Bei Herzinfarkt denken die meisten Menschen an starke Brustschmerzen und Todesangst. Zu Unrecht: Man schätzt, dass die Hälfte bis zwei Drittel aller Herzinfarkte sich ereignen, ohne dass der Betroffene etwas davon bemerkt.
Bei einem stummen Herzinfarkt bleiben die klassischen Symptome wie der starke Brustschmerz und die Atemnot aus. Trotzdem gibt es Anzeichen, die auf einen stummen Herzinfarkt hinweisen können: Müdigkeit, Unwohlsein, Lustlosigkeit und Schwächegefühl, manchmal Schwindel bis hin zur Ohnmacht können Symptome eines unbemerkten Herzinfarktes sein. Die Beschwerden werden von den Betroffenen oft nicht ernst genug genommen, um einen Arzt aufzusuchen. Vor allem dann, wenn die Symptome nach einer Zeit wieder verschwinden, bleibt der Infarkt unbemerkt.
Manchmal wird der Infarkt nach Wochen oder Monaten zufällig bei einer Vorsorgeuntersuchung im EKG festgestellt. Doch selbst dann ist die Gefahr groß, dass er unbemerkt bleibt, denn nicht immer erkennt das EKG alle Herzerkrankungen.
Ein stummer Herzinfarkt klingt zunächst nicht so gefährlich, weil er sich nicht akut lebensbedrohlich durch klare Beschwerden äußert. Trotzdem ist ein stummer Herzinfarkt eine Bedrohung: Jeder Infarkt hinterlässt Narben am Herzmuskel, die eine Herzschwäche oder Herzrhythmusstörungen verursachen können.
In einer isländischen Studie mit 935 Teilnehmern wurde unter anderem das Sterberisiko nach einem stummem Herzinfarkt verglichen mit dem nach einem diagnostizierten Herzinfarkt. In den ersten drei Jahren war das Risiko, nach einem stummen Herzinfarkt zu sterben, deutlich geringer als beim bemerkten, stieg dann aber stetig an. Nach zehn Jahren war die Gefahr schließlich vergleichbar hoch wie beim diagnostizierten Infarkt. Die Forscher gehen davon aus, dass bei einem stummen Herzinfarkt hauptsächlich kleinere Gefäße beteiligt sind, während der klassische Herzinfarkt durch die Ablösung von Plaques in den Gefäßen und die dortige Bildung eines Blutgerinnsels verursacht wird. Aus diesem Grund ist die Sterblichkeit bei einem klassischen Herzinfarkt akut höher. Sie sinkt dann aber mit der entsprechenden Therapie.
Umgekehrt steigt die Sterblichkeit bei einem stummen Herzinfarkt mit den Jahren an, weil der Zustand der Gefäße sich weiter verschlechtert. Da der Betroffene nichts von seinem Infarkt ahnt, verändert er seine Lebensgewohnheiten nicht, die entscheidend für die Herzgesundheit sind. Er erhält auch nicht die nötige medikamentöse Therapie.
Die Auslöser eines stummen Herzinfarktes gleichen denen eines typischen Herzinfarktes. Das sind:
Bei Diabetikern kommt es infolge der Zuckerkrankheit häufig zu einer Schädigung des Nervensystems (Neuropathie), weshalb sie leichte Symptome weniger deutlich wahrnehmen. Deshalb ist der Anteil der stummen Herzinfarkte bei Diabetikern besonders hoch.
Ein unbemerkter Herzinfarkt bleibt auch ohne akute Behandlung. Wird er schließlich diagnostiziert, erhält der Patient die gleiche Therapie wie nach einem akuten Herzinfarkt. Um einen weiteren Herzinfarkt zu vermeiden, werden Medikamente verschrieben. Meist kommt eine Kombination aus verschiedenen Mitteln (Thrombozytenaggregationshemmern, Betablockern, Antikoagulanzien, ACE-Hemmern und Cholesterinsenkern) zum Einsatz, die der Patient dauerhaft einnehmen muss.
Zusätzlich ist es wichtig, gesunde Lebensgewohnheiten zu pflegen: das Rauchen aufzugeben, Übergewicht abzubauen, für regelmäßige Bewegung zu sorgen und Stress zu reduzieren.
Ärztezeitung, Veronika Schlimpert – Hohes Langzeitrisiko. Warum stumme Herzinfarkte so gefährlich sind: https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Warum-stumme-Herzinfarkte-so-gefaehrlich-sind-225920.html (online, letzter Abruf: 23.06.2020)
JAMA Network, Tushar AcharyaThor AspelundTorfi F. Jonasson – Association of Unrecognized Myocardial Infarction With Long-term Outcomes in Community-Dwelling Older Adults The ICELAND MI Study: https://jamanetwork.com/journals/jamacardiology/article-abstract/2705678 (online, letzter Abruf: 23.06.2020)
Cardio Secur – Stummer Herzinfarkt: https://www.cardiosecur.com/de/ihr-herz/fachartikel-rund-um-das-herz/stummer-herzinfarkt (online, letzter Abruf: 23.06.2020)
Pharmazeutische Zeitung, Christina Hohmann-Jeddi – Stumme Herzinfarkte: Unauffällig, aber nicht ungefährlich: https://www.pharmazeutische-zeitung.de/unauffaellig-aber-nicht-ungefaehrlich/ (online, letzter Abruf: 23.06.2020)
aktualisiert am 23.06.2020