Die nachlassende Sehkraft ist eine typische Alterserscheinung. Meist steckt ein Grauer Star dahinter. Die Linsentrübung kann aber auch schon Kinder betreffen. Unabhängig von der Ursache für den Grauen Star, eine präzise Behandlung ist durch innovative Lasermethoden möglich. Dr. Christoph Eckert ist ärztlicher Leiter von 24 Augenzentren in Baden-Württemberg und Bayern. Im Expertengespräch erklärt er, worauf es bei der Operation ankommt.
Unser Experte: Dr. Christoph Eckert, ärztlicher Leiter von 24 Augenzentren in Baden-Württemberg und Bayern. (Foto: Augenzentrum Eckert)
Herr Dr. Eckert: Zum besseren Verständnis, wie kam es zu der Bezeichnung Grauer Star?
Dr. Eckert: Die Bezeichnung stammt aus früheren Zeiten. Bei den erkrankten Personen wurden die Pupillen zunehmend grauer, mit eintretender Blindheit kam der starre Blick. Die Betroffenen hatten den „Grauen Star“.
Welche Symptome treten auf, wenn jemand am Grauen Star erkrankt?
Dr. Eckert: Zunächst einmal ist der Graue Star keine Krankheit im eigentlichen Sinn. Die Linse verhärtet sich im Laufe des Älterwerdens und sie wird trübe. Das führt dazu, dass die Sehfähigkeit nachlässt und die Blendempfindlichkeit zunimmt. Typisch ist, dass die Patienten bei Nacht Probleme mit der Sicht haben. Ganz besonders beim Autofahren und bei nasser Straße. Es kommt aber noch mehr dazu. Die Fähigkeit, Kontraste und die Intensität von Farben wahrzunehmen, sinkt ebenfalls.
Sollten die Betroffenen dann nicht spätestens einen Arzt aufsuchen?
Dr. Eckert: Ja, das ist richtig. Allerdings ist der Prozess schleichend und der Mensch gewöhnt sich daran. Dass diese Entwicklung nicht in Ordnung ist, wird den Betroffenen nicht unbedingt bewusst.
Was löst die Trübung der Linsen aus?
Dr. Eckert: Das ist noch nicht vollständig erforscht. In der Wissenschaft besteht bislang nur Einigkeit darüber, dass der Alterungsprozess dafür sorgt, dass die Linse Flüssigkeit verliert. Dadurch wird sie trüb. In der Medizin sprechen wir deshalb von einer Alterskatarakt.
Also ist die Alterskatarakt eine normale Begleiterscheinung des Alters?
Dr. Eckert: Man darf schon sagen, dass viele ältere Menschen davon betroffen sind. 50 Prozent der über 60-jährigen leiden unter dem Grauen Star. Bei den über 70-jährigen sind es etwa 90 Prozent. Grundsätzlich kann der Graue Star aber in jedem Alter auftreten. Die Ursachen sind dann natürlich andere. Das können Stoffwechselstörungen oder Erkrankungen sein. Diabetes ist dafür nur ein Beispiel. Im Grunde zählt alles dazu, was Durchblutungsstörungen verursacht. Außerdem können einige Medikamente den Prozess auslösen, wie Cortison. Allerdings zählen auch Drogen zu den Auslösern bzw. zu den Faktoren, die die Entwicklung vielfach beschleunigen.
Sie sagten, Kinder können auch betroffen sein. Wie kommt das?
Dr. Eckert: Das kann sogar Kleinkinder treffen. Die Katarakt kann angeboren sein. Es ist aber auch möglich, dass die Entstehung in den ersten Lebensjahren einsetzt. Als mögliche Auslöser sind Stoffwechselerkrankungen, Virusinfektionen und genetische Faktoren bekannt.
Welche Behandlungsmöglichkeiten empfehlen sich?
Dr. Eckert: Meist ist eine OP unumgänglich. Dabei wird die verhärtete Linse durch eine Kunstlinse ersetzt. Das ist ein Routineeingriff, der in Deutschland mehr als eine Million Mal pro Jahr vorgenommen wird. Der Eingriff kann mittels Laser oder Skalpell durchgeführt werden.
Was sind die Unterschiede zwischen einer Operation mit Laser und einer mit Skalpell?
Dr. Eckert: Ich drücke es etwas vereinfacht aus. Bei einer Operation mit Skalpell werden winzige Einschnitte am Rand der Hornhaut vorgenommen. Diese Einschnitte sind nötig, um Spezialinstrumente ins Auge einzuführen. Die verhärtete Linse wird dann mit Ultraschall zerstört, die Partikel anschließend abgesaugt. Dann wird die Kunstlinse im gefalteten Zustand in das Auge eingeführt, wo sie sich entfaltet. Inzwischen setzt sich aber die Operation mit Laser immer mehr durch. Die Vorgehensweise ist gleich, aber sicherer. Außerdem kann der Chirurg die Linse exakt ausrichten, was zu besseren Ergebnissen nach der OP führt.
Jedes Jahr werden in Deutschland über eine Million Mal trübe Linsen durch künstliche ersetzt – besonders schnell, schonend und präzise per Laser. (Foto: Ziemer Ophthalmology (Deutschland) GmbH)
Bekommen alle Patienten die gleiche Linse?
Dr. Eckert: Nein, es gibt verschiedene Formen von Kunstlinsen. Wir unterscheiden Standard- von Premiumlinsen, wie Multifokallinsen. Der Vorteil ist, dass diese Linsen Kurz- und Weitsichtigkeit ausgleichen können. Die Patienten bleiben dann bis ins hohe Alter normalsichtig. Außerdem gibt es Linsen mit UV-Filter, die ein sehr guter Schutz für die Makula sind, also das Sehzentrum.
Kann es bei einem Eingriff zu Komplikationen kommen?
Dr. Eckert: Die Wahrscheinlichkeit von Komplikationen liegt im Promillebereich. Es kann zu einem Kapselriss bzw. einer Netzhautablösung kommen. Wahrscheinlicher sind Nebenwirkungen, die aber nur von kurzer Dauer sind. Dazu gehören Juckreiz, Rötungen und verstärkter Tränenfluss. Auch ein Nachstar kann sich entwickeln, das kommt etwas häufiger vor.
Was ist ein Nachstar?
Dr. Eckert: Als Nachstar bezeichnet man die Eintrübung der Linsenhinterkapsel. Auslöser sind kleine Zellen, die bei der Operation im Auge verblieben sind. Wenn die sich dann vermehren, kann die Linse wieder etwas trüber werden. Allerdings lässt sich das sehr leicht mit einer Politur mit einem Laser beheben. Das dauert auch nur wenige Minuten und ist schmerzlos.
Wie schnell müssen sich Patienten für eine OP entscheiden, wenn bei ihnen Grauer Star diagnostiziert wurde?
Dr. Eckert: Der Graue Star ist kein medizinischer Notfall. Jedenfalls nicht bei Erwachsenen. Kinder sollten allerdings möglichst schnell operiert werden, um eine Schwachsichtigkeit des Auges zu verhindern. Erwachsene haben genug Zeit, sich über die Operation zu informieren und sich für Skalpell oder Laser zu entscheiden. Trotzdem ist es wichtig, die OP nicht zu lange aufzuschieben. Je mehr Zeit vergeht, umso mehr Laser-Energie ist anschließend nötig, um die verhärtete Linse zu entfernen. Auch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit von Komplikationen. Außerdem ist der Eingriff bei fortgeschrittenem Grauen Star anspruchsvoller.
Kann jeder Patient nach der Operation wieder richtig sehen?
Dr. Eckert: Wir sprechen von einer gelungenen Operation, wenn die gewünschte Refraktion wieder hergestellt ist. Refraktion ist die optimale Brechkraft der Linse. In ca. 99,9 Prozent der Eingriffe gelingt das auch. Der Patient kann wieder alles klar und deutlich erkennen. Ist anschließend die gewünschte Dioptrinzahl nicht erreicht, handelt es sich um eine geringe Fehlsichtigkeit. Das lässt sich auch im Nachhinein noch durch eine Laserung der Hornhaut oder eine Brille korrigieren.
Dauert eine solche Operation lange?
Dr. Eckert: Die Operation wird ambulant durchgeführt und ist für gewöhnlich nach 20 Minuten beendet. Und hierbei sprechen wir von dem gesamten Ablauf. Der eigentliche Eingriff dauert nur wenige Minuten.
Was muss der Patient für die Zeit nach der Operation wissen?
Dr. Eckert: Der Patient muss einige Wochen entzündungshemmende Augentropfen nehmen. Die Operationsverfahren sind heute so schonend, dass der Patient nach wenigen Tagen wieder voll belastbar ist. Das gilt auch für anstrengende Berufe oder Leistungssport. Er sollte allerdings die Kontrolltermine wahrnehmen.
Muss die Linse später noch einmal ersetzt werden?
Dr. Eckert: Nein, die Linse hält lebenslang. Ein Austausch ist nicht nötig.
Übernimmt die Krankenkasse die Kosten für den Eingriff und die Linsen?
Dr. Eckert: Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen nur die Kosten für die Operation mit Skalpell und die Standardlinsen.
Gibt es eigentlich Möglichkeiten, die Entstehung des Grauen Stars zu verhindern?
Dr. Eckert: Kaum. Es gibt aber neue Forschungsergebnisse, die Hinweise liefern, dass der Lebensstil und vor allem die Ernährung die Entstehung des Grauen Stars beeinflussen. Wer viel frische Kost zu sich nimmt, vor allem wenn sie reich an Vitamin C ist, reduziert die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung des Grauen Stars.
Herr Dr. Eckert, wir danken Ihnen für das informative Gespräch.
aktualisiert am 29.05.2020