Polyzystische Ovarien (kurz: PCO-Syndrom) oder auch Polyzystisches Ovarialsyndrom (PCOS) ist ein häufig diagnostiziertes Krankheitsbild in Frauenarztpraxen. Im deutschen Sprachraum ist gelegentlich auch noch die ältere Bezeichnung "Stein-Leventhal-Syndrom" in Gebrauch. Man schätzt, dass vier bis zwölf Prozent der geschlechtsreifen Frauen unter dem PCO-Syndrom leiden. Das Syndrom manifestiert sich vor allem zwischen dem 20. und 30. Lebensalter. Es handelt sich dabei um eine Hormonstörung, die eine Unfruchtbarkeit der Frau auslösen kann. Häufig hängt sie mit einer Insulinresistenz zusammen. Sie zeichnet sich durch ein gestörtes Hormongleichgewicht aus.
Das Polyzystische Ovarialsyndrom zeigt sich als ein Symptomkomplex aus
Neben diesen typischen Symptomen kann es auch zum Ausfall der Kopfbehaarung, Hautureinheiten, Fruchtbarkeitsstörung und psychischen Problemen kommen.
Grund dafür ist eine vielschichtige Funktionsstörung der Eierstöcke (Ovarien). Als wahrscheinliche Ursache betrachtet man die Störung des hormonellen Regelkreises zwischen Hypothalamus, Hypophyse und Eierstöcke. Wo die Störung lokalisiert ist, konnte bis heute nicht geklärt werden. Die Störung dieses Regelkreises scheint zu einem hormonellen Ungleichgewicht mit einer Überproduktion des eisprungauslösenden Hormons LH (luteinisierendes Hormon) zu führen. Das Hormonungleichgewicht kann sich im Krankheitsbild in Form einer erhöhten "Virilisierung", also einer Vermännlichung zeigen. Anzeichen dafür sind zum Beispiel eine vermehrte Körperbehaarung auf der Brust, an den Oberschenkeln oder auf der Oberlippe. Häufig treten auch Zyklusstörungen auf: Die Regel bleibt aus oder kommt unregelmäßig und in größeren Abständen.
Das PCO-Syndrom selbst ist eine Krankheit mit einem geringen gesundheitlichen Risiko, dennoch können die daraus resultierenden Probleme für die betroffene Frau Folgen haben. Vor allem Frauen mit Kinderwunsch leiden unter der massiven Zystenbildung, die eine Befruchtung auf natürlichem Weg praktisch unmöglich macht. Resultat des unerfüllten Kinderwunsches und der Vermännlichung des Körpers sind nicht selten Depressionen und sozialer Rückzug.
Das Polyzystische Ovarialsyndrom hat seinen Namen erhalten, weil sich in den Eierstöcken (Ovarien) sehr viele (poly) Zysten bilden - sogenannte Eierstockzysten. Dies passiert, indem sehr viele wassergefüllte Eibläschen (Follikel) heranwachsen. Im Ultraschall sind diese Zysten in Form von vielen schwarzen Blasen gut sichtbar. Der Eisprung bleibt aus und die Zysten, die eigentlich unvollständig gereifte Follikel sind, bleiben rund um den Eierstock bestehen.
Einseitige oder beidseitige Unterleibschmerzen treten häufig als Folge der Zysten auf. Durch die massive Zystenansammlung kann der Eierstock auf das Doppelte seiner normalen Größe anwachsen. Wenn Zysten auf die umliegenden Organe drücken, kann dies Schmerzen im Bereich der Blase, des Darms oder beim Geschlechtsverkehr auslösen.
Die genaue Entstehung von polyzystischen Ovarialsyndroms ist noch unbekannt. Es gibt einige Theorien und wahrscheinliche Zusammenhänge. Dennoch konnte eine einzige und klare Ursache nicht festgestellt werden. Fest steht, dass es durch die Erkrankung zu einem hormonellen Ungleichgewicht kommt. Der Regelkreis zwischen Hypothalamus, Hypophyse und Eierstöcken scheint gestört zu sein. Das führt zu einer Überproduktion des Hormons LH (luteinisierendes Hormon). Die Überproduktion von LH verursacht, dass Eisprung und die Monatsblutung ausbleiben.
Andere Faktoren scheinen ebenso im Zusammenhang mit der Erkrankung zu stehen. Familiäre Häufungen deuten darauf hin, dass eine genetische Veranlagung vorliegen könnte. Bei der Entstehung des PCO-Syndroms scheint auch das Hormon Insulin eine Rolle zu spielen. Bei einem erhöhten Blutzuckerspiegel bildet der Körper Insulin. Beim PCO-Syndrom besteht häufig eine Insulinresistenz. Zellen reagieren unempfindlich auf Insulin und der Blutzuckerspiegel ist erhöht. Die Folge ist, dass der Körper noch mehr Insulin produziert. Durch diesen Kreislauf werden auch Übergewicht und Diabetes begünstigt. Die Entwicklung einer diabetischen Stoffwechsellage verstärkt die Symptome des PCO-Syndroms. Wodurch die Insulinresistenz hervorgerufen wird, ist noch nicht ausreichend erforscht. Ein dauerhaft erhöhter Insulinspiegel bringt den Hormonhaushalt durcheinander. Männliche Hormone werden produziert und es kommt zu der beschriebenen Vermännlichung des weiblichen Körpers.
Bis zu siebzig Prozent der Frauen, die am PCO-Syndrom erkranken, sind übergewichtig. Die These, dass das PCO-Syndrom sich aufgrund von Übergewicht entwickelt, ist aber nicht haltbar, da auch schlanke Frauen davon betroffen sein können.
Fünfzig bis siebzig Prozent der Frauen mit PCO sind übergewichtig und leiden an einer Stoffwechselerkrankung wie Diabetes mellitus. Studien haben gezeigt, dass wenn das Übergewicht reduziert wird und ein gesunder Lebensstil mit körperlicher Bewegung gepflegt wird, sich sowohl der Stoffwechsel als auch der Zyklus normalisieren. In einigen Fällen können sich dadurch auch die Beschwerden der polyzystischen Ovarien verbessern.
Meistens sind Hormonpräparate notwendig, um die Beschwerden des PCO-Syndroms zu lindern. Eine gute Therapiemöglichkeit, um dem männlichen Hormonüberschuss entgegenzuwirken, ist die Einnahme einer Antibabypille. Auch mögliche Hautprobleme und verstärkter Haarwuchs gehen damit zurück. Freilich kommt diese Therapie nur für Frauen in Frage, die nicht schwanger werden wollen.
Bei Polyzystischen Ovarien stehen gleich zwei Tatsachen einer natürlichen Befruchtung entgegen: Bei Frauen mit dem PCO-Syndrom findet häufig kein Eisprung statt. Und für den Fall, dass ein Eisprung stattfindet, stehen die zahlreichen Zysten dem befruchteten Ei im Weg, sich in der Gebärmutter einzunisten. Grundsätzlich jedoch ist der Eierstock funktionsfähig und eine natürliche Schwangerschaft ist auch mit polyzystischen Ovarien möglich.
Hormone können helfen, die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft zu erhöhen. Sie können dafür sorgen, dass sich Zysten zurückbilden. Eine follikelstimulierende Therapie erfolgt meist mit dem Wirkstoff Clomifen. In achtzig Prozent der Fälle kann damit ein Eisprung künstlich ausgelöst werden. Eine derartige Hormontherapie birgt das Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft.
Da das PCO-Syndrom häufig mit Fehlfunktionen der Schilddrüse einhergeht, muss sichergestellt werden, dass keine Schilddrüsenunterfunktion vorliegt. Auch diese kann einem unerfüllten Kinderwunsch im Weg stehen.
Kommt es trotz der Hormonbehandlung nicht zu einer Schwangerschaft, kann eine Fertiloskopie Patientinnen mit Kinderwunsch helfen. Die Fertiloskopie ist eine Variante der Laparoskopie (Bauchspiegelung). Am Ende der Scheide wird ein winziger Schnitt gesetzt, durch den die Kamera in den Bauchraum eingebracht wird. Um operieren zu können, wird der Bauch bei einer Laparoskopie mit Gas aufgeblasen. Bei einer Fertiloskopie genügt eine geringe Menge Flüssigkeit. In die Eierstöcke werden kleine Stiche gesetzt (Ovarian Drilling oder Stichelung) und damit die Zahl der Zysten reduziert. Die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft auf natürlichem Wege und ohne Hormonbehandlung erhöht sich durch die Behandlung und liegt nach danach zwischen 60 und 90 Prozent. Der Eingriff wird unter Vollnarkose vorgenommen und die Patientin kann meist am selben Tag noch nach Hause gehen.
Frauen mit polyzystischen Ovarialsyndrom sollten während ihrer Schwangerschaft engmaschig kontrolliert werden.
Das PCO-Syndrom ist eine chronische Krankheit, die nicht heilbar ist. Nicht immer muss ein polyzystisches Ovar mit Beschwerden einhergehen. Dann muss auch keine Therapie erfolgen. Mit leichten Beschwerden wie einem unregelmäßigen Zyklus können viele Frauen gut leben. Allerdings sollte mindestens einmal im Jahr eine Blutung stattfinden, damit der Körper die Gebärmutterschleimhaut abstoßen kann. Ist dies nicht der Fall, erhöht sich das Krebsrisiko. Findet die Blutung nicht von selbst statt, sollte sie mit Hormonen ausgelöst werden.
Im Falle von Übergewicht kann eine Umstellung der Lebensgewohnheiten helfen, das Gewicht zu reduzieren und damit auch Folgeerscheinungen wie Insulinresistenz oder Bluthochdruck zu vermeiden.
Manchmal wird das polyzystische Ovarialsyndrom auch durch eine natürliche hormonelle Veränderung, zum Beispiel nach einer Schwangerschaft oder in den Wechseljahren besser. Mit Hormonen wie der Antibabypille lassen sich viele Beschwerden ebenfalls gezielt und weitgehend nebenwirkungsfrei reduzieren.
aktualisiert am 10.09.2020