Extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT) wird häufig auch bei der Behandlung von Pseudarthrose, also schlecht verheilenden Knochenbrüchen, angewendet. Experimentelle Studien bestätigen den positiven Einfluss der ESWT auf die Knochenbildung. Je nach Studie verzeichnet man Heilungserfolge bei bis zu 75 Prozent der Patienten.
Bei Stoßwellen handelt es sich um akustische Wellen, wie sie bei Explosionen oder Blitzschlägen in Erscheinung treten. In der Natur können Stoßwellen zum Beispiel Fensterscheiben zum Zerbersten bringen. Die Stoßwellen, die in der Medizin zum Einsatz kommen, werden elektromagnetisch erzeugt. Die Wirkung ist umso stärker, je höher die Energiemenge und die Menge der abgegebenen Impulse ist. Anders als natürliche Stoßwellen können die elektromagnetisch erzeugten Wellen genauestens fokussiert und dosiert werden.
In den 1980er-Jahren wurde die Stoßwellenbehandlung zunächst erfolgreich angewendet, um Nieren- oder Gallensteine zu zertrümmern. Seit den 1990er-Jahren hat die ESWT auch in die Orthopädie und verwandte Medizinfelder Einzug gehalten und kommt unter anderem regelmäßig bei der Behandlung von Tennisarm, Fersensporn oder Kalkschulter, aber auch bei Pseudarthrose zum Einsatz. Bei den meisten Betroffenen mit einer Pseudarthrose kommt sie als Behandlungsmöglichkeit in Frage.
Die extrakorporale Stoßwellentherapie wird - abhängig vom Krankheitsbild - mit einer unterschiedlich starken Energie durchgeführt. Bei der Behandlung einer Pseudarthrose sind größere Kräfte nötig, sodass hier hochenergetische Stoßwellen zum Einsatz kommen.
Die Therapie wird ambulant durchgeführt und dauert nur wenige Minuten. Im Kopf des Stoßwellengerätes befindet sich Wasser. Wird der Gerätekopf auf den zu behandelnden Körperteil gedrückt, werden die Stoßwellen mithilfe des Wassers ins Körperinnere übertragen. Eine Behandlung kann zwischen fünf und fünfzehn Minuten dauern.
Durch die Stoßwellen werden die Selbstheilungskräfte des Körpers stimuliert. Die Durchblutung wird ebenso angeregt wie die Bildung körpereigener Substanzen (Botenstoffe), die förderlich für die Heilung sind. Treffen die Stoßwellen auf Knochengewebe, werden knochenbildende Hormone zum Wachstum angeregt. Im Therapieverlauf bilden sich neue Knochenzellen und die Ausheilung schlecht heilender Knochenbrüche wird gefördert.
Die Stoßwellenbehandlung wird bei den meisten Krankheitsbildern in mehreren Anwendungen durchgeführt. Anders ist es bei der Pseudarthrose: Hier wird mit hochenergetischen Wellen oft nur einmal behandelt. Dies ist aber von Fall zu Fall individuell unterschiedlich. Um den Knochen exakt zu treffen, wird der Gerätekopf mithilfe einer Röntgendurchleuchtung zielsicher positioniert.
Bei der Stoßwellentherapie handelt es sich um eine Therapie mit langanhaltender Wirkung. Das bedeutet, dass sich der Erfolg der Therapie nicht sofort bemerkbar macht, sondern sich der Zustand langsam bessert und man frühestens nach etwa drei Monaten beurteilen kann, ob die Behandlung mit den Stoßwellen erfolgreich war. Der Patient muss also Geduld mitbringen.
Eine ESWT erfordert keinen operativen Eingriff in den Körper und normalerweise auch keine den Körper belastende Vollnarkose. Die Therapie mit der Stoßwelle ist nahezu risikofrei und bringt weniger Nebenwirkungen mit sich als Injektionen, eine medikamentöse Behandlung oder gar eine Operation. Bei vielen Pseudarthrose-Patienten hat die Stoßwellentherapie eine gute Wirkung gezeigt. Sie kann für Patienten, die eine Operation scheuen, eine gute Alternative sein.
Obwohl die hochenergetische Stoßwellenbehandlung nebenwirkungsarm ist, bleiben bei der Behandlung Schmerzen nicht aus. Diese lassen sich gegebenenfalls mithilfe einer Narkose ausschalten, falls sie zu stark werden sollten. Nach der Therapie kann es zu Schwellungen, Hämatomen oder einer vorübergehenden Verstärkung der Schmerzen kommen. Auch wenn die Stoßwellentherapie in vielen Fällen helfen kann und zahlreiche Studien die Wirksamkeit bestätigen, werden die Kosten für die Therapie nur in seltenen Fällen beziehungsweise oft nur nach Antrag von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.
Da die Therapie als nebenwirkungsarm gilt, gibt es nur wenige Gründe, die gegen den Einsatz einer Stoßwellenbehandlung sprechen: Das Behandlungsgebiet darf nicht akut entzündet sein, wenn die Therapie angewandt wird. Auch wenn sich an der zu behandelnden Stelle große Nerven- oder Gefäßstränge befinden, wird von der Stoßwellentherapie abgeraten, ebenso, wenn die Behandlung im Bereich der Lunge stattfinden soll. Weitere Ausschlusskriterien sind eine Schwangerschaft, ein bösartiges Tumorleiden oder eine Blutgerinnungsstörung.
aktualisiert am 16.11.2023