Trotz Verfügbarkeit hochwirksamer Impfstoffe ist die Hepatitis B weltweit weiterhin eine Infektionskrankheit von erheblicher medizinischer Bedeutung.
Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben etwa zwei Milliarden Menschen eine Hepatitis B durchgemacht und fünf bis sieben Prozent der Weltbevölkerung sind chronisch mit dem Virus infiziert. Man geht von weltweit etwa eine Million Hepatitis-B-assoziierter Todesfälle pro Jahr aus.
In Deutschland beträgt die Durchseuchung mit Hepatitis B etwa sieben Prozent. Als chronisch mit Hepatitis-B-infiziert gelten derzeit etwa 0,4 bis 0,8 Prozent der Bevölkerung, was 300.000 bis 650.000 Personen entspricht. Die chronisch Infizierten stellen zudem das Reservoir für Kontaktinfektionen dar.
Verursacht wird Hepatitis B durch das gleichnamige Virus. Das Hepatitis-B-Virus (HBV) gehört zur Familie der Hepadnaviridae. Das behüllte Virus hat als Genom eine zirkuläre, teilweise doppelsträngige DNA. Als wichtige Antigene gelten das HBV-Oberflächenantigen (HbsAg) sowie das Core-Antigen (HbcAg). Es lassen sich acht verschiedene Genotypen sowie acht HbsAg-Subtypen unterscheiden. Mittels molekularepidemiologischer Untersuchungen lassen sich Ausbrüche sowie Infektionsketten heute sicher aufklären.
Von besonderer Bedeutung sind die zwar weltweit vorkommenden, allerdings weiterhin seltenen Hepatitis (Leberentzündung)-B-Escape-Mutanten, die bei der Diagnostik Probleme bereiten können. Als wichtigste Ansteckungsquelle gilt das Blut akut oder chronisch Infizierter.
Im Blut lassen sich Viruskonzentrationen von bis 1011 Partikel/ml nachweisen. Daher kann das Virus durch geringste Mengen Blut übertragen werden. Am häufigsten man schätzt 60 bis 70 Prozent aller Infektionen - wird HBV in Deutschland durch Sexualverkehr übertragen, weswegen sich der Großteil der Neuinfektionen in der sexuell aktiven, nicht geimpften Bevölkerung findet.
Von besonderer Bedeutung dürften hierbei auch sexuelle Kontakte in Hochendemiegebieten während Urlaubsreisen sein. Die früher häufige Übertragung durch Blut- oder Plasmapräparate spielt heute keine Rolle mehr. Das Restrisiko sich mit einer unerkannt infektiösen Blutspende zu infizieren, liegt in einer Größenordnung von 1:500000. Industriell hergestellte Plasmapräparate (Faktor VIII, Faktor IX oder PPSB) gelten heute als virussicher hinsichtlich HBV.
Eine wichtige Risikogruppe sind nach wie vor intravenös (in die Vene) Drogensüchtige. Ein Infektionsrisiko besteht auch bei Tätowierungen, Piercing oder Ohrlochstechen, insbesondere dann, wenn diese von nicht medizinischem Personal oder in Urlaubsländern unter schlechten hygienischen Bedingungen durchgeführt werden.
Trotz Untersuchungen auf Hepatitis (Leberentzündung) B gemäß der Mutterschaftsrichtlinie besteht derzeit weiterhin ein prä- bzw. perinatales Übertragungsrisiko (Übertragungsrisiko vor und während der Geburt). Zum gefährdeten Personenkreis muss weiterhin das nicht geimpfte, medizinische Personal gerechnet werden.
Die Inkubationszeit (Zeit zwischen Infektion und Ausbruch der Krankheit) beträgt zwischen 40 bis 200 Tage und ist u.a. von der Infektionsdosis abhängig. Die Ansteckungsfähigkeit ist von der Viruslast des Infizierten abhängig und kann bei einer unbehandelten, chronischen Infektion jahrelang bestehen.
Die Klinik einer HBV-Infektion ist variabel und reicht von asymptomatisch (ohne Symptome), subklinischen, symptomatischen, chronischen bis zu einem fulminanten, letalen (tödlichen) Verlauf. Die Erkrankung beginnt mit unspezifischen Symptomen, wie Appetitlosigkeit, Unwohlsein, Übelkeit, Erbrechen und Arthralgien (Gelenkschmerzen). Wenige Tage später beginnt die ikterische Phase (Gelbsucht).
Typisch ist dabei das gelbliche Hautkolorit sowie die gelblich verfärbten Skleren (Lederhaut der Augen). Ein fulminanter Verlauf mit Leberversagen tritt bei weniger als einem Prozent der akuten Hepatitiden auf. In etwa fünf bis zehn Prozent kommt es zu einem chronischen Verlauf der Hepatitis (Leberentzündung) B. Als Spätfolgen der chronischen Hepatitis B kommt es zur Leberzirrhose oder Leberzellkarzinom.
Die Therapie der akuten Hepatitis B erfolgt in der Regel lediglich symptomatisch und supportiv. Bei chronischer Hepatitis B erfolgt eine mehrmonatige Therapie mit Interferon-alpha, durch die in vielen Fällen ein Remission (Nachlassen der Krankheitssymptome) erreicht werden kann. Durch die Verfügbarkeit des Nukleotidanalogons Lamivudin konnte ein wesentlicher Fortschritt in der Therapie der chronischen Hepatitis B erzielt werden. Als Ultima Ratio kann zudem eine Lebertransplantation erwogen werden.
Für die Diagnostik der Hepatitis B stehen diverse Verfahren zum Nachweis von HBV-DNA sowie HBsAg sowie HbeAg zur Verfügung. Durch die Bestimmung der verschiedenen Antikörper gegen HBV lässt sich sowohl eine akute, chronische oder ausgeheilte Hepatitis B sicher nachweisen.
Für die Prophylaxe einer Hepatitis (Leberentzündung) B stehen aktive Impfstoffe zur Verfügung, die entweder alleine oder in Kombination mit anderen Impfstoffen verabreicht werden. Im Rahmen des Routineprogramms der Immunisierung von Kleinkindern ist Hepatitis B in den hexavalenten Impfstoffen enthalten.
Zudem steht ein Kombinationsimpfstoff mit Hepatitis A zur Verfügung. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt u.a. ausdrücklich die Impfung gegen Hepatitis A und B bei allen Personen mit chronischen Leberkrankheiten, da bei diesem Personenkreis im Falle einer Infektion generell ein schwerer Verlauf zu erwarten ist.
Nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) §6 ist der Krankheitsverdacht, die Erkrankung sowie der Tod an akuter Virus Hepatitis (Leberentzündung) meldepflichtig. Gemäß IfSG §7 ist der direkte oder indirekte Nachweis von Hepatitis (Leberentzündung)-B-Virus meldepflichtig, soweit er auf eine akute Infektion hinweist. Nach IfSG §25 kann das zuständige Gesundheitsamt Ermittlungen zur Infektionsquelle sowie ggf. Kontaktpersonen anstellen.
Letzte Aktualisierung am 02.12.2022.