In Deutschland erleiden jedes Jahr ungefähr 250.000 Menschen ein Schädel-Hirn-Trauma. Bei 91 Prozent ist die Verletzung als leicht, bei 4 Prozent als mittel und bei 5 Prozent als schwer einzustufen. Bei etwas mehr als 1 Prozent der Fälle endet die Verletzung sogar tödlich. Die Gehirnerschütterung (Commotio cerebri) ist eine leichte Form des Schädel-Hirn-Traumas, die meist folgenlos abheilt. Sie wird durch eine äußere Einwirkung wie einen Unfall oder ein Schlag auf den Kopf verursacht. Eine Gehirnerschütterung ist eine häufige Folge einer solchen Kopfverletzung.
Anzeichen einer Gehirnerschütterung sind Kopfschmerz, Schwindel oder Übelkeit. Diese Symptome treten nicht immer sofort nach dem Unfall auf. Sie können auch verzögert nach etwa sechs bis zwölf Stunden nach dem Unfall auftreten. Weitere Anzeichen, die auf eine Gehirnerschütterung hindeuten sind eine kurzfristige Bewusstlosigkeit und eine Gedächtnislücke, die sich auf die Zeit kurz vor und nach dem Unfall erstreckt.
Schwere Schäden des Kopfes beziehungsweise Gehirns müssen durch den Arzt ausgeschlossen werden, der Patient muss zunächst Bettruhe einhalten und im Krankenhaus überwacht werden. Dauerschäden durch eine Gehirnerschütterung treten normalerweise nicht auf, außer wenn diese wiederholt geschieht.
Die Gehirnerschütterung entsteht bei einer Gewalteinwirkung auf den Kopf, beispielsweise im Straßenverkehr, beim Sport oder bei der Hausarbeit. Die Ursache kann ein Unfall oder ein Sturz sein, etwa beim Fahrradfahren ohne Helm oder beim Fallen gegen eine harte Kante. Ebenso kann es durch Unfälle beim Sport zu einer Gehirnerschütterung kommen. Ein Schlag auf den Kopf mit einem Körperteil oder mit einem harten stumpfen Gegenstand ist eine weitere mögliche Ursache. Beim Boxen kommt es daher nicht selten zu Gehirnerschütterungen, was sich oft daran bemerkbar macht, dass einer der Kontrahenten k.o. geht.
Eine Dehnung der Hirnhäute führt zu den charakteristischen Symptomen der Commotio cerebri wie Kopfschmerz und Übelkeit. An sich wird das Gehirn durch die umgebende Flüssigkeit abgepuffert, den Liquor. Die plötzliche und heftige Bewegung beziehungsweise der Stopp der Bewegung bei der Ursache der Gehirnerschütterung führt dazu, dass das Gehirn gegen den Schädelknochen prallt. Das Gewebe wird dabei geschädigt.
In seltenen Fällen kann es auch passieren, dass ein Stoß gegen den Körper zu einer Gehirnerschütterung führt. Dabei überträgt sich der St0ß auf das Gehirn.
Das Schädel-Hirn-Trauma (SHT) wird in drei Schweregrade (leicht, mittel, schwer) eingeteilt, von denen das leichte Schädel-Hirn-Trauma die eigentliche Gehirnerschütterung darstellt. Die Einteilung geschieht nach einem Schema, das als Glasgow Coma Scale bezeichnet wird.
Die Glasgow Coma Scale richtet sich nach den Punkten Augenöffnung (Reaktion auf Ansprache und Schmerz), Bewegung der Arme und Beine (Reaktion auf Schmerz) sowie Sprechen. Je nach dem Ergebnis werden mindestens 3 bis im besten Fall 15 Punkte verteilt. Die Gehirnerschütterung ist eine leichte Auswirkung und die Betroffenen haben auf der Glasgow-Coma-Scale 13 bis 15 Punkte.
Prüfung | Reaktion | Punkte |
---|---|---|
Augenöffnung | spontan | 4 |
nach Aufforderung | 3 | |
auf Schmerzreiz | 2 | |
Nicht | 1 | |
Bewegung | nach Aufforderung | 6 |
gezielte Abwehrbewegung | 5 | |
ungezielte Abwehrbewegung | 4 | |
Beugebewegungen | 3 | |
Streckbewegungen | 2 | |
keine | 1 | |
Sprache | orientiert, klar | 5 |
verwirrt | 4 | |
einzelne Wörter | 3 | |
einzelne Laute | 2 | |
keine | 1 |
Es wird unterschieden zwischen:
Das bedeutet, dass die Patienten mit Gehirnerschütterung höchstens 15 Minuten Bewusstlosigkeit erleiden oder gar nicht bewusstlos werden. Möglich ist eine kurzdauernde Erinnerungslücke (retrograde Amnesie). Ansonsten klagen viele Betroffene über Übelkeit, teils kann es zum Erbrechen kommen. Auch zu Schwindel, Benommenheit und einem beeinträchtigten Gleichgewicht kann es kommen. Einige Betroffene klagen über starke Lichtempfindlichkeit und Geräuschempfindlichkeit. Die Symptome treten manchmal erst sechs bis zwölf Stunden nach dem Ereignis auf.
Symptome, die bei einer Gehirnerschütterung vorkommen können, sind:
Bei 85 Prozent der Betroffenen verbessern sich die subjektiven Beschwerden nach maximal einer Woche. In 97 Prozent der Fälle kommt es innerhalb von einem Monat zur vollständigen Erholung. Längerfristig kommt es nach einer Gehirnerschütterung nur sehr selten zu Beschwerden. Diese werden als postkommotionelles Syndrom bezeichnet. Im Rahmen dieses Syndroms sind ein gestörtes Gedächtnis, eine verschlechterte Gehirnleistung, Kopfschmerz oder Schwindel möglich.
Natürlich kann es bei dem jeweiligen Unfall oder der Gewalteinwirkung zu weiteren Auswirkungen kommen. Die Kopfverletzung kann, muss aber nicht, zu einer blutenden Wunde oder zu einem Bluterguss oder einer Schwellung führen. Je nach dem Ereignis sind bisweilen auch andere Körperteile betroffen.
Wenn eine Gehirnerschütterung vermutet wird, sollte stets ein Arzt hinzugezogen werden (eventuell der Notarzt gerufen werden) oder der Patient zum Arzt gebracht werden. Die Diagnose der Gehirnerschütterung (Commotio cerebri) geschieht mit Hilfe der Symptome und der Glasgow Coma Scale (GCS), bei der 13 bis 15 Punkte erreicht werden. Dazu wird der Patient körperlich untersucht, das Bewusstsein und die Reaktionen auf Reize untersucht und die eventuelle äußere Verletzung und der Gesundheitszustand geprüft. In der Anamnese (Untersuchungsgespräch) fragt der Arzt vor allem nach dem Ablauf des Unfalls, aber auch nach den Beschwerden des Patienten oder nach vorherigen Erkrankungen. Gegebenenfalls müssen Außenstehende befragt werden. Puls und Blutdruck werden getestet, beide Werte sind bei Personen mit Gehirnerschütterung oft niedrig. Auch erfolgt eine Blutentnahme. Meist wird ein Röntgenbild vom Kopf (Schädel) angefertigt. Unter Umständen muss eine Computertomographie (CT) erfolgen, falls schwere Verletzungen ausgeschlossen werden müssen, selten auch eine Kernspintomographie (MRT, Magnetresonanztomographie).
Von einer "bloßen" Gehirnerschütterung müssen schwerere Auswirkungen wie eine Gehirnprellung (Contusio cerebri), ein Schädelbruch oder eine Hirnblutung ausgeschlossen werden. Ein gestörtes Bewusstsein kann auch bei anderen Ursachen wie Drogenmissbrauch oder Medikamenteneinnahme in zu hoher Dosis, bei Unterkühlung oder Hitzschlag, bei Epilepsie oder bei Diabetes mellitus auftreten.
Einen Arzt sollten Betroffene unbedingt in folgenden Fällen aufsuchen:
Nach dem Unfall oder Gewaltereignis muss der Verletzte betreut werden, gegebenenfalls muss der Notarzt gerufen werden. Der Betroffene muss seine Betätigung (Arbeit, Sport) beenden, damit die Schäden nicht größer werden. Umstehende sollten den Betroffenen nicht alleine lassen, sondern auf die lebenswichtigen Funktionen (Atmung, Puls) achten und veranlassen, dass der Oberkörper des Betroffenen etwas erhöht gelagert wird (oder bei einem Bewusstseinsverlust in stabile Seitenlage bringen). Etwaige Wunden werden versorgt.
Menschen mit einer Gehirnerschütterung werden stationär in ein Krankenhaus aufgenommen und dort für mindestens 24 Stunden beobachtet. Im Krankenhaus werden schwere Verletzungen ausgeschlossen. Liegen keine schweren Verletzungen vor, dann werden Patienten anschließend nach Hause entlassen. Anfangs ist Bettruhe erforderlich, meist für wenige Tage. Auch im Anschluss sollten Betroffene sich körperlich schonen und nicht zu früh wieder anfangen, Sport zu machen oder sich anzustrengen. In der Anfangszeit nach dem Eintreten der Gehirnerschütterung sollte auch auf Dinge wie Fernsehen oder Computer verzichtet werden.
Mit Medikamenten können die Symptome einer Gehirnerschütterung wie Schmerzen (Kopfschmerzen) oder Übelkeit behandelt werden.
Die Gehirnerschütterung (Commotio cerebri) ist im Vergleich zu anderen Schädel-Hirn-Traumata einigermaßen harmlos und es kommt normalerweise innerhalb von höchstens zehn Tagen zur Besserung. Nach spätestens zwei Wochen können Patienten wieder normal arbeiten. Sport sollte erst wieder ausgeübt werden, wenn von ärztlicher Seite aus nichts dagegen spricht. Bleibende Schäden durch eine einmalige Gehirnerschütterung sind in aller Regel nicht zu erwarten.
Bei manchen Patienten kann es zu länger andauernden Symptomen beziehungsweise Störungen des Gehirns kommen, was als postkommotionelles Syndrom bezeichnet wird. Auch diese gehen nach Wochen bis Monaten zurück.
Wiederholte Gehirnerschütterungen können allerdings zu anhaltenden Schäden führen. Davon sind beispielsweise oft Boxer betroffen. Die geistigen Leistungen können dauerhaft darunter leiden. Manche Betroffene entwickeln daraus sogar eine Demenz (ausgeprägte bleibende Störung der Gehirnfunktionen, in diesem Fall eine sogenannte Dementia pugilistica).
Daher ist es wichtig, gerade bei der Ausübung solcher Sportarten oder Tätigkeiten, aber auch ganz allgemein einer Gehirnerschütterung und einem Schädel-Hirn-Trauma vorzubeugen. Insbesondere bei risikobehafteten körperlichen Betätigungen ist es wichtig, eine gute körperliche Verfassung zu haben, um Verletzungen und Stürzen vorzubeugen. Ein Helm sollte immer getragen werden, wenn die Gefahr eines Sturzes erhöht ist oder es zu anderen Gewalteinwirkungen auf den Schädel kommen kann, wie etwa beim Radfahren, Skaten/Inline-Skaten, Skifahren, Eishockey oder weiteren Sportdisziplinen oder Aktivitäten.
AWMF - Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgie - R. Firsching, et al., Leitline Schädel-Hirn-Trauma im Erwachsenenalter: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/008-001l_S2e_Schaedelhirntrauma_SHT_Erwachsene_2016-06.pdf (online, letzter Abruf: 12.12.2019)
AWMF - Leitlinie - Das Schädel-Hirn-Trauma im Kindesalter: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/024-018l_S2k_Schaedel-Hirn-Trauma_im_Kindesalter-2011-abgelaufen.pdf (online, letzter Abruf: 12.12.2019)
Gänsslen, A., Rickels, E. Gehirnerschütterung. Trauma Berufskrankh18, 321–325 (2016) doi:10.1007/s10039-016-0150-9: https://link.springer.com/article/10.1007/s10039-016-0150-9 (online, letzter Abruf: 12.12.2019)
Abaji J, Curnier D, Moore R, Ellemberg D (2015) Persisting Effects of Concussion on Heart Rate Variability during Physical Exertion. J Neurotrauma : (Epub ahead of print): https://www.researchgate.net/profile/Robert-Moore-65/publication/279854720_Persisting_Effects_of_Concussion_on_Heart_Rate_Variability_during_Physical_Exertion/links/55fad70308aec948c4af3a25/Persisting-Effects-of-Concussion-on-Heart-Rate-Variability-during-Physical-Exertion.pdf (online, letzter Abruf: 12.12.2019)
NHS - Concussion: https://www.nhs.uk/conditions/concussion/ (online, letzter Abruf: 12.12.2019)
aktualisiert am 12.12.2019