Um Gicht und ihre Auswirkungen zu lindern, stehen verschiedene Medikamente zur Verfügung. Unterschieden werden dabei Arzneimittel, die zu einer Linderung eines akuten Gichtanfalls führen, und andere Mittel, die auf Dauer den Harnsäuregehalt im Blut senken und damit weitere Gichtsymptome und -folgen verhindern.
Erleidet der Patient einen Gichtschub, geht es zunächst darum, ihn schnell von den starken Schmerzen befreien und die Entzündungsreaktion im Körper zu bekämpfen. Dafür stehen im Wesentlichen drei Medikamentengruppen bereit. Welche zur Anwendung kommt, richtet sich nach der Schwere des Anfalls und dem Allgemeinzustand des Patienten. Da Gicht vorzugsweise eine Krankheit des höheren Lebensalters ist, sind häufig Vorerkrankungen zu berücksichtigen, wenn ein Mittel ausgewählt wird.
Für lange Zeit waren nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) Mittel der Wahl bei einem Gichtanfall. Dazu gehören zum Beispiel die Wirkstoffe Diclofenac, Ibuprofen oder Naproxen. Sie wirken entzündungshemmend, schmerzlindernd und fiebersenkend und verschaffen dem Patienten in kurzer Zeit Erleichterung. NSAR werden auch deshalb eingesetzt, weil sie sehr effizient sind.
Die Nebenwirkungen von NSAR sind jedoch gravierender als lange angenommen. Die Langzeiterfahrungen mit vielen Millionen Patienten haben gezeigt, dass die Einnahme von NSAR lebensgefährliche Nebenwirkungen im Magen-Darmbereich verursachen kann. Das Risiko für arterielle Thrombosen ist bei dieser Wirkstoffgruppe ebenso erhöht. Menschen mit Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, Diabetiker und Raucher sollten deshalb diese Medikamente nicht ohne Weiteres einnehmen, sondern nur nach gründlicher Abwägung mit dem Arzt. Auch für Patienten, die gerinnungshemmende Medikamente einnehmen, sind NSAR nicht geeignet.
Mittlerweile werden nicht-steroidale Antirheumatika nicht mehr für die breite Anwendung empfohlen. Wie weit sie eingesetzt werden, ist im Einzelfall zu entscheiden.
Eine Alternative zur Gruppe der NSAR ist Colchicin. Dabei handelt es sich um ein Gichtmedikament, das bereits seit langer Zeit in Gebrauch ist und für einige Zeit von den nicht-steroidalen Antirheumatika verdrängt wurde. Aufgrund der Nebenwirkungen der NSAR wird Colchicin nun wieder vermehrt eingesetzt.
Bei Colchicin handelt es sich eigentlich um ein Gift, das aus der Herbstzeitlosen (Colchicum autumnale) gewonnen wird, einer lila blühenden Blume, die im Spätsommer auf den Wiesen wächst.
Colchicin hat den Nachteil, dass es wesentlich langsamer wirkt als die NSAR. Es kann 24 Stunden dauern, bis das Zellgift seine Wirkung tut. Colchicin kann unangenehme Nebenwirkungen wie Brechreiz, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall verursachen. Dies ist ein weiterer Grund, warum den NSAR lange Zeit der Vorzug gegeben wurde.
Studien haben inzwischen gezeigt, dass Colchicin sehr niedrig dosiert werden kann, ohne an Wirksamkeit zu verlieren. So lassen sich die Nebenwirkungen verringern. Da Schmerzen und Schwellung meist sechs bis zwölf Stunden nach den ersten Anzeichen des Gichtanfalls ihren Höhepunkt erreichen, muss Colchicin so zeitnah wie möglich eingenommen werden. Üblicherweise wird einmalig ein Milligramm gegeben und im weiteren Verlauf zwei- bis dreimal täglich ein halbes Milligramm. Die Höchstdosis von sechs Milligramm täglich darf nicht überschritten werden.
Colchicin darf nicht bei einer bestehenden Schwangerschaft oder von Patientinnen mit Kinderwunsch eingenommen werden. Bei Vorerkrankungen wie einer gestörten Nierenfunktion ist Colchicin nicht geeignet.
Eine weitere Alternative sind Cortisonpräparate (Corticosteroide). Cortison ist aufgrund seiner Nebenwirkungen für eine Langzeitbehandlung nicht geeignet. Es bewährt sich aber für die kurzzeitige Therapie eines Gichtanfalls. Cortison kann in Tablettenform verabreicht werden oder aber direkt in das betroffene Gelenk gespritztwerden. Ein häufig verwendeter Wirkstoff ist Prednisolon. Dieser wird fünf Tage lang drei- bis viermal täglich in einer Dosierung von zehn Milligramm eingenommen. Magen-Darm-Beschwerden, wie sie bei NSAR und Colchicin auftreten können, sind bei Cortison selten. Es kann zu vorübergehenden Hautausschlägen kommen.
Noch nicht so lange existiert die Therapie mit der Gruppe der Interleukin-1-Blocker. Wirkstoffe wie Canakinumab und Anakrina können dann zum Einsatz kommen, wenn die drei Standardtherapien nicht in Frage kommen.
In den ersten Tagen eines Gichtanfalls ist das betroffene Gelenk oft so berührungsempfindlich, dass das Auftragen einer Salbe keine Option ist. Klingt der Gichtanfall langsam ab, können Schmerzsalben die Beschwerden lindern.
Bei einem akuten Gichtanfall werden lediglich die Symptome behandelt. Die Medikamente dienen dazu, die Entzündung aufzuhalten und dem Patienten die Schmerzen zu nehmen. Ein Fortschreiten der Gicht verhindern diese Medikamente nicht. Auch wenn der Patient nach dem Gichtschub wieder völlig schmerzfrei sein kann, muss der Harnsäurewert dauerhaft gesenkt werden. Geschieht dies nicht, besteht die Gefahr, dass sich die Gichtanfälle wiederholen und die Gicht chronisch wird. Chronische Gicht führt zu einer irreversiblen (unumkehrbaren) Schädigung von Gelenken, Haut und Nieren.
Bei Patienten, bei denen der Harnsäurewert nicht zu stark erhöht ist, lässt er sich häufig mit einer purinarmen Ernährung dauerhaft senken. Gelingt dies nicht, kommt eine medikamentöse Dauertherapie in Betracht. Diese darf erst begonnen werden, wenn die akute Entzündung komplett abgeklungen ist. Es stehen zwei unterschiedliche Medikamentengruppen zur Verfügung: Xanthinoxidasehemmer und Urikosurika.
Ein Mittel gegen Gicht sind sogenannte Xanthinoxidasehemmer, die verhindern, dass Purine in Harnsäure umgewandelt werden. Es gibt im Wesentlichen drei verschiedene Wirkstoffe, die eingesetzt werden:
Am häufigsten wird Allopurinol gegeben. Falls es nicht wirkt oder nicht vertragen wird, steht Febuxostat als Alternative zur Verfügung. Dieser Wirkstoff darf – im Gegensatz zu Allopurinol – auch bei Niereninsuffizienz (Nierenfunktionsschwäche) eingenommen werden. Lässt sich der Harnsäurewert mit diesen beiden Medikamenten nicht ausreichend senken, kann zusätzlich zu einem der beiden Lesinurad verordnet werden.
Während der Einnahme kann es zu Kopfschmerzen, Übelkeit, Durchfall und Störungen der Leberfunktion kommen. Die Wirkstoffe gelten aber als gut verträglich.
Urikosurika sind ebenfalls Medikamente, die den Harnsäurespiegel im Blut senken. Allerdings geschieht dies mit einer anderen Wirkungsweise: Sie erhöhen die Harnsäureausscheidung über die Nieren. Wirkstoffe sind Benzbromaron und Probenecid. Der Nachteil dieser Medikamente ist, dass sie die Nieren belasten. Um die Nieren zu entlasten, sollte viel Wasser getrunken werden. Für Patienten mit Nierensteinen oder geschädigten Nieren kommen Urikosurika nicht in Frage.
Sowohl Xanthinoxidasehemmer als auch Urikosurika sind in der Lage, den Harnsäurewert dauerhaft zu senken. Bei beiden Wirkstoffgruppen besteht in den ersten Wochen bis Monaten nach Therapiebeginn ein erhöhtes Risiko, einen akuten Gichtanfall zu erleiden. Deshalb empfiehlt es sich, die harnsäuresenkende Dauertherapie einschleichend zu beginnen. Um Gichtanfälle in der Anfangsphase zu vermeiden, eignet sich außerdem das oben erwähnte Colchicin. Es sollte nach der akuten Entzündung für weitere sechs Monate eingenommen werden, dann in einer niedrigeren Dosis von einem halben Milligramm pro Tag.
Ist die Gicht noch nicht chronisch, so sind die Patienten zwischen den Gichtanfällen völlig beschwerdefrei. Dies kann dazu verleiten, dass Medikamente im Lauf der Zeit nicht mehr so sorgfältig eingenommen werden. Auch die Ernährungsempfehlungen können im Verlauf einer guten Phase leicht aus dem Blick geraten. Der Patient sollte sich jedoch strikt an die ärztlich verordneten Maßnahmen halten. Nur so kann der Harnsäurewert stabil auf einem niedrigen Niveau gehalten und ein erneuter Gichtanfall verhindert werden.
aktualisiert am 13.06.2019