Der Grüne Star ist eine Erkrankung der Augen, bei welcher es aufgrund einer Schädigung des Sehnervs zu Ausfällen des Gesichtsfeldes kommt. Vielfach wird die Erkrankung vom Patienten zu Beginn nicht wahrgenommen. Doch stellen sich erste Sehminderungen ein, lassen sich diese nicht mehr rückgängig machen. Die Behandlung eines Grünen Stars ist notwendig, um weitere Schäden vermeiden zu können. Eine Sonderform, das akute Winkelblockglaukom (Glaukomanfall), bedeutet eine medizinische Notfallsituation.
Wer an einem Grünen Star (Glaukom) leidet, ist ein Leben lang behandlungsbedürftig. Dies ändert sich auch durch einen operativen Eingriff nicht immer.
Die Schädigung des Sehnervs beim Grünen Star (Glaukom) ist auf eine Erhöhung des Augeninnendrucks zurückzuführen, welcher durch das Kammerwasser hervorgerufen wird. Das Kammerwasser ist die Flüssigkeit innerhalb der Augenkammern. Es wird kontinuierlich im Ziliarkörper gebildet und in die hintere Augenkammer abgegeben. Von hier bahnt es sich seinen Weg zwischen Linse und Regenbogenhaut (Iris) hindurch über die Pupille zur vorderen Augenkammer. Im Kammerwinkel am Rand der Vorderkammer wird es durch kleine Öffnungen im sogenannten Trabekelwerk in den Schlemm'schen Kanal und weiter in die Blutbahn entsorgt.
Besteht ein Glaukom, ist der Abfluss über den Kammerwinkel gestört. Dadurch staut sich das Kammerwasser zurück, baut einen vermehrten Druck auf und kann den Sehnerv schädigen. Je nachdem, wie der Rückstau des Kammerwassers zustande kommt, unterscheidet man ein Offenwinkelglaukom und ein Winkelblockglaukom.
Welche Medikamente zur Behandlung Verwendung finden oder ob ein chirurgisches Verfahren zur Auswahl steht, muss der Arzt beurteilen. Dabei wägt er die Wirksamkeit möglicher Medikamente, deren Nebenwirkungen sowie Operationsnutzen und -risiken gegeneinander ab. Eine eindeutige, allgemeingültige Antwort, welche Therapie vorrangig angegangen werden soll, kann nicht gegeben werden. Im Vordergrund steht jedoch stets die Senkung des Augeninnendrucks.
In einem von der European Glaucoma Society (EGS) empfohlenen Therapieplan wird der medikamentösen Behandlung Vorrang vor operativen Methoden gegeben. Um eine medikamentöse Senkung des Augeninnendrucks zu erreichen, stehen im Wesentlichen zwei Behandlungsansätze zur Verfügung:
Hier gibt die EGS in ihren Richtlinien bestimmten Präparaten den Vorrang.
Prostaglandin-Analoga (zum Beispiel Latanoprost) gehören zu den Mitteln, bei denen die Senkung des Augeninnendrucks über die Verbesserung des Abflusses von Kammerwasser erreicht wird. Sie zählen in Form von Augentropfen (topisch) zu den wirksamsten bei der Behandlung des Glaukoms. Augentropfen besitzen den Vorteil, dass sie lediglich einmal am Tag angewendet werden müssen. Deren drucksenkende Wirkung hält zudem bis zu 48 Stunden an. Aufgrund ihrer günstigen Halbwertszeit ist mit einer geringen Wahrscheinlichkeit von Nebenwirkungen zu rechnen.
Vor über einem halben Jahrhundert wurden Beta-Blocker erstmals auf den Markt gebracht. Heute zählen sie zu den am meisten verschriebenen und damit in ihrer Wirkweise am besten bekannten Medikamenten und werden bei vielen unterschiedlichen Erkrankungen eingesetzt. Die Wirkung beim Grünen Star besteht in der Reduzierung der Produktion des Kammerwassers. Wie bei den Prostaglandin-Analoga liegt der Vorteil der Beta-Blocker (wie Timolol) darin, dass sie nur ein- bis zweimal täglich anzuwenden sind.
Eine problematische Begleiterscheinung besteht in der Zunahme eines trockenen Auges (Sicca-Syndrom). Andere Nebenwirkungen sind indes meist gut beherrschbar. Allerdings können die Beta-Blocker bei einem vorgeschädigten Herz oder einer vorgeschädigten Lunge zu schweren Problemen führen.
Ebenfalls zur Gruppe der Hemmstoffe, welche die Produktion des Kammerwassers regulieren, gehören die Carboanhydrasehemmer. In erster Linie werden sie als Augentropfen, meist als Kombinationspräparat mit Beta-Blockern gegeben. Kommt es am Auge zu einer Unverträglichkeit, kann man sie in Form von Tabletten (oral) oder bei einem Glaukomanfall direkt in die Vene (intravenös) verabreichen. Die Anwendung über einen längeren Zeitraum muss indes engmaschig kontrolliert werden. Neben lästigen Erscheinungen wie einem bitteren Geschmack oder Müdigkeit kann es zur Bildung von Nierensteinen, Lähmungserscheinungen oder einer Entgleisung des Mineralhaushaltes kommen.
Eine Kombination beider Wirkmechanismen wird mit der Gabe von Alpha-Agonisten (wie Brimonidin) erreicht. Sowohl die Verminderung der Produktion als auch der Abfluss des Kammerwassers werden günstig beeinflusst. Dagegen stehen die höhere Wahrscheinlichkeit einer Allergiebildung sowie mögliche Nebenwirkungen durch einen Einfluss auf das Zentralnervensystem (Überwindung der Blut-Gehirn-Schranke).
Die Wirkweise der Miotika (Pilocarpin) besteht im Zusammenziehen der Regenbogenhaut und damit einer Verkleinerung der Pupille. Dies ist beim Winkelblockglaukom wichtig, um die Verlegung des Kammerwinkels zu beseitigen. Ebenso werden die sogenannten Hyperosmotika (Mannitol) vor allem in der augenärztlichen Notfallmedizin angewandt.
Der Zusammenhang zwischen Bluthochdruck (Hypertonie) und der Entstehung des Grünen Stars ist bekannt. Die Einnahme blutdrucksenkender Mittel kann daher einen gewissen Schutz vor einem Glaukom bilden.
Ein operativer Eingriff zielt gleichermaßen auf die Senkung des Augeninnendrucks ab. Im Blickpunkt steht dabei, dem Kammerwasser einen neuen Abflussweg anzubieten oder die Produktion im Ziliarkörper zu vermindern.
Eine große Anzahl unterschiedlicher Operationstechniken erlauben es dem Operateur, auf die individuellen Gegebenheiten der Patienten einzugehen. Die Methoden unterscheiden sich in der Vorgehensweise und der angewandten Technik (Laser, Chirurgie).
Die Trabekulektomie ist auch über 50 Jahre nach ihrer Entwicklung ein fester Bestandteil bei der Operation eines Grünen Stars. Zweck der Trabekulektomie ist es, das gestaute Kammerwasser abzuleiten. Außen an der Lederhaut (Sklera) wird hierfür eine Öffnung angelegt. Durch diesen Deckel kann das Kammerwasser aus der vorderen Augenkammer langsam in die Bindehaut nach außen einsickern (Sickerkissen). Aus diesem Grund wird diese Operation auch Filterkissenoperation genannt.
Nachteilig kann sich eine zu gute Wundheilung auswirken. Dabei kann es zu einer nicht erwünschten Vernarbung der Öffnung kommen, die den neu geschaffenen Abflussweg blockiert. Um dem entgegenzuwirken, setzt man auf die zusätzliche Gabe eines Mittels, welches das Zellwachstum hemmt (Zytostatikum). Eine zeitlich enge Kontrolle ist unbedingt einzuhalten.
Um eine neuere Methode handelt es sich bei der Kanaloplastik. Zweck der Operation ist es, den Schlemm'schen Kanal für das Kammerwasser wieder durchlässig zu machen. Um dies zu erreichen, wird ein dünner Faden (Mikrokatheter) durch den gesamten Schlemm'schen Kanal geschoben. Der Vorteil dieses Katheters liegt in einem langfristigen Erhalt der Abflusswege. Obgleich eine vergleichsweise weniger deutliche Minderung des Augeninnendrucks erwartet wird, werden in die Methode große Hoffnungen gesetzt. Schon jetzt bringt die Kanaloplastik für den Patienten weniger Belastung als andere Methoden mit sich.
Die Laser-Trabekuloplastik bewirkt einen verbesserten Abfluss im Trabekelmaschenwerk. Studien aus dem Jahr 2019 belegen deren Wirkung als schonendes Verfahren. Die geringfügig besseren Ergebnisse im Vergleich zu Augentropfen könnten die Laser-Trabekuloplastik beim Offenwinkelglaukom zur Methode der Wahl zu werden lassen.
Die Trabekulotomie ist eine Vorgehensweise zur Auftrennung des Trabekelwerks. Sie kommt ohne die Anlage eines Filterkissens aus. Zur Anwendung kommt die Trabekulotomie vor allem bei kindlichen Glaukomen, wodurch mit sehr guten Ergebnissen zu rechnen ist. Eine gleichwertige Variante steht mit der 360-Grad-Trabekulotomie zur Verfügung.
Bisweilen können übliche chirurgische oder lasergestützte Verfahren nicht zur Minderung des Augeninnendrucks beitragen. In diesen Fällen kann operativ auf den Einsatz sogenannter Stents (dünnen, biegsamen Röhrchen) oder Schlauchimplantate zugegriffen werden. Insbesondere bei Patienten mit wiederholten Eingriffen am Auge oder einem narbigen Verschluss nach einer Trabekulektomie kommen solche Implantate zur Anwendung. Zur Verfügung stehen unterschiedliche Stents, welche wahlweise im Schlemm'schen Kanal, im Trabekelmaschenwerk oder zur Bildung eines Sickerkissens verwendet werden.
Ein anderes Ziel bei der Verminderung des Augeninnendrucks verfolgt die Iridektomie. Ein Glaukomanfall (akutes Winkelblockglaukom) bedarf einer sofortigen Minderung des Augeninnendrucks. Bei der Iridektomie wird am offenen Auge chirurgisch ein kleiner Durchgang in die Regenbogenhaut (Iris) geschnitten. Somit wird die blockierte Kammerwasserpassage von der hinteren in die vordere Augenkammer umgangen. Dies verhindert wiederum, dass sich die Iris vor den Kammerwinkel legt und den Abfluss versperrt. Durch die Operation können weitere Glaukomanfälle verhindert werden.
Der gleiche Effekt wie bei der Iridektomie, jedoch schonender und mit weniger Risiken verbunden, kann mit der Laser-Iridotomie erreicht werden. Dazu wird, ohne das Auge eröffnen zu müssen, mit dem Laser ein Loch in der Iris angelegt.
Unter dem Begriff zyklodestruktiver Eingriffe wird die Verödung des Strahlenkörpers (Ziliarkörpers) verstanden. Im Strahlenkörper wird das Kammerwasser produziert. Die Verödung soll somit zu einer Verminderung der Produktion führen. Dabei stehen zwei Verfahren zur Auswahl. Bei der Zyklokryokoagulation wird der Effekt durch einen Kältestift hervorgerufen. Die Zyklophotokoagulation ist die Verwendung eines Lasers, um diese Wirkung zu erreichen. Im Anschluss kann es indes zu Entzündungen des Auges kommen. Obgleich die Drucksenkung teils nicht von Dauer ist, kann der Einsatz des Lasers bei einem fortgeschrittenen Grünen Star hilfreich sein.
Eine litauische Forschungsgruppe hat eine Kontaktlinse erfunden, die imstande ist, ein Glaukommedikament kontinuierlich an das Auge abzugeben. Selbst Sensoren zur Messung des Augeninnendrucks können in solche Linsen integriert werden. Noch eleganter erscheint es, einen Sensor direkt in die Regenbogenhaut einzupflanzen. Der Patient kann mit einer Fernsteuerung die Messung des Augeninnendrucks starten. Die Ergebnisse werden online an den behandelnden Arzt gesendet, welcher entsprechende Maßnahmen einleiten kann.
Bayerisches Ärzteblatt, Prof. Dr. med. Ines Lanzl – Drei Highlights aus der Augenheilkunde: https://www.bayerisches-aerzteblatt.de/inhalte/details/news/detail/News/drei-highlights-aus-der-augenheilkunde.html (online, letzter Abruf: 21.04.2020)
MSD Manuals, Douglas J. Rhee – Primäres Offenwinkelglaukom: https://www.msdmanuals.com/de-de/profi/augenkrankheiten/glaukom/prim%C3%A4res-offenwinkelglaukom (online, letzter Abruf: 21.04.2020)
Initiativkreis zur Glaukomfrüherkennung – Glaukom: http://www.glaukom.de/glaukom-wissen-und-vorbeugen/was-sie-ueber-glaukome-wissen-sollten/ (online, letzter Abruf: 21.04.2020)
Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, M. Zierhut – Sportverletzungen am Auge: https://www.germanjournalsportsmedicine.com/fileadmin/content/archiv2000/heft11/a05_1100.pdf (online, letzter Abruf: 21.04.2020)
MSD Manual, Margaret C. McBride; M. Cristina Victorio – Sturge-Weber-Syndrom: https://www.msdmanuals.com/de-de/profi/p%C3%A4diatrie/neurokutane-syndrome/sturge-weber-syndrom (online, letzter Abruf: 21.04.2020)
Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e.V. – S2-Leitlinien von BVA und DOG
mit Anerkennung durch die AWMF, (Arb Nr. 15 a) Primäres chronisches Offenwinkelglaukom, Normaldruckglaukom und okuläre Hypertension; Referenzempfehlung zu Nr. 15 a: Primäres chronisches Offenwinkelglaukom, Normaldruckglaukom und okuläre Hypertension: https://augeninfo.de/leit/leit.php (online, letzter Abruf: 21.04.2020)
Initiativkreis zur Glaukomfrüherkennung – Untersuchung auf Glaukom: http://www.glaukom.de/glaukom-wissen-und-vorbeugen/frueherkennung-und-augenaerztliche-untersuchung/ (online, letzter Abruf: 21.04.2020)
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) – Wie wird ein Glaukom behandelt: https://www.gesundheitsinformation.de/wie-wird-ein-glaukom-behandelt.2088.de.html?part=behandlung-iv (online, letzter Abruf: 21.04.2020)
aktualisiert am 17.11.2020