Der Herzinfarkt und sein Synonym Myokardinfarkt beschreiben eine Gefäßerkrankung des Herzens. Das Herz, das wichtigste Organ des Menschen, ist in zwei Blutkreisläufe des Körpers integriert. Zum einen pumpt es Blut in den großen Kreislauf, der die Organe und Extremitäten mit sauerstoffreichem Blut versorgt und zum anderen betreibt das Herz einen kleinen Kreislauf mit der Lunge, im dem das sauerstoffarme Blut erneut mit Sauerstoff angereichert wird, um dann wieder in den großen Kreislauf eingespeist zu werden.
Zusätzlich besitzt das Herz eine eigene Blutversorgung. Die Gefäße werden auch Herzkranzgefäße genannt, weil sie sich wie ein Kranz um das Herz herumlegen. Sie entspringen aus der aufsteigenden Hauptschlagader, Aorta (kurz hinter der Aortenklappe) und werden von dieser mit sauerstoffreichem Blut versorgt.
Die Hauptgefäße werden als linke (Arteria coronaria sinistra) und rechte (Arteria coronaria dexter) Kranzarterie bezeichnet und haben mehrere Neben- und Seitenäste.
Will man die Lage des Herzens im Körper benennen, so geschieht dies immer aus Sicht des Patienten. Das Herz besteht grundsätzlich aus einer rechten und einer linken Herzhälfte. Diese sind durch eine Trennwand (Septum) voneinander abgegrenzt.
Die jeweilige Herzhälfte wiederum ist in einen Vorhof (Atrium) und eine Kammer (Ventrikel) unterteilt. Dazwischen liegen die so genannten Segelklappen (Mitral- und Trikuspidalklappe). Das sauerstoffarme Blut aus dem Körperkreislauf fließt vom rechten Vorhof über die Trikuspidalklappe in die rechte Kammer und von dort über die Pulmonalklappe in die Lunge (kleiner Kreislauf). Das sauerstoffreiche Blut aus der Lunge gelangt über den linken Vorhof durch die Mitralklappe in die linke Kammer und von dort über die Aortenklappe wieder in den großen Kreislauf. Für diesen Prozess benötigt der Herzmuskel eine ausreichende Blutversorgung.
Grob betrachtet versorgt die linke Kranzarterie mehr die linke und die rechte Kranzarterie mehr die rechte Herzhälfte (samt Schrittmacherzentren wie Sinus-Knoten oder AV-Knoten). Geschieht dies in gleichgroßen Anteilen, so spricht man von einem Normalversorgertyp (70 Prozent der Menschen).
Überwiegt die Durchblutung einer Arterie, so spricht man dementsprechend von einem Linksversorgertyp bzw. Rechtsversorgertyp.
Durch chronische Erkrankungen wie zum Beispiel die Arteriosklerose (Arterienverkalkung) kann es zu krankhaften Veränderungen der Herzgefäße kommen und es entsteht eine Koronare Herzkrankheit (KHK). Betreffen die Veränderungen die Innenwand der Gefäße und kommt es dort zu einer vermehrten Ablagerung von Fetten und Kalk, dann kann dies zu einer Einengung bis hin zu einem vollständigen Verschluss der Gefäße führen. So kommt es, dass gewisse Areale des Herzens nicht mehr ausreichend durchblutet sind (Minderperfusion) und man spricht dann von einer Ischämie bzw. bei einem vollständigen Gefäßverschluss von einem Herzinfarkt.
Auf diese Weise wird das Herzgewebe unwiderruflich (irreversibel) geschädigt und stirbt ab (Nekrose). Als Folge treten Funktionsstörungen des Muskels auf, die durch eine Herzinsuffizienz bis hin zum Tod führen können. Auch Herzrhythmusstörungen zählen zu den gefährlichen Folgen eines Herzinfarktes.
Da Übergewicht und Nikotinkonsum das Herzinfarktrisiko enorm erhöhen, ist es kein Wunder, dass der Herzinfarkt heutzutage mit zu den häufigsten Todesursachen in der Gesellschaft zählt.
Die wichtigste Ursache für die Entstehung eines Herzinfarktes ist in 80 Prozent der Fälle ein Blutgerinnsel (Thrombose). Dies kann sich aufgrund einer Gefäßwandverkalkung (Arteriosklerose) bilden und verstopft das Gefäß. Auch ein Embolus (ebenfalls ein Blutgerinnsel) kann zu einem Gefäßverschluss führen. Dieser bildet sich nicht wie der Thrombus vor Ort, sondern wird mit dem Blutstrom zum Beispiel aus dem linken Vorhof in eine der Kranzarterien transportiert.
Durch die Verlegung der Gefäße kommt es zu einer Minderdurchblutung des Herzgewebes. Bleibt der Sauerstoffmangel über mehrere Stunden bestehen, ist die Schädigung irreversibel. Es kommt zu einem Absterben (Nekrose) und zu einer Vernarbung des betroffenen Areals. Auch im Falle einer Aortenklappeninsuffizienz kommt es zu einer Minderdurchblutung des Herzgewebes. Die Aortenklappe schließt nicht richtig und so strömt sauerstoffreiches Blut zurück in die linke Kammer und erhöht das Schlagvolumen (normal 70 ml) des Herzens. So kommt es zu einer Überlastung der linken Kammer und weniger Blut gelangt über die Aorta in die Kranzgefäße.
Auch ein starker Blutdruckabfall (Hypotonie) durch einen großen Blutverlust führt zu einer Minderdurchblutung. Die reguläre Blutversorgung durch die Kranzgefäße erfolgt von außen nach innen (Epikard, Myokard, Endokard) und so ist die innere Schicht, das Endokard als erste Schicht von einer Ischämie betroffen. Meist liegt das Infarktgeschehen in der Vorderwand der linken Kammer. Je nachdem wie viele große Gefäße betroffen sind, spricht man von einer 1-Gefäß-, 2- Gefäß- oder 3- Gefäßerkrankung (GE). Eines der chronischen Zeichen einer Mangelversorgung mit sauerstoffreichem Blut ist die Herzverfettung.
Meist haben die Betroffenen schon im Vorfeld Beschwerden, da sich der Gefäßverschluss (Stenose) in den meisten Fällen durch die Arteriosklerose über einen längeren Zeitraum (chronisch) entwickelt. Erst bei einer Gefäßeinengung von über 70 Prozent macht sich die Erkrankung bemerkbar. Symptome können sein: eine allgemeine Schwäche, ein Druckgefühl über dem Herzen und eine Enge der Brust (Angina pectoris).
Ausgelöst oder verstärkt werden die Angina pectoris-Beschwerden durch:
Kommt es zum plötzlichen akuten Herzinfarkt, so leiden die Erkrankten oft unter einem "Vernichtungsschmerz", plötzlicher Atemnot, großer Angst (kaltschweißig), Blässe, Übelkeit und Beklemmung. Die Herzschmerzen strahlen dann meist in den linken Arm aus.
Bei einem Diabetiker kann es durch die Schädigung der Nerven (Polyneuropathie) dazu kommen, dass er der Myokardinfarkt gar nicht bemerkt wird, weil die Schmerzreize nicht mehr wahrgenommen werden können.
Die Diagnose Herzinfarkt ist durch die akute Symptomatik relativ leicht zu diagnostizieren. Sie beruht zum einen auf einer genauen Befragung des Patienten (Anamnese) und der Angehörigen (Fremdanamnese) und zum anderen auf einer körperlichen und labor-technischen Untersuchung. Die aktuelle Anamnese beinhaltet Fragen nach der Art und Lokalisation der Beschwerdesymptomatik. Auch Risikofaktoren wie das Rauchen, ein Bluthochdruck, eine Zuckerkrankheit, eine Fettstoffwechselstörung oder ein gehäuftes Vorkommen von koronaren Herzerkrankungen in der Familie sollten erfragt werden.
Bei der körperlichen Untersuchung sollte besonderes Augenmerk auf die Puls- und Blutdruckmessung gelegt werden. Dann sollte ein EKG (Elektrokardiogramm) in Ruhe durchgeführt werden. Es registriert die Herzaktion.
Das EKG kann auffällig sein und Veränderungen wie eine ST-Streckenhebung aufweisen (meist sind dann alle Schichten des Herzens betroffen). Der Herzinfarkt wird als STEMI-Infarkt bezeichnet. Sind nicht alle Schichten der Hezmuskulatur betroffen, kann die ST-Streckenhebung ausbleiben. So einen Herzinfarkt bezeichnet man als NSTEMI-Infarkt. Anhand der verschiedenen Ableitungen (Brustwand bzw. Extremitäten) kann man die Lokalisation des Herzinfarktes bestimmen.
Eine Echokardiographie bzw. Ultraschalluntersuchung des Herzens zeigt eventuelle Wand- oder Klappenschäden.
Die Myokardszintigraphie mit einem radioaktiven Kontrastmittel erlaubt Rückschlüsse auf die Durchblutung des Herzmuskels.
Ein Kardio-MRT (Magnetresonanztomographie des Herzens) zeigt zerstörtes Gewebe.
Zusätzlich sollten Laborparameter wie das Myoglobin (Eiweißbestandteil von Muskeln, weißt auf Schädigung hin), die Gesamt-CK (Creatinkinase, ist ein Enzym im Energiekreislauf des Muskels) und die Herzmuskel-spezifische CK-MB sowie das Troponin T und Troponin I (Herzmuskeleiweiße) bestimmt werden. Auch das BNP (Brain natriuretic peptide), das in der Herzkammer bei erhöhter Volumenbelastung gebildet wird, kann bestimmt werden und so kann man bei einer Atemnot (Dyspnoe) herausfinden, ob diese durchs Herz (kardial) oder durch die Lunge (pulmonal) bedingt ist.
Neben diesen Untersuchungen ist im Akutfall des Herzinfarktes ein Herzkatheter indiziert. Der Katheter selbst ist ein dünner Plastikschlauch, durch den Kontrastmittel gespritzt werden kann. Er wird entweder über die große Beinarterie oder über den Arm bis zum Herzen vorgeschoben und am Eingang der Herzkranzgefäße in der Aorta platziert. Füllt man den Katheter mit röntgendichtem Kontrastmittel, lassen sich die Gefäße bei der Durchleuchtung mit Röntgenstrahlung sehr genau darstellen. So lassen sich eventuelle Engen finden.
Bevor die Diagnose "Herzinfarkt" ausgesprochen wird, sollten Erkrankungen ausgeschlossen werden, die zu ähnlichen Beschwerden führen: eine Lungenembolie (Blutgerinnsel verschließt ein Lungengefäß), eine Perikarditis (Entzündung des Herzbeutels), ein rupturiertes Aortenaneurysma (eine Gefäßaussackung der Hauptschlagader mit eventuellem Einriss), eine Wirbelsäulenerkrankung bzw. Nervenreizung, eine Gallensteinerkrankung oder eine Bauspeicheldrüsenentzündung. Auch Sodbrennen (vermehrte Säureproduktion des Magens) kann einen Herzinfarkt imitieren.
Zu den Sofortmaßnahmen bei einem akuten Herzinfarkt zählen eine für den Patienten angenehme Lagerung (Oberkörper meist erhöht), eine Sauerstoffgabe, eine ausreichende medikamentöse Beruhigung (Sedierung), eine Schmerzmittelgabe (z.B. Morphin) und die Gabe eines Mittels gegen Übelkeit.
Wichtig ist, dass keine Injektion in einen Muskel erfolgt (intramuskulär), weil diese wichtige Laborparameter (z.B. CK- MB) verfälschen würde. Außerdem könnte es zu einer großen Einblutung in den Muskel kommen, wenn zur Behandlung des Herzinfarktes unbedingt gerinnungshemmende Substanzen (wie Heparin) gegeben werden müssen.
In der Akutphase wird regelmäßig Nitroglycerin eingesetzt, weil es über eine venöse Gefäßerweiterung zu einer Entlastung des Herzens führt. Außerdem wirkt es direkt auf die Herzkranzgefäße erweiternd. So ist auch eine Unterscheidung zwischen einer Angina Pectoris und einem Herzinfarkt möglich. Spricht der Patient auf Nitroglycerin an, dann lässt sich eher eine Angina pectoris vermuten.
Innerhalb von sechs Stunden nach dem Myokardinfarkt kann eine Thrombolysetherapie (Auflösung des Thrombus) mit Fibrinolytika erfolgen. Besteht die Möglichkeit einer Herzkatheteruntersuchung, so sollte diese erfolgen. Werden kurzstreckige Engen gefunden, so werden diese mit einem Ballon geweitet und ein kurzes stabiles Röhrchen (Stent) platziert, um das Gefäß offen zu halten.
Sind weite Strecken des Gefäßes betroffen, kommen Bypässe in Frage. In diesem Falle wird dem Betroffenen eine Vene aus dem Bein entnommen. Diese soll die enge Stelle überbrücken, wobei das eine Ende in die Hauptschlagader (Aorta) eingenäht wird und das andere Ende unterhalb der Stenose auf das Herzkranzgefäß aufgenäht wird. Nur so kann die optimale Versorgung des Zielgebietes sichergestellt werden.
Ist durch den Myokardinfarkt ein zu großes Gebiet des Herzens geschädigt oder zerstört, und kann das Herz die notwendige Leistung nicht mehr erbringen, so muss eine Herztransplantation erwogen werden. In diesem Falle erhält der Erkrankte ein Spenderherz. Momentan gibt es aber sehr viele Betroffene die ein neues Herz benötigen und zu wenig Organspenden. Um deswegen einen Herzinfarkt oder einen wiederholten Infarkt (Reinfarkt) langfristig zu vermeiden, sollten Risikopatienten im Hinblick auf den Blutdruck (mit ß-Blockern bzw. einem ACE- Hemmer), das Cholesterin (mit einem Cholesterinsynthesehemmer) und den Blutzucker (mit einem Antidiabetikum bzw. Insulin) optimal eingestellt werden.
Die regelmäßige Einnahme von Aspirin (Acetylsalicylsäure) hemmt die Blutplättchen (Thrombozyten) und verhindert eine Gerinnselbildung. Außerdem wird zum Besuch einer Koronarsportgruppe unter Aufsicht eines Arztes geraten und ein Rauchverbot erteilt.
Zu den Komplikationen eines Herzinfarktes zählen das Kammerflimmern und Kammerflattern (Herzfrequenzen > 200/ min). Die Hälfte der Infarktpatienten überlebt diese Entgleisung des Herzschlages nicht. Weitere Komplikationen des Herzinfarktes sind eine Lungenembolie, eine Schädigung der Segelklappen, Herzrhythmusstörungen, eine Herzwandaussackung (Aneurysma) und im Ernstfall eine Herzwandruptur (Riss der Herzwand), die zum sofortigen Tode führt. Erfreulich ist, dass sich bei mehr als 60 Prozent der Patienten das Gerinnsel in einem Herzkranzgefäß innerhalb der ersten 24 Stunden wieder auflöst und die Kranzarterie wieder ausreichend durchblutet wird.
Die Risikofaktoren des Herzinfarktes entsprechen denen der Arteriosklerose. Man gliedert die Risikofaktoren zum einen in im Körper selbst entstandene Faktoren (endogene) und zum anderen in von außen auf den Körper einwirkende Stoffe (exogene).
Zu den endogenen Faktoren zählen
Auch genetische Ursachen werden diskutiert.
Als exogene Faktoren sind das Rauchen (Nikotin schädigt das Endothel und begünstigt die Gerinnung) und der Bewegungsmangel mit die wichtigsten Punkte, die in der Prävention berücksichtigt werden müssen. Weitere Erklärungsansätze für die Entstehung der Arteriosklerose sind:
Der Häufigkeitsgipfel des Herzinfarktes liegt bei Männern um das 60. Lebensjahr und bei Frauen um das 70. Lebensjahr (besitzen vorher Östrogenschutz). 800 Deutsche erleiden pro Tag einen Herzinfarkt und fast die Hälfte der Betroffenen verstirbt noch innerhalb er ersten Stunden an den Folgen eines Myokardinfarkt.
Letzte Aktualisierung am 24.11.2020.