Die Bezeichnung Diabetes insipidus steht für eine spezielle Erkrankung, in deren Rahmen der Wasserhaushalt im Körper gestört ist. Diese Störung resultiert aus der vermehrten Wasserausscheidung der Nieren. Die Betroffenen verspüren einen besonders starken Harndrang und zeitgleich großen Durst. Im Volksmund wird die Erkrankung Diabetes insipidus als „Wasserharnruhr“ bezeichnet. Bei gesunden Personen hängen die Wasseraufnahme und die Harnausscheidung eng zusammen. Dies bedeutet, dass der Mensch umso mehr Harn ausscheidet, je mehr Wasser er trinkt. Verantwortlich hierfür ist ein spezielles Hormon mit der Bezeichnung Vasopressin (auch antidiuretisches Hormon, kurz ADH genannt). Dieses Hormon reguliert die Flüssigkeitsausscheidung. Das Vasopressin ist in den Nieren für die Wiederaufnahme des Wassers in den Körper verantwortlich und steuert diese.
Beim gesunden Menschen sorgt das Hormon Vasopressin dafür, dass in den Nieren die Wiederaufnahme von Wasser in den Körper vonstatten geht. Dieser Steuerungsmechanismus weist bei Patienten mit Diabetes insipidus eine Störung auf. Diese Störung kann aus zwei Ursachen resultieren. Diese beiden Ursachen bestimmen die jeweilige Form der Erkrankung. Die beiden folgenden Ursachen sind je nach Patient für Diabetes insipidus verantwortlich:
Die zentrale Form kommt im direkten Vergleich weitaus häufiger vor und Diabetes insipidus renalis ist erheblich seltener. Beide Formen vom Diabetes insipidus resultieren wiederum aus unterschiedlichen Grundursachen. Die Grundursachen des Diabetes insipidus centralis können sein:
Als Grundursachen für den Diabetes insipidus renalis – eine fehlende Wirksamkeit von Vasopressin (ADH) in den Nieren – können verantwortlich sein:
Zusammenfassend gelten also die gestörte Produktion von ADH und die verminderte Wirksamkeit des Hormons in den Nieren als Ursachen für Diabetes insipidus.
Die Symptome für Diabetes insipidus sind typisch. Die Patienten scheiden Tag und Nacht große Mengen Wasser aus. Gleichzeitig verspüren die Betroffenen konstant einen großen Durst. Wird der Wasserverlust im Körper nicht ausgeglichen, kommt es zur Austrocknung (Dehydration). Hierdurch können weitere Symptome entstehen.
Der ständige Harndrang und der große Durst sind für die Patienten ungemein belastend. Innerhalb von 24 Stunden scheiden die Patienten zwischen 5 und 25 Liter Wasser aus. Die Patienten versuchen den entstehenden Durst durch vermehrtes Trinken auszugleichen. Es kommt zu einem Kreislauf aus ständigem Harndrang und starkem Durst. Diese beiden Leitsymptome treten auch bei Nacht auf und die Patenten leiden daher häufig unter Schlafstörungen. Eine konstante Müdigkeit ist die Folge. Ferner können durch die Schlafstörungen psychische Probleme wie Depressionen und Angstzustände auftreten. Konzentrationsstörungen und eine verminderte Leistungsfähigkeit sind ebenfalls häufig ein Resultat der Schlafstörungen.
Tritt Diabetes insipidus bei Kindern auf, kann Bettnässen ein Hinweis auf die Erkrankung sein. Bei kleinen Kindern unter zwei Jahren kann sich die erhöhte Wasserausscheidung als starker Durchfall zeigen.
Die größte Gefahr, die von Diabetes insipidus ausgeht, ist generell die Austrocknung des Körpers (Dehydration). Die Austrocknung des Körpers kann eine lebensgefährliche Situation auslösen. Der hohe Wasserverlust kann ein Ungleichgewicht der Blutsalze nach sich ziehen. Dies hat insbesondere zur Folge, dass der Natriumspiegel im Körper ansteigt.
Der Patient verspürt durch die Austrocknung entsprechende Symptome. Diese können sein:
Es ist wichtig, dass der hohe Wasserverlust durch Diabetes insipidus wieder ausgeglichen wird. Zudem ist es unerlässlich, dass sich Patienten bei einem Verdacht auf Diabetes insipidus umgehend in ärztliche Behandlung begeben.
Zu Beginn der Untersuchungen führt der Arzt ein Gespräch mit dem Patienten. Hierbei berichtet der Patient von seinen Symptomen. Die genaue Beschreibung der Symptome ist wegweisend für die Erstellung der Diagnose. Bereits die beiden Hauptsymptome (ständiger Harndrang mit hohem Wasserverlust und konstanter Durst) wecken beim Arzt den Verdacht auf Diabetes insipidus.
Im weiteren Verlauf führt der Arzt einen speziellen Urintest durch. Mit diesem Test wird die Salzkonzentration im Urin gemessen. Der Urin ist bei Diabetes insipidus sehr wässrig, da die Nieren nicht in der Lage sind, den Urin zu konzentrieren. Über sechs bis acht Stunden wird dieser sogenannte Dursttest durchgeführt. Der Patient darf in dieser Zeit nichts mehr trinken. Nach Ablauf der angesetzten Testzeit prüft der Arzt erneut den Urin des Patienten. Dieser Test soll aufzeigen, ob die Nieren ohne weitere Wasserzufuhr in der Lage sind, den Urin besser zu konzentrieren. Sofern die Nieren den Urin trotz Wasserverzicht nicht konzentrieren können, erhält der Patient eine Spritze mit einer kleinen Menge ADH (Vasopressin). Dieser Test gibt Auskunft über die Ursachen und die Form vom Diabetes insipidus. Sofern die Ursache für die Erkrankung im Gehirn angesiedelt ist, kann das ADH ohne Probleme auf die Nieren einwirken. Der Patient scheidet in diesem Fall nach der Injektion weniger und konzentrierteren Urin aus. Sofern die Ursache jedoch in den Nieren angesiedelt ist, bleibt die ADH-Injektion wirkungslos. In einigen Fällen versuchen die Ärzte zudem, die körpereigene ADH-Ausschüttung mithilfe einer Kochsalzlösung anzuregen. Leidet der Patient unter einem zentralen Diabetes insipidus, wird durch die Kochsalzlösung kein ADH ausgeschüttet.
Für die Ursachenermittlung sind oft noch Blutuntersuchungen wichtig. Hierbei untersuchen die Ärzte das Blut nach bestimmten Hormonen und zudem wird der Blutzuckerspiegel ermittelt. Bei manchen Patienten folgt ein MRT, um die Ursache für den Diabetes insipidus zu klären. Mithilfe dieser bildgebenden Verfahren können die Ärzte ersehen, ob eventuell ein Tumor im Gehirn für den Diabetes insipidus verantwortlich ist. Die Ursache für den Diabetes insipidus und die Form der Erkrankung sind für die Therapie von hoher Wichtigkeit.
Durch die genannten Tests und Untersuchungen erhalten die Ärzte zumeist eine sichere Diagnose. In manchen Fällen können durch abweichende Untersuchungsergebnisse eventuell Zweifel an der Diagnose aufkommen. In diesem Fall setzen die Ärzte bei Bedarf weitere Untersuchungen und Tests an, um anderweitige Erkrankungen abzugrenzen.
Zu Beginn der Therapie sind die Ärzte bemüht, den Elektrolythaushalt des Patienten wieder auszugleichen. Ferner liegt der Fokus in dieser Behandlungsphase auf der Stabilisierung des Kreislaufs. Die weitere Therapie richtet sich nach der Ursache und der Form der Erkrankung. Sofern beispielsweise ein Tumor im Bereich der Hypophyse die Krankheit auslöst, muss zumeist eine OP und eine Strahlentherapie angesetzt werden. Ist der Diabetes insipidus die Folge von einem Trauma aufgrund einer OP oder durch einen Unfall, bessern sich die Symptome mit der Zeit oft ohne operativen Eingriff von selbst.
Die Behandlung von Diabetes insipidus centralis ist erheblich einfacher als die der zweiten Form der Erkrankung. Die Ärzte verabreichen dem Patienten ein Antidiuretikum (Desmopressin) – dieses Mittel vermindert die Harnausscheidung des Patienten. Der Wirkstoff stimuliert die sogenannten Tubuli der Nieren, damit diese vermehrt Wasser durchlassen können. Hierdurch wird die Rückabsorption des Wassers verbessert. Dies hat zur Folge, dass der Patient weniger Harn ausscheidet. Die Konzentration des Harns wird erhöht. Das Desmopressin übernimmt in diesem Fall die Funktion des ADHs. Das Desmopressin wird oral (zur Einnahme) oder als Nasenspray verabreicht.
Sofern beim Patienten ein Diabetes insipidus renalis diagnostiziert wurde, müssen die Ärzte auf eine anderweitige Behandlung zurückgreifen. Eine ursächliche Behandlung bei Diabetes insipidus renalis ist nicht möglich. Die Ärzte können lediglich dafür sorgen, dass die Harnkonzentration gesteigert wird. Die Ärzte verabreichen dem Patienten sogenannte Thiaziddiuretika. Diese Medikamente wirken harntreibend. Sie sorgen für eine erhöhte Natriumausscheidung. Dies führt wiederum zu einer Steigerung der Harnkonzentration. Des Weiteren ist bei Diabetes insipidus renalis eine erhöhte Flüssigkeitszufuhr von hoher Wichtigkeit.
Eine allgemeine Prognose gestaltet sich bei Diabetes insipidus schwierig. Die Heilaussichten hängen von der Ursache und von der Form der Erkrankung ab. Sofern sich die Ursache für die Krankheit vollständig beheben lässt, sind die Heilaussichten entsprechend gut. Bei Diabetes insipidus centralis kann zum Beispiel eine Tumorerkrankung der Auslöser sein. Sofern die Ärzte den Tumor vollständig entfernen können, sind die Heilchancen entsprechend hoch. Allerdings kann es vorkommen, dass der Patient trotz der OP fortwährend ein Medikament einnehmen muss, welches das fehlende ADH ersetzt. Dieses Medikament ist gut verträglich und zieht keine Einschränkung für den Patienten nach sich. Die Patienten können mit diesen Medikamenten ein normales Leben führen. Zudem kann es durch Diabetes insipidus zu einer Nierenentzündung kommen. Diese Entzündung können die Ärzte durch rechtzeitige Behandlungen verhindern.
Einem Diabetes insipidus lässt sich nicht gezielt vorbeugen. Wichtig ist, dass sich der Patient bei Auftreten der genannten Symptome umgehend zum Arzt begibt. Sofern ein Tumor im Gehirn den Diabetes insipidus auslöst, ist es wichtig, dass dieser frühzeitig behandelt wird. Je früher die Behandlung angesetzt werden kann, desto positiver fällt die Prognose aus.
aktualisiert am 16.06.2020