Die Frage, ob die Libido und sexuelle Empfindungsfähigkeit auch nach einer Geschlechtsumwandlung erhalten bleiben, lässt sich nur von Fall zu Fall beantworten.
Etwa 80 Prozent der Personen, die sich komplizierten chirurgischen Eingriffen zur Geschlechtsumwandlung unterziehen, geben an, zufrieden, glücklich und mit ihrer neuen Identität im Reinen zu sein. Demnach sind auch in sexueller Hinsicht befriedigende Partnerschaften möglich.
Die Operationen bilden aus dem vorhandenen Gewebe samt Nerven und Blutgefäßen die entsprechenden Geschlechtsorgane der Frau oder des Mannes nach. Aus dem Gewebe des zuvor mit Hilfe von längerfristigen Hormongaben geschrumpften Penis und der Hoden wird eine künstliche Vagina geschaffen. Umgekehrt verwendet der Chirurg die Klitoris, um ein Penoid oder einen Neo-Penis zu konstruieren. In beiden Fällen bleibt die Gefühlsfähigkeit erhalten. Entsprechend sollte sich nach einem Abheilen der Operationsnarben das sexuelle Verlangen wieder einstellen. In welcher Ausprägung dies der Fall ist, lässt sich nicht vorhersagen.
Die vorangegangene Hormontherapie muss nach dem chirurgischen Eingriff lebenslang fortgesetzt werden, denn die für die körpereigene Hormonproduktion zuständigen Organe, Ovarien oder Hoden, werden bei der Geschlechtsanpassung entfernt. Eine mögliche Nebenwirkung der Hormoneinnahme ist möglicherweise, nicht zwingend, eine reduzierte Libido. Die verstärkte Einnahme von Östrogen-Präparaten beispielsweise spielt eine wichtige Rolle bei der Geschlechtsanpassung Mann-zu-Frau. Weil der Testosteronspiegel dabei absinkt, schwindet zwangsläufig auch das sexuelle Verlangen. Dieses Phänomen ist bereits von der Einnahme von hormonellen Verhütungsmitteln bekannt. Stellt es ein Problem dar, kann in Abstimmung mit dem behandelnden Arzt die Hormon-Dosierung verändert werden.
Die Libido ist zugleich von einer Vielzahl anderer Faktoren abhängig: Von der psychischen Verfassung, der Selbstwahrnehmung und Selbst-Akzeptanz, der Harmonie mit einem Partner, früheren (sexuellen) Erfahrungen, eventuellen Schmerzen beim Geschlechtsverkehr beispielsweise. Aber auch die persönlichen Erwartungen an die veränderte Geschlechtsrolle wirken sich im positiven oder negativen Sinne aus.
aktualisiert am 29.01.2016