Der orale Glucose-Toleranz-Test (oGTT) wird auch als Zuckerbelastungstest oder Blutzuckerbelastungstest bezeichnet. Es handelt sich um einen Test auf eine gestörte Verarbeitung von Zucker im menschlichen Körper und damit auf einen Diabetes mellitus. Der Test überprüft, ob nach dem Trinken von Zuckerwasser der Blutzuckerwert länger im hohen Bereich ist als üblich.
Ein oraler Glucosetoleranztest ist eine Untersuchungsmethode, um einen Diabetes mellitus festzustellen oder ein verstärktes Risiko, einen Diabetes zu entwickeln. Etwas abgeändert kommt der Test auch zur Diagnose eines Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes) zum Einsatz. Für werdende Mütter ist er Teil der Vorsorgeuntersuchungen und kann innerhalb der 24. bis 28. Schwangerschaftswoche vorgenommen werden.
Mit dem Glucosetoleranztest lassen sich häufig bereits Verschlechterungen des Zuckerstoffwechsels erkennen, bevor der Nüchtern-Blutzuckerwert erhöht ist. Daher kann sich der Test anbieten, wenn der Nüchternblutzucker im „Graubereich“ zwischen Normalwerten und eindeutig erhöhten Werten liegt. Der oGTT kann zum Beispiel auch in Frage kommen bei stark übergewichtigen Menschen, bei hohen Blutfettwerten (Triglyceride), bei starkem Bluthochdruck oder bei Personen, von denen nahe Verwandte an einem Diabetes mellitus leiden. Bei ihnen ist das Risiko erhöht, selbst zuckerkrank zu werden.
Bei Patienten, bei denen bereits ein Diabetes mellitus diagnostiziert ist, darf der oGTT nicht durchgeführt werden.
Glucose ist ein Einfachzucker, der für die Zellen des Körpers den wichtigsten Energiebringer darstellt. Nimmt ein Mensch Glucose bei nüchternem Magen auf, wie es beim oGTT als trinkbare Lösung stattfindet, dann gelangt der Zucker rasch ins Blut. Der Blutzuckerspiegel steigt innerhalb kurzer Zeit an. Das bewirkt eine vermehrte Ausschüttung von Insulin aus der Bauchspeicheldrüse in das Blut. Das Insulin sorgt als Hormon dafür, dass die Körperzellen Glucose aus dem Blut aufnehmen. Der nach der Zuckeraufnahme erhöhte Blutzuckerwert wird wieder vermindert.
Diese Verminderung des Blutzuckerspiegels läuft verlangsamt ab, wenn die Bauchspeicheldrüse nicht genügend Insulin abgibt oder das Insulin nicht richtig an den Zellen wirkt. Anhand der Blutzuckermessung zwei Stunden nach der Gabe der Glucose-Lösung lassen sich solche Störungen erkennen. Ist der Blutzuckerwert dann zu hoch, spricht man von einer gestörten Glucose-Toleranz. Das ist ein Anzeichen auf einen Diabetes mellitus oder auf die Vorstufe davon, einen Prädiabetes.
Um den oralen Glucosetoleranztest machen zu können, muss die untersuchte Person nüchtern sein. Ab mindestens acht bis zwölf Stunden vor der Untersuchung dürfen keine Kalorien mehr aufgenommen werden. Außer klarem Wasser dürfen auch keine anderen Getränke wie Kaffee oder Tee getrunken werden. Rauchen verbietet sich in dieser Zeit ebenfalls.
Voraussetzung für den oGTT ist auch, an den drei Tagen vor der Untersuchung jeweils mindestens 150 Gramm Kohlenhydrate zu verzehren. Nur dann kann der Test zuverlässig ausgewertet werden. Um weitere Einflüsse auf das Ergebnis zu minimieren, sollte der Patient in den zwei Wochen vor dem Test nicht akut krank geworden sein und sich vorher nur im normalen Ausmaß körperlich bewegt haben. Zu einer vorangegangenen weiblichen Regelblutung sollte ein zeitlicher Mindestabstand von drei Tagen bestehen.
Die Untersuchung beginnt am besten zwischen 8 Uhr und 9 Uhr morgens. Eine Blutprobe zur Messung des Nüchtern-Blutzuckers wird gewonnen. Der Zeitpunkt der Blutentnahme wird exakt vermerkt. Direkt danach trinkt der Patient ein Glas mit der Zuckerlösung: In 300 Milliliter Wasser sind genau 75 Gramm Glucose gelöst (Kinder bekommen 1,5 Gramm Glucose je Kilogramm ihres Körpergewichts). Der Trinkvorgang darf nicht länger als fünf Minuten dauern.
Zwei Stunden später erfolgt eine weitere Blutabnahme. Der Blutzuckerwert dieser Probe ist ausschlaggebend für die Glucose-Toleranz. Bisweilen werden dazwischen oder danach weitere Blutzuckermessungen durchgeführt, um ein genaueres Bild zu erhalten.
In der Schwangerschaft ändern sich am oralen Glucosetoleranztest einige Punkte. Zu dem Suchtest auf Schwangerschaftsdiabetes muss die werdende Mutter nicht nüchtern sein. Nur der vorherige Verzehr von stark zuckerhaltigen Speisen oder Getränken muss unterbleiben. Die zu testende Frau trinkt eine Lösung aus 50 Gramm Glucose in 200 Milliliter Wasser. Die zweite Blutentnahme zur Blutzuckermessung erfolgt bereits nach einer Stunde. Falls die Glucose-Werte verdächtig sind, muss zur Bestätigung ein oraler Glucosetoleranztest mit den Standardvorgaben durchgeführt werden. Dieser kann für eine bessere Aussagekraft auf drei Stunden ausgedehnt werden, wobei einmal pro Stunde der Blutzuckerwert bestimmt wird.
Normal und unauffällig sind ein Wert für den Nüchtern-Blutzucker von unter 100 mg/dl (Milligramm pro Deziliter) und ein Wert zwei Stunden nach Zuckeraufnahme von unter 140 mg/dl. Befindet sich der Nüchternwert im Bereich von 100 bis 125 mg/dl, dann liegt er im Grenzbereich und deutet auf eine Diabetes-Vorstufe hin. Ist der Wert für die Messung nach zwei Stunden zwischen 140 und 199 mg/dl, dann liegt eine gestörte Glucosetoleranz vor – dies lässt sich ebenfalls als Diabetes-Vorstufe (Prädiabetes) deuten. Werte ab 126 mg/dl (nüchtern) oder ab 200 mg/dl (nach zwei Stunden) zeigen einen Diabetes mellitus an.
Beim „kleinen“ oGTT in der Schwangerschaft gilt: Ist der Wert der Glucosemessung nach einer Stunde bei 140 mg/dl oder höher, dann liegt er im auffälligen Bereich. In diesem Fall muss ein herkömmlicher oraler Glucosetoleranztest durchgeführt werden.
Blutzuckerwert | Nüchtern-Blutzuckerwert | 2-Stunden-Wert oGTT |
---|---|---|
Normalbereich | unter 100 mg/dl (< 5,6 mmol/l) | unter 140 mg/dl (< 7,8 mmol/l) |
gestörte Glucose-Toleranz | 100–125 mg/dl (5,6–6,9 mmol/l) | 140–199 mg/dl (7,8–11 mmol/l) |
Diabetes-Verdacht | ab 126 mg/dl (ab 7 mmol/l) | ab 200 mg/dl (ab 11,1 mmol/l) |
Die Risiken der Untersuchung sind gering. Allerdings kann es durch das Trinken des Zuckerwassers zu Übelkeit und Erbrechen oder Blähungen kommen. Kopfschmerzen sind ebenfalls möglich. In seltenen Fällen wird durch das Getränk eine Unterzuckerung provoziert. Des Weiteren bestehen sehr geringe Risiken bei dem Einstich, um die Blutprobe zu gewinnen, wie Infektionen oder verstärkte Blutungen.
NCBI, Emily Eyth; Hajira Basit; Carrie J. Smith – Glucose Tolerance Test: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK532915/ (online, letzter Abruf: 01.09.2020)
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diabetesDE – Oraler Glukosetoleranz-Test (OGTT): https://www.diabetesde.org/ueber_diabetes/was_ist_diabetes_/diabetes_lexikon/oraler-glukosetoleranz-test-ogtt (online, letzter Abruf: 01.09.2020)
webMD – Do I Need an Oral Glucose Tolerance Test: https://www.webmd.com/diabetes/guide/oral-glucose-tolerance-test (online, letzter Abruf: 01.09.2020)
aktualisiert am 01.09.2020