Unter dem Begriff Grüner Star (Glaukom) werden eine Anzahl Erkrankungen verstanden, deren Gemeinsamkeit die Schädigung des Sehnervs darstellt. Diagnostisch zeichnen sie sich vor allem durch einen erhöhten Augeninnendruck (IOD, Intraokulardruck) aus. Dieser wird durch den langsam stärker werdenden Verschluss des Kammerwinkels verursacht, über den das überschüssige Kammerwasser aus dem Augeninneren abfließt. In seltenen Fällen kann es zu einem plötzlichen Auftreten des Krankheitsbildes kommen. Akut treten heftige Augenschmerzen mit Kopfschmerz und Übelkeit auf, die Sehschärfe lässt deutlich nach. Ein akutes Winkelblockglaukom bedarf einer sofortigen ärztlichen Behandlung, um schwerwiegende Folgen für das Augenlicht abzuwenden. Eine Soforttherapie wird stets mit Augentropfen oder mit Medikamenten zur Einnahme durchgeführt. Zur Erhaltung der Sehkraft ist meist ein anschließender operativer Eingriff notwendig.
Junge Menschen sind von einem Winkelblockglaukom eher selten betroffen. Ein fortgeschrittenes Alter sowie bekannte Erkrankungen innerhalb der Familie lassen das Risiko indes ansteigen. In Europa besteht im Vergleich zu asiatischen Ländern und der Inuitbevölkerung (Grönland) ein geringeres Krankheitsrisiko.
Verantwortlich für den Augendruck ist das Kammerwasser, welches kontinuierlich produziert wird. Es ist für die Versorgung wichtiger Anteile des Auges und für einen normalen Augeninnendruck verantwortlich. Beim gesunden Auge wird das Zuviel an Kammerwasser stetig ausgeleitet, es wird im Kammerwinkel (am Außenbereich hinter der Hornhaut) durch kleine Poren (Trabekelwerk) in den Schlemm'schen Kanal und weiter in die Blutbahn befördert.
Beim Winkelblockglaukom wird der Kammerwinkel durch Veränderungen im Aufbau des Auges oder durch Vorerkrankungen blockiert. In der Folge kann das Kammerwasser nicht mehr abfließen, was zu einem Druckanstieg in den Augenkammern und im Glaskörper führt. Im Normalfall beträgt der Druck zwischen 10 und 21 mmHg. Ein dauerhaft erhöhter oder plötzlich auftretender Druck löst eine Schädigung des Sehnervs aus.
Verantwortlich für die Verlegung des Kammerwinkels ist die Iris (Regenbogenhaut). Das kann passieren, wenn der Raum zwischen Linse und Iris in der Nähe der Pupille zu schmal ist. Nachfließendes Kammerwasser kann nicht durch die Pupille in die Vorderkammer gelangen und erhöht den Druck in der hinteren Kammer. Das drückt die Iris Richtung Hornhaut (wegen der Form der Vorwölbung Napfkucheniris genannt). Diese schädliche Konstellation verschließt schließlich den Kammerwinkel, was innerhalb weniger Stunden einen Druckanstieg des Kammerwassers auf über 40 mmHg nach sich zieht. Dieser akute Zustand eines primären Winkelblockglaukoms wird als Pupillarblock bezeichnet.
Weitere mögliche Ursachen für einen Pupillarblock sind eine Veränderung der Linse oder Verklebungen der Linse mit der Regenbogenhaut (Iris).
Neben dem beschriebenen Pupillarblock können auch die Strahlenkörper (Ziliarkörper) den Durchfluss des Kammerwassers von der hinteren in die vordere Kammer behindern. Die Ziliarkörper dienen unter anderem der Aufhängung der Linse. Diese seltene Form des Winkelblockglaukoms ist häufig die Folge eines operativen Eingriffes am Auge.
Daneben existieren eine Vielzahl weiterer Ursachen, die nur in wenigen Fällen verantwortlich sind, wie eine Zystenbildung (gefüllte Hohlkammer) an der Iris, Verschiebungen des Glaskörpers sowie Tumoren im Auge.
Ebenso können Zugkräfte einen Verschluss des Kammerwinkels durch die Iris bewirken. Ursächlich sind hier beispielsweise Hornhauttransplantationen sowie Entzündungen, wie sie bei einer Fuchs-Heterochromie-Iridozyklitis vorkommen. Letztere bezeichnet das seltene krankheitliche Auftreten unterschiedlich gefärbter Augen, deren Ursache noch nicht vollends geklärt ist.
Können die Symptome einer eindeutigen Ursache in Form einer anderen Erkrankung zugeordnet werden, wird von einem sekundären Winkelblockglaukom gesprochen. Besonders Netzhautveränderungen durch Diabetes (proliferative diabetische Retinopathie) spielen hier eine große Rolle. Sie sind eine häufige Folge der Zuckerkrankheit. Es handelt sich um die schwerste Komplikation am Auge, mit welcher Diabetiker rechnen müssen. In letzter Instanz kann sie zur Erblindung führen. Ebenso bedenklich ist der durch ein Gerinnsel verursachte zentrale Venenverschluss der Netzhaut. Bei diesen Erkrankungen bilden sich neue Gefäße an der Iris und am Kammerwinkel, die den Kammerwinkel zuziehen (Neovaskularisationsglaukom).
Als Auslöser für ein Winkelblockglaukom kann zudem ein enger Kammerwinkel aufgrund einer bestehenden Weitsichtigkeit infrage kommen. Medikamente der Gruppe trizyklischer Antidepressiva sind ebenfalls als möglicher Verursacher bekannt. Gleiches gilt für Augentropfen, welche der Weitstellung der Pupille dienen.
Tritt ein Winkelblockglaukom plötzlich auf, ist dies mehrheitlich mit heftigen Augenschmerzen und meist mit einer sofortigen Verminderung der Sehschärfe verbunden. Vielfach werden diese Beschwerden von starker Übelkeit und Erbrechen begleitet. Das Allgemeinbefinden ist stark reduziert, sodass eine anfänglich falsche Diagnose im Sinne neurologischer Ausfälle (Störungen am Nervensystem) oder einer Magen-Darm-Problematik angenommen werden könnte. Die Hornhaut erscheint trübe, worauf die mangelnde Sehschärfe zurückzuführen ist.
Dagegen stellt sich die Symptomatik eines chronischen Winkelblockglaukoms eher wie bei der häufigeren Form des Grünen Stars, dem Offenwinkelglaukom, dar. Krankheitszeichen wie Kopfschmerzen oder ein verschleiertes Sehen können gelegentlich auftreten. Sie lassen nachts nach und entwickeln sich im Laufe des folgenden Tages erneut. Weiter kommt es zu einer fortschreitenden Beschränkung des Gesichtsfeldes, was typischerweise an den Rändern des Sehfeldes zuerst wahrgenommen wird. Ein beidseitiges Auftreten der Beschwerden ist wahrscheinlich. Anfänglich sind die Augen und das Gehirn durchaus in der Lage, diesen Mangel zu kompensieren. Das macht es dem Patienten schwer, einen kleineren Gesichtsfeldausfall frühzeitig zu erkennen. Schon kleine Hinweise wie das Übersehen von Treppenstufen oder fehlende Teile eines Textes sollten ernst genommen werden.
Die Diagnose eines akuten Winkelblockglaukoms wird vor allem durch eine ausführliche Anamnese (Krankengeschichte) und die Beurteilung der auftretenden Symptome erhoben. Dem Abtasten (Palpation) des Auges kommt eine wesentliche Bedeutung zu, um die Erkrankung schnell zu erkennen. Der Arzt kann beim erkrankten Auge einen steinharten Bulbus (Augapfel) ertasten.
Maßgeblich ist die Messung des Augeninnendrucks. Die Methode der Applanations-Tonometrie liefert eine hohe Genauigkeit der Augendruckwerte.
Ähnlich einem Mikroskop ermöglicht die Spaltlampe dem Augenarzt einen detaillierten Blick auf innere Strukturen und Oberflächen des Auges. Hiermit lässt sich eine Rötung der Augen (ziliare Injektion) als Symptom eines Glaukoms von anderen Ursachen abgrenzen. Die Methode erlaubt zudem eine Beurteilung der Vorderkammer. Ist diese flach ausgeprägt, kann das als Zeichen für ein Winkelblockglaukom gewertet werden. Weiter lässt die Spaltlampenuntersuchung eine Aussage über den Fortschritt einer Hornhauttrübung zu.
Bei der Augenspiegelung (Ophthalmoskopie) zeigt sich oft ein unklarer Blick auf den Augenhintergrund, was die Beurteilung der Schädigung des Sehnervs einschränkt. Gleichfalls schwierig kann sich das Betrachten des Kammerwinkels mit einem Spezialglas gestalten (Gonioskopie). Bei den Patienten ist eine deutlich reduzierte Sehschärfe zu erwarten. Zur Messung der Sehschärfe werden Sehzeichen, bestehend aus standardisierten Buchstaben, Zahlen oder ähnlichen Symbolen verwendet, welche vom Patienten erkannt werden sollen.
Beim chronischen Winkelblockglaukom ist die Bestimmung des Augeninnendrucks ebenfalls von entscheidender Bedeutung. Allerdings schließen Werte unter 21 mmHg ein Winkelblockglaukom nicht zwingend aus. Für eine exakte Aussage kann daher die Erstellung eines Tagesprofils von Nutzen sein. Die Augenspiegelung sowie die Begutachtung des Kammerwinkels mittels der Gonioskopie gehören zu den Standarduntersuchungen. Die Gesichtsfelduntersuchung (Perimetrie) wird zum Nachweis eines möglicherweise bestehenden Ausfalles eines Sehbereiches herangezogen.
In vielen Fällen bieten Praxen mittlerweile eine Untersuchung mit dem Heidelberg Retina Tomograph an. Ein Laser tastet bei diesem bildgebenden Verfahren Strukturen im Auge ab. Aus einer Vielzahl von Messpunkten wird daraus ein dreidimensionales Abbild erzeugt. Der Sehnervenkopf kann genau auf Schäden untersucht werden. Aktuell kann diese Leistung jedoch ausschließlich im Rahmen einer Igel-Leistung (individuelle Gesundheits-Leistung) erbracht werden.
Entscheidendes Therapieziel ist sowohl bei der akuten als auch der chronischen Form eines Winkelblockglaukoms die schnelle Senkung des Augeninnendrucks.
Ein akutes Winkelblockglaukom bedeutet einen augenärztlichen Notfall (Glaukomanfall). Für die Therapie stehen Medikamente mit unterschiedlichen Wirkmechanismen zur Verfügung.
Mannitol wird im Akutfall als Infusion verabreicht. Es bewirkt eine Verminderung des Augeninnendrucks, indem seine osmotische Eigenschaft zum Abfluss der Flüssigkeit aus dem Glaskörper führt.
Einen anderen therapeutischen Ansatz verfolgen sogenannte Carboanhydrasehemmer oder Sympatholytika wie beispielsweise Betablocker. Sie sind in der Lage, die Produktion des Kammerwassers in den Ziliarkörpern zu vermindern. Diese Medikamente werden akut als Augentropfen oder in Tablettenform angeboten.
Miotika (Pilocarpin) erreichen die drucksenkende Wirkung, indem sie eine Verengung der Pupille hervorrufen und damit den Abfluss des Kammerwassers wieder ermöglichen.
Im Anschluss an eine erfolgreiche Minderung des Augeninnendrucks muss ein gesicherter Abfluss des Kammerwassers gewährleistet werden. Eine gängige Methode stellt das Eröffnen eines neuen Abflussweges in der Iriszwischen hinterer und vorderer Augenkammer dar. Das kann operativ (periphere Iridektomie) oder mit dem Laser (Neodymium-YAG-Laseriridotomie) durchgeführt werden.
Drucksenkung und Schmerzlinderung stehen auch hier im Vordergrund der Behandlung. Die Senkung der Kammerwasserproduktion wird durch die oben beschriebenen Betablocker und Carboanhydrasehemmer erreicht. Die Gabe von Miotika zur Verengung der Pupille ist bei der chronischen Form nicht sinnvoll. Dies kann zu einer Zunahme der vorhandenen Beschwerden führen. Zudem kann dies das Auftreten von Verklebungen im Bereich der Linse und der Regenbogenhaut fördern.
Ist eine medikamentöse Therapie erfolglos oder nicht möglich, kommt eine Laserbehandlung der Netzhaut (panretinale Laserkoagulation) infrage. Ziel ist es, durch eine gezielte minimale Narbenbildung das Wachstum der krankhaften Blutgefäße zu reduzieren und den Durchfluss des Kammerwassers zu ermöglichen.
Eine andere Zielsetzung soll mit der Zyklophotokoagulation erreicht werden. Bei dieser laserunterstützten Operationsmethode werden Anteile des Ziliarkörpers zerstört und somit die Produktion von Kammerwasser vermindert.
Wurde ein operativer Eingriff vorgenommen, wird der Arzt eine engmaschige Kontrolle anordnen.
Ein Winkelblockglaukom geht stets mit dem Risiko eines massiven Gesichtsfeldausfalles bis hin zu einer Erblindung einher. Daher sollte einmal jährlich eine Vorsorge beim Augenarzt stattfinden.
Bayerisches Ärzteblatt, Prof. Dr. med. habil. Ines Lanzl – Drei Highlights aus der Augenheilkunde: https://www.bayerisches-aerzteblatt.de/inhalte/details/news/detail/News/drei-highlights-aus-der-augenheilkunde.html (online, letzter Abruf: 07.04.2020)
MSD Manual, Douglas J. Rhee – Winkelblockglaukom: https://www.msdmanuals.com/de-de/profi/augenkrankheiten/glaukom/winkelblockglaukom (online, letzter Abruf: 07.04.2020)
AMBOSS – Erkrankungen der Uvea: https://www.amboss.com/de/wissen/Erkrankungen_der_Uvea (online, letzter Abruf: 07.04.2020)
Selbsthilfegruppe Glaukom Lörrach – Ziliarblockglaukom: https://www.glaukom-shg-loerrach.de/html/ziliarblockglaukom.html (online, letzter Abruf: 07.04.2020)
orphanet – Fuchs Heterochromie-Iridozyklitis: https://www.orpha.net/consor/cgi-bin/OC_Exp.php?lng=DE&Expert=263479 (online, letzter Abruf: 07.04.2020)
Deutsches Ärzteblatt, Aris N. Kollias; Michael W. Ulbig – Diabetische Retinopathie, Frühzeitige Diagnostik und effiziente Therapie: https://www.aerzteblatt.de/archiv/67564/Diabetische-Retinopathie
(online, letzter Abruf: 07.04.2020)
Deutsches Ärzteblatt, Alireza Mirshahi; Nicolas Feltgen; Lutz L. Hansen, Lars-Olof Hattenbach – Gefäßverschlüsse der Netzhaut, Eine interdisziplinäre Herausforderung: https://www.aerzteblatt.de/archiv/60678/Gefaessverschluesse-der-Netzhaut
(online, letzter Abruf: 07.04.2020)
Initiativkreis zur Glaukomfrüherkennung e.V. – Untersuchung auf Glaukom: http://www.glaukom.de/glaukom-wissen-und-vorbeugen/frueherkennung-und-augenaerztliche-untersuchung/ (online, letzter Abruf: 07.04.2020)
Spektrum.de – Lexikon der Optik: Auge: https://www.spektrum.de/lexikon/optik/auge/261 (online, letzter Abruf: 07.04.2020)
DOG Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft, W. Wesemann; U. Schiefer; M. Bach –Neue DIN-Normen zur Sehschärfebestimmung: https://www.dog.org/wp-content/uploads/2010/02/DIN-Normen-zur-Sehsch%C3%A4rfebestimmung.pdf (online, letzter Abruf: 07.04.2020)
Pressekonferenz der AAD von 2002, Ursula Hahn; Berninger – Apparative Diagnostik in der Augenheilkunde, Innovationen in der Diagnostik von Augenkrankheiten dargestellt am Beispiel des Glaukoms: https://web.archive.org/web/20131216213837/http://aad-kongress.de/presse/vollseite.php?presse_id=8 (online, letzter Abruf: 07.04.2020)
IGeL Monitor – Heidelberg Retina Tomographie zur Glaukom-Früherkennung: https://www.igel-monitor.de/igel-a-z/igel/show/heidelberg-retina-tomographie-zur-glaukom-frueherkennung.html (online, letzter Abruf: 07.04.2020)
Augenheilkunde, Albert J. Augustin – Medikamentöse Therapie des Glaukoms: https://books.google.de/books?id=863NBgAAQBAJ&pg=PA277&lpg=PA277&dq=Osmotische+Augeninnendrucksenkung+wirkung&source=bl&ots=Q4KXLKi9Ez&sig=ACfU3U3ulsCw3e2O8851tSE-mbkkpuSC-Q&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwiln66Q2bPoAhVholwKHbQyADkQ6AEwC3oECAoQAQ#v=onepage&q=Osmotische%20Augeninnendrucksenkung%20wirkung&f=false (online, letzter Abruf: 07.04.2020)
AMBOSS – Glaukom (Grüner Star): https://www.amboss.com/de/wissen/Glaukom (online, letzter Abruf: 07.04.2020)
aktualisiert am 07.04.2020