Das Lungenemphysem ist eine chronische Lungenerkrankung, bei der die Lungenbläschen irreversibel zerstört werden, was zu einer verminderten Sauerstoffaufnahme und erschwerter Atmung führt. Die Behandlung zielt darauf ab, das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen und die Lebensqualität zu verbessern, da eine Heilung nicht möglich ist.
Prof. Darwiche: Das Lungenemphysem ist charakterisiert durch eine irreversible Zerstörung der Lungenarchitektur. Beim Emphysem in der Lunge werden die kleinen Lungenbläschen, die für den Gasaustausch verantwortlich sind, zerstört und zu größeren Blasen umgebildet. Als Konsequenz verkleinert sich die Gasaustauschfläche, sodass Sauerstoff schlechter aufgenommen werden kann und es kommt zu einer Überblähung der Lunge, welche das Atmen erschwert.
Prof. Darwiche: 90% der Patienten mit Lungenemphysem sind Raucher oder haben früher geraucht. Das inhalative Zigarettenrauchen ist somit der wesentliche und zudem vermeidbare Risikofaktor für die Entstehung eines Lungenemphysems.
90% der Patienten mit Lungenemphysem sind Raucher oder haben früher geraucht.
Prof. Darwiche: Bei wenigen Patienten liegt eine angeborene Störung („Alpha-1-Antitrypsin-Mangel“) vor. Auch angeborenen Fehlbildungen oder extreme Frühgeburtlichkeit können Ursachen eines Lungenemphysems sein. Zudem können in der Umgebung narbenbildender Prozesse (z.B. nach Infektionen, Operationen oder einer Strahlentherapie) regionale Lungenemphyseme auftreten.
Prof. Darwiche: Der Alpha-1-Protease-Inhibitor-Mangel ist eine seltene Stoffwechselerkrankung, die bei 20-50 von 100.000 Menschen auftritt. Bei Patienten unter 50 Jahre ist der Alpha-1-Protease-Inhibitor-Mangel eine Hauptursache des Lungenemphysems.
Prof. Darwiche: Die COPD ist eine chronische Lungenerkrankung, die mit einer chronischen Entzündung der Atemwege einhergeht. Auch hier ist das inhalative Zigarettenrauchen der mit Abstand wesentliche Risikofaktor. Bei vielen Patienten mit einer COPD steht die Entwicklung eines Lungenemphysems im Vordergrund, bei anderen ist eher die Entzündungsreaktion für die Beschwerden verantwortlich. Warum manche COPD-Patienten eher zur Bildung eines Lungenemphysems neigen und bei anderen die chronische Atemwegsentzündung im Vordergrund steht, ist noch wenig verstanden.
Bei vielen Patienten mit einer COPD steht die Entwicklung eines Lungenemphysems im Vordergrund, bei anderen ist eher die Entzündungsreaktion für die Beschwerden verantwortlich.
Prof. Darwiche: Patienten mit einem Lungenemphysem leiden vor allem unter Luftnot, die mit fortschreitender Erkrankung zunächst unter Belastung, später auch in Ruhe auftritt und zu einer zunehmenden Belastungseinschränkung führt. Husten mit Auswurf, häufige Verschlechterungen („Exazerbationen“), sowie Muskelabbau mit körperlicher Schwäche sind weitere Symptome.
Prof. Darwiche: Die Zerstörung der Lungenarchitektur ist irreversibel. Medikamentös kann die Atemwegsverengung und die Lungenüberblähung beeinflusst werden. Wesentliche Ziele der Behandlung sind das Fortschreiten der Erkrankung z.B. durch Impfungen und Vermeidung inhalativer Schadstoffe und die Verbesserung der Lebensqualität durch Verminderung der Symptome. Letzteres kann u.a. durch Sauerstofftherapie, apparative Atmungsunterstützung, körperliches Training und ein stationäres oder ambulantes Rehabilitationsprogramm erreicht werden.
Die Zerstörung der Lungenarchitektur ist irreversibel.
Prof. Darwiche: Eine Lungenvolumenreduktion kann bei geeigneten Patienten nach Ausschöpfung konservativer Behandlungsmaßnahmen zu einer Verbesserung von Belastbarkeit und Lebensqualität, sowie zur Verminderung der Luftnot führen. (Anmerkung: da dies nicht nur operativ erfolgt, sollte es Lungenvolumenreduktion oder lungenvolumenreduzierender Eingriff genannt werden). Die Möglichkeit einer Lungenvolumenreduktion kann bei Patienten mit ausgeprägter Lungenüberblähung (gemessen am Residualvolumen >200%) geprüft werden. Diese Eingriffe werden an sogenannten Lungenemphysemzentren durchgeführt.
Prof. Darwiche: Ist die COPD und das Lungenemphysem weit fortgeschritten, alle konservativen Maßnahmen ausgeschöpft und es besteht keine adäquate Möglichkeit einer Lungenvolumenreduktion, dann sollte die Möglichkeit einer Lungentransplantation an einem Transplantationszentrum geprüft werden. Relevante Erkrankungen anderer Organsysteme oder eine kurz zurückliegende Krebserkrankung verhindern die Aufnahme auf die Warteliste.
Prof. Darwiche: Das Fortschreiten des Lungenemphysems kann durch Beendigung der Schadstoffexposition, insbesondere des inhalativen Zigarettenrauchens, deutlich gebremst werden. Auch Impfungen und die Vermeidung von Infektionen von Lunge und Atemwege sind wichtige Maßnahmen hierfür. Eine Heilung ist allerdings nicht möglich.
Das Fortschreiten des Lungenemphysems kann durch Beendigung der Schadstoffexposition, insbesondere des inhalativen Zigarettenrauchens, deutlich gebremst werden
Prof. Darwiche: Die Lebenserwartung ist bei fortgeschrittener Erkrankung um mehrere Jahre reduziert im Vergleich zum Bevölkerungsdurchschnitt. Falls das inhalative Zigarettenrauchen bei noch geringer Erkrankungsschwere beendet wird, kann noch eine normale Lebenserwartung erreicht werden.
Prof. Darwiche: Die Verfahren zur endoskopischen Lungenvolumenreduktion haben in den letzten Jahren einen Stellenwert in der Behandlung des Lungenemphysems bekommen. Führend ist hier die endoskopische Ventilimplantation, weitere Verfahren werden aktuell in Studien auf Ihre Effektivität hin untersucht.
Prof. Darwiche: Manche Kettenraucher bekommen kein oder nur ein gering ausgeprägtes Lungenemphysem, wobei manche Wenig-Raucher ein schweres Lungenemphysem entwickeln. Offensichtlich haben patientenindividuelle endogene Faktoren einen Einfluss auf die Entstehung und den Verlauf der Erkrankung. Ein wesentliches Ziel der Grundlagenforschung ist es, diese Faktoren zu erkennen und hierdurch möglichst frühzeitig einen Einfluss auf den Krankheitsverlauf zu nehmen. Zudem laufen aktuell klinische Behandlungsstudien an Emphysemzentren, welche weitere endoskopische Behandlungsmöglichkeiten zur Verbesserung der Symptomlast in fortgeschrittenen Stadien prüfen.
Danke für das Interview!
Letzte Aktualisierung am 26.08.2024.