Tumorpatienten haben aus unterschiedlichen Gründen ein erhöhtes Risiko, einen Eisenmangel oder eine Eisenmangelanämie zu entwickeln. Zudem kann eine Eisenmangelanämie für Tumorpatienten schwerwiegende Folgen haben. Hierzu zählen zum Beispiel eine häufigeres Auftreten von Rückfällen (Rezidiven) und eine höhere Sterblichkeit. Das frühzeitige Erkennen und Behandeln eines Eisenmangels und einer Eisenmangelanämie sind bei Tumorpatienten deshalb besonders wichtig.
Ein Grund für die Entwicklung eines Eisenmangels und einer Blutarmut ist die Krebserkrankung selbst (tumorinduzierte Anämie). Eine Tumorerkrankung ist mit chronischen Entzündungszuständen verbunden. Die menschliche Leber reagiert auf die Entzündungen mit der Ausschüttung von Hepcidin. Dieses Eiweiß spielt eine wichtige Rolle im Eisenstoffwechsel. Es vermindert die Eisenaufnahme im Darm und es bremst die Eisenfreisetzung aus dem sogenannten retikuloendothelialen System (RES, einem Teil des Immunsystems). Diese Art des Eisenmangels wird als funktioneller Eisenmangel bezeichnet. Ein weiterer Grund dafür, dass zu wenig Eisen im Körper ist, ist die zunehmende Entleerung der Eisenspeicher im Körper. Dies kann Folge einer Eisenaufnahmestörung, einer unausgewogenen Ernährung oder auch eines dauerhaften Blutverlustes durch den Tumor sein. Strahlenbehandlung und Chemotherapie können außerdem zu einem Eisenmangel und einer Anämie bei Krebspatienten beitragen. Eine Behandlung mit Medikamenten, die die Bildung roter Blutkörperchen anregen (Erythropoese-stimulierenden Agenzien, ESA) führt zu einem erhöhten Eisenbedarf. Auch dadurch kann ein relativer Mangel entstehen.
Neben den möglichen Symptomen einer Anämie (Blutarmut) wie Müdigkeit, Erschöpfung, Kopfschmerzen, Schwindel, Schwächung des Immunsystems, Konzentrationsschwächen und allgemeinem Leistungsabfall kann eine Eisenmangelanämie für Tumorpatienten besondere Risiken mit sich bringen. Dazu zählen:
Bei Tumorpatienten sollten immer mehrere Werte kontrolliert werden, um einen Eisenmangel oder eine beginnende Anämie frühzeitig zu erkennen und behandeln zu können. Bei gesunden Menschen gibt der Ferritin-Wert eine gute Auskunft über die Füllung der Eisenspeicher. Bei Tumorpatienten kann dieser Wert über einen Eisenmangel hinwegtäuschen, da das Ferritin ohnehin bei Entzündungsvorgängen im Körper (also auch bei Krebserkrankungen) erhöht ist. Als sehr verlässlicher Blutwert wird die Transferrin-Sättigung (TSAT) angesehen. Eine Sättigung von kleiner als 20 Prozent deutet auf einen Eisenmangel hin.
Ein festgestellter Eisenmangel oder eine Eisenmangelanämie sollte aufgrund der zu befürchtenden schwerwiegenden Konsequenzen für die Therapie und die Lebenserwartung des Krebspatienten unbedingt und frühzeitig behandelt werden. Wenn Eisenpräparate in Tablettenform oder als Säfte nicht gegeben werden können oder nicht die gewünschte Wirkung erzielen, wird dazu geraten, Eisen über die Vene (intravenös) zu verabreichen. Normalerweise geschieht dies über Infusionen. Die neuen Generationen von intravenösen Eisenpräparaten sind deutlich weniger mit dem Risiko für Nebenwirkungen wie allergische Reaktionen behaftet als früher. Auch die Kombination von intravenösen Eisengaben mit ESA (Erythropoese-stimulierenden Agenzien) ist eine Behandlungsoption. Bluttransfusionen werden als letzte Möglichkeit gewählt, um deren Komplikationen und unerwünschte Nebenwirkungen (beispielsweise Infektionsgefahr, Unverträglichkeiten oder allergische Reaktionen) möglichst zu umgehen.
Arbeitsgemeinschaft Supportive Maßnahmen in der Onkologie (AGSMO) der Deutschen Krebsgesellschaft e. V., Hartmut Link – Anämie bei Krebs (Teil II) - Behandlung der Anämie von Tumorpatienten: https://www.onkosupport.de/asors/content/e4126/e1743/e2756/e2757/e2790/ifo0905_57.pdf (online, letzter Abruf: 05.07.2022)
esanum, Dr. rer. nat. Marcus Mau – Eisenmangel bei Tumorerkrankungen behandeln: https://www.esanum.de/conferences/34-deutscher-krebskongress-2020/feeds/today/posts/eisenmangel-bei-tumorpatientinnen-behandeln (online, letzter Abruf: 15.11.2022)
Arzneimitteltherapie, Reimund Freye – Eisenmangelanämie Stellenwert der intravenösen Eisen-Gabe: https://www.arzneimitteltherapie.de/heftarchiv/2014/01/stellenwert-der-intravenosen-eisen-gabe.html (online, letzter Abruf: 15.11.2022)
aktualisiert am 15.11.2022