Bei einer autoimmunen Hepatitis, auch Autoimmunhepatitis (AIH) genannt, richtet sich das Immunsystem des Betroffenen gegen die körpereigenen Leberzellen. Das bedeutet, dass das Immunsystem nicht mehr in der Lage ist, zwischen eigenen Körperzellen und körperfremdem Gewebe zu unterscheiden, das zu bekämpfen ist. Leberzellen werden zerstört. Es kommt zu einer Leberentzündung (Hepatitis). Diese kann entweder akut sein oder chronisch (dauerhaft) verlaufen. Eine akute Hepatitis kann zu einem akuten Leberversagen führen. Eine unbehandelte chronische Leberentzündung dieser Ursache führt in nahezu allen Fällen zu einer Leberzirrhose (Zerstörung der Leber mit zunehmendem Funktionsverlust).
Autoimmunerkrankungen sind Erkrankungen, bei denen das Immunsystem der betroffenen Person anfängt, körpereigenes Gewebe anzugreifen und zu zerstören. Bei der Autoimmunhepatitis werden die Leberzellen (Hepatozyten) des Körpers angegriffen. Es kommt zu einer Entzündungsreaktion in der Leber, der autoimmunen Hepatitis.
Unterschieden werden die akute und die chronische Autoimmunhepatitis. Als chronisch gilt die Leberentzündung, wenn sie seit mehr als sechs Monaten besteht. Bei einer langandauernden Entzündung kommt es zu Umbauprozessen und Vernarbungen im Lebergewebe. Im fortgeschrittenen Stadium einer chronischen Autoimmunhepatitis kann somit eine Leberzirrhose entstehen. Hier besteht die Gefahr, dass die Leber ihre Funktion aufgrund der zunehmenden Vernarbung nicht mehr ausreichend erfüllen kann. Das kann lebensbedrohlich werden und eine Lebertransplantation erforderlich machen.
Der genaue Grund, warum eine autoimmune Leberentzündung entsteht, ist noch nicht bekannt. Eine Ursache könnte eine genetische Veranlagung beim Betroffenen sein. Bestimmte Faktoren wie eine Infektion, verschiedene Giftstoffe oder auch eine Schwangerschaft können dann dazu führen, dass die Autoimmunhepatitis bei einer Person mit einer genetischen Veranlagung aktiviert wird. Als weitere Risikofaktoren werden Bakterien (Salmonellen), Viren (Herpes-Viren, Masern-Viren oder Hepatitis-Viren) und auch Umweltgifte diskutiert. Häufig wird die Diagnose bei Mädchen in der Pubertät oder bei Frauen in den Wechseljahren gestellt. Die hormonelle Umstellung in bestimmten Lebensphasen kann daher vermutlich ein weiterer verursachender Faktor sein. Oft lässt sich nicht zurückverfolgen, was genau die autoimmune Hepatitis ausgelöst hat.
Eine Autoimmunhepatitis wird häufig erst spät erkannt. Ein Grund dafür ist, dass die Leber selbst keine Schmerzimpulse senden kann. Schmerz als Warnsignal des Körpers entsteht nur dann, wenn die Leber sich vergrößert und die Kapsel der Leber dadurch gedehnt wird. Zudem sind die Symptome meist unspezifisch, das heißt, sie können ein Anzeichen für viele verschiedene Erkrankungen sein. Zu diesen uneindeutigen Symptomen, die möglich sind, zählen:
Die Autoimmunhepatitis schreitet häufig rasch fort und wird aufgrund der unspezifischen Symptome erst spät entdeckt. Deshalb weisen viele Betroffene schon bei der Diagnose Zeichen einer Leberzirrhose auf. Symptome, die bei einer Leberzirrhose zusätzlich auftreten können, sind insbesondere:
Es kann vorkommen, dass neben der autoimmunen Leberentzündung noch weitere Autoimmunerkrankungen auftreten. Die häufigsten sind:
Wichtig ist es, andere Lebererkrankungen auszuschließen. Hierzu zählen zum Beispiel eine Leberentzündung durch Viren oder eine Fettleber. Ein wichtiger Bestandteil der Diagnostik ist die Blutuntersuchung. Folgende Parameter können bestimmt werden:
Bei der Auswertung einer Leberpunktion (Gewebeentnahme über eine Nadel, die in die Leber eingeführt wird) können Veränderungen an den Leberzellen festgestellt werden, die für eine Autoimmunhepatitis charakteristisch sind.
Manchmal ist es schwer, diese Form der Leberentzündung eindeutig zu diagnostizieren. Dann kann das erfolgreiche Behandeln mit Medikamenten, die das Immunsystem bremsen (Immunsuppressiva), ein Zeichen dafür sein, dass eine Autoimmunhepatitis zu Grunde liegt.
Das Mittel der Wahl zur Behandlung einer autoimmunen Hepatitis ist die Behandlung mit Immunsuppressiva (Medikamenten, die das Immunsystem unterdrücken). Dadurch soll die Aktivität des Immunsystems gegen die körpereigenen Leberzellen eingeschränkt oder ganz gestoppt werden. Meist wird eine Kombination aus Cortison-Präparaten und Azathioprin verordnet. Diese Medikamente müssen dauerhaft eingenommen werden. In manchen Fällen ist es nach zwei bis drei Jahren möglich, die Medikamente langsam wieder abzusetzen. Wenn die Hepatitis daraufhin wieder aufflammt, müssen die Immunsuppressiva aber dauerhaft eingenommen werden.
Standardmittel der Cortisontherapie ist oft Prednison oder Prednisolon. Studien konnten zeigen, dass das Medikament Budesonid oft mit weniger Nebenwirkungen verbunden ist. Es wurde ursprünglich zur Behandlung von chronischen Darmentzündungen zugelassen, wird aber auch zur Therapie der Autoimmunhepatitis eingesetzt. Bei bestehender Leberzirrhose verbietet sich allerdings die Behandlung mit Budesonid.
Wenn bereits eine Leberzirrhose vorliegt, kann auch eine Lebertransplantation notwendig werden.
Die Behandlung mit Cortison-Präparaten bringt häufig verschiedene Nebenwirkungen mit sich. Typisch sind:
Da die Autoimmunhepatitis ohne diese Medikamente aber meist tödlich verläuft, sind die Nebenwirkungen und Langzeitfolgen kaum zu umgehen. Zur Vorbeugung einer Osteoporose ist die Einnahme von Vitamin D und Calcium ratsam. Sie stärken die Knochensubstanz.
Frühzeitig erkannt und behandelt, kann bei einer autoimmunen Hepatitis die Zerstörung der Leberzellen wirksam eingedämmt werden. Dann ist eine normale Lebenserwartung gegeben. Hat eine chronische Entzündung bereits zu einer Leberzirrhose (Gewebeumbau mit Vernarbung) der Leber geführt, ist die Prognose weniger günstig. Je nach Ausmaß der Schädigung und dem damit verbundenen Funktionsverlust der Leber kann sogar eine Transplantation notwendig werden.
Deutsche Leberhilfe e.V. – Autoimmune Hepatitis (AIH): https://www.leberhilfe.org/lebererkrankungen/autoimmunhepatitis/ (online letzter Abruf: 17.11.2022)
AWMF – S2k-Leilinie Autoimmune Lebererkrankungen: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/021-027l_S2k_Autoimmune_Lebererkrankungen_2017-11.pdf (online letzter Abruf: 17.11.2022)
Universitätsspital Zürich – Autoimmunhepatitis: https://www.usz.ch/krankheit/autoimmunhepatitis/ (online letzter Abruf: 17.11.2022)
Lebertransplantierte Deutschland e.V. – Chronische Autoimmunhepatitis (AIH) - Entstehung und Klinik: https://lebertransplantation.eu/die-leber/autoimmunerkrankungen/chronische-autoimmunhepatitis-aih (online letzter Abruf: 17.11.2022)
IMD Labor Berlin (Institut für Medizinische Diagnostik Berlin-Potsdam GbR) – Was sind Autoantikörper?: https://www.imd-berlin.de/spezielle-kompetenzen/autoimmunerkrankungen/autoantikoerper (online letzter Abruf: 17.11.2022)
aktualisiert am 17.11.2022