Unter einem Glaukom wird eine Gruppe von Erkrankungen des Auges zusammengefasst, welche sich durch eine fortschreitende Schädigung des Sehnervs auszeichnen. Das diagnostisch wichtigste Zeichen stellt die Erhöhung des Augeninnendrucks (IOD = intraokularer Druck) dar. Von den Betroffenen wird ein Offenwinkelglaukom (auch: Weitwinkelglaukom) häufig erst wahrgenommen, wenn es zu einer deutlichen Einschränkung des Gesichtsfeldes gekommen ist. Beim Augenarzt erfolgt die Diagnose durch eine Augenspiegelung mit Betrachtung des Sehnervs sowie die Untersuchung des Kammerwinkels (des Abflussbereichs im Auge). Oberstes Behandlungsziel ist, den Augeninnendruck durch medikamentöse oder operative Maßnahmen zu senken.
Das Glaukom, wie der grüne Star in Fachkreisen heißt, wird in zwei Kategorien unterteilt. Maßgebend für die Einteilung sind die unterschiedlichen Ursachen, welche zum Anstieg des Augeninnendrucks führen. Beide Glaukomformen, das Offenwinkelglaukom sowie auch das Winkelblockglaukom, sind durch einen Verschluss des Kammerwinkels charakterisiert. Der Kammerwinkel liegt im Randbereich der Vorderkammer des Auges. Er hat die Funktion, das überschüssige Kammerwasser abfließen zu lassen. Das Kammerwasser ist als Flüssigkeit im Inneren des Auges wichtig für den Augeninnendruck und die Versorgung einiger Strukturen des Auges. Kammerwasser wird kontinuierlich gebildet und muss demnach in gleichem Maße wieder entsorgt werden. Im Kammerwinkel wird es durch feine Lücken im sogenannten Trabekelwerk in den Schlemm'schen Kanal und weiter in die Blutbahn befördert.
Beim Offenwinkelglaukom besteht keine mechanische oder andersartige Verlegung des Kammerwinkels, dieser sieht also offen aus. Das Kammerwasser kann wegen eines Widerstandes nicht abfließen, welcher im Bereich des Trabekelwerks oder der Schlemm'schen Kanäle zu suchen ist. Diese Verstopfung des Kammerwinkels kann verschiedene Gründe haben.
Innerhalb der Gruppe der über Vierzigjährigen kann man davon ausgehen, dass wenigstens 2,5 Prozent der Europäer von einem Offenwinkelglaukom betroffen sind. Studien gehen davon aus, dass die Häufigkeit sich mit zunehmendem Alter vergrößert.
Ein typischerweise höheres Risiko, an einem Offenwinkelglaukom zu erkranken, besitzen ältere Menschen oder solche mit einer bekannten familiären Belastung. Ebenso fallen Patienten mit afrikanischer Abstammung in diese Gruppe.
Menschen mit einer dünneren Hornhautdicke oder einer Kurzsichtigkeit haben ein erhöhtes Risiko. Von ihnen sollte ein regelmäßiger Kontrolltermin beim Augenarzt wahrgenommen werden. Gleiches gilt bei bekanntem Bluthochdruck oder Diabetes. Auch sogenannte vasospastische Erkrankungen wie Migräne oder das Raynaud-Syndrom können für ein erhöhtes Krankheitsrisiko sprechen.
Eine weitere Unterscheidung des Offenwinkelglaukoms kann man durch die Einteilung in ein primäres oder sekundäres Offenwinkelglaukom vornehmen. Wie üblich bei solchen Unterscheidungen, bezeichnet „primär“ eine Erkrankung, bei der keine eindeutige Zuordnung zu einer bekannten Ursache möglich ist.
Obgleich beim größeren Teil der Patienten keine Ursache ermittelt werden kann (primäres Offenwinkelglaukom), gibt es eine Reihe bekannter Mechanismen, die die Erkrankung auslösen (sekundäres Offenwinkelglaukom).
Die verminderte Abflussmöglichkeit von Kammerwasser kann durch einen Verschluss oder durch Veränderungen im Bereich des Trabekelwerkes verursacht sein. Hier kommt eine Verlegung durch körpereigene Zellen (rote Blutkörperchen, Fresszellen) gleichsam in Frage wie Ablagerungen von Eiweiß (Pseudoexfoliationsglaukom, PEX-Glaukom). Ebenso kann dem Pigmentdispersionssyndrom (PDS) eine gewisse Bedeutung nicht abgesprochen werden. Gemeint ist hier nicht das Pigment, welches sich im Eyeliner befindet, sondern der körpereigene Farbstoff Melanin. Dieser Farbstoff löst sich von der Rückseite der Regenbogenhaut und findet sich im Trabekelwerk wieder.
Winzige Fremdkörper können ebenso einen Verschluss innerhalb des Trabekelwerkes bewirken. Prellungen oder Risse des Kammerwinkels bei Augenverletzungen sind im Zusammenhang mit Sportverletzungen beschrieben und können gleichfalls ein Offenwinkelglaukom zur Folge haben.
Auch der Schlemm'sche Kanal, der das Kammerwasser in die Blutgefäße ausleitet, kann durch einen Verschluss oder Kollaps den Auslöser für das Offenwinkelglaukom darstellen.
Daneben kann ein solches Glaukom durch einen erhöhten Druck in den Venen der Lederhaut (Skleren) verursacht werden. Als verantwortlich hierfür sind Tumoren, aber auch Veränderungen an der DNA (Sturge-Weber-Syndrom) ausgemacht worden.
Der Berufsverband der Augenärzte benennt in seiner Leitlinie zum Offenwinkelglaukom an oberster Stelle den typischen Sehnervschaden und Gesichtsfeldausfälle.
Die entsprechende Leitlinie von DOG (Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft) und BVA (Berufsverband der Augenärzte Deutschlands) zur Bewertung von Risikofaktoren für das Auftreten des Offenwinkelglaukoms finden Sie hier: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/045-015.html
Zur Verdeutlichung muss man sich dies vorstellen wie einen blinden Fleck auf einem Bild. Meist engt sich das Sehen zunehmend von den Rändern des Sehfeldes zur Mitte hin ein. Die Beschwerden treten typischerweise bei beiden Augen auf, jedoch oft nicht gleichzeitig oder in sich überschneidenden Bereichen. Daher bleibt das Glaukom für den Patienten lange unerkannt. Fehlende Teile des Textes beim Lesen oder das Übersehen von Stufen sind indes ein erster wichtig zu nehmender Hinweis.
Für den Arzt gibt es eine Reihe weiterer, für den Patienten vielfach nicht wahrnehmbarer Anzeichen, welche sich im Rahmen der Diagnostik darstellen. Ein wesentlicher diagnostischer Marker ist der Anstieg des Kammerdrucks wenigstens zeitweise über einen Wert von 21 mmHg. Gesichtsfeldausfälle können indes auch bei Druckwerten unterhalb dieser Grenze vorkommen (Normaldruckglaukom).
In einem ausführlichen Gespräch legt der Augenarzt Wert auf Vorerkrankungen. Zudem sollten eine aktuelle oder frühere Medikamenteneinnahme angesprochen werden. Von Bedeutung sind darüber hinaus mögliche vorausgegangene Verletzungen oder Operationen am Auge. Gleichsam wichtig ist die Frage nach einer familiären Vorbelastung.
Die Begutachtung der Augen, insbesondere der Kammerwinkel, sowie die Bestimmung der Sehschärfe gehören zur Basisdiagnostik. Mittels einer Augenspiegelung kann der Arzt den Augenhintergrund begutachten (Ophthalmoskopie). Diese Untersuchung kann bereits einen wichtigen Hinweis auf eine Glaukomerkrankung bieten, da Schäden des Sehnervs auffallen können. Weiterführend werden in einem Test mögliche vorhandene Einschränkungen des Gesichtsfeldes gemessen.
Die Spaltlampe gibt dem Augenarzt die Möglichkeit, wie mit einem Mikroskop die Strukturen und Oberflächen des Auges zu betrachten. Dabei hat der Arzt eine Sicht auf die vordere Augenkammer und weitere Anteile des Auges. Eine noch elegantere Methode besteht mit der Gonioskopie. Durch ein mit drei Spiegeln bestücktes Kontaktglas kann hierbei der Kammerwinkel „um die Ecke“ betrachtet werden.
Die Messung des Augeninnendrucks ist letztlich das maßgebende Verfahren bei der Diagnose eines Offenwinkelglaukoms. Aufgrund ihrer hohen Genauigkeit wird dazu als Standardmessverfahren die Applanations-Tonometrie herangezogen. Sie dient auch beim Normaldruckglaukom sowohl der Verlaufskontrolle als auch der ersten Diagnose. Zudem ist die Druckmessung wichtig für die Wahl der Therapie und die Beurteilung des Behandlungserfolgs. Hilfreich bei der Beurteilung des Augendrucks kann die Messung der zentralen Hornhautdicke (Pachymetrie) sein: Eine stark abweichende Dicke beeinflusst das Ergebnis der Augeninnendruckmessung.
Die Therapie eines Offenwinkelglaukoms ist in erster Linie an der Senkung des Augeninnendrucks orientiert. Dies gilt gleichermaßen bei einem hohen Druck wie auch bei einem Normaldruckglaukom.
Eine örtliche Behandlung mit Augentropfen ist in der Lage, das Risiko einer Schädigung des Sehnervs und somit das Eintreten von Gesichtsfeldeinschränkungen um bis zu 54 Prozent zu reduzieren.
Die Behandlung möglicher auslösender Risikofaktoren wie Diabetes mellitus oder eine Einstellung der Werte bei einem Bluthochdruck (Hypertonie) müssen beim Hausarzt oder Facharzt zwingend angegangen werden.
Dem Augenarzt stehen eine Reihe wirksamer Präparate in Form von Augentropfen für die Senkung des Augeninnendrucks zur Verfügung. Um eine optimale Wirkung zu erreichen, berücksichtigt er das Zusammenspiel der Wirksamkeit des Medikaments, dessen Nebenwirkungen und Gegenanzeigen sowie das aktuelle Allgemeinbefinden des Patienten. Betablocker, Sympathomimetika oder Prostaglandine gehören zu den gängigsten unter den verordneten Wirkstoffen. Bei der Anwendung sollte der Patient darauf achten, dass die Augentropfen für wenigstens drei Minuten auf der Augenoberfläche verbleiben.
Führen Augentropfen nicht zur erwünschten Senkung des Augeninnendrucks, kann ein operativer Eingriff oder eine Laserbehandlung zu einer Entlastung führen.
Wie bei der medikamentösen Therapie muss der Arzt die geeigneten Maßnahmen abwägen. Zu den häufigsten Eingriffen gehört die Trabekulektomie, bei der ein künstlicher Abflussweg für das Kammerwasser angelegt wird. Die unerwünschten Folgen wie Sehstörungen im unmittelbaren Anschluss an die OP sowie die mögliche Entwicklung eines grauen Stars werden vorher mit dem Arzt besprochen.
Eine Therapie unter Anwendung eines Lasers wird von vielen augenärztlichen Kliniken angeboten. Unterschiedliche Verfahren ermöglichen dabei entweder eine Verbesserung des Abflusses von Kammerwasser oder sie vermindern dessen Produktion.
Eine Alternative bei der Therapie können sogenannte Stents (Gefäßstützen) oder Drainagen bilden. Diese können durch eine kleine Operation eingesetzt werden und den Abfluss des Kammerwassers verbessern. Eine Besonderheit unter den Eingriffen bildet die Kanaloplastik, bei der der Schlemm'sche Kanal erweitert wird.
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Im Anschluss an einen drucksenkenden Eingriff sollten in den ersten Tagen engmaschige Kontrollen durchgeführt werden. Verläuft die Genesung unkompliziert, ist ein Arztbesuch nur noch vierteljährlich notwendig.
Der Vorsorge kommt bei der Glaukombehandlung eine besondere Bedeutung zu. Bei entsprechenden Risikofaktoren sollte eine Untersuchung einmal jährlich erfolgen. Besteht bereits die Diagnose eines Offenwinkelglaukoms, sind entsprechende Kontrolluntersuchungen wenigstens in einem Abstand von drei Monaten notwendig.
Bayerisches Ärzteblatt, Prof. Dr. med. habil. Ines Lanzl – Drei Highlights aus der Augenheilkunde: https://www.bayerisches-aerzteblatt.de/inhalte/details/news/detail/News/drei-highlights-aus-der-augenheilkunde.html (online, letzter Abruf: 07.04.2020)
MSD Manual, Douglas J. Rhee – Primäres Offenwinkelglaukom: https://www.msdmanuals.com/de-de/profi/augenkrankheiten/glaukom/prim%C3%A4res-offenwinkelglaukom (online, letzter Abruf: 07.04.2020)
Initiativkreis zur Glaukomfrüherkennung e.V. – Grüner Star - Informationen zur Vorsorge: http://www.glaukom.de/glaukom-wissen-und-vorbeugen/was-sie-ueber-glaukome-wissen-sollten/ (online, letzter Abruf: 07.04.2020)
German Journal of Sports Medicine, M. Zierhut – Sportverletzungen am Auge: https://www.germanjournalsportsmedicine.com/fileadmin/content/archiv2000/heft11/a05_1100.pdf (online, letzter Abruf: 07.04.2020)
AWMF online – Bewertung von Risikofaktoren für das Auftreten des Offenwinkelglaukoms: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/045-015.html (online, letzter Abruf: 07.04.2020)
gesundheitsinformation.de, Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) – Wie wird ein Glaukom behandelt?: https://www.gesundheitsinformation.de/wie-wird-ein-glaukom-behandelt.2088.de.html?part=behandlung-iv (online, letzter Abruf: 07.04.2020)
aktualisiert am 07.04.2020