Ein Ektropium ist ein nach außen abstehendes Augenlid. Meist ist das Unterlid betroffen. Die Lidkante liegt nicht mehr am Auge an. Eine Erschlaffung des Gewebes, Lähmungen, Verziehungen und Narben können die Ursache für ein Ektropium sein. In schweren Fällen können die Augenlider nicht mehr vollständig geschlossen werden (Lagophthalmus). Dadurch kann die Augenoberfläche austrocknen und Schaden nehmen. Bei einem Ektropium kann eine Operation (Lidplastik) angezeigt sein, um das Lid wieder in seine normale Position zu bringen.
Ein Ektropium kann verschiedene Ursachen haben.
Zu den häufigsten Ursachen gehören:
Am häufigsten führt eine Erschlaffung des Gewebes dazu, dass sich das Augenlid nach außen dreht. Das Unterlid folgt der Schwerkraft und das Gewebe ist nicht mehr straff genug, um es an der Augenoberfläche zu halten. Diese Erschlaffung des Gewebes ist häufig eine Alterserscheinung.
Eine andere mögliche Ursache für Ektropium ist eine Narbe, die um das Auge herum liegt oder am Unterid liegt und Zug auf das Augenlid ausübt. Narben können durch Verletzungen (Unfall, Gewalteinwirkung), Folge von Operationen oder Entzündungen entstehen.
Auch eine Gesichtslähmung (Lähmung des Gesichtsnervs, Fazialisparese) kann dazu führen, dass das Lid nicht mehr in der richtigen Position gehalten wird.
Eine ständige mechanische Belastung, wie z.B. sehr häufiges Reiben am Auge, kann ebenfalls zu einem Ektropium führen.
Bei einer Blepharoplastik (chirurgische Lidkorrektur) kann zu viel Haut entfernt werden, was zu einem Ektropium führen kann.
Auch einige Medikamente zur Behandlung von Augenerkrankungen (z.B. Dorzolamid oder Brimonidin) können ein Ektropium auslösen.
Bei einigen Patienten besteht das Ektropium von Geburt an.
Wenn, wie in den meisten Fällen, das Unterlid vom Ektropium betroffen ist, kippt die Lidkante nach unten und außen. Manche Ursachen wie z. B. Narben können aber auch zu einer Auswärtsrollung des Oberlids führen. Ein Ektropium wirkt sich einerseits auf die Funktion des Lids aus, andererseits auch auf das Aussehen (die Ästhetik).
Bei einem leichten Ektropium ergeben sich noch nicht unbedingt größere Probleme. So leben viele Menschen mit einem etwas auswärts geneigten Lid, ohne dass es zu schweren Folgen kommt. Sie können aber unter häufig gereizten Augen und chronischen oder wiederholten Bindehautentzündungen leiden. Das Auge ist gerötet, schmerzt und brennt oder juckt.
Wenn wegen eines Ektropiums der Lidschluss nicht richtig möglich ist, kann die Oberfläche des Auges mit Hornhaut und Bindehaut austrocknen. Die äußerste Hornhautschicht kann sich lösen, was sehr schmerzhaft ist. Schließlich kann eine Hornhautentzündung und im schlimmsten Fall ein hartnäckiges Hornhautgeschwür bilden. Diese Zustände können letztendlich zu Vernarbungen führen. Aufgrund der getrübten Hornhaut kann das Sehen auf dem Auge stark beeinträchtigt sein.
Ein Ektropium bedeutet in der Regel auch, dass das Tränenpünktchen nicht mehr am Auge anliegt. Es handelt sich um die Öffnung des Tränenkanälchens, über die die überschüssige Flüssigkeit von der Augenoberfläche aufgenommen wird. Die vermehrte Tränenflüssigkeit macht sich als überwässertes, tränendes Auge bemerkbar. Das kann wiederum sogar der Grund sein, dass das Ektropium verstärkt wird: Wenn der Patient sich ständig die ins Gesicht rinnenden Tränen abwischt, kann sich das Lid weiter verziehen (Wischektropium). Zusätzliche kann eine chronische Reizung der Haut durch die salzhaltige Tränenflüssigkeit verursacht werden.
Ein nach außen gekipptes (erschlafftes oder verzogenes) Lid kann durch Betrachten festgestellt werden. Dazu kommt ein kurzes Gespräch mit dem Patienten, die Anamnese. Auch ein Sehtest wird durchgeführt. Neben der Beurteilung mit bloßem Auge betrachtet der Arzt das Auge auch mit einer Spaltlampe, einem Untersuchungsgerät, das eine vergrößerte Betrachtung ermöglicht. Dabei achtet der Arzt vor allem darauf, wie weit das Lid vorgewölbt ist und ob das Tränenpünktchen anliegt oder nicht. Auch die Augen selbst werden untersucht, um eventuelle Schäden an der Hornhaut feststellen zu können. Außerdem erfolgt eine kurze Untersuchung des Augenhintergrundes und manchmal eine Augendruckmessung. Bei Verdacht auf eine Lähmung als Ursache wird auch ein Neurologe zur Untersuchung des Patienten hinzugezogen.
Das Ektropium ist als solches für den Augenarzt unschwer zu erkennen. Er kann lediglich noch beurteilen, ob es einen speziellen Grund für die Erkrankung gibt und ob die Hornhaut geschädigt ist.
Konservative (nicht-chirurgische) Behandlungsmethoden werden nur unterstützend eingesetzt. Eine Operation ist die beste Methode, um das Ektropium zu behandeln und damit zu beseitigen.
Ein Ektropium muss immer dann operiert werden, wenn der Lidschluss dauerhaft gestört und ohne operative Korrektur keine Besserung zu erwarten ist. Eine Behandlung der akuten Beschwerden z.B. mit Salben oder Tränenersatzmitteln ist möglich. Diese lindern die Beschwerden nur kurzfristig und behandeln nicht die Ursache des Problems.
Geht das Lid gar nicht zu und besteht die Gefahr von schweren Schäden der Hornhaut, dann wird ein Verband angelegt. Meist ist dies dann ein Uhrglasverband, der das Auge weitgehend luftdicht abschließt und auf diese Weise feucht hält. Der Patient kann trotzdem sehen, da es sich um eine Art Kappe über dem Auge handelt, die durchsichtig ist.
Aus ästhetischen Gründen oder um den ungünstigen Zustand am Auge zu bessern, kann eine Ektropium-Operation durchgeführt werden. Die Art der Operation hängt von den Ursachen des Ektropiums ab. Oft ist eine Kombination verschiedener Operationsverfahren notwendig.
Die OP kann in der Regel bei örtlicher Betäubung vorgenommen werden, eine Vollnarkose ist bei manchen Umständen möglich. Die Schnitte werden so gesetzt, dass sie unauffällig entlang von vorhandenen Hautfalten oder am Lidrand laufen. Oft wird überschüssige Haut oder Gewebe entfernt, auch Narbengewebe wird herausgeschnitten. Die Schnittränder werden schließlich miteinander vernäht, was häufig etwas versetzt geschieht, um ein straffes Lid zu bekommen. Letztendlich ist das genaue Vorgehen abhängig vom Befund und davon, wie das Ektropium entstanden ist.
Wenn das Unterlid durch Narbenbildung oder Hauterkrankungen verkürzt ist, kann eine Hauttransplantation erforderlich sein, bei der Gewebe von einer anderen Körperstelle, z. B. vom Oberlid oder hinter dem Ohr, entnommen wird.
Spezielle Operationsmaßnahmen wie Vernähen von Gewebe an die Knochenhaut der Augenhöhle oder Überführung von Ersatzgewebe zum Lid können in manchen Fällen erforderlich sein. Bei den Operationen müssen auch mögliche Komplikationen berücksichtigt werden. So können sich unter anderem Narben ergeben, die wieder zu einem erneuten verzogenen Lid (eventuell mit Ektropium oder, wenn das Lid in Richtung Auge gekippt ist, Entropium) führen können.
Nach der Operation sollte man einige Verhaltensregeln beachten:
Ein Ektropium wird sich ohne Behandlung in den meisten Fällen kaum wieder normalisieren. Es kann sogar im Laufe der Zeit noch stärker ausgeprägt werden, z. B. wenn dauernd Tränen aus dem Auge fließen, die weggewischt werden (Wischektropium). Es drohen fortschreitende Schäden am Auge, insbesondere an der Hornhaut, im Extremfall führt dies bis hin zu einer Erblindung. Mit einer Operation lässt sich ein auswärts geneigtes Augenlid oft gut beheben. Manche Fälle des Ektropiums geben sich von selbst wieder, wenn sie von bestimmten Gegebenheiten ausgelöst werden, die wieder wegfallen.
Komplikationen treten bei einer Ektropium-Operation selten auf. In selten Fällen kann es zu Infektionen kommen. Das größte Risiko ist, dass die Operation nicht gelingt und es nicht zu einer vollständigen Korrektur der Stellung der Augenlider kommt.
Bis alle Spuren der Operation verschwunden sind, können 14 Tage vergehen. Nach der Operation können Schwellungen und Rötungen auftreten. Auch Blutergüsse sind möglich. Diese brauchen Zeit, um abzuheilen.
Ja, das ist möglich. Auch wenn es nicht häufig vorkommt, kann die Haut altersbedingt weiter erschlaffen. Auch nach einer Opertion kann ein Ektropium erneut auftreten, aber ist meist nicht so ausgeprägt wie davor.
aktualisiert am 12.12.2023