Fußfehlstellungen gehören zu den häufigsten Krankheitsbildern in der Orthopädie. Vermutlich jeder zweite Patient bei Orthopäden kommt wegen einer Fußfehlstellung. In Deutschland findet sich bei mehr als 70 Prozent der Erwachsenen eine Fußfehlstellung. Im engeren Sinne gehören Veränderungen wie Senkfuß oder Hohlfuß dazu, in der Praxis werden auch die so genannten Vorfußdeformitäten wie z. B. der häufige Hallux valgus (eine Abknickung des Großzehs) dazu gezählt.
Zu den häufigeren Fehlstellungen des Fußes gehören:
Daneben existiert noch eine Vielzahl von anderen oder gemischten Formen, die oft nur schwer voneinander abzugrenzen sind. Einige Fußfehlstellungen sind angeboren, einige haben sich im Laufe der Lebensjahre entwickelt.
Grundsätzlich können Fußfehlstellungen angeboren oder erworben sein. Angeborene Fehlstellungen zeigen sich schon beim Säugling von Geburt an. Dagegen können Erkrankungen, falsche übermäßige Belastungen oder Entzündungen zu Fußfehlstellungen vor allem bei Erwachsenen führen.
Die unterschiedlichen Formveränderungen der Füße können im Einzelnen folgende Ursachen haben:
Der Knickfuß (auch der Spreizfuß) wird dadurch begünstigt, dass viele Kinder in den ersten Jahren eher mit einwärts gerichteten Füßen laufen. Dies ist durch die kompakte Fußform begründet. Der Knickfuß tritt oftmals in einer kombinierten Fehlstellung als Knick-Senkfuß auf. Bei Kindern ist der Knickfuß zwar häufig, er kann aber gelegentlich auch im Jugend- oder Erwachsenenalter entstehen. Er wird dann von Veränderungen wie O-Beinen, X-Beinen, geschwächten Bändern, Muskeln oder Sehnen oder durch ein hohes Körpergewicht verursacht.
Auch der Hohlfuß ist meist angeboren, er ist häufig genetisch bedingt. Manchmal können aber auch Schäden an den Nerven beziehungsweise Lähmungen zu der Veränderung führen.
Der Senkfuß kann erblich bedingt sein oder durch ein zu starkes Übergewicht. In solchen Fällen führt die Gewichtsbelastung dazu, dass das Fußgewölbe absackt und flacher wird. Sehr ausgeprägte Senkfüße werden Plattfüße genannt.
Der Spreizfuß mit seinen auseinander weichenden Knochen ist durch ungünstige Belastung bedingt, in den meisten Fällen spielt unvorteilhaftes Schuhwerk eine Rolle, und auch Übergewicht kann zu der Verformung beitragen.
Der Klumpfuß ist eine Kombination aus mehreren Fußfehlstellungen (Sichelfuß, Hohlfuß, Spitzfuß, Innenbiegung des Sprunggelenks) und definitionsgemäß eine angeborene Veränderung.
Neben der Veranlagung kann insbesondere das häufige Tragen der falschen Schuhe zu der Veränderung im Großzehenbereich führen. Deshalb sind häufig Frauen von der Deformierung betroffen, da z. B. ein Schuh mit Absatz und eng zulaufender Spitze den Fuß regelrecht in die Hallux-valgus-Form drückt.
Die Hammerzehe kann durch Erkrankungen (Rheuma, Muskel-Nerven-Störungen), andere Fußfehlstellungen (Spreizfuß, Hohlfuß) oder durch schlechtes Schuhwerk entstehen. Manchmal ist die Zehenfehlstellung auch angeboren.
Der Hallux varus kann in Folge einer Operation am Fußballen oder durch Rheumaerkrankungen entstehen.
Die Ursache für diese Arthrose im Großzehengrundgelenk ist oft nicht genau zu ermitteln. Eine Überlastung kann ebenso wie eine Erkrankung (z. B. Gicht oder Gelenkrheuma) eine Rolle spielen.
Die Hauptsymptome von Fußdeformitäten sind meist sichtbare Fehlstellungen sowie häufig belastungsabhängige Schmerzen. Außerdem können sich Schwielen bilden beziehungsweise je nach der betroffenen Stelle Hühneraugen, die schmerzen können. Je nach der Fehlstellung können zudem charakteristische Beschwerden auftreten. Im Einzelnen können sich folgende Symptome zeigen:
Beim Knickfuß befindet sich die Ferse in der so genannten X-Stellung, der Fuß ist im Sprunggelenk also nach außen abgeknickt. Die Fehlstellung belastet vor allem das Sprunggelenk sowie die angrenzenden Bänder und Sehnen.
Hohlfuß bedeutet, dass das Fußgewölbe höher als normal ist. Druckstellen können sich oben auf dem Fußrücken oder im Vorfuß- oder Fersenbereich (als Hühneraugen) bilden. Die Muskeln können verkürzt sein und somit die Beweglichkeit eingeschränkt. Der Patient geht eher unsicher und hat ein erhöhtes Risiko, umzuknicken oder zu stürzen.
Der Senkfuß ist umgekehrt eine Abflachung des Gewölbes im mittleren Fußbereich. Es kann für Patienten schwierig sein, auf den Zehen zu stehen. Bei Belastung kann es zu Schmerzen vor allem im Mittelfuß kommen. Bei einer sehr starken Senkfußbildung wird auch von einem Plattfuß gesprochen.
Patienten mit Spreizfüßen klagen oft über keine oder nur geringgradige Beschwerden. Es kann zu Schmerzen kommen, wenn Druck auf den Fuß einwirkt. In der Folge eines Spreizfußes kann allerdings ein Hallux valgus oder eine andere Zehenfehlstellung begünstigt werden, vor allem wenn auch häufiger hohe beziehungsweise spitze Schuhe getragen werden.
Der Sichelfuß ist eine Fußfehlstellung, die durch eine Innenwölbung des Vorfußes und Mittelfußes sowie der Zehen gekennzeichnet ist. Sie findet sich oft einige Wochen nach der Geburt und gibt sich im Regelfall von alleine wieder.
Der Spitzfuß oder Pes equinus (Pferdefuß) zeigt eine hohe Ferse bei einem nach unten stehenden Vorfuß. Der Patient geht/steht auf dem Fußballen am Vorfuß und auf den Zehen. Der Ballenbereich wird dadurch stark belastet, der Gang wird wacklig und es können sich Folgeschäden ergeben.
Beim Hackenfuß oder Pes calcaneus steht der Vorfuß nach oben, und der Patient geht nur auf der Ferse. Entsprechend wird die Ferse stark belastet, was zu Beschwerden und Folgeschäden führen kann.
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Der Klumpfuß ist eine starke Verformung des Fußes mit mehreren Komponenten: Spitzfuß, Hohlfuß und Sichelfuß und außerdem eine O-Beinstellung. Der Außenrand des Fußes steht nach unten, in Extremfällen ist sogar die eigentliche Fußoberseite nach unten gerichtet. Wird der Klumpfuß nicht rechtzeitig behandelt, bleibt er bestehen und führt zu Schmerzen beim Stehen und Gehen mit der Gefahr von weiteren Schäden und Beschwerden.
Beim Hallux valgus wird der Fuß im Großzehenbereich verformt. Der Ballen steht vom restlichen Fuß ab, wohingegen das Zehenende zu den anderen Zehen gerichtet ist. Es kommt zu Schmerzen, die erst nur bei Belastung auftreten. Außerdem ist die große Zehe gerötet, Hühneraugen können sich bilden. Die Schmerzen können stärker werden und z. B. bereits dann bestehen, wenn der Patient bequeme Schuhe mit Polsterung trägt. Die Beweglichkeit kann vermindert und damit das Gehen erschwert sein.
Die Hammerzehe ist gekennzeichnet durch ein nach oben stehendes Mittelglied einer Zehe, wohingegen die Zehenspitze wie ein Hammer nach unten gerichtet ist. Zumeist handelt es sich um den zweiten Zeh (vom Großzeh aus) oder den Mittelzeh, die wie ein Hammer verformt sind. Vor allem der Druck beim Tragen von Schuhen kann zu Schmerzen führen.
Die Krallenzehe, die der Hammerzehe nicht unähnlich ist, weist ein abnorm nach oben gerichtetes Zehengrundglied auf, während das Mittel- und Endglied nach unten gebeugt sind. Auch hier kommt es zu Schmerzen.
Es handelt sich um einen abstehenden Großzeh, der ebenfalls zu Schmerzen bei Belastung führt. Im Verlauf kann sich eine Arthrose am Grundgelenk der Großzehe bilden (Hallux rigidus).
Diese Großzehengrundgelenk-Arthrose führt zu verminderter Beweglichkeit mit Schmerzen, vor allem wenn der Fuß abgerollt wird. Besonders schmerzlich ist das Hochgehen auf Treppenstufen. Es kommt zu einem Schongang beim Hallux rigidus.
In der Folge eines deformierten Fußes können weitere Schäden und Erkrankungen auftreten. Nicht selten kommt es aufgrund einer ungünstigen Belastung zu Gelenkverschleiß (Arthrose) oder zu weiteren Verformungen am Fuß.
Fußfehlstellungen sind in der Regel leicht durch eine Untersuchung der Füße und das typische Gangbild der Betroffenen festzustellen. Dazu beurteilt der Arzt zunächst den Fuß anhand seiner Form, der Haltung und des Längs- und Quergewölbes. Der Arzt sieht etwa, ob die Zehen in der richtigen Stellung liegen, ob der Fuß abnorm flach oder gewölbt ist und ob es im Sprunggelenk eine Abweichung gibt. Außerdem kann der Arzt weitere Hinweise auf Formaweichungen wie z. B. Druckstellen (Rötung, Hühneraugen, Schwielen) feststellen. Bestimmte Fußfehlstellungen wie Hallux valgus, Knick-Senkfuß, Spreizfuß, Hohlfuß zeigen oft charakteristische Auffälligkeiten, die dem erfahrenen Arzt eine Diagnose oder zumindest eine Verdachtsdiagnose ermöglichen.
Verschiedene Funktionsprüfungen untermauern die Diagnose. So kann der Arzt die Beweglichkeit und mögliche Schmerzen im Sprunggelenk und im Fuß testen. Er kann vom Patienten auch einen Zehenspitzenstand durchführen lassen, um Veränderungen deutlicher zu sehen. Eine spezielle Untersuchung ist die Podographie (Podogramm), bei dem ein Fußabdruck angefertigt wird. Die Druckverteilung zeigt, ob bestimmte Fehlstellungen vorliegen: Bei einem Senkfuß (Plattfuß) ist beispielsweise der Druck im Mittelfußbereich größer, als dies bei einem durchschnittlichen Fuß der Fall ist.
Eine Röntgenuntersuchung ist eher selten notwendig, um Abweichungen der Fußknochen zu sehen oder um weitere Veränderungen, etwa in den Gelenken, darstellen zu können.
Die meisten Fußfehlstellungen kann der Orthopäde ohne größere Probleme feststellen. Doch ist es oft sinnvoll, nach bestimmten Ursachen zu suchen. Einige Fehlstellungen können beispielsweise durch Nervenerkrankungen bedingt sein, weshalb eine neurologische Untersuchung von Bedeutung sein kann. Außerdem wird unterschieden, ob eine Behandlung notwendig ist oder es sich um eine Normabweichung handelt, die keine weiteren Schwierigkeiten verursacht.
Grundsätzlich kann bei Fußfehlstellungen oftmals eine einfache Behandlung (konservative Therapie) erfolgreich sein. In ausgeprägten oder hartnäckigen Fällen sowie bei starken Schmerzen kann jedoch auch eine Operation sinnvoll sein. Leichte Fehlstellungen ohne Symptome müssen andererseits oft gar nicht therapiert werden. Bestimmte Veränderungen wie z. B. der Knick-Senkfuß bei Kindern haben die Tendenz, von alleine wieder zu verschwinden. Hier kann unter Umständen abgewartet werden und mit dem richtigen Verhalten (z. B. öfter barfuß gehen) der Verlauf begünstigt werden.
Bei den meisten Formveränderungen der Füße eignen sich Behandlungsmethoden wie das Tragen von Schuheinlagen oder Schuh-Sonderanfertigungen. Sie können etwa genau auf Hohlfüße oder Senkfüße angepasst sein. Stabilisierende oder korrigierende Schienen können angewendet werden. Krankengymnastik an den Füßen ist in der Regel sinnvoll. Damit können unter anderem die Muskeln gestärkt werden oder Fußteile gedehnt werden, um die Haltung des Fußes zu verbessern. In einigen Fällen kann eine Ruhigstellung des Fußbereiches helfen, die Beschwerden zu reduzieren.
Vor allem Knick-Senkfüße lassen sich oft einfach durch häufiges Barfußgehen behandeln, was auch zur Vorbeugung empfehlenswert ist. Es gibt auch geeignete Schuhe, die ähnliche Effekte wie das Barfußlaufen haben.
Bei Fehlstellungen mit deutlichen Schmerzen können Schmerzmittel eine Linderung bringen. Beispielsweise können Mittel aus der Gruppe der NSAR (nichtsteroidale Antirheumatika) verabreicht werden, allerdings immer auch unter Beachtung möglicher Nebenwirkungen.
Beim Spreizfuß kann eine so genannte Pelotte angewendet werden, z. B. als eine Schuheinlage. Die Pelotte ist ein Polster, das das Quergewölbe unterstützt und im mittleren Bereich erhöht.
Angeborene Fußfehlstellungen wie der Klumpfuß können beim Säugling oft schon mit Zug oder einer Dehnung von Hand eines erfahrenen Therapeuten behandelt werden. Ansonsten eignen sich Mittel, die eine mechanische Einwirkung auf den Fuß haben wie etwa ein Gips, ein Tape-Verband oder spezielle Schuhe oder Schuheinlagen.
In schweren Fällen können Operationen erforderlich sein. Die Operationen variieren von Fehlstellung zu Fehlstellung. Allgemein können Eingriffe an den Sehnen, Muskeln, Knochen und Bändern sowie manchmal an den Gelenken angezeigt sein. Die operative Korrektur einer Fußfehlstellung erfolgt in der Regel in Regionalanästhesie oder Vollnarkose.
Bei Fehlstellungen vor allem der Zehen (etwa Hallux valgus) können Knochenkorrekturen (Korrekturosteotomie) vorgenommen werden, beispielsweise die Herausnahme oder das Einsetzen eines keilförmigen Stückes. Beim Hallux varus ist oft eine Operation zur Sehnenverlagerung erfolgreich. Der Hallux rigidus (Arthrose im Großzehengrundgelenk) kann mit einer Einspritzung von Hyaluronsäure behandelt werden oder mit der Entfernung von Knochenstücken (z. B. die so genannte Cheilektomie mit Beibehaltung des Gelenks).
Beim Klumpfuß und insbesondere beim Spitzfuß kann die Achillessehne operativ verlängert werden. Oftmals werden beim Klumpfuß auch weitere Korrekturen der Bänder und Knochen vorgenommen, falls hier eine Operation notwendig ist.
Die Prognose vieler Fußfehlstellungen ist auch ohne Therapie gut, da es vor allem bei Kindern bis zum Schulalter häufig zu einer Besserung der veränderten Fußform kommt. Für die Prognose spielt dann auch die Bewegung sowie ein geeignetes Schuhwerk eine Rolle. Stark ausgeprägte Fehlstellungen oder Formveränderungen, die sich erst beim Erwachsenen ausprägen, benötigen jedoch oft eine Therapie, gegebenenfalls auch mit Operation. In der Regel lässt sich mit den zur Verfügung stehenden Behandlungsmethoden eine Besserung der Beschwerden erreichen.
aktualisiert am 11.12.2020