Bei Verdacht auf einen Eisenmangel oder eine Eisenmangelanämie werden verschiedene Parameter im Blut bestimmt. Neben den Werten für Ferritin und Transferrin (Speichereisen und Transporteisen), für den roten Blutfarbstoff (Hämoglobin) und die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) ist die Retikulozytenzahl aussagekräftig. Ist die Anzahl dieser Zellen im Blut erniedrigt, liefert das einen Hinweis auf eine Eisenmangelanämie.
Retikulozyten sind die letzte Vorstufe der roten Blutkörperchen (Erythrozyten). Sie gelten als noch nicht voll ausgereifte Erythrozyten. Retikulozyten werden im Knochenmark gebildet, werden dann in die Blutbahn ausgeschüttet und reifen dort innerhalb eines Tages zu Ende.
Die Anzahl der Retikulozyten sagt etwas über die Blutbildungsaktivität im Knochenmark aus. Bei bestimmten Erkrankungen verändert sich der Wert der Retikulozyten, so beispielsweise bei einer Anämie, bei Infektionen, aber auch beim Aufenthalt in größerer Höhe durch den dort herrschenden Sauerstoffmangel.
Es gibt zwei Werte, die gemessen werden:
Bei einem gesunden Mensch beträgt der relative Anteil von Retikulozyten im Blut ungefähr 5 bis 15 pro 1000 Erythrozyten. Das sind 0,5 bis 1,5 Prozent der roten Blutkörperchen. Umgerechnet in die absolute Anzahl liegt der Wert zwischen 30.000 bis 80.000 Zellen pro Mikroliter (µl) Blut.
Die Betrachtung der absoluten Anzahl an Retikulozyten ist aussagekräftiger als ihr relativer Anteil im Blut, weil sie unabhängig von der Zahl der vorhandenen Erythrozyten ist. So kann bei zu wenig Retikulozyten der relative Anteil im Blut noch im Normbereich liegen, weil gleichzeitig auch zu wenig Erythrozyten im Blut vorhanden sind. Die absolute Retikulozytenzahl zeigt einen Mangel zu diesem Zeitpunkt schon an.
Eine zu geringe Zahl an unreifen roten Blutkörperchen kann ein Hinweis auf bestimmte Formen von Anämie (zum Beispiel Eisenmangel-, Vitamin-B12- oder Folsäuremangelanämie) sein. Als Folge einer Krebsbehandlung (Chemo- oder Strahlentherapie) können die Werte ebenfalls reduziert sein, da sie die Entwicklung roter Blutkörperchen beeinträchtigt. Wenn das zur Blutbildung benötigte Hormon Erythropoetin (EPO) nicht ausreichend vorhanden ist, sind erniedrigte Werte auch möglich.
Eine gesteigerte Zahl von Retikulozyten weist auf eine vermehrte Blutbildung hin. Auslöser kann eine vorangegangene größere Blutung oder die Regeneration des Knochenmarkes nach einer Erkrankung sein. In den Bergen und in größerer Höhe setzt dieser Effekt aufgrund des relativen Sauerstoffmangels ebenfalls ein. Außerdem zeigt sich eine erhöhte Retikulozytenzahl während der Behandlung einer Anämie mit Eisenpräparaten, Vitamin B12 oder Folsäure. Hier dient der Wert auch zur Verlaufskontrolle.
Es gibt verschiedene Fragestellungen, bei denen die Anzahl der Retikulozyten im Blut ermittelt wird. Hierzu zählen:
Oft ist die Retikulozytenzahl nur ein Wert, der im Rahmen der Diagnostik ermittelt wird. Normalerweise werden verschiedene Parameter benötigt, um eine eindeutige Diagnose stellen zu können. Bei einer Eisenmangelanämie sind neben der Retikulozytenzahl auch die Werte für Hämoglobin und Erythrozyten im Blut reduziert. Gleichermaßen sind die Eisenwerte (Transferrin, Ferritin) vermindert.
Universitätsklinikum Leipzig – Den Ursachen der Blutarmut auf der Spur: https://www.uniklinikum-leipzig.de/Seiten/blutwerte-blutarmut.aspx (online, letzter Abruf: 08.07.2022)
AWMF online, Wolfgang Behnisch; Martina Muckenthaler; Andreas Kulozik – Eisenmangelanämie: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/025-021l_S1_Eisenmangelanaemie_2021-11.pdf (online, letzter Abruf: 08.07.2022)
Kinderblutkrankheiten.de, Dr. med. Joachim Kunz – Diagnostik: wie wird die Eisenmangelanämie festgestellt?: https://www.kinderblutkrankheiten.de/erkrankungen/rote_blutzellen/anaemien_blutarmut/pohblutkrankheiteneisenmangelanaemie20111015/diagnostik/ (online, letzter Abruf: 08.07.2022)
aktualisiert am 08.07.2022