Die künstliche Bauchspeicheldrüse ist kein Organ, das transplantiert werden muss. Vielmehr handelt es sich um eine technisches Gerät, das den Blutzuckerspiegel bei Diabetikern reguliert.
Die künstliche Bauchspeicheldrüse ist eine kleine Apparatur, die an einem Gürtel um den Bauch getragen wird. Sie besteht aus einem Sensor, einem Sender und einer Insulinpumpe. Der Sensor wird direkt auf der Haut aufgebracht und misst permanent den Blutzuckerspiegel des Trägers. Die Werte werden vom Sender an die Pumpe weitergeleitet. Die am Gürtel befestigte Insulinpumpe stößt die benötigte Menge Insulin aus. Über einen Injektionsmechanismus wird dem Träger das Insulin verabreicht. Man spricht von einem sogenannten Closed-Loop-System, da es sich um einen geschlossenen Regelkreis handelt. Bei den derzeit verfügbaren Geräten müssen bestimmte Eingaben gelegentlich noch selbst vorgenommen werden. Sie heißen daher Hybrid-Closed-Loop-Systeme.
Die künstliche Bauchspeicheldrüse, die seit Ende der 2010er-Jahre zugelassen ist, eignet sich aktuell vor allem für Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1. Eine Studie aus der Schweiz und England aus dem Jahr 2021 zeigt, dass die künstliche Bauchspeicheldrüse auch für einen Teil von Diabetes-Typ-2-Patienten vielversprechend ist: für Patienten, die aufgrund eines schweren Nierenschadens dialysepflichtig sind und deren Diabetes aufgrund dessen schwer zu behandeln ist.
Die Bauchspeicheldrüse hat im Wesentlichen zwei Aufgaben. Sie produziert Enzyme, die wichtig für die Verdauung sind, und schüttet Hormone aus, die den Blutzuckerspiegel regulieren: Insulin, das den Blutzuckerwert senkt und Glukagon, das den Blutzuckerwert anhebt. Diese beiden Hormone sorgen für einen ausgeglichenen Blutzuckerspiegel.
Wird die Bauchspeicheldrüse entfernt oder funktioniert sie nicht mehr richtig, müssen sowohl die Verdauungsenzyme als auch die Blutzuckersteuerung anderweitig geregelt werden. Während die Enzyme meist unproblematisch mit der Nahrung in Form von Tabletten eingenommen werden können, ist die Insulinversorgung oft problematisch. Auch aufgrund der gestörten Verdauung ist es für Betroffene oft schwierig, ihren Blutzuckerspiegel zu stabilisieren.
Diabetiker können ihren Blutzucker schon lange mit Sensoren messen und sich dann selbst die entsprechende Insulindosis verabreichen. Auch Insulinpumpen sind bereits seit längerem im Einsatz. Die Verknüpfung beider Systeme ist eine verhältnismäßig neue Technik.
Die künstliche Bauchspeicheldrüse übernimmt nahezu selbstständig die Aufgabe einer nicht mehr funktionierenden oder nicht mehr vorhandenen Bauchspeicheldrüse. Indem das Gerät permanent den Blutzuckerspiegel kontrolliert und einer Unter- oder Überzuckerung entgegensteuert, entlastet es den Diabetiker. Die Blutzuckerwerte bleiben insgesamt stabiler, was zu gesünderen Langzeitwerten führt. Auch nächtliche Unterzuckerung kommt seltener vor.
Bei der künstlichen Bauchspeicheldrüse handelt es sich außerdem um ein selbstlernendes System. Mithilfe eines Algorithmus ist es dem Gerät möglich, sich zunehmend auf den Träger einzustellen, sodass der Blutzucker langfristig immer besser stabilisiert werden kann.
Die kleine Apparatur kann eine große Entlastung für den Patienten sein – schon alleine, indem sie eine nächtliche Unterzuckerung verhindert. Trotzdem müssen bestimmte Informationen noch immer manuell in das System eingegeben werden. So muss zum Beispiel, wenn Sport getrieben wird oder eine bestimmte Menge Kohlenhydrate verzehrt werden, die Insulindosis vom Träger angepasst werden.
Studien zufolge verhindert die künstliche Bauchspeicheldrüse eine Unterzuckerung im Schlaf zuverlässig. Auch eine Überzuckerung, wenn die Pumpe ausfällt, soll nahezu ausgeschlossen sein. Nichtsdestotrotz müssen Träger einer künstlichen Bauchspeicheldrüse vorher intensiv geschult werden und sich mit dem Gerät, dessen Leistung und Grenzen vertraut machen. Auch müssen sie wissen, was zu tun ist, falls die Pumpe einmal verstopft oder die Verbindung abreißt. Noch ist die Technik und Handhabung der künstlichen Bauchspeicheldrüse eher komplex und deshalb nicht für jeden Diabetiker geeignet.
Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten für die künstliche Bauchspeicheldrüse. Zugelassen ist sie für Diabetes-mellitus-Typ-1-Patienten ab sieben Jahren. Welche Unterlagen für die Beantragung notwendig sind, sollte direkt bei der Krankenkasse erfragt werden.
aerzteblatt.de – Diabetes Typ 1: Künstliche Bauchspeicheldrüse soll 2020 auf dem Markt sein: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/66578/Diabetes-Typ-1-Kuenstliche-Bauchspeicheldruese-soll-2020-auf-dem-Markt-sein (online, letzter Abruf: 26.04.2022)
Die Techniker, Jantje Bohlmann – Technik von morgen - künstliche Bauchspeicheldrüse: https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/diabetes/technik-von-morgen-kuenstliche-bauchspeicheldruese-2015500 (online, letzter Abruf: 26.04.2022)
PTA heute, Ulrike Weber-Fina – Neue Technik für Diabetiker. Künstliche Bauchspeicheldrüse: autonom und lernfähig: https://www.ptaheute.de/aktuelles/2021/09/01/kuenstliche-bauchspeicheldruese-autonom-und-lernfaehig (online, letzter Abruf: 26.04.2022)
Universität Bern – Künstliches Pankreas kann Blutzucker auch nach Nierenversagen automatisch regulieren: https://www.unibe.ch/aktuell/medien/media_relations/medienmitteilungen/2021/medienmitteilungen_2021/kuenstliches_pankreas_kann_blutzucker_auch_nach_nierenversagen_automatisch_regulieren/index_ger.html (online, letzter Abruf: 26.04.2022)
aktualisiert am 26.04.2022