Mehr als eine Million Menschen infizieren sich täglich weltweit mit einer sexuell übertragbaren Krankheit. Genitalherpes ist die am häufigsten sexuell übertragbare Infektion (STI, für sexually transmitted infection). Verantwortlich für Genitalherpes ist meist das Herpes-simplex-Virus Typ 2, das bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr übertragen werden kann. Das Herpes-simplex-Virus Typ 1, das Lippenherpes verursacht, kann durch das Praktizieren von Oralsex ebenfalls Genitalherpes auslösen. Beide Virusarten können mit antiviralen Medikamenten behandelt werden.
Wer sich mit dem Herpes-simplex-Virus Typ 2 infiziert hat, merkt die ersten Symptome meist vier bis sieben Tage nach dem Geschlechtsverkehr. An Scheide oder Penis oder im Bereich des Anus bilden sich kleine Bläschen, die sich auch an den Oberschenkeln zeigen können. Der Intimbereich juckt, schmerzt oder ist geschwollen. Diese klassischen Symptome zeigen sich jedoch nur bei maximal einem Viertel aller Patienten. Manche Erstinfektion verläuft vollkommen symptomfrei, sodass Betroffene nicht ahnen, dass sie das Herpes-simplex-Virus in sich tragen. Manchmal kommt es zu atypischen Symptomen, die eine Diagnostik erschweren oder zu Fehldiagnosen führen.
Sollten sich Anzeichen einer genitalen Herpesinfektion zeigen, sollte man den Arztbesuch nicht hinauszögern. Je früher die Behandlung begonnen wird, desto besser. Verabreicht werden virushemmende Medikamente (Virostatika), die die Beschwerden lindern und die Dauer der Erkrankung um ein paar Tage verkürzen können. Die WHO (Weltgesundheitsorganisation) empfiehlt folgende Wirkstoffe als Tabletten zur Behandlung einer Erstinfektion:
Das jeweilige Mittel sollte zehn Tage lang eingenommen werden. Da es zu Aciclovir die meisten Studien gibt und es zudem das preiswerteste der drei Medikamente ist, wird in den meisten Fällen Aciclovir verabreicht.
Die virushemmenden Mittel sind gut erforscht und gelten als gut verträglich.
Genitalherpes kann labortechnisch diagnostiziert werden. In akuten Krankheitsphasen kann eine Ausscheidung der Viren über einen Schleimhautabstrich nachgewiesen werden. Der Virusnachweis ist aber nicht immer notwendig, weil das Krankheitsbild oft eindeutig ist. Zudem können virusspezifische Antikörper im Blut darauf hinweisen, ob jemand Träger des Herpes-simplex-Virus Typ 2 ist.
Wer sich einmal infiziert hat, trägt das Herpes-simplex-Virus ein Leben lang in sich. Einige Menschen zeigen niemals Symptome und wissen gar nicht, dass sie infiziert sind. Vor allem Menschen, die bei der Erstinfektion typische Symptome zeigten, leiden unter regelmäßig wiederkehrenden Episoden, in denen sich das Virus mit Pusteln, Schmerzen oder Jucken bemerkbar macht. Ein Drittel von ihnen erleidet mindestens sechs Ausbrüche (Rezidive) pro Jahr. Besonders dann, wenn das Immunsystem durch eine Erkältung oder Stress geschwächt ist oder durch Schwankungen im Hormonhaushalt, können die Herpesviren reaktiviert werden. In schweren Fällen kann es über zehnmal im Jahr zu einem Ausbruch kommen, in anderen Fällen verursacht das Virus nur alle paar Jahre Symptome.
Wird das in den Nervenknoten (sensorischen Nervenganglien) schlummernde Herpesvirus wieder aktiv, verlaufen die Ausbrüche häufig milder als die Erstinfektion. Bei einem leichten Verlauf müssen Betroffene nichts tun, außer abzuwarten und ihre Sexualpartner zu schützen. Der Genitalherpes heilt innerhalb einiger Tage von selbst wieder ab. Bei Beschwerden kann auch bei einer erneuten Erkrankung Aciclovir in Form von Tabletten gegeben werden. Empfohlen werden von der WHO fünf Tage lang 400 mg Aciclovir dreimal täglich. Es ist wichtig, mit der Einnahme zu beginnen, sobald sich erste Symptome zeigen. Wer unter wiederkehrendem Genitalherpes leidet, sollte daher ein antivirales Medikament immer griffbereit haben.
Regelmäßige Rezidive von Genitalherpes können für Betroffene einen hohen Stressfaktor darstellen und bedeuten auch für deren Sexualpartner ein Risiko. In manchen Fällen kann eine dauerhafte Gabe eines antiviralen Mittels angebracht sein. Damit wird verhindert, dass es zu einer Reaktivierung des Genitalherpes kommt. Zudem ist der Träger durch die virushemmenden Medikamente weniger ansteckend. Die WHO empfiehlt dann eine Gabe von zweimal täglich 400 mg Aciclovir. Da bei vielen Menschen die Schwere der Genitalherpesschübe mit der Zeit abnimmt, sollte die Dauermedikation nach einigen Monaten unterbrochen werden, um zu prüfen, ob sie noch notwendig ist.
Während der Schwangerschaft kann es ebenfalls sinnvoll sein, Aciclovir einzunehmen, um einen Ausbruch zum errechneten Geburtszeitpunkt zu verhindern. Eine Ansteckung des Kindes birgt die Gefahr von schweren Schäden und lebensbedrohlichen Auswirkungen. Die Dosierung des Mittels muss mit dem Arzt abgesprochen werden. Leidet die Schwangere kurz vor der Geburt unter akutem Genitalherpes, muss zum Schutz des Kindes per Kaiserschnitt entbunden werden.
Von der äußerlichen Behandlung mit virushemmenden Salben raten Mediziner ab. Sie bringen wenig Linderung, können dafür aber Resistenzen (Unempfindlichkeit gegen Antivirusmittel) begünstigen. Falls es als angenehm empfunden wird, können Sitzbäder, zum Beispiel mit Kamille, genommen werden. Auf Seife oder Waschlotionen sollte verzichtet werden, da sie den gereizten Intimbereich zusätzlich irritieren können. Bei Frauen kann es beim Urinieren zu brennenden Schmerzen kommen. In manchen Fällen lassen sich diese vermindern, wenn in ein Sitzbad uriniert wird. Entsprechende Einsätze für Toiletten sind in der Apotheke erhältlich. Unterwäsche aus Baumwolle sowie locker sitzende Kleidung ist ebenfalls hilfreich. Bei starken Schmerzen kann kurzfristig ein Schmerzmittel wie Ibuprofen zum Einsatz kommen.
Jeder Träger des Virus kann es – in akuten Krankheitsphasen – an seine Sexualpartner übertragen. Bei häufig wechselnden Sexualpartnern erhöht sich die Gefahr einer Ansteckung zwangsläufig. Ungeschützter Geschlechtsverkehr erhöht das Risiko und ist ein Spiel mit der eigenen Gesundheit. In 70 Prozent der Fälle geben Infizierte das Virus weiter, ohne sich dessen bewusst zu sein, denn in der überwiegenden Zahl der Fälle verläuft ein Rezidiv symptomlos. Das heißt, das Virus wird übertragen, ohne dass der Träger Erkrankungssymptome zeigt. Man spricht von einer asymptomatischen genitalen Virusausscheidung. Somit ist jeder Träger des Herpes-simplex-Virus potenziell ansteckend. Es empfiehlt sich daher auch in symptomfreien Zeiten die Nutzung eines Kondoms.
Einen Impfstoff zum Schutz vor Herpes genitalis gibt es noch nicht.
Ärzteblatt, Detlef Petzoldt; Peter Wutzler; Eiko E. Petersen; Hans W. Doerr; Gerd Gross; Ernst Rainer Weissenbacher – Der Herpes genitalis: https://www.aerzteblatt.de/archiv/19056/Der-Herpes-genitalis (online, letzter Abruf: 18.02.2020)
Apotheken Umschau, Dr. Martina Melzer – Herpes genitalis: Ansteckung, Symptome, Behandlung: https://www.apotheken-umschau.de/herpes-genitalis (online, letzter Abruf: 18.02.2020)
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) – Wie kann Genitalherpes behandelt werden?: https://www.gesundheitsinformation.de/wie-kann-genitalherpes-behandelt-werden.2568.de.html?part=behandlung-uf (online, letzter Abruf: 18.02.2020)
eRef Thieme, A. Sauerbrei – Diagnostik des Herpes genitalis, einschließlich antiviraler Therapie und prophylaktischer Möglichkeiten: https://eref.thieme.de/supmat/10.1055-s-0042-116494-10-1055-s-0042-116494-sup_gf1099.pdf (online, letzter Abruf: 18.02.2020)
World Health Organisation – WHO Guidelines for the Treatment of Genital Herpes Simplex Virus: https://apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/250693/9789241549875-eng.pdf?sequence=11 (online, letzter Abruf: 18.02.2020)
aktualisiert am 18.02.2020