Bei der Ehrlichiose handelt es um eine durch Zecken-übertragene Infektion. Unterschieden werden dabei die humane monozytäre Ehrlichiose (HME) und humane granulozytäre Ehrlichiose (HGE). Bei diesen beiden bakteriellen Erkrankungen handelt es sich um unterschiedliche Infektionen. Verursacht werden sie durch ein gramnegatives, obligat intrazelluläres Bakterium. Nachgewiesen wurden diese Infektionen bisher in Nordamerika, Europa, Japan und Malaysia.
Der Erreger der HME, erstmals nachgewiesen in Fort Chaffee im amerikanischen Bundesstaat Arkansas, konnte 1991 isoliert werden und wird seither als Ehrlichia (E.) chaffensis bezeichnet. Typischerweise finden sich Einschlusskörperchen in zirkulierenden mononukleären Zellen. Die Infektion wird durch Zecken der Amblyomma- und Dermacentor-Spezies auf den Menschen übertragen.
Seroepidemiologische Untersuchungen fanden im südlichen Teil der USA eine Inzidenz (järhliche Zahl der Neuerkrankungen) von 3 bis 5 pro 100.000 Einwohnern. Bisher wurden etwa mehrere klinische Erkrankungen der amerikanischen Seuchenkontrollbehörde gemeldet. In endemischen Gebieten sind bis zu 30 Prozent der Zecken mit E. chaffensis infiziert.
Aus Europa gibt es bisher nur einige wenige Fallberichte über HME. Bisher konnte der Vektor (Tier, dass den Krankheitserreger übertragt), der HME in Europa überträgt, noch nicht sicher identifiziert werden. Die HME hat eine Inkubationszeit (Zeit zwischen Infektion und Ausbruch der Krankheit) von 7 bis 10 Tagen. Die Erkrankung beginnt mit unspezifischen grippalen Symptomatik, Fieber, Abgeschlagenheit, abdominelle Schmerzen, Hautausschlag, Übelkeit, Diarrhoe (Durchfall) und Myalgien (Muskelschmerzen).
Als Komplikationen können bei HME ein akutes respiratorischen Distress-Syndrom (Atemnotsyndrom), Nierenversagen, eine Hepatopathie (Erkrankung der Leber), Konvulsionen (Schüttelkrämpfe) und zerebrale Läsionen auftreten. Die HGE wurde erstmals 1994 in den USA beschrieben.
Der Erreger ist derzeit noch nicht entgültig charakterisiert, jedoch scheint er mit E. equi und E. phagocytophilia verwandt zu sein. Diese antigenetische Verwandtschaft ermöglicht derzeit diagnostische Untersuchungen. In endemischen Gebieten beträgt die Inzidenz (Zahl der Neuerkrankungen) etwa 3/100.000 Einwohner.
Die HGE kommt auch in mehreren europäischen Ländern vor, wie seroepidemiologische Untersuchungen belegen. Als Vektor (Tier, der die Krankheit überträgt) wird in Europa Ixodes ricinus (gemeiner Holzbock) angenommen, durch den auch Borrelien (Lyme-Borelliose) und das Frühsommer-Meningoenzephalitis-Virus (FSME) übertragen werden. Untersuchungen aus Bayern ergaben, dass jede 30. Zecke mit HGE infiziert ist.
Die Inkubationszeit (Zeit zwischen Infektion und Ausbruch der Krankheit) der HGE beträgt 10 bis 30 Tage. Der Erkrankung kann subklinisch bis fulminant verlaufen. Sie beginnt mit einer abrupt einsetzenden grippalen Symptomatik, Abgeschlagenheit, Myalgien (Muskelschmerzen), Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Husten, Verwirrtheit und Exanthem (Hautausschlag). In den Lungen lassen sich röngtenologisch Infiltrate nachweisen. Ein letaler (tödlicher) Verlauf resultiert in 2 bis 5 Prozent der Infektionen.
Unklar ist derzeit, ob es chronische Verlaufsformen gibt.
Für die Therapie von Ehrlichiosen wird derzeit Doxyzyklin Tage (2x100 mg/Tag) als Mittel der Wahl über 14 bis 21 Tage empfohlen. Als Alternativen sind Tetrazyklin oder Rifampicin aufgeführt.
Der Erregernachweis beider Ehrlichiosen wird derzeit nur von wenigen spezialisierten Labors durchgeführt. Hierfür stehen Zellkulturverfahren sowie Nukleinamplifikationsmethoden zur Verfügung. Für die Diagnostik stehen zudem serologische Nachweisverfahren zur Verfügung.
Eine Meldepflicht besteht für Ehrlichiosen nach dem Infektionsschutzgesetz nicht.
Für den Hausarzt ist es wichtig, dass bei einer fieberhaften Erkrankungen nach einem Zeckenstich in einem Zeitraum von bis zu 4 Wochen nicht nur an eine Borreliose und Frühsommer-Meningoenzephalitis gedacht wird, sondern differenzialdiagnostisch auch eine Ehrlichiose erwogen wird.
Letzte Aktualisierung am 15.03.2021.