Sorry für die späte Antwort, aber auch in CoViD Zeiten läuft unsere Praxis auf Vollbetrieb und ich komme dadurch oft erst mit Verzögerung zum Antworten.
Also los: Muschelgewebe besteht aus mindestens 4 Komponenten, nämlich Schleimhaut, Schwellkörper, Blutgefäßen und Muschelknochen, Bindegewebe mal nicht mitgerechnet. Die verschiedenen Behandlungsmethoden betreffen 1 oder mehrere dieser Komponenten, sind teils wenig, teils schwer invasiv und führen auch zu unterschiedlichen Ergebnissen. Der erfahrene Operateur weiß, dass es nicht DIE Behandlungsmethode gibt und sich die ausgewählte Methode an den anatomischen und (patho)physiologischen Verhältnissen zu orientieren hat. In der Tat ist meiner Ansicht nach die Indikationsstellung zu welcher Methode man greift, der eigentliche Knackpunkt. Viele der hier im Forum geschilderten Verläufe und Probleme lassen erkennen, dass bei dieser kleinen Op, doch Einiges schiefgehen kann, was an und für sich vermeidbar wäre. Es gibt beinfache Regeln zur Indikationsstellung:
1. Nicht jede enge Nase braucht eine Muschelbehandlung oder gar Nasenseptum-Op plus Muschelbehandlung
2. Grunderkrankungen, wie
Allergien, nasale Hyperreagibilität, Inhalationsnoxen u.ä. müssen ausgeschlossen werden.
3. Eine zu weite Nase ist in aller Regel schlimmer, als eine zu enge.
4. Weniger ist oft mehr bei der Muschelbehandlung (MB)
5. Das Vorliegen eines NNH-CTs ist vorteilhaft vor OP, da man die Dimensionen von Schwellkörper und Muschelknochen genau erkennen kann. Eine CT nur wegen einer MB sollte aber aus strahlenhygienischen Gründen nicht durchgeführt werden, liegt aber oft bereits vor.
6. Bei richtiger Indikation (großer Muschelknochen) ist die LP (Lateropostion=zur Seite Drücken der unteren Muschel) die schonendste, aber auch "unspektakulärste" Op.
7. Bei echter Muschelschwellkörperhyperplasie ist die korrekt durchgeführte Radiofrequenzmethode (RF-Ablation="kalte" Nadel) indiziert und kann bei sehr enger Nase mit der LP kombiniert werden.
8. sog. HF-OP-Techniken (HF="heiße" Nadel) sind ähnlich gut wirksam, haben aber etwas mehr Nebenwirkungen.
9. Aber, ein erfahrener Operateur erzeugt mit einer "heißen"Nadel u.U. weniger Schaden, als ein unerfahrener mit einer "kalten".
10. Merke: wenn 2 das Gleiche tun ist es noch lange nicht das Selbe!
11. Konchotomie (Teilentfernung des Schwellkörpers) oder gar Konchektomie (subtotale Entfernung der unteren Muschel) sind heute "obsolete", also verlassene Operationsmethoden, die aber bei richtiger Indikationsstellung - also z.
B. ein Tumor der unteren Muschel, schwerste Engstellung der Nasenhöhle - nicht immer zu schwerwiegenden Konsequenzen führen müssen und vielen Patienten schon geholfen haben.
12. Das Prinzip sollte beim Ersteingriff immer sein: "Weniger ist oft mehr", sonst droht schlimmstenfalls ein ENS ("Empty Nose Syndrom"), aber dazu habe ich mich schon an anderer Stelle schon geäußert.
Abschliessend hoffe ich damit einige Fragen beantwortet und weiter geholfen zu haben. Alles Gute Dr. Michael Schedler