Hallo Goldmarie,
ihre Situation ist tatsächlich relativ kompliziert. Wenn ich Sie richtig verstanden habe geht es Ihnen Schwerpunktmäßig um zwei Dinge.
Erstens: die laufende Nase. Prinzipiell ist durchaus an eine Reizung durch den operativen Eingriff zu denken, gegebenenfalls kommen aber auch Nebenwirkungen der Medikamente infrage. Insbesondere die Antikörper, die sie im Rahmen der
Chemotherapie bekommen haben, sind bekannt für Reizungen von Epithel-Gewebe. Hierzu zählen die Nasenschleimhäute genauso wie die Innenauskleidung der Tränenwege selbst. Als einfachste Gegenmaßnahme würde ich zunächst die regelmäßige Spülung mit Salzwasser (z.B. Emser Nasendusche) sowie die Anwendung von einem oberflächlich wirksamen Cortison-Nasenspray (z.B. Mometason, rezeptpflichtig!) über mindestens 3-4 Wochen empfehlen. Sollte sich hierunter keine Besserung einstellen wäre ein Therapieversuch mit Atrovent nasal möglich. Hiermit sollte das Nase laufen in den Griff zu bekommen sein.
Zweitens: die Tränenwegstenose selbst. Da diese a) nach der Chemotherapie und b) beidseits zeitgleich aufgetreten ist, wiederholt Spülungen, operative Eingriffe mit
Drainagen etc. erfolgt sind vermute ich letztlich eher den Sachverhalt, dass eben keine Lokale umschriebene Stenose an einer punktuellen Stelle vorliegt sondern dass vielmehr die ableitenden Tränenwege insgesamt – möglicherweise als Nebenwirkung der Chemotherapie, vgl. oben – gereizt und somit verengt sind. Hier einen durchschlagenden Erfolg mit einer operativen Therapie zu erzielen, die lediglich einen Teil der Tränenwege abdeckt, ist vermutlich nicht möglich. Diese Wertung stellt nebenbei bemerkt keine Kritik am bisherigen Vorgehen dar – hinterher ist man bekanntlich immer schlauer. In diese Beurteilung fließt auch die bislang nicht ideal erfolgreiche Therapiestrategie ein.
Was das Weitertränen unter liegendem „Schläuchlein“ betrifft: das ist gerade bei gereizten Schleimhäuten typisch. Der kleine Schlauch füllt den Tränenweg aus, es ist nebenan kein Platz mehr für den
Tränenfluss. In der Fachliteratur finden sich auch keinen zwingende Hinweise für die Verwendung der Sonden. Ich persönlich verzichte mittlerweile komplett auf diese und führe anstatt dessen in der ersten Heilungsphase wiederholte Spülungen durch. Auch die Anwendung von steroidhaltigen Augentropfen könnte ich mir in Ihrem Fall als Hilfreich vorstellen. Sollte das Entfernen der Sonde und steroidhaltige Augentropfen keinen Erfolg zeigen, wäre tatsächlich eine OP nach Lester-Jones mit einem länger liegenden Glasröhrchen zu diskutieren. Der Vorteil hier wäre, dass auch der augennahe Anteil der Tränenwege eröffnet wird. Die Überlegung dahinter ist folgende: durch die bisherigen Eingriffe sollte eine
Drainage vom Tränensack zur Nase rel. sicher gewährleistet sein. Wenn es nun gelingt, auch den Abfluss zwischen Augen und Tränensack herzustellen, sollte sich Ihre Situation deutlich verbessern.
Ich hoffe Ihre Frage soweit beantwortet zu haben?
Beste Grüße und alles Gute,
Ihr Dr. Kastl