Ein Herzinfarkt, der rechtzeitig behandelt wird, ist längst kein Todesurteil mehr. Mit der entsprechenden medikamentösen Versorgung und einem gesunden Lebensstil können viele Menschen nach einem Herzinfarkt genauso lange leben wie jeder andere.
Der Notarzt beziehungsweise die Rettungssanitäter gewährleisten bei einem Herzinfarkt zunächst die Erstversorgung des Patienten. Puls und Atmung werden kontrolliert, der Patient an ein tragbares EKG angeschlossen, um Herzrhythmus und Herzfrequenz zu messen. Leidet der Patient an Atemnot oder einer Herzschwäche, kann Sauerstoff über eine Nasensonde zugeführt werden.
Um dem Patienten die Angst zu nehmen, kann zum Beispiel ein Beruhigungsmittel wie Diazepam gegeben werden. Gegen die starken Schmerzen können gegebenenfalls Morphine helfen. Acetylsalicylsäure hält das Blut flüssig und verhindert, dass sich Thrombosen bilden. Die medikamentöse Erstversorgung erfolgt über eine Vene (intravenös). Niedermolekulares Heparin wird ebenfalls gegeben, um die Thrombosebildung zu verhindern.
Nitroglycerin, als Mundspray oder als Kapsel unter die Zunge verabreicht, sorgt außerdem dafür, dass sich die Blutgefäße weiten. Das Herz wird besser versorgt und die Schmerzen werden weniger.
Bei der Behandlung eines Herzinfarktes unterscheidet man zwischen
Um welche Art Infarkt es sich handelt, stellt der Arzt anhand des EKGs fest.
Bei einem STEMI wird unverzüglich eine Wiedereröffnung des verschlossenen Gefäßes (Reperfusion) eingeleitet. Um das gefährdete Herzmuskelgewebe zu retten, müssen die Maßnahmen spätestens zwei Stunden nach dem Infarktgeschehen begonnen werden. In der Kardiologie (Herzabteilung) des Krankenhauses wird ein Herzkatheter eingesetzt. Meist wird dies mit einem Röntgen-Kontrastverfahren (Koronar-Angiografie) kombiniert, um das betroffene Gefäß sichtbar zu machen. Dann wird eine PTCA (Ballondilatation) eingeleitet. Das heißt, das betroffene Gefäß wird durch einen Ballon aufgedehnt, sodass der Blutfluss wieder gewährleistet ist. Anschließend wird ein Stent (innere Stütze) an der Gefäßverengung platziert, um zu verhindern, dass sich das Gefäß wieder zusetzt.
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Nicht jedes Krankenhaus verfügt über die Möglichkeit, Herzkatheter zu setzen. Kann der Patient nicht innerhalb der erforderlichen zwei Stunden in ein entsprechend ausgestattetes Krankenhaus verlegt werden, versucht man das Blutgerinnsel medikamentös mit geeigneten Wirkstoffen (Thrombolytika) aufzulösen. Diese sogenannte Lysetherapie sollte innerhalb von einer halben Stunde eingeleitet werden. Der Patient wird anschließend, spätestens aber nach 24 Stunden, in ein Kardiologiezentrum überführt werden. Dort kann auch ein Bypass gelegt werden, sollte dies notwendig sein.
Bei einem Herzinfarkt ohne ST-Strecken-Hebung (NSTEMI) wird auf eine Ballonaufdehnung (PTCA) mittels Katheter oder eine Lysetherapie verzichtet. Stattdessen nimm der Patient Medikamente (Thrombozytenaggregationshemmer) ein, um eine Gerinnselbildung zu vermeiden. Eine Herzkatheteruntersuchung im Verlauf der nächsten 24 oder 48 Stunden zeigt das Ausmaß der Schädigung der Herzens. Davon abhängig wird über die weitere Therapie entschieden. Ein NSTEMI-Infarkt ist häufig nicht stark ausgeprägt, sodass auf eine sofortige Katheterbehandlung mit Ballon oder eine Gerinnselauflösung bei Patienten mit niedrigem Risiko verzichtet wird.
Nach einem Herzinfarkt ist der Patient auf Medikamente angewiesen. Diese müssen in vielen Fällen dauerhaft eingenommen werden. Mithilfe der Medikamente und einer Umstellung der Lebensgewohnheiten soll verhindert werden, dass sich der Infarkt wiederholt. Die Medikation ist abhängig vom Allgemeinzustand des Patienten und den Risikofaktoren, die er mitbringt.
Sogenannte Thrombozytenaggregationshemmer verhindern, dass Blutplättchen (Thrombozyten, an der Gerinnung beteiligte Blutzellen) sich in den Gefäßen aneinanderlagern. Damit kann vermieden werden, dass ein Thrombus (ein Blutpropf) entsteht, der den Blutfluss unterbricht, was beispielsweise zu einem weiteren Herzinfarkt oder einem Schlaganfall führen kann.
Acetylsalicylsäure (ASS) ist der gängigste Thrombozytenaggregationshemmer. Weitere Arzneistoffe mit vergleichbarer Wirkung sind Clopidogrel, Prasugrel oder Ticagrelor. Nach Einsetzen eines Stents wird ASS meist in Kombination mit Clopidogrel verabreicht.
Der Nachteil von Thrombozytenaggregationshemmern ist: Da sie das Blut flüssig halten, können kleinere Verletzungen stärker und länger bluten. Bei einem Magengeschwür muss mit dem Arzt geklärt werden, ob die Einnahme möglich ist. Die Medikamente können das Geschwür verschlimmern und etwaige Blutungen verstärken. Zumindest sollten die Medikamente von Betroffenen nicht auf nüchternen Magen und mit viel Flüssigkeit eingenommen werden.
Betablocker sind ein gängiges Mittel bei Herzkranzgefäßverengungen (koronarer Herzerkrankung). Sie senken den Blutdruck, der Puls verlangsamt sich, das Herz wird entlastet. Bei Menschen mit hohem Blutdruck werden sie prophylaktisch verabreicht. Nach einem Herzinfarkt werden Betablocker eingesetzt, um lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen zu verhindern. Langfristig senken sie außerdem das Risiko, einen erneuten Infarkt zu erleiden.
Bei Menschen mit starkem Asthma sind Betablocker nicht zu empfehlen, da sie die Bronchien verengen können. Diabetiker sollten Betablocker immer in enger Absprache und Kontrolle mit dem Arzt einnehmen, da die Medikamente die Insulinausschüttung hemmen. Kommen Betablocker nicht in Frage, können stattdessen sogenannte Calciumkanalblocker eingesetzt werden.
Antikoagulanzien sind Medikamente, die die Blutgerinnung hemmen. Hat der Infarkt die linke Herzkammer betroffen oder zeigt sich in Folge des Infarktes ein Vorhofflimmern, werden Gerinnungshemmer wie zum Beispiel Rivaroxaban oder Dabigatran verschrieben. In der Anfangszeit muss der Gerinnungswert regelmäßig mit einem Bluttest kontrolliert werden. Der Patient muss möglichst gut auf das Medikament eingestellt werden. Ist das Blut zu dünn, können Blutungen drohen.
Zahnfleischbluten, Nasenbluten oder die vermehrte Bildung von blauen Flecken sind häufige Nebenwirkungen. Für Patienten mit starkem Bluthochdruck sind Antikoagulanzien nicht geeignet. Außerdem muss das Medikament vor einer geplanten Operation unter ärztlicher Anweisung langsam abgesetzt werden.
Captopril, Enalapril, Ramipril oder Perindopril sind Beispiele für ACE-Hemmer. Diese Wirkstoffe sind gefäßerweiternd und blutdrucksenkend. Manchmal können ACE-Hemmer einen Hustenreiz auslösen. Eine regelmäßige Kontrolle der Blutwerte ist in Hinblick auf Nierenfunktion und Blutbildung bei Einnahme von ACE-Hemmern besonders wichtig. Bei niedrigem Blutdruck oder einer Herzschwäche sollten ACE-Hemmer vorsichtig dosiert werden.
Werden ACE-Hemmer nicht vertragen, können alternativ Angiotensin-II-Rezeptorblocker (Sartane) gegeben werden.
LDL-Cholesterin (Low Density Lipoprotein) gilt, im Gegensatz zu HDL-Cholesterin, als „schlechtes Cholesterin“. Der Wert sollte niedrig bleiben, denn ein Zuviel von LDL-Cholesterin lagert sich als sogenannte Plaques an den Gefäßwänden an. Langfristig verengen sich die Gefäße und der Blutfluss wird behindert. Das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall steigt. Statine sind Medikamente, die das LDL-Cholesterin senken, und so verhindern, dass sich in den Gefäßen Plaques bilden.
Viele Patienten finden es erschreckend, nach ihrem Herzinfarkt möglicherweise ein Leben lang auf Medikamente angewiesen zu sein. Eine Studie mit knapp 4000 Patienten anhand von Daten aus dem Herzinfarktregister Augsburg hat gezeigt, wie überlebenswichtig die Einnahme dieser Medikamente sein kann: Patienten, die an der Studie teilnahmen und nach ihrem Infarkt mit einer Kombination von vier Medikamenten behandelt wurden, zeigten ein um 37 Prozent verringertes Risiko, in den sechs Jahren nach ihrem Herzinfarkt zu versterben. Die Vergleichsgruppe hatte nur drei oder weniger Medikamente eingenommen. Die vier Medikamente, die gegeben werden, um zusammen das Risiko zu senken, sind ein Betablocker, ein ACE-Hemmer (oder ein Angiotensin-II-Rezeptor-Blocker), ein Cholesterinsenker (Statin) und ein gerinnungshemmendes Mittel.
Jeder Herzinfarkt ist ein individuelles Geschehen. Alter, Allgemeinzustand, Folgeschäden des Infarkts und Risikofaktoren entscheiden darüber, welche medikamentösen Maßnahmen ergriffen werden. Der Patient kann selbst viel zu seiner Herzgesundheit beitragen und das Infarktrisiko minimieren:
Die Medikamente müssen auf den Patienten abgestimmt werden. Gerade bei einer dauerhaften Einnahme entscheiden Verträglichkeit und Nebenwirkungen darüber, wie konsequent ein Patient seine Medikamente einnimmt. Die Einnahme von ASS gehört für 90 Prozent der Patienten lebenslang dazu. Die Dosis ist dabei jedoch um ein Vielfaches geringer als die der klassischen Schmerztabletten und damit auch besser verträglich. Herzmedikamente sollten niemals eigenmächtig, sondern nur in Absprache mit dem Arzt abgesetzt werden.
Ärzteblatt, Rüdiger Meyer – Cholesterinsenker: Statine in stetem Diskurs: https://www.aerzteblatt.de/archiv/204529/Cholesterinsenker-Statine-in-stetem-Diskurs (online, letzter Abruf: 23.06.2020)
Cholesterin neu verstehen – LDL- und HDL-Cholesterin: schlechtes und gutes Cholesterin erklärt: https://www.cholesterin-neu-verstehen.de/cholesterin/unterschied-ldl-hdl (online, letzter Abruf: 23.06.2020)
Internisten im Netz, Prof. Dr. med. Wolfram Delius – Herzinfarkt: Therapie: https://www.internisten-im-netz.de/krankheiten/herzinfarkt/therapie.html (online, letzter Abruf: 23.06.2020)
Internisten im Netz – Herzkatheter - Koronarangiografie: https://www.internisten-im-netz.de/untersuchungen/herzkatheterkoronarangiografie.html (online, letzter Abruf: 23.06.2020)
Navigator Medizin – Herzinfarkt: Was ist ein NSTEMI-Infarkt: https://www.navigator-medizin.de/herz_gefaesse/die-wichtigsten-fragen-und-antworten-zum-herzinfarkt/diagnostik/2113-herzinfarkt-was-ist-ein-nstemi-infarkt.html (online, letzter Abruf: 23.06.2020)
Pharmazeutische Zeitung, Yvonne Hopf – Sekundärprävention. Medikamente nach dem Herzinfarkt: https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-402017/medikamente-nach-herzinfarkt/ (online, letzter Abruf: 23.06.2020)
aktualisiert am 23.06.2020