Unter bestimmten Umständen kann es zu einer Entzündung der Gallengänge oder der Gallenblase kommen. Die medizinische Fachbezeichnung für die Entzündung der Gallenblase ist Cholezystitis und für die Entzündung der Gallenwege Cholangitis. Eine Cholezystitis wird noch unterteilt in eine chronische und eine akuten Entzündung der Gallenblase.
In 95 Prozent aller Fälle werden die Entzündungen durch Gallensteine und eine bakterielle Infektion ausgelöst. Diese Form der Gallenblasenentzündung wird als kalkulöse Cholezystitis bezeichnet. Sind Gallensteine nicht die Ursache der Cholezystitis, bezeichnet man die Form als akalkulösen Cholezystitis. Die Cholangitis kann sowohl in als auch außerhalb der Leber auftreten. Die Entzündung wird ebenfalls oft durch Gallensteine und durch eine bakterielle Infektion ausgelöst.
Die Cholezystitis und die Cholangitis kommen vor allem bei älteren Patienten über 70 Jahren vor. In den meisten Fällen sind hiervon Patienten betroffen, die bereits relativ große Gallensteine aufweisen. Die Gallensteine wandern unter bestimmten Umständen in die Gallengänge. Dort blockieren sie ab einer gewissen Größe den wichtigen Abfluss der Galle (Gallenflüssigkeit). Hierdurch kommt es zu einem Rückstau der Galle, wodurch die Ansiedlung von Bakterien in den Gallengängen begünstigt wird. Die Gallenblase und die Gallengänge können sich durch diesen Bakterienbefall entzünden.
Der Patient erleidet eine Gallenblasenentzündung oder eine Gallengangsentzündung. Ferner wird die Gallenblase durch den Gallenrückstau stark gedehnt. Dies hat zur Folge, dass das Organ nicht mehr ausreichend durchblutet wird. Gewebe der Gallenblase kann absterben und das Organ entzündet sich.
Wie genau akalkulöse Gallenblasenentzündungen ohne Gallensteinaufkommen entstehen, ist bis heute nicht vollständig geklärt. Jedoch vermuten die Ärzte auch hinter dieser Form der Cholezystitis einen Rückstau oder eine Verdickung vom Gallensaft. Weitere Ursachen für die Cholezystitis können in seltenen Fällen sein:
Für die Cholangitis kommen in seltenen Fällen folgende Ursachen infrage:
Diese Ursachen treten eher selten auf. Der häufigste Grund ist eine Abflussstörung der Galle durch Gallensteine. Aus diesem Grund sind die beiden Erkrankungen Cholezystitis und Cholangitis in den meisten Fällen eine Begleiterscheinung oder die Folge von einem Gallensteinleiden.
Die akute Cholezystitis und die Cholangitis gehen beide mit starken Schmerzen im Oberbauchbereich einher. Da die Ursache in den meisten Fällen ein Gallensteinleiden ist, treten die typischen Symptome eines Gallensteinleidens auch auf. Typisch sind Dauer- und Druckschmerzen im rechten Oberbauch. Die Schmerzen durch eine Gallenwegsentzündung können bis in den Schulterbereich und in den Rücken ausstrahlen. Bei der Gallenblasenentzündung treten die Schmerzen am Anfang häufig in kurzen Wellen auf.
Im weiteren Verlauf der Cholezystitis ziehen sich die Schmerzphasen immer mehr in die Länge. Sie können ab einem gewissen Stadium über mehrere Stunden andauern. Der Bereich der Gallenblase am rechten Oberbauch ist druckempfindlich und schmerzt beim Abtasten. Bei der Cholangitis wird der Schmerz häufig von Beginn an als gleichbleibend beschrieben.
Bei beiden Erkrankungen können Fieber und starkes Krankheitsgefühl und Schüttelfrost auftreten. Patienten mit einer Cholezystitis klagen häufig über Übelkeit, Erbrechen und Appetitlosigkeit. In manchen Fällen berichten die Patienten auch über Herzrasen. Durch eine Cholangitis kommt es neben den erwähnten Schmerzen häufig zu einer Gelbfärbung der Haut und der Augen (Ikterus oder Gelbsucht). Ursache ist eine erhöhte Konzentration des Gallenfarbstoffs Bilirubin im Blut. Bilirubin ist ein Abbauprodukt des roten Blutfarbstoffes Hämoglobin. Bilirubin kann durch den Rückstau nicht mehr über die Gallenwege ausgeschieden werden. Es gelangt ins Blut und lagert sich in der Haut und in den Schleimhäuten ab. Die Haut und die Augen verfärben sich gelblich. Unter Umständen kann der Patient hierdurch einen Juckreiz verspüren.
Um eine Cholezystitis und Cholangitis zu diagnostizieren, greifen die Ärzte auf verschiedene Diagnoseverfahren zurück.
Zuerst wird ein Gespräch mit den Patienten geführt. Im Rahmen der Anamnese werden zielgerichtete Fragen gestellt, die dem Arzt Hinweise auf die Erkrankung geben können. Durch die Beantwortung der Fragen geben Hinweise darauf, welche Erkrankung vorliegt.
Im Falle eines Verdachts auf eine Cholezystitis können folgende Fragen hilfreich sein:
Im Falle eines Verdachts auf eine Cholangitis können diese Fragen helfen:
Bei der körperlichen Untersuchung stellt der Arzt typische Druckschmerzen im rechten Oberbauch fest. Um die Gallenblase abzutasten und die Größe der Gallenblase einzuschätzen wird eine spezielle Technik angewandt. Während der Patient tief einatmet drückt der Arzt seine Hände in den Oberbauch unter dem rechten Rippenbogen und kann so die Gallenblase ertasten. Offensichtliche Symptome wie die Gelbfärbung der Haut und der Schleimhäute fallen bei der körperlichen Untersuchung automatisch auf.
Eine Blutuntersuchung gibt Hinweise, ob eine Entzündung vorliegt. Eine erhöhte Anzahl von weißen Blutkörperchen (Leukozyten) ist ein Zeichen für einen Entzündungsprozess im Körper. Weitere Entzündungsparameter, die erhöht sein können, sind das C-reaktive Protein (CRP) und die Blutsenkungsgeschwindigkeit. Die Entzündungsparameter sind aber nicht spezifisch für eine Gallenblasenentzündung oder Gallenwegsentzündung. Sie können auch bei anderen Entzündungen erhöht sein.
Ist die Leber mitgeschädigt, dann sind auch die Transaminasen im Blut erhöht (GOT, GPT). Das sind Stoffe, die in der Leber gebildet werden und bei einer Leberschädigung im Blut nachweisbar sind.
Eine Ultraschalluntersuchung gehört bei der Diagnostik von Gallensteinen und Veränderungen der Gallenblase zum Standardverfahren. Mit diesem Verfahren kann der Arzt Gallenblase, Gallenwege und Leber beurteilen. Ein typisches Kennzeichen einer Gallenblasenentzündung ist eine Verdickung der Gallenblasenwand.
Eine Computertomografie ermöglicht eine sehr scharfe Abbildung. Bei unklaren Fällen kann die Diagnose dadurch gesichert werden. Auch eine Perforation (Wanddurchbruch) der Gallenblase lässt sich durch eine Computertomografie erkennen.
Besteht der Verdacht auf eine Cholangitis und auf Gallensteine kann diese mit einer endoskopisch retrograden Cholangio-Pankreatikografie (ERCP) nachgewiesen werden. Mit einer ERCP lassen sich die Gallenwege bildlich darstellen. Ein dünner Schlauch wird über die Speiseröhre in den Magen und anschließend in den Zwölffingerdarm eingeführt. Dort befindet sich der gemeinsame Ausführungsgang von Gallenblase und Bauchspeicheldrüse. In diesen Gang wird Kontrastmittel eingespritzt und anschließend wird das Gallengangssystem mit Hilfe eines Röntgengeräts durchleuchtet. Werden Gallensteine nachgewiesen, können diese in der derselben Sitzung direkt entfernt werden.
Bevor die endgültige Diagnose gestellt wird, ist es wichtig, auch an andere Erkrankungen zu denken und diese auszuschließen. Zur Sicherung der Diagnose reicht oft eine Blutuntersuchung, eine Ultraschalluntersuchung und eine Computertomografie.
Hinter den Oberbauchbeschwerden können sich folgende Erkrankungen verbergen:
Die geeignete Therapie der Gallenblasenentzündung hängt von den Ursachen ab. Eine akute Cholezystitis wird heutzutage zumeist operativ behandelt. Sind Gallensteine der Auslöser für die Cholezystitis, werden diese im Rahmen der OP gemeinsam mit der entzündeten Gallenblase entfernt. Diese Operation wird als Cholezystektomie bezeichnet. Sie erfolgt mithilfe einer Bauchspiegelung (laparoskopisch) oder über einen Schnitt an der Bauchdecke. Ein Bauchschnitt wird vorgenommen, wenn die Gallenblasenentzündung zu Komplikationen geführt hat. Das kann zum Beispiel eine Perforation, als ein Durchbruch der Gallenblasenwand sein.
Entscheiden sich die Ärzte für eine nicht-operative Behandlung der Cholezystitis, verabreichen sie Schmerzmittel und entkrampfende Medikamente (Spasmolytika). Dadurch besteht die Möglichkeit, dass die Gallensteine über den Gallengang in den Darm gehen und ausgeschieden werden. Damit die Gallensteine leichter abgehen können, wird manchmal eine ERC (endoskopisch retrograde Cholangiographie) angeraten. In Rahmen dieser Behandlung wird in der Nähe des gemeinsamen Ausführungsgangs von Gallenblase und Bauchspeicheldrüse ein kleiner Schlitz durchgeführt. Das führt dazu, dass die Steine leichter abgehen können.
Kleinere Gallensteine können mit Medikamenten aufgelöst werden. Voraussetzung dafür ist, dass es sich um Cholesterinsteine handelt und die Gallenblase noch nicht entzündet ist. In diesem Fall kann der Wirkstoff Ursodeoxycholsäure helfen. Der Wirkstoff vermindert die Ausscheidung von Cholesterol der Leber in die Galle und verändert dadurch die Löslichkeit. Bei der Behandlung können allerdings Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen auftreten.
In bestimmten Fällen wird zusätzlich eine Stoßwellenbehandlung (ESWT – Extrakorporale Stoßwellentherapie) durchgeführt. Da die Risiken einer solchen Behandlung hoch sind, weil benachbarte Organe in Mitleidenschaft gezogen werden können, wird sie heute nicht mehr dafür empfohlen. Sie wird hauptsächlich bei einem hohen Narkose- und Operationsrisiko und bei Schwangeren empfohlen.
Abhängig von der Grunderkrankung, die zur Gallenblasenentzündung geführt hat, kann die Gabe von Antibiotika sinnvoll sein. In seltenen Fällen ist ein Befall mit Parasiten (Spulwürmer oder Bandwürmer) Ursache einer Gallenblasenentzündung. In solchen Fällen werden Wurmmittel verabreicht. Allerdings lassen sich bestimmte Würmer (zum Beispiel der Hundebandwurm) nur operativ entfernen.
Eine akute Gallenwegsentzündung wird meistens durch Bakterien verursacht. Die Cholangitis erfordert deshalb eine hoch dosierte Antibiotikatherapie. Als Antibiotika kommen häufig Wirkstoffe der Gruppe Fluorchinolone zum Einsatz. Zu den Antibiotika bekommen die Betroffenen noch Schmerzmittel und fiebersenkende Medikamente. So klingen die Schmerzen in einigen Tagen wieder ab.
Zudem wird Patienten mit einer Cholangitis geraten, für 24 Stunden auf die Nahrungsaufnahme zu verzichten. Dadurch soll der Gallenfluss reduziert werden.
Sind Gallensteine der Auslöser für die Cholangitis, wird auch hier zumeist eine operative Entfernung der Steine durchgeführt. Zum Einsatz kommt eine endoskopische retrograde Cholangio-Pankreatikografie (ERCP), mit der die Gallengänge gut beurteilt werden können. Gleichzeitig können Gallensteine in der gleichen Sitzung entfernt werden. Auch ein Stent kann im Gallengang eingesetzt werden, um den Abfluss der Gallenflüssigkeit zu erleichtern.
Bei der primär sklerosierende Cholangitis handelt es sich um eine Autoimmunreaktionen, die sich nicht ursächlich behandeln lässt. Eventuell können in diesem Fall Antibiotika den Entzündungsschüben entgegenwirken. Im Laufe dieser Erkrankung kann auch die Leber in Mitleidenschaft gezogen werden und vernarben. In so einem Fall wird eine Lebertransplantation notwendig.
Der Druck in der Gallenblase ist bei einer Gallenblasenentzündung erhöht. Eine sehr starke Überfüllung der Gallenblase kann dazu führen, dass die Gallenblasenwand einreißt. Dies wird als Perforation bezeichnet. Die Folgen können lebensbedrohlich sein. Durch den Austritt der Gallenflüssigkeit mitsamt Bakterien in den Bauchraum kann es zu einer Bauchfellentzündung und auch zu einer Blutvergiftung (Sepsis) kommen. Ferner kann es zu einer Fistelbildung zwischen Gallenblase und Darm kommen. Die Perforation der Gallenblase muss sofort operativ behandelt werden.
Eine Komplikation einer chronischen Gallenblasenentzündung ist die Porzellangallenblase. Sie entsteht, wenn sich Kalk in die Gallenblase einlagert. Wie Porzellan wird die Gallenblase hart und weiß. Durch den ständigen Entzündungsprozess kann sie auch vernarben und schrumpfen (Schrumpfgallenblase). Wer an einer Porzellangallenblase leidet, hat ein erhöhtes Risiko an Gallenblasenkrebs (Gallenblasenkarzinom) zu erkranken. Ebenfalls steigt das Risiko Gallensteine zu entwickeln, weil die Gallenblase ihre Elastizität verliert und weniger Gallenflüssigkeit abgeben kann.
Auch eine Gallenwegsentzündung kann lebensbedrohliche Komplikationen hervorrufen. Komplikationen treten meist als Folge einer bakteriellen Streuung auf. Die Bakterien können eine lebensbedrohliche Blutvergiftung (Sepsis) auslösen. Als weitere Komplikation einer Cholangitis treten Leberabszesse auf.
Die Heilungsaussichten sind bei einer Cholezystitis und Cholangitis, die rechtzeitig behandelt werden, sehr gut. Sofern die Entzündungen vollständig ausheilen und die Gallenblase beziehungsweise die Gallengänge nicht durch die Cholezystitis oder Cholangitis stark geschädigt wurden, erholt sich der Patient wieder vollständig. Voraussetzung hierfür ist, dass der Auslöser für die Cholezystitis und Cholangitis beseitigt wird. Im Falle von Gallensteinen müssen diese in den meisten Fällen operativ entfernt werden. Zumeist wird bei dieser OP die komplette Gallenblase mit entfernt. Menschen können grundsätzlich auch ohne Gallenblase leben. Durch die Entfernung der Gallenblase sinkt das Risiko auf eine erneute Cholezystitis und das Auftreten von Komplikationen auf null.
Die vorbeugenden Maßnahmen bezüglich der Cholezystitis und Cholangitis zielen auf deren Hauptauslöser ab: auf die Gallensteine. Mit einer bewussten Lebensführung kann man der Steinbildung aktiv entgegenwirken. Hierfür ist es allerdings nötig, seine persönliche Lebensführung unter die Lupe nimmt. Unter Umständen muss die Ernährung umgestellt und ein vorhandenes Übergewicht reduziert werden. Die Bildung von Gallensteinen wird durch fettfreie Diäten und Fastenkuren gefördert. Diese gilt es zu vermeiden. Im Idealfall lassen sich Risikopatienten von ihrem Arzt beraten.
aktualisiert am 17.02.2022