Als Durchbruchschmerzen werden starke Schmerzspitzen bezeichnet, die im Rahmen eines chronischen (langandauernden) Schmerzgeschehens auftreten. Meist ist das im Rahmen von Tumorschmerzen bei einer Krebserkrankung der Fall. Bei Schmerzen in Zusammenhang mit Gelenkverschleiß (Arthrose) oder Rückenschmerzen sind Durchbruchschmerzen ebenfalls möglich. Dabei ist der chronische Schmerz durch eine dauerhafte Anwendung von Medikamenten gut eingestellt. Für die auftretenden Schmerzspitzen reicht die Dosierung der Mittel in der Basistherapie allerdings nicht aus. Sie „durchbrechen“ die Schwelle, für die eine gute Einstellung der Medikamente besteht.
Durchbruchschmerzen werden manchmal durch bestimmte Vorgänge wie Husten oder körperliche Aktivität ausgelöst. Oft entstehen sie aber auch spontan, ohne erkennbaren Auslöser. Die Schmerzattacken können ein- oder mehrmals täglich auftreten und von wenigen Minuten bis zu einer Stunde andauern. Die Schmerzintensität wird häufig zwischen 7 und 10 angegeben, wobei 10 für den am schlimmsten vorstellbaren Schmerz steht.
Das Vorhandensein von Durchbruchschmerzen bedeutet eine große Belastung für die Betroffenen. Die Lebensqualität wird gemindert, Angst vor dem Auftreten der Schmerzattacken kann zu sozialem Rückzug führen. Depressive Verstimmungen und Schlafstörungen sind häufige Begleiterscheinungen. Für die Betroffenen ist es wichtig, ein Bedarfsmedikament für die akute Situation zu haben. Zu den erforderlichen Eigenschaften gehört, dass die Wirkung schnell einsetzt und über die Dauer der Schmerzspitze hinweg anhält.
Durchbruchschmerzen sind Schmerzspitzen, die bei Menschen vorkommen, die an medikamentös gut eingestellten chronischen Schmerzen leiden. Unterschieden werden Durchbruchschmerzen von:
In beiden genannten Fällen geht es darum, die Basismedikamente anzupassen oder umzustellen.
Durchbruchschmerzen haben in der Regel dieselbe Ursache wie die Schmerzen, die dauerhaft auftreten. Vor allem bei Tumoren kann es zu Durchbruchschmerzen kommen. Sie kommen jedoch auch bei anderen Erkrankungen wie Arthrose, schmerzhaften Rückenschmerzen, Fibromyalgie oder Multipler Sklerose vor. Warum die Durchbruchschmerzen im jeweiligen Fall auftreten, ist unterschiedlich.
Sogenannte idiopathische Schmerzen treten ohne erkennbare Ursache auf. Das heißt, es gibt keine bestimmte Bewegung oder Tätigkeit, die die Schmerzen verursacht, und keine Krankheitsverschlechterung, die diese erklären könnte. Auch besteht kein Zusammenhang mit dem Zeitpunkt der Einnahme der Basismedikamente.
Häufig werden Durchbruchschmerzen durch bestimmte Reize verursacht. Das kann ein Niesen oder Husten sein, Essen oder Trinken, Bewegung, Wasserlassen oder das Pressen beim Stuhlgang. Pflegerische oder therapeutische Maßnahmen wie ein Verbandswechsel oder eine Veränderung der Lage im Bett sind ebenfalls mögliche Auslöser.
Durchbruchschmerzen können auch ein Hinweis auf eine Verschlechterung der Gesamtsituation und ein fortgeschrittenes Stadium der Krebserkrankung sein. Ein Tumor kann zum Beispiel umliegendes Gewebe verdrängen und einen Druck auf Nerven ausüben oder das Gewebe angreifen.
Wie viele der Patienten, die an Tumorschmerzen leiden, auch Durchbruchschmerzen regelmäßig erfahren, ist noch nicht gut erforscht. Es wird davon ausgegangen, dass im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung, bei bestimmten Krebsarten und bei Vorhandensein von Tochtergeschwülsten (Metastasen) nahezu 75 Prozent der Betroffenen Durchbruchschmerzen erleben. Die Intensität der Schmerzen liegt meist zwischen 7 und 10 auf einer Skala von 0 bis 10. Häufigkeit und Dauer der Schmerzspitzen sind individuell unterschiedlich.
Wer im Rahmen einer chronischen Schmerzerkrankung (wie Krebserkrankung oder Arthrose) plötzlich einsetzende, starke, kaum aushaltbare Schmerzspitzen erlebt, sollte zeitnah mit seinem behandelnden Arzt darüber sprechen. Durch eine sorgfältige Diagnostik kann geklärt werden, ob es sich um Durchbruchschmerzen oder eine andere Art der Schmerzverschlimmerung handelt. Darüber hinaus können Schmerzen auch durch eine neu aufgetretene Erkrankung entstehen.
Der Arzt führt zunächst ein ausführliches Gespräch (Anamnese) mit dem Patienten. Das Hauptziel der Diagnostik ist, herauszufinden, ob es sich um einen Durchbruchschmerz oder eine andere Form der Symptomverschlimmerung handelt. Das ist wichtig, weil die Behandlungsstrategien sich voneinander unterscheiden. Typische Fragen im Arzt-Patienten-Gespräch sind:
Es kann hilfreich sein, wenn der Betroffene zusätzlich ein Schmerztagebuch führt oder bestimmte Schmerzfragebögen ausfüllt. Dadurch lässt sich ein klareres Bild der Situation bekommen.
Je nach Vermutung für die Ursache der auftretenden Schmerzspitzen kommen weitere Maßnahmen der Diagnostik in Frage. Eine körperliche Untersuchung kann mehr Aufschluss darüber geben, ob sich die Grunderkrankung verschlechtert hat oder ob eine ganz neue Symptomatik vorliegt.
Bildgebende Verfahren wie Ultraschall, Röntgendiagnostik, Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) können bei bestimmten Fragestellungen mehr Klarheit bringen.
Zunächst muss sorgfältig abgeklärt werden, ob die Basistherapie für den chronisch vorhandenen Schmerz angepasst oder umgestellt werden muss. Fälle, in denen das zunächst passieren sollte, sind:
Wenn klar ist, dass es sich um echte Durchbruchschmerzen handelt und die Basistherapie optimal angepasst wurde, geht es darum, ein Bedarfsmedikament zu finden. Erforderlich ist ein individuell schnell und effektiv wirkendes Medikament (auch Rescue Drug genannt) für das Auftreten von Schmerzspitzen. Das Mittel der Wahl sind starke Opioide mit schnellem Wirkungseintritt (rapid onset opioids) und kurzer Wirkungsdauer. Die schnellste Wirkung wird über das Spritzen (intravenöse Verabreichung) von Morphinen erreicht. Für Patienten bringt es allerdings mehr Sicherheit, wenn sie wissen, dass sie sich im Bedarfsfall selbst helfen können. Präparate, die Fentanyl enthalten und über die Mund- oder Nasenschleimhaut aufgenommen werden, zeigen einen ähnlich schnellen Wirkeintritt. Tabletten, die unter die Zunge (sublingual) oder in die Wangentasche (bukkal) gelegt werden, und Sprays zur Anwendung in der Nase (nasal) stehen den Betroffenen hier zur Verfügung.
In seltenen Fällen werden Durchbruchschmerzen mit Nicht-Opioiden behandelt. Hierbei handelt es sich aber um Einzelfälle.
Die Grundlage der Therapie ist eine gute Basismedikation, mit der die Dauerschmerzen behandelt werden. Zusätzlich erhält der Betroffene ein Notfallmedikament, das er bei Einsetzen von Durchbruchschmerzen anwenden kann. Es wird empfohlen, dass die Basismedikation und das Bedarfsmedikament den gleichen Wirkstoff enthalten. Die Dosis des Wirkstoffes bei Bedarf beträgt zwischen 5 und 20 Prozent der Dosierung der Basistherapie.
Es gibt einige Empfehlungen, die man selbst beherzigen kann, um das Auftreten von Durchbruchschmerzen zu vermeiden und den Umgang damit positiv zu beeinflussen. Hierzu zählen:
Chronische Schmerzen sind häufig schon ein Grund dafür, sich sozial zurückzuziehen. Das Auftreten von plötzlichen starken Schmerzspitzen kann diese Tendenz verstärken. Soziale Kontakte und Unterstützung von anderen sind aber wichtig, um Schmerzen besser bewältigen zu können. Deshalb sollten Betroffene versuchen, alles, was ihnen Freude bereitet und geht, weiterhin zu tun.
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aktualisiert am 10.01.2023