Bei einer Enzephalomyelitis kommen eine Gehirnentzündung und eine Rückenmarksentzündung zusammen. Der Begriff als solches gibt keine Auskunft über den Auslöser dieser Entzündungen. Daher wird zwischen verschiedenen Spezialformen der Enzephalomyelitis unterschieden, die mehr Klarheit über die Ursache schaffen. Die verschiedenen Formen der Enzephalomyelitis betreffen unterschiedliche Personengruppen besonders stark. Eine akute demyelinisierende Enzephalomyelitis wird in der überwiegenden Mehrheit der Fälle beispielsweise bei Kindern festgestellt.
Mehrere unterschiedliche Erkrankungen können sich als eine Enzephalomyelitis äußern:
Eine akute demyelinisierende Enzephalomyelitis wird auch als akute disseminierte Enzephalomyelitis bezeichnet. Die Erkrankung, die kurz ADE oder ADEM genannt wird, tritt vor allem bei Kindern auf. Bei diesem Krankheitsbild kommt es zu einer Entzündung der sogenannten Myelinscheide, welche die Nervenfasern umgibt. Diese schützende Hülle ist sowohl an den Nervenfasern im Gehirn als auch beim Rückenmark zu finden. Selbst die Nerven, die außerhalb von dem zentralen Nervensystem des Menschen verlaufen, verfügen über diese wichtige Schutzschicht. Kommt es zu einer akuten demyelinisierenden Enzephalomyelitis, dann nehmen die Myelinscheiden im Bereich des Rückenmarks und im Gehirn aufgrund von entzündlichen Prozessen Schaden.
Oftmals geht dieser Form der Enzephalomyelitis eine einfache Viruserkrankung voraus. Bereits ein entzündeter Rachen kann diese Form der Gehirn- und Rückenmarksentzündung bedingen. Hier ist davon auszugehen, dass das Immunsystem des Körpers übermäßig stark auf den Virusinfekt reagiert. Die fehlgesteuerte Abwehrreaktion führt dazu, dass es zu einem Angriff auf die beschriebene Schutzhülle der Nerven kommt.
Dabei handelt es sich um eine akute Form der Enzephalomyelitis. Die Erkrankung lässt im Anschluss an den Infekt nicht lange auf sich warten (Tage bis Wochen). Von „disseminiert“ ist bei diesem Krankheitsbild die Rede, da das Nervensystem in einer Reihe von Bereichen von der Entzündung betroffen sein kann. Dies führt zu einer recht großen Vielzahl an Krankheitssymptomen, die mit dieser Form der Enzephalomyelitis einhergehen. Die Bezeichnung „demyelinisierend“ weist darauf hin, dass die Schutzhüllen der Nerven angegriffen werden.
Bei dieser Form der Enzephalomyelitis greift das Immunsystem des Körpers die Myelinscheide der Nerven an. Wenngleich die akute demyelinisierende Enzephalomyelitis in vielen Aspekten mit Multipler Sklerose vergleichbar ist, kommt es bei der ADE nur zu einer vorübergehenden fehlgeleiteten Immunreaktion. Bei einer Multiplen Sklerose ist hingegen immer wieder mit neuen Schüben zu rechnen, sodass das zentrale Nervensystem auf Dauer erheblich geschädigt wird. Die akute disseminierte Enzephalomyelitis heilt meist gut ab, ohne dass es zu negativen Langzeitfolgen für die Patienten kommt.
Rund 80 Prozent der Patienten, die an dieser Form der Enzephalomyelitis leiden, sind weniger als zehn Jahre alt. Im Erwachsenenalter kommt es nur äußerst selten zu einem Fall von einer akuten demyelinisierenden Enzephalomyelitis. Vor allem im Winter sind mehr Enzephalomyelitis-Erkrankungen zu verzeichnen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Virusinfekte dann besonders häufig sind. Darüber hinaus leiden Kinder tendenziell öfter an Virusinfektionen als Erwachsene, da ihr Immunsystem noch nicht so gut funktioniert wie das eines Erwachsenen, das durch viele durchgemachte Krankheiten im Kindesalter abgehärtet ist.
Schätzungen aus den Vereinigten Staaten von Amerika besagen, dass sich pro 100.000 Kinder unter zehn Jahren lediglich drei Patienten mit dieser Form der Enzephalomyelitis infizieren. Die Zahl der Fälle einer akuten demyelinisierenden Enzephalomyelitis fällt auch deshalb so gering aus, da Kinder regulär gegen Mumps, Masern, Röteln sowie weitere Viruserkrankungen geimpft werden. Allerdings ist es möglich, dass es im Anschluss an eine Impfung zu einer akuten demyelinisierenden Enzephalomyelitis kommen kann. Dies ist nur ausgesprochen selten der Fall.
Nicht alle Faktoren, die Einfluss auf das Risiko solch einer Enzephalomyelitis-Erkrankung nehmen können, sind bisher bekannt. Es ist davon auszugehen, dass die nachfolgenden Faktoren eine Rolle spielen:
Zunächst einmal ist der Patient von den typischen Symptomen der vorangehenden Infektionskrankheit betroffen. Diese Ausgangsinfektion geht häufig mit Fieber einher. Anschließend vergeht eine Frist von einem bis zu 20 Tagen, bevor es zu einer akuten demyelinisierenden Enzephalomyelitis kommt. Der Krankheitsbeginn setzt recht schnell mit den folgenden Symptomen ein:
Bei einer akuten demyelinisierenden Enzephalomyelitis verschlechtert sich de Zustand der betroffenen Kinder zunächst deutlich. Diese Verschlechterung kann bis zu sechs Wochen lang anhalten. Besonders wenn die Kinder bereits älter sind, fällt den behandelnden Ärzten die Unterscheidung zwischen dieser Enzephalomyelitis und einer Multiplen Sklerose nicht leicht. Die Vielfalt der neurologischen Symptome, die mit einer akuten demyelinisierenden Enzephalomyelitis einhergehen kann, ist bei einem ersten Schub von Multipler Sklerose jedoch im Normalfall nicht zu erwarten.
Diese Form der Enzephalomyelitis kann, neben der Erfassung der typischen Symptome, anhand einer Untersuchung des Nervenwassers (Liquorpunktion) oder per MRT diagnostiziert werden. Die MRT-Diagnostik ist deshalb so wichtig, da mögliche andere Krankheiten, die mit ähnlichen Symptomen wie diese Enzephalomyelitis einhergehen, ausgeschlossen werden können. Bei den meisten kleinen Patienten ist keine Therapie erforderlich. Im Regelfall erfolgt eine vollständige Genesung innerhalb von zwei Wochen bis zu einem Monat. Um für einen für den Patienten günstigeren Verlauf zu sorgen, können Cortison-Präparate verabreicht werden. Weitere Medikamente wie Immunglobuline (spezielle Antikörper) sind manchmal sinnvoll, wenn die Erkrankung sich nicht richtig bessert.
Somit ist von einer guten Prognose auszugehen. Selbst eine schwere Erkrankung, bei welcher die kindlichen Patienten komatös auf der Intensivstation lagen, heilt meist komplett ab. Mögliche Nervenschäden legen sich in den allermeisten Fällen innerhalb eines Jahres. Dauerhafte Nervenschädigungen sind selten. Es kann jedoch zu einer Epilepsie oder bleibenden Lähmungen im Anschluss an die Enzephalomyelitis kommen. Ein tödlicher Verlauf der Krankheit ist in weniger als zwei Prozent der Fälle zu erwarten. Zu Rückfällen kommt es in etwa fünf Prozent aller Fälle. Dies führt häufig zu einem Multiple-Sklerose-Verdacht, den es abzuklären gilt.
aktualisiert am 21.02.2023