Die Epiglottitis ist eine bakterielle Entzündung des Kehldeckels am Kehlkopf. Sie führt zu akuter Luftnot. Die Entzündung wird in der Regel durch das Bakterium Haemophilus influenzae verursacht. Die Epiglottitis lässt sich als eine der Formen in das Syndrom Krupp einordnen, mehrere Erkrankungen, die zu Entzündungen am Kehlkopf mit Atemnot führen. Die Epiglottitis ist eine sehr seltene, aber auch sehr gefährliche Erkrankung. Auch wenn die Kehldeckelentzündung prinzipiell Menschen aller Altersklassen betreffen kann, tritt sie zumeist im Kindesalter zwischen etwa zwei und sechs Jahren auf.
Typische Symptome sind rasch einsetzendes Fieber, erschwerte und angestrengte Atmung sowie Schmerzen beim Schlucken.
Der bei weitem häufigste Erreger der Epiglottitis ist die Bakterienart Haemophilus influenzae (Typ B). Wegen der Impfung gegen Haemophilus influenzae ist die Epiglottitis wesentlich seltener geworden als früher. Neben Haemophilus influenzae Typ B können auch andere Bakterien wie Staphylokokken, Streptokokken oder Pneumokokken Auslöser einer Epiglottitis sein.
Aufgrund der Impfung gegen Haemophilus influenzae (Typ B) ist die Erkrankung inzwischen sehr selten geworden. Nach Empfehlung der STIKO werden Säuglinge im Alter von 2, 4 und 11 Monaten gegen Haemophilus influenzae Typ b geimpft. Im Jahr 2014 lag die Durchimpfungsrate in Deutschland bei 94 % zum Zeitpunkt der Einschulung. Die Häufigkeit der Kehldeckelentzündung (Epiglottitis) wurde 2015 mit etwa 1 Erkrankten pro 100.000 Einwohner angegeben.
Um dem Säugling Impftermine und Impfungen zu ersparen, empfiehlt die STIKO, die Grundimmunisierung gegen Diphtherie, Tetanus, Kinderlähmung (Polio), Keuchhusten, Hepatitis B, Hib möglichst mit Kombinationsimpfstoffen durchzuführen.
Die Epiglottitis führt zu Atemnot. Die Erkrankung entwickelt sich rasch, oft innerhalb weniger Stunden. Die Patienten sind vorher meist gesund, manche haben vorher eine Erkältung oder Halsschmerzen. Es kommt rasch zu einer sehr schweren Erkrankung mit Atemnot. Beim Einatmen tritt ein pfeifendes Geräusch auf (inspiratorischer Stridor), nicht selten auch beim Ausatmen (exspiratorischer Stridor).
Erkrankte Kinder zeigen oft eine nach vorne gebeugte Körperhaltung und stützen sich mit den Armen ab, da dies die Atmung erleichtert.
Aufgrund der Entzündung schwillt die Schleimhaut an. Die starke Schwellung des Kehldeckels führt zu Atemnotzuständen. Zu der Luftnot tragen auch der abgesonderte Eiter und die Verkrustungen bei. Bei Kindern wirkt sich eine dortige Schwellung und Entzündung stärker aus als bei Erwachsenen, weil der Hohlraum schon von vornherein kleiner und enger ist.
Meist besteht hohes Fieber als Folge der bakteriellen Infektion. Durch die Entzündung des Kehldeckels ist das Schlucken schmerzhaft. Der Speichelfluss ist erhöht. Das Sprechen wird oft als kloßig beschrieben. Durch die Atemnot sind die Kinder ängstlich und unruhig. Durch den Sauerstoffmangel kann es zu einer violett-bläulichen Verfärbung der Lippen und der Haut (Zyanose) kommen. Der Puls ist oft erhöht. Husten ist jedoch kein typisches Zeichen einer Epiglottitis.
Die Epiglottitis ist eine sehr gefährliche Erkrankung, bei der es zu lebensbedrohlichen Zuständen kommen kann. Neben der Schwellung der Schleimhaut mit akuter Atemnot können manchmal weitere Komplikationen vorkommen. Eine mögliche Folge der Kehlkopfentzündung ist beispielsweise eine Lungenentzündung (Pneumonie).
Der erfahrene Arzt kann die Kehldeckelentzündung schon anhand der Symptome erkennen.
Bei Verdacht auf Epiglottitis handelt es sich um einen Notfall, der immer eine Krankenhauseinweisung erfordert.
Der Arzt kann die Atemwege und die Lunge abhören. Er kann auffällige Atemgeräusche wie Giemen oder schnarchähnliche Geräusche hören. Die Diagnose einer Epiglottitis (Kehlkopfentzündung) erfolgt durch eine Spiegelung des Kehlkopfes (Laryngoskopie), die nur in der Klinik durchgeführt werden kann, um bei einer Verschlechterung des Zustandes sofort Notfallmaßnahmen einleiten zu können. Der Kehldeckel erscheint dem Arzt fast kugelförmig aufgetrieben und stark gerötet. In der Anamnese, dem Gespräch mit den Kindern oder seinen Eltern, erfragt der Arzt die genauen Symptome und Vorerkrankungen.
Bei der Untersuchung des Rachens muss das ärztliche Personal sehr vorsichtig vorgehen, da es zu einem Erstickungsanfall kommen kann.
Mit einer Blutgasanalyse (BGA) wird der Sauerstoffgehalt des Blutes in den Arterien getestet. Hierfür ist eine Entnahme von Blut aus einer Arterie notwendig. Der Sauerstoffwert im Arterienblut ist erniedrigt, wenn der Patient zu wenig Luft bekommt. Des Weiteren wird Blut aus der Vene abgenommen und auf Entzündungsparameter und vorhandene Erreger untersucht. Unter Umständen erfolgen bildgebende Untersuchungen wie eine Röntgenaufnahme des Brustbereiches (Röntgen-Thorax) oder des Kehlkopfes selbst, an dem der geschwollene Kehldeckel zu erkennen ist.
Ähnliche Symptome finden sich bei weiteren Erkrankungen, die unter den Oberbegriff Krupp fallen. Dazu gehören:
Die Epiglottitis ist eine Notfallsituation, da die Atmung erheblich beeinträchtigt werden kann. Beim Verdacht sollte umgehend der Notarzt gerufen werden. Eine Therapie im Krankenhaus ist erforderlich. Viele Patienten müssen auf der Intensivstation behandelt werden.
Die wichtigste Maßnahme ist, die Atemwege frei zu halten und die Atmung zu ermöglichen.
Um die Atmung zu erleichtern, sollte der Patient aufrecht sitzen. Wenn sich die Atmung verschlechtert, wird dem Patienten Sauerstoff verabreicht. In vielen Fällen ist eine Intubation, d. h. das Einführen eines Schlauches, der die Atemwege offen hält, unumgänglich. Als letztes Mittel, wenn die Atmung nicht ausreicht und auch die Intubation nicht hilft, wird ein Luftröhrenschnitt (Tracheotomie) durchgeführt.
Zusätzlich müssen Antibiotika verabreicht werden, um die für die Entzündung verantwortlichen Bakterien zu bekämpfen. Antibiotika werden in der Regel über die Vene verabreicht. Manchmal können Antibiotika schon vor der Einlieferung ins Krankenhaus verabreicht werden. Akut kann ein Adrenalinspray eingesetzt werden, um die Atmung zu verbessern. Auch Kortison kann hilfreich sein, um die Schwellung des Gewebes zu reduzieren. Im Krankenhaus können weitere unterstützende Maßnahmen, wie die intravenöse Gabe von Flüssigkeit, durchgeführt werden.
Die Impfung ist sie wichtigste vorbeugende Maßnahmen und wird von der STIKO für alle Säuglinge und Kinder unter 5 Jahren empfohlen.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt statt des bisherigen 3+1-Impfschemas für gesunde Neugeborene das reduzierte 2+1-Impfschema. Das bedeutet, dass für die Grundimmunisierung nur zwei Impfungen im Abstand von 2 Monaten und danach eine Impfung im Abstand von mindestens 6 Monaten verabreicht werden sollen.
Frühgeborene vor der 37. Schwangerschaftswoche erhalten aufgrund des noch nicht vollständig entwickelten Immunsystems weiterhin das Impfschema 3+1 mit 4 Impfdosen im Alter von 2, 3, 4 und 11 Monaten. Eine einmalige Impfung ist für Kinder im Alter von 1 bis 4 Jahren ausreichend.
Bei Infektion mit Haemophilus influenzae Typ B wird eine vorbeugende Antibiotikabehandlung für alle Personen im gleichen Haushalt ab dem 1. Lebensmonat (außer Schwangere) empfohlen, wenn ein ungeimpftes Kind unter 4 Jahren oder eine Person mit relevanter Immundefizienz im Haushalt lebt.
Auch wenn in einer Gemeinschaftseinrichtung, in der Kinder mit unzureichendem Impfschutz betreut werden, mehrere Fälle auftreten, sollten alle Kinder und das Betreuungspersonal - unabhängig von ihrem Impfstatus - prophylaktisch behandelt werden.
Die Epiglottitis ist heute eine seltene, aber schwere und lebensbedrohliche Erkrankung. Die Betroffenen müssen im Krankenhaus behandelt werden. Durch die Atemnot können die betroffenen Kinder im schlimmsten Fall ersticken. Je früher die Behandlung einsetzt, desto besser ist die Prognose. Wenn die Atemwege verlegt sind, muss Erste Hilfe geleistet werden. Bei rechtzeitiger Behandlung und dank wirksamer Antibiotika ist die Erkrankung beherrschbar und die Prognose gut.
Pressemitteilung des Robert Koch-Instituts: 2+1 statt 3+1: eine Impfstoffdosis weniger bei der Grundimmunisierung von Säuglingen. Epidemiologisches Bulletin 26/2020, www.rki.de
aktualisiert am 26.11.2023