Kaum eine Frau hat sich in ihrem Leben noch nicht mit einem Harnwegsinfekt (HWI) herumgeschlagen. Manche Frauen werden gar in regelmäßigen Abständen von einer Blasenentzündung heimgesucht. Immerhin wird geschätzt, dass zwischen 50 und 70 Prozent aller erwachsenen Frauen über ihre Lebensdauer hinweg zumindest einmal über eine entzündete Harnblase klagen. Männer klagen deutlich seltener über derartige Beschwerden. Sie bleiben oftmals von dem ständigen Harndrang, der für eine Blasenentzündung typisch ist, und dem unangenehmen Brennen verschont. Doch wie ist das zu erklären?
Die Unterschiede in der weiblichen und männlichen Anatomie liefern die Erklärung. Die Harnröhre weist bei Mann und Frau deutliche Längenunterschiede auf. Frauen besitzen eine wesentlich kürzere Harnröhre. Dies führt dazu, dass die Bakterien oder anderen Erreger, welche den Harnwegsinfekt auslösen, nur einen kurzen Weg bis in die Blase zurücklegen müssen. Eine Strecke von knapp drei bis vier Zentimetern lässt sich von Keimen eben deutlich leichter zurücklegen als eine Strecke von gut 20 Zentimetern, was der Länge der männlichen Harnröhre entspricht.
Allerdings ist dies nicht der einzige Grund für die höhere Häufigkeit von Blasenentzündungen bei Frauen. Die weibliche Anatomie geht außerdem mit einem geringen Abstand zwischen dem After und der Scheide einher. Beim Mann ist das Ende des Penis, das dem Wasserlassen dient, hingegen deutlich weiter vom After entfernt.
Da die Erreger, die zu einer Harnwegsinfektion führen, häufig Darmbakterien sind, macht sich auch dieser kürzere Abstand negativ bemerkbar. Denn die Darmbakterien können vom After aus ebenfalls leichter bis zur Scheide wandern, als dies vom männlichen Darm aus bis zur Penisspitze der Fall ist. Wenn eine solche Entzündung passiert, ist von einer Schmierinfektion die Rede.
Als ob ihre Anatomie nicht bereits ausreichend gegen die Frauen arbeiten würde, gibt es darüber hinaus zwei Lebensabschnitte, in denen Blasenentzündungen mit einer höheren Wahrscheinlichkeit auftreten können. Dies ist sowohl während einer Schwangerschaft als auch im Rahmen der Wechseljahre der Fall. In beiden Fällen sind Hormonumstellungen als Problemquelle zu nennen. In der Schwangerschaft erweitern sich die Harnwege und Erreger können besser eindringen. Ebenso fließt der Harn nicht mehr so schnell ab, weil die Gebärmutter mit dem Kind auf den Harnleiter (Ureter) drückt. Dies begünstigt einen entsprechenden Infekt und die Gefahr einer Nierenentzündung (Pyelonephritis) ist bei Schwangeren erhöht.
Während der Wechseljahre haben die Erreger für eine Blasenentzündung leichteres Spiel. Dies hat damit zu tun, dass der Körper einer Frau nun weniger Östrogen produziert. Dies führt dazu, dass die Schleimhäute weniger feucht sind und zudem erschlaffen. Davon sind auch die Harnwege betroffen. Da die Harnwege bereits derart geschwächt sind, ist dies oft ein „gefundenes Fressen“ für die Bakterien, die für eine Harnwegsinfektion verantwortlich sind. Blasenentzündungen werden während dieser Lebensabschnitte wahrscheinlicher.
aktualisiert am 24.04.2018