Gonorrhoe, auch Tripper genannt, ist eine sexuell übertragbare bakterielle Infektion, die weltweit zu den häufigsten Geschlechtskrankheiten zählt und durch Schleimhautkontakt, zum Beispiel beim Oralverkehr, übertragen wird. Erste Symptome wie Urethritis oder Vaginitis können in den ersten 24 Stunden auftreten, aber auch asymptomatisch verlaufen, insbesondere im Mundbereich. Unbehandelt kann die Infektion zu schwerwiegenden Komplikationen wie Unfruchtbarkeit, Infektionen der Eierstöcke, der Prostata oder sogar zu einer systemischen Ausbreitung mit Gelenk- und Herzklappenentzündungen führen. Die Behandlung erfolgt standardmäßig mit Ceftriaxon, doch weltweit nehmen die Resistenzen zu.
Dr. Sammet: Die Gonorrhoe, auch Tripper genannt, ist eine sexuell übertragbare bakterielle Infektion, weltweit die dritthäufigste STI (Sexuell transmitted disease). Sie wird durch intime Kontakte wie Oralverkehr als Beispiel für eine Infektion mittels Schleimhautkontakt übertragen. Es handelt sich dabei um eine Schmierinfektion.
Dr. Sammet: Erste Symptome zeigen sich innerhalb der ersten 24h, können aber auch erst später auftreten (bis zu 11 Tage). Die Symptomatik ist abhängig davon, welche Körperöffnungen bei den sexuellen Aktivitäten genutzt wurden. So findet sich beim Mann am häufigsten Brennen beim Wasserlassen mit eitrigem Ausfluss (Urethritis), bei der Frau eine Vaginitis (Brennen in der Scheide mit Ausfluss). Sollte Analverkehr stattgefunden haben, kann es zu Stuhldrang, Druckgefühl im Enddarm mit Brennen bis hin zu schmerzhafter Stuhlentleerung kommen. Bei Oralverkehr sind Halsschmerzen häufig.
Dr. Sammet: Die häufigsten symptomlosen Infektionen betreffen den oralen Bereich. (ca. 5% aller Gonokokkeninfektionen). Es gibt aber auch urethrale/vaginale und anale asymptomatisch verlaufende Infektionen. Die Häufigkeit ist schwer abzuschätzen, da es in Deutschland keine einheitliche Meldepflicht für diese Infektion gibt. Laut Daten vom RKI (Robert Koch Institut) verläuft der Tripper asymptomatisch bei Männern in 10-30%, bei Frauen 30 bis 50%. Tatsache ist aber, dass die STI seit 2019 zunehmen.
Warum die Gonorrhoe bei einigen Individuen asymptomatisch verläuft, ist immer noch Gegenstand der Forschung. Es gibt Hinweise, dass z.B. der Serostatus bezüglich HIV-Infektion oder eine medikamentöse Immunsuppression Ursache sein könnte.
Dr. Sammet: Meist treten Halsschmerzen, eine belegte Stimme und ständiges Räuspern auf. Geschwollene lokale Lymphknoten können auch vorkommen.
Dr. Sammet: Bei Frauen können die Erreger, wenn eine Infektion unbemerkt bleibt, eine aufsteigende Infektion, z.B. eine Eierstockentzündung, bis hin zu einer Bauchfellentzündung (Peritonitis) oder sogar einer Blutvergiftung (Sepsis) verursachen. Unfruchtbarkeit kann ebenfalls auftreten.
Beim Mann ist es ähnlich. Hier kann es ebenfalls zu aufsteigenden Infektionen kommen, z.B. akute Prostatainfektion, Epididymitis bis hin zur chronischen Prostatainfektion. Auch hier kann es zur Unfruchtbarkeit kommen. Im schlimmsten Fall kann es zu einer Ausbreitung der Erreger im Körper kommen mit Herzklappenbeteiligung, Gelenkentzündung und Fieber.
Dr. Sammet: Bei Frauen ist am häufigsten das weibliche Genital (70-90%) betroffen. Bei Männern ist am häufigsten die Harnröhre betroffen. Allerdings kommt es bei der Konstellation MSM (Männer, die Sex mit Männern haben) vermehrt zu rektalen oder analen Symptomen wie Schmerzen beim Stuhlgang oder Blähungen.
Dr. Sammet: Man kann einen Erregernachweis mittels Abstrich im Urin, anal, oral oder urethral erheben sowie eine Kultur anlegen, die für die Durchführung einer Antibiotika-Resistenzprüfung wichtig ist. Es gibt keinen standardisierten Bluttest als Nachweisverfahren.
Dr. Sammet: Goldstandard ist weltweit eine Kurzinfusion oder eine i.m. Injektion mit Ceftriaxon (Antibiotikum). Eine antibiotische Therapie mit Tabletten (Cefixim) sollte wegen der steigenden Resistenzen vermieden und nur angewendet werden, wenn das Ergebnis einer Resistenztestung vorliegt. Die Wirksamkeit ist zur Zeit noch sehr hoch.
Dr. Sammet: In Deutschland liegt die Resistenzrate von Ceftriaxon bei <0,5%, weltweit ist sie aber höher mit steigender Tendenz. Sollte eine Resistenz gegen dieses Medikament vorliegen, muss nach dem Resistenztestergebnis behandelt werden.
Dr. Sammet: Bei Zoliflodacin handelt es sich um ein neu entwickeltes Antibiotikum (neuartiger Gyrasehemmer) in Tablettenform. Eine einmalige Einnahme von 3g soll ausreichend sein. Das Medikament wirkt auch bei vorliegenden Resistenzen gegen Fluorchinolone und andere Antibiotika. Es ist aber noch nicht zugelassen, da noch Phase III Studien laufen.
Bei Gepotidacin handelt es sich um einen Topoisomerasehemmer, der ebenfalls noch in Studie II Phasen getestet wird. Dies ist ebenfalls ein oral verfügbares Medikament, von dem 2x 3g einmalig eingenommen werden müssen. Es soll bei vorliegenden Antibiotikaresistenzen wirksam sein.
Dr. Sammet: Schutz bietet das Kondom nur bei Penetration. Bei häufig wechselnden Geschlechtspartnern ist eine Testung beim Gesundheitsamt auf sexuell übertragbare Erkrankungen (STD-Check) sinnvoll. Neuerdings sind auch Heim-Testkits erhältlich. Jede neue Beziehung sollte vor Unsafe Sex einen STD-Check machen, um Pingpong Reaktionen zu vermeiden.
Dr. Sammet: Laut RKI ist der Erreger nach durchgeführter Ceftriaxon-Therapie nach 24h abgetötet, wenn keine Resistenz besteht. Bei einer bestehenden Gonorrhoe ist Sexualkarenz nötig, auch sollten alle Sexpartner verständigt und ggf. behandelt werden. Nach erfolgter antibiotischer Behandlung ist ein Test of cure (TOC) 4 Wochen nach Infektion empfehlenswert, um die Ausheilung zu bestätigen. Insbesondere dann, wenn eine asymptomatische Infektion vorlag.
Dr. Sammet: Der Erreger der Gonorrhoe variiert seine Oberflächenmoleküle und macht sich so für das Immunsystem unerkennbar. Das ist auch der Grund, warum wiederholte Infektionen nicht zur Immunität führen. 2017 schien es, dass eine Meningokokkenimpfung (Bexsero) eine geringe Kreuzimmunität gegen Gonokokken nachgesagt wurde. Grund soll der enge Verwandtschaftsgrad der beiden Erreger sein. Neueste Studien konnten dies jedoch nicht bestätigen.
Dr. Sammet: Aufgrund der 2019 eingeführten PREP (Präexpositionsprophylaxe) gegen HIV-Infektionen sind die anderen STI sprunghaft angestiegen. Kondome sind aus der Mode gekommen und werden seit PREP immer weniger benutzt, sodass es zum Anstieg von Gonokokken-Infektionen und Resistenzen gegen Antibiotika gekommen ist. Als zweite Ursache ist der Einsatz von bereits resistenten Antibiotika zu nennen. Und der dritte Grund ist der blinde Einsatz von Medikamenten ohne vorliegenden Resistenztest.
Dr. Sammet: Phase III Studien für Zoflodacin und Gepotidacin laufen derzeit und wir warten auf die daraus entstehenden neuen Erkenntnisse. Auch der Gedanke einer Impfung muss weiter vorangetrieben werden sowie der Ausbau für Testangebote in der Allgemeinbevölkerung und in den Risikogruppen.
Danke für das Interview!
Das Interview entstand in Zusammenarbeit mit Felix Maischak, Facharzt für Innere Medizin, Funktionsoberarzt der Dermatologie und Venerologie der HPSTD Ambulanz am Universitätsklinikum Essen. Seit 2019 ist Herr Maischak auf HIV, PEP, PrEP und die STI-Behandlung spezialisiert.
Letzte Aktualisierung am 07.11.2024.