Hämangiome gehen auf die unkontrollierte Wucherung von Blutgefäßen zurück. Es handelt sich um gutartige Geschwülste, von denen zunächst keine unmittelbare Gefahr ausgeht. Häufig bilden sie sich nach einer Phase des Wachstums und des Stillstands von selbst wieder zurück. Wenn keine Beschwerden auftreten, wird ärztlicherseits oft eine abwartende Haltung eingenommen. Allerdings ist ihre Lokation am Körper von entscheidender Bedeutung. Sind sie ungünstig gelegen, beispielsweise in der unmittelbaren Umgebung des Auges, können sie auf den Augapfel drücken und diesen oder auch den Sehnerv irreparabel schädigen. Ein weiteres Risiko besteht in der möglichen Entstellung des jungen Patienten. Die Gesichtszüge können verzerrt oder einzelne Partien des Gesichts wie Mund oder Nase in ihrer Entwicklung gestört werden.
Ein möglicher Therapieansatz ist die operative Entfernung, die jedoch stets mit Risiken und mit einer Narbenbildung verbunden ist. Seit einigen Jahren werden beachtliche Erfolge bei der Behandlung von Hämangiomen mit einem Herzmedikament erzielt, das insbesondere bei den schwierigen Fällen zunehmend das Mittel der Wahl ist.
Seit den 2000er Jahren wird immer wieder von erstaunlichen Therapieerfolgen bei der Behandlung von Hämangiomen mit Propranolol berichtet. Der ursprünglich für Herzpatienten entwickelte Wirkstoff aus der Medikamentengruppe der Betablocker hat die höchst willkommene Nebenwirkung, sich positiv auf die Rückbildung von Hämangiomen auszuwirken. Seit April 2014 ist Propranolol als Medikament für Säuglinge ab der fünften Lebenswoche zugelassen, die an einem wachsenden Hämangiom leiden.
Eine Propranolol-Therapie kommt besonders dann infrage, wenn durch ein Hämangiom wichtige Körperfunktionen bedroht oder eingeschränkt sind. Auch die hämangiombedingte Entstehung von Geschwüren, die Schmerzen verursachen oder nicht abheilen, können ein Grund für die Gabe des Betablockers sein. Besonders interessant ist das Propranolol zur Behandlung der segmentalen Hämangiome. Sie sind häufig nur undeutlich begrenzt oder wachsen verstreut. Eine Behandlung mit den herkömmlichen Methoden gestaltet sich meist schwierig. Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Aspekt ist die Gefahr, dass durch bleibende Narben das Aussehen eines erkrankten Kindes stark beeinträchtigt wird. Aus der Narbenbildung kann erhebliches seelisches Leid erwachsen. Im ungünstigsten Fall leidet ein Betroffener sein ganzes Leben lang. Auch in diesen Fällen wird mit Propranolol behandelt.
Dass es sich beim Einsatz von Propranolol bei der Hämangiom-Therapie nicht um ein Strohfeuer handelt, belegt eine Studie des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) von 2014. Hierin wird untersucht, welche Vor- und Nachteile Propranolol für Babys mit wachsendem Hämangiom gegenüber einer herkömmlichen Therapie hat. Im Rahmen der Studie hat sich herausgestellt, dass Propranolol zu einer starken Rückbildung beitragen kann. Bei 60 von 100 Babys ist das Hämangiom so stark geschrumpft, dass es kaum noch oder gar nicht mehr sichtbar war. In einer Vergleichsgruppe, die mit einem Placebo (Scheinmedikament) und einer individuellen konservativen Therapie versorgt wurde, wird dieser Anteil auf weniger als 30 von 100 Babys geschätzt. Verstärkt auftretende Nebenwirkungen durch die Propranolol-Gabe wurden nicht beobachtet.
aktualisiert am 04.11.2016