Der Diabetes mellitus Typ 2 tritt von allen Formen der Zuckerkrankheit am häufigsten auf. Er entsteht durch eine ungesunde Lebensweise: Zur Risikogruppe gehören vor allem Menschen mit Übergewicht, einer kalorienreichen Ernährung mit viel Zucker und Fett sowie wenig körperlicher Betätigung. Die genetische Veranlagung spielt jedoch ebenfalls eine Rolle.
Bei Patienten mit Typ-2-Diabetes sprechen die Zellen des Körpers immer weniger auf das Hormon Insulin an (Insulinresistenz). Die sogenannten Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse stellen immer mehr Insulin her, um dies zu kompensieren. Wenn das nicht mehr genügt, ist der Blutzuckerspiegel erhöht und der Diabetes Typ 2 prägt sich aus. Schließlich kann es sogar zu einer verminderten Bildung von Insulin kommen, wenn die Beta-Zellen durch die Überlastung geschädigt sind.
An einem Diabetes Typ 2 leiden ungefähr acht Millionen Personen in Deutschland. Die Zahl der Erkrankten dürfte tatsächlich deutlich höher liegen, da schätzungsweise mehr als eine Million Fälle nicht diagnostiziert sind. Über die Welt verteilt leben circa 400 Millionen Typ-2-Diabetiker. Einen Diabetes Typ 2 bekommen insbesondere Menschen über 40 Jahre. Die Erkrankung wurde früher deshalb auch Altersdiabetes genannt. Diese Bezeichnung ist jedoch nicht ganz treffend: Jüngere Personen und sogar in einigen Fällen Kinder können ebenfalls erkranken.
Diabetes mellitus Typ 2 kann eine Vielzahl von Beschwerden auslösen. Häufig macht sich die Zuckerkrankheit aber eine lange Zeit nicht durch Symptome bemerkbar. Besteht die Erkrankung länger, kann sie schwerwiegende Folgen haben. Deshalb ist eine gute Einstellung der Blutzuckerwerte durch Anpassung der Lebensführung, teils auch mit Medikamenten sowie mit regelmäßigen Kontrolluntersuchungen erforderlich.
Viele Betroffene mit einem Diabetes mellitus vom Typ 2 haben keine Beschwerden. Oft werden leichte Symptome auch nicht ernst genommen oder nicht mit einer allgemeinen Erkrankung wie Diabetes in Verbindung gebracht. Der Diabetes wird häufig bei ärztlichen Routinekontrollen oder bei einer Vorstellung in der Arztpraxis aufgrund anderer Beschwerden entdeckt.
Typische Anzeichen eines Diabetes mellitus Typ 2 sind:
Aufgrund dieser oft uneindeutigen Symptome oder dem gänzlichen Fehlen von Hinweisen auf die Erkrankung ist der Diabetes Typ 2 heimtückisch. Über Jahre kann die Krankheit im Hintergrund vorhanden sein und mitunter erst dann auffallen, wenn schließlich irreparable Folgen eintreten. Viele Patienten und auch manche Ärzte nehmen den Diabetes nicht von Anfang an ernst genug, um die möglichen Auswirkungen zu verhindern.
Diabetes mellitus Typ 2 ist eine der bedeutendsten Erkrankungen für das gesamte Gesundheitssystem, da sie so häufig ist und so gravierende Spätfolgen nach sich ziehen kann. Die Folgen des Diabetes können sich an verschiedenen wichtigen Organsystemen zeigen. Nach und nach kommt es durch den erhöhten Blutzuckerwert zu Schäden an Nerven (diabetische Neuropathie) und an Blutgefäßen (diabetische Mikroangiopathie und Makroangiopathie). Die Schädigung kann zu einer Vielzahl von körperlichen Einschränkungen führen.
Am Auge drohen bei Diabetes krankhafte Veränderungen der Netzhaut (Retina) und anderer Strukturen, die bis zur Erblindung führen können. Die Schäden entwickeln sich durch verschiedene Mechanismen wie Durchblutungsstörungen feiner Blutgefäße, Neubildung „schlechter“ Gefäße, Flüssigkeitsansammlungen (Makula-Ödem), Blutungen oder Netzhautablösungen. Verminderte Sehkraft kann somit ein Zeichen eines bereits fortgeschrittenen Diabetes sein.
Im Bereich der Füße und Unterschenkel können sich schlecht verheilende Wunden oder Geschwüre bilden. Dazu trägt die verschlechterte Durchblutung einerseits und die Nervenschädigung mit herabgesetztem Spüren des Schmerzes andererseits bei. Im Extremfall stirbt Gewebe ab und infiziert sich, weshalb Anteile des Fußes oder der ganze Bereich amputiert werden müssen.
An der Niere kann es zu Veränderungen kommen, die die Nierenfunktion stark beeinträchtigen. Entsteht ein Nierenversagen, dann kann eine regelmäßige Dialyse (Blutreinigung) erforderlich werden oder eine Nierentransplantation notwendig sein. Darüber hinaus können sich bei Diabetes Harnwegsinfektionen entwickeln, die aufgrund der Nervenbeeinträchtigung nicht richtig verspürt werden und ohne Behandlung leicht in die Nieren aufsteigen können.
Verengte Blutgefäße, meist aufgrund einer sich entwickelnden Arteriosklerose, verschlechtern die Durchblutung der davon abhängigen Organe. Die Minderdurchblutung kann zu Schäden des betroffenen Körperteils führen. Das kann die unterschiedlichsten Bereiche treffen. Zu den schwersten Auswirkungen gehören Herzinfarkt und Schlaganfall. Im Bereich der Beine wird die Durchblutungsstörung als pAVK (periphere arterielle Verschlusskrankheit) bezeichnet. Diese kann an der Entstehung des diabetischen Fußsyndroms beteiligt sein.
Schäden an Nerven und im Nervensystem können zu Störungen und Ausfällen des Tast- und Schmerzempfindens führen. Ebenfalls können Lähmungen die Folge der Nervenschäden sein.
Zellen von Organen wie Muskeln, Leber und Fettgewebe werden bei einem Typ-2-Diabetes zunehmend weniger empfindlich gegenüber Insulin. Dieser Zustand wird als Insulinresistenz bezeichnet. Häufige hohe Blutzuckerwerte führen zu einer vermehrten Insulinausschüttung. An den Zellen des Körpers führt das zu einer verminderten Ausbildung von Rezeptoren (Erkennungsstrukturen auf der Zellmembran). Die Zellen reagieren immer weniger auf das Insulin. Die Ursache dieser Insulinresistenz liegt insbesondere in einer übermäßigen Zufuhr von Zucker und kohlenhydratreichen Speisen und Getränken begründet.
Als Ausgleich stellen die Beta-Zellen der sogenannten Langerhans-Inseln in der Bauchspeicheldrüse eine erhöhte Menge an Insulin her. Die Insulinwerte im Blut der Betroffenen können daher im normalen oder sogar im erhöhten Bereich liegen. Die Insulinmenge reicht trotzdem nicht aus, weil die Zellen vermindert darauf reagieren. Es besteht somit ein relativer Insulinmangel.
Im weiteren Verlauf der Erkrankung kann es schließlich zusätzlich zu einer verminderten Bildung von Insulin in den Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse kommen. Dann ist ein absoluter Insulinmangel vorhanden.
Wichtige Risikofaktoren für einen Diabetes Typ 2 sind:
Eine Reihe körperlicher Veränderungen, die durch einen ungesunden Lebensstil in der „Überflussgesellschaft“ zustande kommt, ist das metabolische Syndrom (auch Wohlstandssyndrom). Darunter wird im Allgemeinen ein Zusammentreffen folgender Gegebenheiten verstanden:
Diese Faktoren erhöhen für sich bereits die Gefahr einer Diabetes-Entstehung. Liegen sie bei einem Menschen gemeinsam vor, sind sie eine Vorstufe des Diabetes Typ 2 – wenn dieser nicht längst im Gange ist.
Menschen, die eines oder mehrere Anzeichen von Diabetes mellitus bei sich bemerken, sollten sich zeitnah zu einer Untersuchung beim Arzt vorstellen. Bei Risikofaktoren des Diabetes ist ebenfalls eine Kontrolle beim Arzt empfehlenswert. Häufig wird der Diabetes Typ 2 allerdings bei Untersuchungen aus anderen Anlässen anhand der Blutwerte und der Urinuntersuchung festgestellt.
Erste Anlaufstelle, wenn es um einen möglichen Diabetes geht, ist der Hausarzt. Der direkte Gang zum Diabetologen oder Endokrinologen (Hormonspezialist), deren Spezialgebiete zur Inneren Medizin gehören, ist ebenfalls möglich.
Bei einem Verdacht auf Typ-2-Diabetes stellt der Arzt im Untersuchungsgespräch (Anamnese) Fragen, deren Antworten hinweisend auf die Krankheit sein können. Neben den Symptomen, der Lebensweise und bereits bekannten Erkrankungen sind auch Diabetes-Fälle bei Verwandten interessant, da ein Risiko vererbt werden kann.
Eine körperliche Untersuchung konzentriert sich auf Veränderungen, die durch einen Diabetes mellitus verursacht werden können. Insbesondere schaut der Untersucher, ob Wunden im Bereich des Fußes vorliegen, die einen diabetischen Fuß andeuten. Weiterhin testet der Untersucher, ob der Gefühlssinn an verschiedenen Stellen der Haut normal ist.
Der Nachweis des Diabetes erfolgt über Laboruntersuchungen an der Blutprobe und Urinprobe. Im Blut wird der Nüchternwert für den Zuckergehalt bestimmt. Der Patient darf mindestens acht Stunden vorher nichts essen, um den Wert korrekt bestimmen zu können. Ein wichtiger Wert ist zudem das HbA1c („Langzeitzuckerwert“). Der Wert lässt erkennen, ob in den vorangegangenen zwei bis drei Monaten im Durchschnitt ein zu hoher Blutzuckerspiegel bestand. Aufschlussreich ist ebenfalls ein Glucose-Toleranz-Test (oGTT): Vor und nach dem Trinken einer Zuckerlösung wird der Blutzucker bestimmt, um eine verschlechterte Zuckerverwertung herausfinden zu können.
In der Urinprobe wird gleichermaßen der Zucker bestimmt. Die Nieren scheiden viel Zucker aus, wenn der Blutspiegel hoch ist.
Beim Augenarzt erfolgt darüber hinaus eine Untersuchung darauf, ob der Diabetes bereits Schäden an der Netzhaut hervorgerufen hat.
Eine wichtige Säule der Behandlung ist zum einen die Anpassung des Lebensstils, insbesondere der Ernährung. Zum anderen spielen Medikamente eine Rolle, die Blutzuckerwerte im richtigen Bereich zu halten und Folgeschäden vorzubeugen. Darüber hinaus sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen notwendig, um die Behandlung gegebenenfalls anzupassen und den Zucker besser einzustellen.
Für Menschen, bei denen sich ein Diabetes Typ 2 entwickelt hat, ist eine Diabetes-Schulung eine sinnvolle Maßnahme. Die Patienten lernen in der Schulung wesentliche Aspekte der Krankheitsentstehung, der Symptome und Folgen und vor allem der Behandlung. Sie werden darin geschult, wie sie ihre Ernährungsweise gestalten, wie sie das notwendige Maß an körperlicher Bewegung erreichen und wie sie nachhaltig Körpergewicht abbauen.
In einem frühen Stadium des Diabetes mellitus Typ 2 reicht die Ernährung zusammen mit regelmäßiger körperlicher Bewegung als Ansatzpunkt aus. Mit einer ausgewogenen, gesunden Ernährung lässt sich viel erreichen. Die wichtigsten Empfehlungen für Diabetiker sind:
Ein weiter fortgeschrittener, stärker ausgeprägter Diabetes erfordert die Behandlung mit einem Medikament zur Einnahme (orales Antidiabetikum). Das am häufigsten verwendete und bekannteste Mittel ist Metformin.
Bei noch schwererem Diabetes Typ 2 werden entweder mehrere orale Antidiabetika (Diabetesmittel zum Einnehmen) verschrieben oder es erfolgt eine Behandlung mit Insulin. Insulin können sich die meisten Diabetiker selbst unter die Haut spritzen, es gibt hierbei verschiedene Möglichkeiten einer Insulintherapie, die in Frage kommen.
Schreitet die Erkrankung noch weiter fort, kommen stärkere Kombinationen von Insulin und Diabetes-Medikamenten in Frage.
Die Behandlung geschieht anhand eines Stufenschemas. Reicht eine Stufe nicht aus, innerhalb von drei bis sechs Monaten den Langzeit-Blutzuckerwert HbA1c zu normalisieren, wird die nächsthöhere Stufe angewendet (zum Beispiel statt nur guter Ernährung und Bewegung zusätzlich ein Medikament zur Einnahme).
Patienten mit Diabetes, die mit Medikamenten behandelt werden, können in den Zustand der Unterzuckerung geraten, wenn das Mittel zu hoch dosiert wird. Der zu niedrige Blutzucker macht sich durch folgende Symptome bemerkbar:
Einer Unterzuckerung muss mit geeigneten Maßnahmen gegengesteuert werden, beispielsweise der Gabe von Traubenzuckerstücken.
Das Risiko für die Entwicklung eines Diabetes mellitus Typ 2 lässt sich deutlich reduzieren, indem eine vielseitige und ausgewogene Ernährung und regelmäßige körperliche Betätigung eingehalten wird. Ein Übergewicht sollte verhindert werden oder nachhaltig abgebaut werden. Weiterhin ist es sinnvoll, sich regelmäßig vom Hausarzt gesundheitlich checken zu lassen.
Healthline, Diana K. Wells – Recognizing Type 2 Diabetes Symptoms: https://www.healthline.com/health/type-2-diabetes/recognizing-symptoms (online, letzter Abruf: 03.07.2020)
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Internisten im Netz, Prof. Eberhard Standl – Was ist Typ-2-Diabetes?: https://www.internisten-im-netz.de/krankheiten/typ-2-diabetes/was-ist-typ-2-diabetes.html (online, letzter Abruf: 03.07.2020)
NHS – What is type 2 diabetes?: https://www.nhs.uk/conditions/type-2-diabetes/ (online, letzter Abruf: 03.07.2020)
aktualisiert am 02.07.2020