Gallenblasenentzündungen sind ein häufiges Leiden. In den allermeisten Fällen werden sie von Gallensteinen ausgelöst. Nur in fünf bis zehn Prozent hat eine Gallenblasenentzündung andere Ursachen.
Kommt ein Patient mit krampfartigen (kolikartigen) Oberbauchschmerzen und Übelkeit zum Arzt, vermutet dieser schnell Gallensteine. In den meisten Fällen wird er bei einer Ultraschalluntersuchung fündig. Halten die Kolikbeschwerden länger als fünf Stunden an, kommen noch Fieber und ein allgemeines Krankheitsgefühl dazu, haben die Gallensteine bereits eine Entzündung in der Gallenblasenwand verursacht. Bei dieser Gallenblasenentzündung handelt es sich um eine sogenannte kalkulöse Cholezystitis.
In fünf bis zehn Prozent der Fälle findet der Arzt, obwohl die gleichen Symptome bestehen, keinen Hinweis auf Gallensteine. Man spricht dann von einer akalkulösen Cholezystitis. So selten eine Gallenblasenentzündung ohne Gallensteine ist, ihre Ursachen können vielfältig sein. Im Gegensatz zu einer kalkulösen Cholezystitis, von der meistens Frauen über 40 betroffen sind, tritt eine akalkulöse Cholezystitis meist bei älteren Männern auf. Wie die Gallenblasenentzündung mit Steinen kann auch die akalkulöse Cholezystitis akut oder chronisch verlaufen.
Sind Gallensteine vorhanden, sind diese es normalerweise, die die Beschwerden hervorrufen. Versperren sie den Gallengang, kommt es zu einem Gallenstau und einer Dehnung der Gallenblase, was schließlich einen Entzündungsprozess auslösen kann. Warum sich die Gallenblasenwand ohne diese durch einen Stein verursachte Stauung (Cholestase) trotzdem entzündet, ist noch nicht eindeutig geklärt. Vermutlich liegt der Grund dafür meist ebenfalls in dickflüssiger, konzentrierter Galle, wie sie auch bei einem Aufstau entsteht. Kann sich die Gallenbase aus irgendeinem Grund nicht ausreichend entleeren, greift der aggressive, stark konzentrierte Gallensaft die Schleimhaut der Gallenblasenwand an. Daneben kommt auch eine Durchblutungsstörung in der Gallenblase (Ischämie) als Auslöser in Frage. Ein dritter Grund für eine akalkulöse Cholezystitis kann eine Infektion mit Bakterien, Viren oder Parasiten sein.
Schwere Krankheiten, schwerwiegende Verbrennungen oder Unfälle können dazu führen, dass die Gallenblase sich nicht mehr richtig entleeren kann und die Gallenflüssigkeit dickflüssig wird. Ursache können eine große Bauchoperation sein oder Verletzungen, die durch stumpfen Druck in den Oberbauch entstanden sind. Der Stoff Cholezystokinin (CCK), der die Entleerung der Galle in den Darm anregt, wird dann nicht mehr ausreichend freigesetzt. Wird die Verdauung über längere Zeit ausgesetzt, kann sich der Gallensaft ebenfalls verdickflüssigen und die Gallenblase kann sich entzünden. Dies kann zum Beispiel nach längerem Fasten geschehen oder dann, wenn ein Patient aufgrund einer schweren Erkrankung künstlich ernährt werden muss.
Wird zum Beispiel in Folge eines Herzinfarkts oder eines Schocks die Blutzufuhr in den Organen verringert, kann dies zu einer Gallenblasenentzündung führen. Eine Vaskulitis – eine Gefäßentzündung, bei der das Immunsystem Blutgefäße angreift – kann sich auch auf die Gallenblase auswirken. Auch Patienten mit einer Sichelzellenanämie (einer angeborenen Veränderung der roten Blutkörperchen) oder Diabetes mellitus haben ein erhöhtes Risiko, eine akalkulöse Cholezystitis zu entwickeln.
Bakterielle Infektionen in der Gallenblase können entstehen, wenn, bedingt durch einen Gallestau, Bakterien aus dem Darm aufsteigen und in die Gallenblasenwand eindringen. Gallenblasenentzündungen, die durch Bakterien ausgelöst werden, betreffen vor allem Menschen, deren Immunabwehr durch eine schwere Erkrankung bereits geschwächt ist. Manchmal können sie auch in Folge einer Bauchspiegelung oder einer Bauch-OP auftreten. Bakterielle Infektionen in der Gallenblase können schwerwiegende Komplikationen verursachen. Dazu gehört auch die seltene Form der emphysematösen Cholezystitis. Sie wird von gasbildenden Bakterien (Escherichia coli, Clostridien) ausgelöst und betrifft meist Männer mit Diabetes mellitus.
Auch eine Salmonelleninfektion kann eine Cholezystitis auslösen. Bei Kindern können Scharlach-Bakterien (A-Streptokokken) oder eine Staphylokokken-Infektion Ursache für eine Gallenblasenentzündung sein.
Sehr selten können auch Parasiten für eine akalkulöse Cholezystitis verantwortlich sein. Spulwürmer gelangen dann vom Darm aus in die Gallenwege und können zu einer Verlegung des Gallenabflusses führen.
Infolge einer Infektion mit einem Hundebandwurm können sich sogenannte Echinococcus-Zysten bilden. Diese großen, abgekapselten Gewebekammern enthalten Würmer in frühen Entwicklungsstadien und können, ähnlich wie Gallensteine, den Gallengang und damit den Abfluss der Galle blockieren.
Menschen, die mit dem Hepatitis-A-Virus oder dem HI-Virus (Erreger von AIDS) infiziert sind, haben ebenfalls ein erhöhtes Risiko, an einer Gallenblasenentzündung zu erkranken. Eine Cholezystitis kann außerdem infolge einer Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus (Erreger des Pfeifferschen Drüsenfiebers) auftreten.
Eine Gallenblasenentzündung ohne Steine verläuft häufiger mit Komplikationen als eine Cholezystitis, die von Steinen verursacht wird. Obwohl die Symptome sehr ähnlich sind, wird die akalkulöse Cholezystitis nicht immer schnell erkannt. Häufig sind Patienten betroffen, die sich bereits in intensivmedizinischer Behandlung befinden und nicht in der Lage sind, ihre Beschwerden zu kommunizieren. Ein Anzeichen wie Fieber deutet zwar auf eine Entzündung hin, aber der Ursprung muss erst erkannt werden. Unbehandelt kann eine akute Gallenblasenentzündung vor allem bei vorerkrankten und immunschwachen Patienten zu schweren Komplikationen wie einem Gallenblasendurchbruch und einer Bauchfellentzündung führen.
Die Behandlung einer akalkulösen Cholezystitis besteht in der sofortigen Entfernung der Gallenblase, sofern der Allgemeinzustand des Patienten dies zulässt. Ansonsten sind zunächst Maßnahmen zur Stabilisierung des Zustandes notwendig. Eine Möglichkeit, in diesen Fällen kurzfristig die Gallenblasenentzündung zu behandeln, kann das Ableiten von Flüssigkeit nach außen über einen durch die Haut eingeführten Drainageschlauch sein.
National Organization for Rare Disorders (NORD) – Acute Cholecystitis: https://rarediseases.org/rare-diseases/cholecystitis/ (online, letzter Abruf: 25.04.2022)
NCBI, Mark W. Jones; Troy Ferguson – Acalculous Cholecystitis: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK459182/ (online, letzter Abruf: 25.04.2022)
aktualisiert am 25.04.2022