Beim Grünen Star (Glaukom) treten im Frühstadium weder Schmerzen auf noch macht sich diese Augenkrankheit auf andere Weise für den Patienten bemerkbar. Unbemerkt im Hintergrund bahnen sich erste Schädigungen der Nervenfasern am Sehnerv sowie an der Netzhaut an. Der Hälfte aller Glaukom-Patienten ist nicht bewusst, an einem Grünen Star erkrankt zu sein. Allein in Deutschland geht man von fast einer Million Patienten aus, welche an einem Offenwinkelglaukom leiden. Die Zahl der Erkrankten (Prävalenz) erhöht sich innerhalb der Altersgruppe der 40- bis 80-Jährigen stetig von 0,1 auf 9,7 Prozent, Tendenz steigend. Deshalb sollte der Glaukom-Früherkennung ein hoher Stellenwert beigemessen werden.
Die tragenden Stützen der Vorsorgeuntersuchung auf ein Glaukom sind
Treten Auffälligkeiten auf, sollten weitere Untersuchungen folgen wie eine Bestimmung des Augeninnendrucks. Die Vorsorge ist somit in der Lage, sowohl Störungen der Funktion des Auges als auch frühzeitige Veränderungen im Aufbau festzustellen.
Zu den einzelnen Testverfahren gehören:
Die Augenspiegelung (Ophthalmoskopie) spielt eine entscheidende Rolle bei der Diagnose sowie der Verlaufskontrolle des Grünen Stars. Dem Arzt steht damit eine Untersuchungsmethode zur Verfügung, mit der er die Netzhaut, die versorgenden Blutgefäße sowie die Papille gleichermaßen beurteilen kann. Als Papille wird die Stelle im Augenhintergrund bezeichnet, an der der Sehnerv das Auge verlässt. Schäden wie eine Exkavation (Aushöhlung) der Papille beim Grünen Star treten schon frühzeitig auf.
Ein entscheidender Nachteil besteht indes durch die fehlende Möglichkeit, die erhobenen Befunde zu dokumentieren. Eine Verlaufskontrolle, wie sie für eine regelmäßige Vorsorge notwendig wäre, ist somit nicht gewährleistet.
Eine Lösung dieses Problems besteht in der Fundus-Fotografie. Der Augenhintergrund mit Netzhaut und Sehnerv wird mit einer Kamera aufgenommen, an die sich der Patient setzt. Sogar ein Smartphone könnte diese Aufgabe erfüllen und die Vorsorge erleichtern.
Diagnostisch lässt sich die Papille (Sehnervkopf) anhand von Form und Farbe beurteilen. Die Darstellung anhand einer Fotografie gilt heute als Standard bei der Verlaufskontrolle der Papillenveränderungen. Bei einer regelmäßigen Vorsorge kann die Papillenfotografie ein geeignetes Instrument für eine Früherkennung darstellen, da der aktuelle Befund mit dem früheren Zustand verglichen werden kann.
Der Heidelberg Retina Tomograph (HRT) ermöglicht eine detaillierte Beurteilung des Augenhintergrundes. Ein Laserstrahl tastet das Innere des Auges durch die Pupille hindurch für den Patienten völlig schmerzfrei ab. Aus einer Vielzahl von Messimpulsen wird mit einer Software ein dreidimensionales Bild geschaffen.
Die wichtigste Anwendung besteht in der Erfassung kleinster Veränderungen am Sehnerv. Zur Auswertung der gemessenen Daten stehen verschiedene Analysemodelle bereit. Diese vergleichen die Befunde des Patienten mit einer Datenbank und können auf diese Weise eine Aussage über die Wahrscheinlichkeit eines Glaukoms errechnen.
Die verschiedenen Bewertungsmodelle beurteilen unterschiedliche Strukturen und können Zusammenhänge vergleichen. Die ermittelten Daten werden (wie zum Beispiel bei der Moorfields Regressionsanalyse) durch Symbole gekennzeichnet. Wird ein grünes Häkchen erzeugt, steht dies beispielsweise für einen normalen Befund. Unter Berücksichtigung weiterer Untersuchungsergebnisse kann der Arzt den Verdacht auf einen beginnenden Grünen Star äußern oder entkräften.
Die Glaukom-Wahrscheinlichkeitsanalyse ist eine Möglichkeit, mit Mitteln der künstlichen Intelligenz frühzeitig Veränderungen des Sehnervkopfes festzustellen. Hier werden ebenfalls Datenbanken zum Vergleich herangezogen.
Die topographische Veränderungsanalyse kann bei regelmäßigen Kontrolluntersuchungen aufgrund des fortschreitenden Verlaufs aufzeigen, ob es sich um ein Glaukom handelt.
Der Blick mit dem Mikroskop in das Innere des Auges gestattet dem Arzt einen detaillierten Blick auf die Netzhaut und Nervenfasern. Die Erstellung dreidimensionaler Schnittbilder, welche durch die optische Kohärenztomografie (OCT) geliefert werden, hat ältere Verfahren wie die Scanning-Laser-Polarimetrie (GDx) abgelöst. Die Untersuchung kann ohne ein Weittropfen der Augen stattfinden und wird von den Patienten nicht als belastend empfunden. Gleichwohl aller Vorteile, welche die optische Kohärenztomografie in der Diagnostik des Glaukoms bietet, wird sie sowohl in der Beurteilung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDS) als auch von der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) nicht ausdrücklich für die Früherkennung empfohlen.
Dieses Verfahren beruht auf der Darstellung der Netzhaut (Retina) mittels eines Laserstrahls. Die dabei erzeugten Bilder werden mit einer Spezialkamera aufgezeichnet. Für die Glaukomvorsorge interessant ist hier die Möglichkeit, die Papille am Austritt des Sehnervs genau zu betrachten. Die Methode eignet sich als Screening-Methode und ist der Heidelberg Retina Tomographie sowie der optischen Kohärenztomografie in etwa gleichgestellt.
Übersteigt der Augeninnendruck einen Wert von 21 mmHg, besteht der Verdacht auf ein Glaukom. Doch muss davon ausgegangen werden, dass knapp die Hälfte aller Patienten mit einem Offenwinkelglaukom (der häufigsten Form von Grünem Star) einen normalen Augeninnendruck aufweist. Die Bezeichnung dafür lautet Normaldruckglaukom. Wird ein Grüner Star erst diagnostiziert, nachdem Gesichtsausfälle vom Patienten bemerkt worden sind, ist der Schaden nicht umkehrbar.
Richtwerte | Augeninnendruck in mmHg |
---|---|
unterer Grenzwert | 10 mmHg |
Durchschnittswert | 15,5 mmHg |
oberer Grenzwert | 21 mmHg |
Andererseits muss ein erhöhter Augeninnendruck nicht zwingend mit glaukomtypischen Beschwerden einhergehen. Die Bestimmung des Augeninnendrucks (Tonometrie) wird hinsichtlich des Nutzens bei der Glaukomvorsorge von den gesetzlichen Krankenkassen als negativ bewertet. Aktuell bleibt die Tonometrie zur Glaukomvorsorge somit lediglich als IGeL-Leistung (selbst zu zahlende Leistung) bestehen.
Zu bedenken ist stets die Möglichkeit einer fehlerhaften Messung. Aus diesem Grund wird der Arzt vielfach parallel zum Augeninnendruck auch die Dicke der Hornhaut (Cornea) messen, die einen Einfluss auf die Messergebnisse hat.
Bei der Gesichtsfelduntersuchung (Perimetrie) sitzt die zu testende Person an einem halbrunden Testbildschirm. Auf diesem werden Leuchtpunkte von unterschiedlicher Stärke an verschiedenen Stellen dargestellt. Die Testperson hat die Aufgabe, die wahrgenommenen Zeichen durch einen Knopfdruck zu protokollieren. Ein Computer nimmt die Signale auf und errechnet, inwieweit eine Einschränkung vorliegt. Beurteilt werden die Gesamtheit des Gesichtsfeldes sowie die Größe und Lokalisation möglicher Ausfälle. Am Tag der Untersuchung sollte die Testperson ausgeschlafen sein und konzentriert mitarbeiten.
Eine Weiterentwicklung stellt die Blau-Gelb-Perimetrie dar. Die Zellen für das Farbsehen sind im Zentrum des Gesichtsfeldes zu finden. Somit lassen sich Ausfälle dort mit einer farbigen Messung besser erfassen.
Ebenso wie die Farb-Perimetrie kann auch die Frequenzverdopplungs-Perimetrie zur Früherkennung eines Glaukoms beitragen. Das Verfahren arbeitet mit Schwarz-Weiß-Mustern, welche schnell aneinandergereiht spezielle Sinneszellen (Ganglienzellen) anregen. Gerade von diesen ist bekannt, dass sie bei einer Schädigung durch eine Glaukomerkrankung besonders betroffen sind.
Vom Patienten registrierte Gesichtsfeldausfälle weisen auf ein bereits fortgeschrittenes Glaukom hin. Im Frühstadium kann das andere Auge indes leichte Verluste des kranken Auges ausgleichen. In diesem Stadium kann die Perimetrie einen hohen Beitrag zur Früherkennung des Grünen Stars leisten.
Vieles spricht dafür, dass die Wahrscheinlichkeit, an einem Grünen Star zu erkranken, erblich bestimmt ist. Sowohl beim kindlichen Offenwinkelglaukom als auch beim kongenitalen Glaukom (Buphthalmus) ist eine genetische Veranlagung bekannt. Inwieweit eine Ursachensuche hinsichtlich einer erblichen Veranlagung sinnvoll erscheint, ist nicht geklärt. Liegt indes innerhalb der Familie ein Krankheitsrisiko vor, sollte eine Früherkennung regelmäßig stattfinden.
In seinem Online-Ratgeber „Krankenversicherung“ schreibt das Bundesgesundheitsministerium, dass Vorsorgeleistungen durch die gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden, sofern diese „vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) in seinen Richtlinien“ empfohlen sind. In den Richtlinien spricht das G-BA keine Empfehlung für Screening-Untersuchungen zur Früherkennung eines Glaukoms aus. Somit werden die Kosten für vorsorgliche Screening-Maßnahmen von Krankenkassen nur dann übernommen, wenn ein begründeter Verdacht auf ein Glaukom vorliegt. Dies beinhaltet auch bestimmte Risikofaktoren wie Diabetes.
BVA (Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e.V.) – Glaukom (Grüner Star): https://augeninfo.de/cms/hauptmenu/augenheilkunde/blick-durch-erkrankte-augen/glaukom-gruener-star.html (online, letzter Abruf: 20.04.2020)
Deutsches Ärzteblatt, Georg Michelson; Joachim Hornegger; Simone Wärntges; Berthold Lausen – Die Papille als Screening-Parameter für die Früherkennung des Glaukoms: https://www.aerzteblatt.de/archiv/61247/Die-Papille-als-Screening-Parameter-fuer-die-Frueherkennung-des-Glaukoms (online, letzter Abruf: 20.04.2020)
RetinaScience – Ophthalmoskopie: http://retinascience.de/index.php?nav=info&site=untersuchung&ID=9 (online, letzter Abruf: 20.04.2020)
Deutsches Ärzteblatt – Fundusfotografie per Smartphone macht Augenerkrankungen sichtbar: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/106109/Fundusfotografie-per-Smartphone-macht-Augenerkrankungen-sichtbar (online, letzter Abruf: 20.04.2020)
Heidelberg Engineering – Instrumente zur Augenuntersuchung
: https://augenwissen.heidelbergengineering.com/instrumente/heidelberg-retina-tomograph-hrt/ (online, letzter Abruf: 20.04.2020)Deutsches Ärzteblatt, Ronald D. Gerste – Ophthalmologie: Wie das Normaldruckglaukom entsteht: https://www.aerzteblatt.de/archiv/61550/Ophthalmologie-Wie-das-Normaldruckglaukom-entsteht (online, letzter Abruf: 20.04.2020)
IGeL Monitor – Augeninnendruckmessung zur Glaukom-Früherkennung: https://www.igel-monitor.de/igel-a-z/igel/show/augeninnendruckmessung-zur-glaukom-frueherkennung.html (online, letzter Abruf: 20.04.2020)
Navigator-Medizin.de, Dr. Hubertus Glaser – Glaukom-Untersuchung: Warum ist die Hornhautdicke so wichtig?:
https://www.navigator-medizin.de/augenerkrankungen/die-wichtigsten-fragen-zum-gruenen-star-glaukom/gruener-star-diagnostik-a-untersuchungen/709-glaukom-untersuchung-warum-ist-die-hornhautdicke-so-wichtig.html (online, letzter Abruf: 20.04.2020)
Galukom.de – Untersuchung auf Glaukom: http://www.glaukom.de/glaukom-wissen-und-vorbeugen/frueherkennung-und-augenaerztliche-untersuchung/ (online, letzter Abruf: 20.04.2020)
Deutsches Ärzteblatt, Bernd Rautenstrauß; Karin Michels-Rautenstrauß; Christian Y. Mardin; Wido Budde; Rudolf Artur Pfeiffer – Genetische Grundlagen der Glaukome:
https://www.aerzteblatt.de/archiv/8414/Genetische-Grundlagen-der-Glaukome (online, letzter Abruf: 20.04.2020)
aktualisiert am 04.05.2020