Seit einigen Jahren werden Patienten mit Schmerzen in den Grundgelenken der großen Zehen vermehrt Endoprothesen (künstliche Gelenke) zum Ersatz des Großzehengrundgelenks eingesetzt. Durch veränderte Metall- und Polyacryl-Oberflächen ähneln die neueren Großzehengrundgelenkprothesen anderen Endoprothesen, zum Beispiel solchen für Knie oder Hüften. Bei der Operation werden die Prothesen durch ein spezielles Drucksystem in den Knochen gepresst, durch ein schraubenähnliches Gewinde gewinnen sie Halt und sind fest verankert. Ähnlich wie bei einer Knie-Endoprothese besteht auch die Großzehengrundgelenksprothese aus zwei Teilen. Der obere, also zeh-nähere, gleitet als Polyacryl-Kappe auf dem unteren Teil, beide Teile bestehen ansonsten aus Metall.
Gerade für Patienten, die am so genannten Hallux rigidus (steife Großzehe) leiden, ist die Großzehengrundgelenksprothese eine interessante Therapiemöglichkeit. Bei ihnen findet sich eine abnutzungsbedingte Erkrankung (Arthrose) des Grundgelenks der Großzehe. Das Gelenk schmerzt und ist nicht mehr gut beweglich, die Abrollbewegung beim Gehen ist erschwert und es kann bis zur Gelenkeinsteifung kommen. Weitere Patienten, die von einer Prothese profitieren können, sind Rheumatiker, Sportler oder Menschen, die bei einem Unfall eine Verletzung am Fuß erlitten haben. Auch wiederholte kleine Unfälle (Traumen/Mikrotraumen), Veränderung der Durchblutung, Entzündungen, Stoffwechselerkrankungen (Gicht), Übergewicht oder vorangegangene Vorfußoperationen können ein Grund sein, über eine Prothese nachzudenken.
Generell ist der Einsatz der Prothese unabhängig vom Alter. Die Prothese ist besonders für Patienten gedacht, die den Fuß nicht mehr voll durch Sprünge belasten wollen, dennoch sportlich aktiv sind. Durch zu starke Belastung kann es auf die Dauer, wie auch bei Hüft- oder Kniegelenksprothesen, zu Lockerungen der Implantate kommen. Auch Unfallopfer können vom Einbau einer Prothese profitieren, da oftmals die Versteifung des Großzehengrundgelenks die einzige Alternative ist. Menschen, die an Rheuma, Gelenkverschleiß (Arthrose) oder anderen entzündlichen Gelenkerkrankungen leiden, wird durch den Einsatz der Prothese geholfen. Die Entzündungen können erfolgreich beseitigt werden, die Schmerzen verschwinden.
Menschen, die zum Beispiel aufgrund von Gelenkverschleiß nicht mehr richtig gehen können, haben die Wahl zwischen der Versteifung (Arthrodese) des Grundgelenks und einer Prothese. Bei der Versteifung wird der Zeh etwas in Richtung Fußrücken angehoben und mit einer Platte fixiert. Damit ist eine Abrollbewegung zwar noch möglich, das Gelenk ist aber nicht mehr am eigentlichen Gang beteiligt. Gerade für die Balance ist aber die Beteiligung des Großzehengrundgelenks wichtig.
Neben dieser funktionellen Bedeutung haben Betroffene vermehrt Probleme, passende Schuhe zu finden. Klare Vorteile bietet hier die Prothese. Der Patient ist in kurzer Zeit nach der Operation schmerzfrei und kann den Fuß relativ schnell wieder gut bewegen (nach etwa sechs Wochen) und belasten. Das Verfahren an sich ist sehr schonend, es wird wenig Knochen abgetragen. Im Zweifelsfall ist eine Versteifung immer noch möglich.
Vor dem Einsatz einer Prothese muss der Fuß klinisch untersucht werden, um das Ausmaß der Bewegungseinschränkung zu bestimmen. Ein Röntgenbild wird angefertigt, um den Grad der Abnutzung zu erkennen und eine geeignete Prothese auszuwählen.
Die Operation wird meist in lokaler Betäubung vorgenommen, da eine Vollnarkose den Kreislauf des Patienten stärker belastet. Meist wird nur der betroffene Fuß betäubt. Über dem großen Zeh wird ein langer Hautschnitt gesetzt, die Sehnen und Muskeln werden dann zur Seite gelegt, bis der Operateur den Gelenkspalt sieht. Die Gelenkkapsel wird eröffnet und der Operateur beginnt mit den Vorbereitungen zum Einbau der Prothese. Bereits vor der Operation wird anhand der Aufnahmen des Gelenks berechnet, wie viel vom Knochen abgetragen werden muss. Bei dem Abfräsen geht der Operateur sehr sparsam vor, um den Knochen zu schonen und um möglichst viel Fläche für ein späteres Auswechseln der Prothese oder eine Versteifung zu belassen. Mit Hilfe verschiedener Winkelinstrumente wird der optimale Sitz der Prothese bestimmt und über eine Röntgenaufnahme während der Operation überprüft. Wichtig für den Erfolg der Operation ist es, dass der Bandapparat um das Gelenk herum möglichst straff gehalten wird.
Der Patient bleibt in der Regel ein paar Tage stationär im Krankenhaus. Bereits am ersten Tag kann er nach der Operation mit Hilfe aufstehen. In den ersten Tagen ist eine gute Schmerztherapie sowie das Abschwellen des Fußes am wichtigsten. Der Fuß wird dazu hochgelagert und gekühlt. Für die nächsten vier bis sechs Wochen bekommt der Patient entzündungshemmende Medikamente wie Ibuprofen, Diclofenac oder ASS. Obwohl die Bewegungstherapie sofort nach der Operation beginnen sollte, darf der Patient keine Abrollbewegung machen. Diese wird durch einen sogenannten Vorfußentlastungsschuh verhindert.
Nach etwa sechs Wochen ist die Prothese fest mit dem Knochen verbunden, und der Patient kann beginnen, den Fuß zu belasten und abzurollen. Anzumerken ist, dass trotz der Prothese nicht die gleiche vollständige Bewegung des Großzehengrundgelenkes wie vorher zu erwarten ist. Das wichtigste Ziel der Operation ist es, den Fuß schmerzfrei bewegen zu können.
Schon während der Operation wird der Sitz der Prothese im Großzehengrundgelenk mit einer Röntgenaufnahme überprüft. Eine weitere Aufnahme wird vor der Entlassung aus der stationären Behandlung gemacht, um eventuelle Unstimmigkeiten frühzeitig beheben zu können. Der Patient wird dann engmaschig kontrolliert. Sechs und zwölf Wochen nach der Operation sowie noch einmal sechs Monate später werden weitere Aufnahmen gemacht.
Generell sind Komplikationen selten, wenn bei der Einsetzung der Prothese am Großzehengrundgelenk sorgfältig und steril gearbeitet wird. Dennoch kann es zu Komplikationen kommen, eine der häufigsten ist die verzögerte Wundheilung oder die Infektion des Großzehengrundgelenks. Durch das Bearbeiten des Knochens kann es in seltenen Fällen zum Bruch beteiligter oder umliegender Knochen kommen. Probleme bei der Wundheilung über der Prothese können auch zu starken Schwellungen des gesamten Fußes führen. Als Spätfolge ist es möglich, dass die Beweglichkeit des Großzehengrundgelenks doch verloren geht, sich die Prothese lockert oder tiefer in den Knochen einsinkt. Dann kann ein Wechsel der Prothese oder eine Versteifung des Gelenks nötig sein.
Für viele Orthopäden ist die Versteifung des Großzehengrundgelenkes noch immer die beste Methode, um den Patienten von Schmerzen zu befreien. Dabei wird mit Metallplatten und Schrauben die Beweglichkeit komplett ausgeschaltet. Entzündete Gelenke können so ausruhen und der Patient wird beschwerdeärmer. Doch die Bewegungseinschränkung ist nicht zu vernachlässigen. Das Abrollen ist ein wichtiger Teil der Bewegung beim Gehen. Fällt diese Bewegung weg, verändert sich das ganze Gangbild des Patienten - es ist nicht mehr gleichmäßig. Das andere Problem sind die angrenzenden Strukturen: Wird ein Gelenk versteift, wirkt mehr Belastung auf die umliegenden Knochen ein, und diese verschleißen dann schneller. Im Endeffekt hat der Patient zwar erst einmal Ruhe, hat aber mit späteren Beschwerden zu kämpfen. Die Beweglichkeit mit Hilfe einer Prothese zu erhalten, ist eine sinnvolle Erfindung, über die Betroffene nachdenken sollten.
Gerade sportlich aktive Menschen profitieren von der Großzehengrundgelenk-Prothese. Das Implantat hält und ist bald belastbar. Die Patienten sind schnell beschwerdefrei und in manchen Fällen soll sich sogar über dem Implantat wieder Knorpelgewebe gebildet haben. Die Erfolge sind also ähnlich wie bei Kniegelenk-Prothesen. Dennoch gehen die Meinungen in Fachkreisen stark auseinander, in der Schweiz setzen Mediziner beispielsweise weiterhin auf die bewährte Methode der Versteifung. Kunstgelenke seien dort zwar seit vielen Jahren in Erprobung, es komme aber noch zu häufig zu Lockerungen der Prothese oder Knochenverlust. Es ist also letztlich die Entscheidung des Patienten, ob er das Risiko wagt, sich für die Prothese und eine vielleicht bessere Beweglichkeit zu entscheiden. Außerdem ist der Einsatz einer Prothese in der Regel aufwändiger und kostenintensiver als eine Versteifung am Großzehengrundgelenk.
aktualisiert am 15.12.2020