzen durch eine Echokardiographie über die Speiseröhre. Bei der elektrischen Kardioversion werden heute biphasische Impulse mit bis zu 200 Ws verwandt. Die Impulsabgabe erfolgt über externe großflächige Klebeelektroden, die am Brustkorb fixiert werden.
Die Erfolgsrate der DC-Kardioversion liegt bei neu aufgetretenem Vorhofflimmern bei über 90%. Nach der Kardioversion besteht wieder Sinusrhythmus. Die Durchführung einer DC-Kardioversion ist sinnvoll, wenn ein Vorhofflimmeranfall länger als 48 Stunden dauert und Sinusrhythmus wieder hergestellt werden soll. Vor jeder elektrischen Kardioversion muss sich der behandelnde Arzt fragen, wie wahrscheinlich bei dem Patienten nicht nur ein akuter Erfolg, sondern auch eine dauerhafte Rückführung in den Sinusrhythmus möglich ist. Vielfach wiederholte elektrische Kardioversionen, die früher durchaus üblich waren, sollte man vermeiden. Zur Vermeidung mehrfach wiederholter DC-Kardioversionen sollte der Patient vor und/oder nach der elektrischen Kardioversion eine medikamentöse Therapie zur Rückfallprophylaxe erhalten.
Prof. Meinertz: Bei diesen Medikamenten handelt es sich um sogenannte Antiarrhythmika, also Medikamente, die den Sinusrhythmus wieder herstellen und das Wiederauftreten von Vorhofflimmern verhindern. Diese Medikamente werden in der Regel als Dauertherapie gegeben und jeden Tag eingenommen. Wird diese medikamentöse Therapie unterbrochen, kann es zu einem Rückfall in Vorhofflimmern kommen. Gelegentlich werden Antiarrhythmika auch zur Beendigung eines Anfalls von akutem Vorhofflimmern eingesetzt.
Die heutzutage am häufigsten verwendeten Antiarrhythmika sind: Amiodaron (typische Tagesdosis 200 mg), Dronedaron (400 mg 2x pro Tag), Flecainid (100 mg 2x pro Tag), Propafenon (150-300 mg 3x pro Tag). Nur noch in Ausnahmefällen Sotalol 160 mg 2x pro Tag.
Während man früher diese Medikamente bei einem Patienten über Jahre eingesetzt hat, werden diese Medikamente in aller Regel heutzutage nur noch für einen beschränkten Zeitraum (Monate) eingesetzt. Die therapeutische Breite dieser Medikamente ist gering, d.h. eine Verminderung der Dosis führt meist zur Unwirksamkeit und eine Erhöhung der Dosis über das übliche Maß zu schwerwiegenden Nebenwirkungen.
Prof. Meinertz: Beim Vorhofflimmern werden die Herzvorhöfe mit einer sehr hohen Frequenz von 300-600 Impulsen/min. elektrisch erregt. Während sich im normalen Sinusrhythmus alle Herzmuskelareale der Vorhöfe gleichzeitig und geordnet zusammenziehen und so das Blut weitertransportieren und durchmischen, bewegen sich die verschiedenen Muskelgebiete der Vorhöfe beim Vorhofflimmern unkoordiniert. Funktionell kommt das einem mechanischen Stillstand der Vorhöfe gleich. Es ist verständlich, dass es unter diesen Umständen besonders leicht zu Blutgerinnseln kommt.
Diese Blutgerinnsel können in den Kreislauf verschleppt werden und arterielle Embolien in nahezu allen Organen auslösen. Besonders betroffen sind dabei die arteriellen Gefäße des Kopfes. Diese Blutgerinnsel im Herzen, besonders im linken Vorhofohr lokalisiert, werden mit dem Blutstrom in die Hals- und Kopfgefäße verschleppt und verhindern dort den Blutfluss zu entsprechenden Gehirnabschnitten. Resultat ist ein sogenannter ischämischer (mangelnder Blutfluss) Schlaganfall. Die Gefahr eines Schlaganfalls ist besonders hoch, wenn zusätzlich zum Vorhofflimmern noch weitere Risikofaktoren vorliegen. Neben dem Lebensalter von über 65 Jahren und bereits erlittene Schlaganfälle oder Embolien, sind eine eingeschränkte Pumpfunktion des Herzens oder andere Gefäßerkrankungen, wie auch Bluthochdruck und Zuckerkrankheit, Risikofaktoren.
Heute stehen zur Behandlung des Risikopatienten mit Vorhofflimmern die sogenannten nicht-Vitamin-K-abhängigen oralen Antikoagulanzien (NOAKs) oder auch direkte orale Antikoagulanzien (DOAKs) zur Verfügung. Apixaban (Eliquis), Dabigatran (Pradaxa), Edoxaban (Lixiana) oder Rivaroxaban (Xarelto). Diese hemmen in der entsprechenden Dosierung die Bildung von Blutgerinnseln und führen damit zu einer deutlichen Abnahme des Schlaganfallrisikos um bis zu 80%. Aufgrund des Wirkungsmechanismus muss berücksichtigt werden, dass alle gerinnungshemmenden Substanzen dieser Art mit einem gewissen Blutungsrisiko verbunden sind.
Allerdings überwiegt bei den Patienten mit Vorhofflimmern mit einem moderaten oder hohen kardiovaskulären Risikoprofil der Nutzen bei weitem mögliche Schäden. Acetylsalizylsäure (ASS) stellt keine vergleichbar wirksame Alternative für die Verhinderung von ischämischen Schlaganfällen dar und geht trotzdem mit einem Blutungsrisiko einher.
Diese Blutgerinnsel können in den Kreislauf verschleppt werden und arterielle Embolien in nahezu allen Organen auslösen. Besonders betroffen sind dabei die arteriellen Gefäße des Kopfes.
Prof. Meinertz: Während die Katheterablation vor einigen Jahren vor allem eingesetzt wurde, wenn medikamentöse Therapieverfahren versagt haben, wird dieses Verfahren heute vielfach auch zur Erstbehandlung und/oder Ergänzung der medikamentösen Therapie eingesetzt.
Seit etwas mehr als 25 Jahren ist bekannt, dass zusätzliche elektrische Impulse aus den Lungenvenen die wichtigsten Auslöser für das Auftreten von Vorhofflimmern sind. Die Katheterablation von Vorhofflimmern besteht daher primär darin, die Lungenvenen elektrisch vom Vorhof zu isolieren. Bei einer kompletten Isolation der Lungenvenen können die elektrischen Impulse aus den Lungenvenen nicht mehr in den Vorhof eindringen und dort Vorhofflimmern auslösen.
Die Ablationsbehandlung erfolgt in der Regel beim schlafenden Patienten. Dabei werden steuerbare Katheter über die Leistenvenen in das Herz vorgeführt und über das Vorhofseptum in den linken Vorhof manipuliert. Mit Hilfe von Röntgen-Kontrastmitteln und/oder dreidimensionalem Mappingverfahren wird eine individuelle Landkarte des Vorhofs erstellt und der Übergang zwischen den Lungenvenen und dem linken Vorhof charakterisiert. Um die elektrische Leitfähigkeit zu überprüfen, werden sogenannte Spiral- oder Lasso-Katheter am Eingang der Lungenvenen platziert. Anschließend wird entweder durch Punkt für Punkt-Ablation (elektrisch) oder mittels eines Ballonkatheters (mit Kälte) eine Isolation der Lungenvenen durchgeführt.
Die Erfolgsaussichten einer Katheterablation liegen heute bei anfallsweisem oder noch nicht lange bestehendem Vorhofflimmern bei 70-85%. Sie liegen damit deutlich höher als die Erfolgsaussichten einer medikamentösen Therapie. Sie ist damit Therapie der Wahl bei Vorhofflimmerpatienten, die trotz Einnahme antiarrhythmischer Medikamente weiter symptomatische Vorhofflimmerepisoden haben. Bei ausgewählten Patienten mit symptomatischem paroxysmalen Vorhofflimmern kann die Katheterablation auch alternativ zur medikamentösen als primäres therapeutisches Verfahren eingesetzt werden.
Ein besonderer Stellenwert nimmt die Katheterablation bei Mensch mit Herzschwäche und Vorhofflimmern ein, hier kann sie bei vielen Patienten nicht nur das Beschwerdebild bessern, sondern auch die Lebenserwartung erhöhen. Wie alle interventionellen und operativen Verfahren hat auch die Katheterablation Risiken. Bei jedem einzelnen Patienten muss der mögliche Nutzen gegen das mögliche Risiko abgewogen werden. Sie ist nur dann indiziert, wenn der Nutzen deutlich größer als das Risiko ist.
Prof. Meinertz: Wenn eine herzchirurgische Operation aus anderen Gründen notwendig ist, z.B. im Falle einer Herzklappenerkrankung, kann auch das gleichzeitig bestehende Vorhofflimmern während der Operation angegangen werden. Diese erfolgt entweder mit Hochfrequenzstrom oder heute meist mit Kälteverfahren, bei dem bestimmte Linien im linken Vorhof angelegt werden, um die Pulmonalvenen elektrisch zu isolieren. Die Isolation der Pulmonalvenen ist hierbei genauso als Standard anzusehen, wie bei der interventionellen Therapie mittels Katheterablation.
Gelingt es durch wiederholte Katheterablationen nicht, therapiebedürftiges Vorhofflimmern zu beseitigen, steht am Ende der Behandlungskette ein herzchirurgischer Eingriff (sogenanntes stand-alone chirurgische Vorhofflimmerablation) zur Verfügung. Bei dieser Operation wird minimal-invasiv, also durch einen kleinen seitlichen Einschnitt in den Brustkorb, Vorhofflimmern mit einer speziellen Technik beseitigt. Nach den aktuell gültigen Leitlinien kommt eine herzchirurgische Ablation nur für Patienten mit symptomatischem Vorhofflimmern infrage, bei denen mehrfache Katheterbehandlungen des Vorhofflimmerns nicht erfolgreich waren. Das Verfahren sollte nur von Spezialisten durchgeführt werden, die diese anspruchsvolle minimal-invasive Operationstechnik beherrschen.
Bei dieser Operation wird minimal-invasiv, also durch einen kleinen seitlichen Einschnitt in den Brustkorb, Vorhofflimmern mit einer speziellen Technik beseitigt.
Prof. Meinertz: Noch vor wenigen Jahren war man der Ansicht, dass Vorhofflimmern die Lebenserwartung eines Menschen nicht beeinflusst. Diese Lehrmeinung musste in den letzten Jahren revidiert werden: Nach wie vor gibt es viele Menschen mit Vorhofflimmern, deren Lebenserwartung durch die Rhythmusstörung nicht verändert wird. Über 80-Jährige haben zu 9-16% Vorhofflimmern. Meist liegt deren Kammerfrequenz im Normalbereich. Wenn diese Patienten unter dem Vorhofflimmern nicht leiden, was häufig der Fall ist, und eine vernünftige gerinnungshemmende Therapie durchgeführt wird, ist die Lebenserwartung dieser Menschen nicht durch Vorhofflimmern beeinträchtig.
Anders dagegen der 50-jährige Patient mit Zeichen einer Herzinsuffizienz. Unabhängig davon, ob dieser Patient sein unregelmäßig schlagendes Herz bemerkt oder nicht, wird er in seiner Lebenserwartung von der Wiederherstellung des Sinusrhythmus profitieren. Insbesondere beim asymptomatischen Vorhofflimmern muss daher bei jedem einzelnen Patienten entschieden werden, ob er potentiell bezüglich der Lebenserwartung von einer Wiederherstellung des Sinusrhythmus profitieren wird. Natürlich ist die dauerhafte Wiederherstellung des Sinusrhythmus auch der beste Weg, einen zukünftigen Schlaganfall zu vermeiden. Schlaganfälle gehen automatisch mit einer verminderten Lebenserwartung einher. Dies ist bei der Entscheidung für oder gegen Ablation zu bedenken.
Prof. Meinertz: In einem Satz: Durch Vermeidung der Risikofaktoren für Vorhofflimmern, durch Behandlung der Erkrankungen, die gehäuft mit Vorhofflimmern einhergehen und durch frühzeitige und konsequente Therapie des Vorhofflimmerns. Lange vernachlässigt wurden bei diesen Maßnahmen: Die Gewichtsreduktion, ausreichende Bewegung und sportliche Aktivität (Vermeidung von Leistungssport), Vermeidung der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) durch richtige Ernährung und konsequente Behandlung des hohen Blutdrucks.
Prof. Meinertz: Durch Einführung der neuen oralen Antikoagulanzien hat sich die gerinnungshemmende Therapie bei Vorhofflimmern wesentlich vereinfacht. Durch frühzeitigen Einsatz der Katheterablation gelingt es heute bei vielen Patienten, Vorhofflimmern schon in der Initialphase des Auftretens zu beseitigen und damit alle Risiken, die mit Vorhofflimmern verbunden sind, zu vermeiden.
Je frühzeitiger die Katheterablation bei Vorhofflimmern durchgeführt wird, desto effektiver ist sie. Bei einer frühzeitig durchgeführten Katheterablation in geübter Hand ist der Nutzen langfristig weitaus größer als das nicht zu vernachlässigende Risiko der Akutmaßnahme.
Danke für das Interview!
Letzte Aktualisierung am 05.07.2024.