Bei einer Bickerstaff-Enzephalitis handelt es sich um eine Form der Gehirnentzündung. Diese entzündliche Erkrankung des Hirnstamms, die oftmals von schweren Bewusstseinsstörungen gekennzeichnet ist, tritt sehr selten auf. Sie gehört zu den Autoimmunerkrankungen (Krankheiten mit fehlgeleiteter Immunreaktion gegen eigenes Gewebe). Benannt wurde die Krankheit nach Edwin Bickerstaff, einem Arzt aus England, der das Krankheitsbild im Jahr 1951 zum ersten Mal beschrieb. Bei der Erkrankung führen körpereigene Antikörper einen Angriff auf den Hirnstamm aus. Dieser schwillt bei der Bickerstaff-Enzephalitis an, was zu den Symptomen dieser Krankheit führt. Auch das periphere Nervensystem (die Körpernerven) kann betroffen sein.
Die genauen Ursachen der Bickerstaff-Enzephalitis sind noch nicht ausreichend erforscht. Allerdings konnten die Wissenschaftler bei den betroffenen Personen einen bestimmten Antikörper namens anti-GQ1b nachweisen. Es wird vermutet, dass beispielsweise eine vorausgehende Magen-Darm-Infektion oder eine Infektion der Atemwege zu der Bildung der besagten Antikörper führt. Diese fehlgeleiteten Antikörper gehen allerdings nicht nur gegen die schädlichen Erreger vor, die bei der Infektion eingedrungen sind, sondern greifen ebenfalls das Hirnstammgewebe an. Virusinfektionen oder Lymphome könnten eine Bickerstaff-Enzephalitis über solche Mechanismen ebenso auslösen.
Zunächst werden die betroffenen Personen von grippeähnlichen Symptomen wie diesen geplagt:
Im weiteren Verlauf machen sich deutliche Beeinträchtigungen der Hirnstammfunktion bemerkbar. Da vor allem die Hirnnerven in Mitleidenschaft gezogen werden, kommt es zu der folgenden Symptomatik:
Die sogenannte Ataxie macht sich in Form genereller Bewegungsbeeinträchtigungen sowie in Form von Unsicherheiten beim Gehen bemerkbar. Zu einer Lähmung der inneren sowie der äußeren Augenmuskeln kann es ebenso kommen. Die Sicht der Patienten kann daher unscharf sein. Manche Patienten sehen nicht nur Doppelbilder, sondern nehmen ihre Umwelt nicht mit der gewohnten Schärfe wahr.
Sprachstörungen treten durch die Bickerstaff-Enzephalitis häufig in Erscheinung. Ebenso kann es passieren, dass die Patienten aufgrund dieser Erkrankung in ein Koma verfallen. Die Symptome und Beschwerden einer Bickerstaff-Enzephalitis nehmen erst mit der Zeit zu. Dieser Zeitraum ist mit ein bis vier Wochen zu bestimmen. Bei einem schweren Verlauf kommt es rasch zu einer immensen Verschlechterung der Symptome.
Die Symptome einer Bickerstaff-Enzephalitis sowie eine mögliche Infektion, von welcher die Patienten zuvor betroffen waren, sind Indizien, dass diese Erkrankung vorliegen könnte. Sofern der Verdacht auf Erkrankungen des Gehirns wie die Bickerstaff-Enzephalitis besteht, wird der zuständige Facharzt verschiedene bildgebende Verfahren zu Diagnosezwecken anordnen. Per MRT (Magnetresonanztomographie) lassen sich mögliche Entzündungen im Gehirn nachweisen.
Darüber hinaus kann das Nervenwasser der Patienten im Labor untersucht werden. Diese Flüssigkeit (Liquor) wird mittels einer Lumbalpunktion im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule entnommen. Sofern eine Bickerstaff-Enzephalitis vorliegt, lassen sich die besagten Antikörper im Nervenwasser nachweisen. Eine abschließende, verlässliche Diagnosestellung ist bei diesem Krankheitsbild allerdings nicht in allen Fällen möglich. Dies hat damit zu tun, dass die Bickerstaff-Enzephalitis diesen beiden anderen Krankheitsbildern stark ähnelt:
Bei einer Bickerstaff-Enzephalitis handelt es sich um eine schwerwiegende Krankheit, bei der es unumgänglich ist, dass die Patienten intensiv betreut werden müssen. Die Heilung gestaltet sich extrem langwierig. Dieser Prozess kann nicht nur mehrere Monate, sondern sogar über ein Jahr in Anspruch nehmen. Nichtsdestotrotz kommt es bei der Mehrheit der Patienten zu einer kompletten Heilung. Damit die Patienten gute Chancen auf eine vollständige Genesung haben, ist es wichtig, dass die Bickerstaff-Enzephalitis so früh wie möglich erkannt und umgehend behandelt wird. Patienten, die die Bickerstaff-Enzephalitis nicht behandeln lassen, versterben an dieser Krankheit.
Bei der Behandlung einer Bickerstaff-Enzephalitis kommt eine Medikamententherapie auf Basis der folgenden Arzneimittel zum Einsatz:
Diese Wirkstoffe werden eingesetzt, um die Symptome nach Möglichkeit komplett zu beseitigen. Darüber hinaus kann eine Plasmapherese zu Therapiezwecken genutzt werden. Bei dieser Behandlungsmethode kommt wie bei einer Reihe von anderen Autoimmunerkrankungen ein selektiver Austausch des Blutplasmas zum Tragen, um die schädlichen Antikörper zu beseitigen. Abhängig von den Bewegungseinschränkung, von denen die Patienten im Rahmen ihrer Erkrankung betroffen waren, kann eine anschließende Rehabilitationstherapie erforderlich werden. Diese Therapie dient dazu, dass die Patienten diverse Bewegungsabläufe neu erlernen können.
Diese Form der Gehirnentzündung betrifft sehr wenige Menschen. Da der Hirnstamm aufgrund der Entzündungsreaktion anschwillt, sind dauerhafte Schädigungen allerdings nicht auszuschließen. Somit kann eine Langzeitschädigung des Gehirns zum Problem werden. Von Gangunsicherheiten bis hin zu Motorik-Einschränkungen sind diese Bewegungsbeeinträchtigungen ein klares Anzeichen dafür, dass etwas nicht stimmt. Nicht nur beim Gehen, sondern auch bei Handlungen wie beim Greifen sowie beim Schreiben machen sich diese Störungen bemerkbar.
Wer diese Einschränkungen bei sich wahrnimmt, sollte umgehend den Gang zum Arzt antreten. Die genannte Symptomatik allein muss nicht bedeuten, dass es sich um eine Bickerstaff-Enzephalitis handelt. Dennoch tun die Patienten gut daran, sich so früh wie möglich in ärztliche Hilfe zu begeben. Schließlich ist es überlebenswichtig, dass eine Bickerstaff-Enzephalitis so früh wie möglich behandelt wird.
Selbst wenn es sich um keine Bickerstaff-Enzephalitis handelt, ist bei den genannten Beschwerden von einem anderen besorgniserregenden Auslöser auszugehen, sodass der Gang zum Arzt ein Muss ist. Verschiedene Erkrankungen können zu diesen Auffälligkeiten führen. Auch wenn die Beschwerden nur kurzzeitig auftreten sollten, empfiehlt sich die Abklärung durch einen fachkundigen Arzt. Dies gilt ganz besonders, wenn sich die Patienten selbst diese Symptome nicht erklären können.
aktualisiert am 09.12.2022