Fehlbildungen des Harntrakts führen zu Funktionsstörungen, die Einschränkungen mit sich ziehen. Zu den harnproduzierenden und harnableitenden Organen des Menschen zählen die paarig angelegten Nieren, die beiden Harnleiter (Ureteren), die Harnblase und die Harnröhre (Urethra). Insbesondere die Nieren erfüllen komplexe Aufgaben im Bereich des Wasser- und Elektrolythaushaltes, der Entgiftung und Ausscheidung, der hormonellen Regulation verschiedener Systeme und der Regulierung des Herz-Kreislauf-Systems sowie des Säure-Basen-Haushalts.
Die Harnorgane, die zusammen mit den Geschlechtsorganen auch als Urogenitalorgane bezeichnet werden, entstehen während der Embryogenese in den ersten acht Wochen nach Befruchtung einer Eizelle. Sie entwickeln sich aus zwei getrennten Organanlagen und machen bis zur vollständigen Ausreifung eine Reihe komplexer Veränderungen durch.
Die komplizierte embryonale Entwicklung der Harnorgane bedingt, dass angeborene Fehlbildungen relativ häufig sind. Etwa 30 Prozent aller Organfehlbildungen, die beim Menschen auftreten können, betreffen das Urogenitalsystem. Davon sind die häufigsten Formveränderungen Normvarianten und gehen nicht mit einer Einschränkung der Organfunktion einher. Durch einige Fehlbildungen entstehen jedoch Funktionsstörungen, die einschränkend sein können oder sogar überhaupt nicht mit dem Leben vereinbar sind.
Mögliche Fehlbildungen der Niere lassen sich in aller Regel folgenden Kriterien zuordnen:
Im Rahmen der Entstehung der Harnleiter als Bindeglied zwischen Niere und Blase kann es zu einer Verdopplung des Harnleiters auf einer oder auf beiden Seiten kommen. Die Teilung kann nur im oberen Bereich bestehen oder sich bis zur Blase fortsetzen. Doppelt angelegte Ureteren haben in der Regel keinen Krankheitswert. Gehäuft treten jedoch Harnstauungen oder ein Rückfluss von Harn aus der Blase auf.
Die Harnleiter sind normalerweise sehr dünn und ihr Durchmesser nur wenige Millimeter groß. Bei Fehlentwicklungen können die Ureteren jedoch auch sehr groß und aufgeweitet sein. Man spricht dann von so genannten Megaureteren. Dieser kann auch entstehen, wenn sich an der Einmündung zur Harnblase eine Engstelle befindet, sodass sich der Harn in die Harnleiter und die Nieren zurück staut.
Fehlbildungen der Harnleiter, deren Muskulatur oder der Nerven können zu einem Rückfluss des Harns aus der Blase in Richtung Nieren führen. Dies führt häufig zu Erweiterungen der Harnleiter und des Nierenbeckens sowie zu wiederkehrenden Infektionen.
Seltenere Fehlbildungen der Harnleiter sind die Fehlmündungen. Durch Entwicklungsstörungen können ein oder beide Ureter fälschlicherweise an einer anderen Stelle der Blase, direkt in die Harnröhre, in Vagina, Samenblase oder Rektum münden. Solche Fehlmündungen werden operativ korrigiert.
Entwicklungsgeschichtlich gibt es einen Verbindungsgang zwischen Nabel und Blase, der Urachus. Im Normalfall verschießt sich dieser spätestens kurz vor der Geburt. In seltenen Fällen bleibt der Urachus jedoch bestehen, sodass mit Harn gefüllte Zysten unter dem Nabel entstehen können oder Harn aus dem Nabel tröpfelt. Diese Fehlbildung kann operativ korrigiert werden.
Häufiger sind dagegen so genannte Blasendivertikel. Dabei handelt es sich um kleinere oder größere Ausstülpungen der Blasenwand, die meist durch eine lokale Schwäche des Blasenmuskels bedingt sind. Sie können angeboren sein oder im Laufe des Lebens entstehen. Der in einem Divertikel gefangene Harn kann beim Wasserlassen nicht entleert werden, sodass es häufig zu chronischen Blaseninfektionen und Blasensteinen kommt.
Die häufigsten Fehlbildungen im Bereich der Harnröhre stellen Verengungen dar. Diese können durch Muskelschlingen oder Harnröhrenklappen entstehen. Am häufigsten finden sich solche Engstellen knapp unterhalb der Blase am Beginn der Harnröhre.
Schon im Säuglings- und Kleinkindalter entstehen als Konsequenz dieser Fehlbildungen Harnstauungen in der Blase, weil der Harn beim Wasserlassen nicht vollständig entleert werden kann. Meist treten dann auch wiederkehrende Harnblasenentzündungen und Blasensteine auf. Fehlbildungen der Harnröhre werden meist sofort nach der Geburt operativ korrigiert.
Die Untersuchungen auf Fehlbildungen der Harnorgane werden meist schon im Kindesalter durch den betreuenden Kinderarzt durchgeführt. Ab dem 18. Lebensjahr werden Fragen zu Problemen und Beschwerden im Urogenitalbereich in der Regel von einem Urologen abgeklärt und untersucht.
Bei der ausführlichen Anamnese (Erfragung der Krankengeschichte) interessieren den behandelnden Urologen vor allem Vorerkrankungen, Erkrankungen in der näheren Verwandtschaft sowie Symptome und Beschwerden.
Zur körperlichen Untersuchung gehört das Ertasten von Nieren und Blase. Mithilfe eines Ultraschallgeräts lassen sich die Nieren, häufig auch die Harnleiter, die Blase und beim Mann die Prostata darstellen. So können Veränderungen von Form, Lage, Durchblutung und Größe erkannt werden.
Bei besonderen Fragestellungen wird zusätzlich eine Blutprobe im Labor auf verschiedene Stoffe oder Hormone hin untersucht. Auch eine Urinprobe kann leicht mit einem so genannten U-Stix untersucht werden. Dies ist ein dünner Streifen aus Plastik, auf dem verschiedene Testfelder angebracht sind. Er wird in die Urinprobe getaucht und lässt Aussagen über den Gehalt an Eiweiß, Blut, Bakterien, Zucker und weiteren Stoffen zu.
Spezielle Untersuchungstechniken und Methoden in der Urologie:
Letzte Aktualisierung am 08.12.2020.