Die Diphyllobothriasis wird durch den Befall des Menschen mit dem Fischbandwurm verursacht. Die Ansteckung erfolgt durch den Verzehr von rohem oder ungenügend erhitztem Fisch. In Folge eines aktuellen Ausbruchs dieser Infektion in Sao Paulo, Brasilien, wurde bereits über importierte Infektionen durch Reisende nach Europa berichtet. Bei Beschwerden nach einem Aufenthalt in Sao Paulo sollte daher an die Möglichkeit eines Fischbandwurmbefalls gedacht werden.
Es lassen sich zwei Diphyllobotrium-Arten unterscheiden.
Diphyllobotrium latum lebt als adulter Wurm beim Menschen, Hund, Katze, Bären und anderen fischfressenden Säugetieren. Dieser Fischbandwurm kann beim Menschen eine Länge von bis zu 20 m erreichen, womit er als längster Wurm überhaupt gilt. Die Gliederketten weisen dabei eine Breite von 10-25 mm auf. Mit dem Stuhl werden oftmals leere Proglottiden (einzelne Körperabschnitte des Bandwurms) abgegeben, die nicht selten eine Länge von bis zu 1 m aufweisen.
Im Gegensatz zu Diphyllobotrium latum ist Diphyllobotrium pacificum kleiner und befällt den Menschen, Seelöwen sowie Robben. Diphyllobotrium latum kommt an Küsten, Flüssen und Binnenseen Europas vor.
Zu den endemischen Gebieten zählen insbesondere die Ostsee, Schweiz und Russland. Auch Kanada, Alaska, verschiedene asiatische Länder, Papua-Neuguinea und Australien gelten als Endemiegebiete. An den Küsten von Peru und Chile ist Diphyllobotrium pacificum beheimatet.
Bei den befallenden Fischen kann es sich um zahlreiche Arten von Brack- oder Süsswasserfischen handeln, denn nur diese beiden Gruppen können in ausreichendem Maße in Kontakt mit entsprechenden Kleinkrebsen kommen, die durch bandwurmeihaltige Humanfäzes kontaminiert wurden. Betroffen sind dabei insbesondere Küstenabschnitte, in die Humanfäzes eingeleitet werden.
Der Lebenszyklus ist bei allen Diphyllobotrium-Arten ähnlich. Die im Darm befindlichen adulten Würmer scheiden unembryonierte Eier aus, die dann über den Stuhl ausgeschieden werden. Gelangen die Eier in Süss- oder Brackwasser, entwickelt sich in ihnen eine schwimmfähige Hakenlarve. Wird die Hakenlarve von Copepoden (Ruderfußkrebse) aufgenommen, entwickelt in ihnen aus der Oncosphaera die Procercoid-Larve.
Diese Kleinkrebse werden wiederum durch Friedfische (Fische, die keine anderen Fische jagen) gefressen, in deren Muskulatur sich aus dem Procercoid das Plerocercoid entwickelt. Der dann als Sparganum bezeichnete Larventyp häuft sich in Raubfischen an, wenn diese die Friedfische fressen.
Beim Verzehr von rohem Fischfleisch durch den Menschen kommt es dann zur Aufnahme der Plerocercoiden. Nach 3 bis 5 Wochen werden die Würmer geschlechtsreif und beginnen mit der Eiproduktion.
Das tägliche Wachstum des Wurmes im Darm beträgt 9 bis 15cm. In den meisten Fällen bleibt ein Befall mit Fischbandwurm ohne Symptomatik (asymptomatisch). Nur bei etwa 2% der Infizierten kommt es zu Diarrhoe (Durchfall) oder Obstipation (Verstopfung).
Komplikationen sind eine perniziöse Anämie (Erkrankung durch Vitamin B12 Mangel) infolge des Entzugs von Vitamin B12. Bei längerbestehendem unerkannten Befall treten neurologische Beschwerden mit Parästhesien (Missempfindungsstörungen), motorischen Störungen, Störungen des Vibrationsempfindens sowie einer Atrophie (Gewebschwund) des Nervus opticus auf.
Die Diagnose der Diphyllobothriasis erfolgt durch den makroskopischen Nachweis von Proglottiden im Stuhl. Die Fischbandwurmeier finden sich zudem mikrokopisch im Stuhl.
Das Mittel der Wahl in der Therapie ist Praziquantel (10 mg/kg Körpergewicht), das einmalig verabreicht wird. Alternativ steht Niclosamid zur Verfügung. Wichtig ist eine Kontrolluntersuchung des Stuhls nach 6 bis 8 Wochen. Als wichtigste Prophylaxemaßnahme gilt die Vermeidung des Verzehrs von rohem oder ungenügend gegartem Fisch. Als potentiell gefährdete Speisen gelten neben rohem oder roh marinierten Fisch, auch Sushis sowie Austern. Durch Einfrieren des Fischfleisches für mindestens 1 Woche bei -18°C lassen sich die im Fleisch enthaltenen Plerocercoiden abtöten.
Die Diphyllobothriasis ist nach dem Infektionsschutzgesetz nicht meldepflichtig.
Letzte Aktualisierung am 05.01.2021.