Es gibt einige Faktoren, die Darmkrebs begünstigen. Einer davon ist die Vererbung. Rund drei von zehn Erkrankungen an Dickdarmkrebs (Kolonkarzinom) haben hier ihren Ursprung. Daher gilt für Menschen, bei denen in der Familie gehäuft Darmkrebs auftritt, ein besonderes Augenmerk bezüglich der Darmkrebs-Früherkennung.
Das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, erhöht sich um das Zwei- bis Dreifache, wenn Verwandte ersten Grades (Eltern, Geschwister oder Kinder) an Darmkrebs erkrankt sind oder waren. Bei entfernteren Verwandten sinkt das Risiko, ist aber noch leicht erhöht im Vergleich zu Menschen, in deren Familie kein Dickdarmkrebs vorkommt.
Wenn bei Verwandten bereits vor dem 50. Lebensjahr Polypen im Darm festgestellt wurden, gilt dies ebenfalls als Risikofaktor. Dann besteht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, selbst einmal zum Darmkrebspatienten zu werden.
Das Risiko steigt, je jünger der Verwandte zum Zeitpunkt seiner Erkrankung war. Auch wenn mehrere Verwandte von Darmkrebs betroffen sind, steigt die Wahrscheinlichkeit, selbst an Darmkrebs zu erkranken. Ist der Verwandte bei der Erkrankung 60 Jahre oder älter, ist das Risiko nur noch geringfügig erhöht.
Forscher gehen davon aus, dass es sich bei vermehrtem Auftreten von Darmkrebs in einer Familie nicht nur um eine vererbte Anfälligkeit handelt. Auch eine ungesunde Lebensweise, die möglicherweise von einer zur nächsten Generation übernommen wird, kann einen Anteil an der Entwicklung von Darmkrebs haben.
Neben der familiären Häufung von Dickdarmkrebsfällen gibt es mehrere Syndrome, die bei Betroffenen zu einem stark erhöhten Risiko von Darmkrebs führen:
Das sogenannte hereditäre Dickdarmkarzinom ohne Polyposis (HNPCC oder Lynch-Syndrom) ist das häufigste Syndrom mit vererbtem Darmkrebs. Rund drei Prozent der Kolonkarzinome gehen auf HNPCC zurück. Wer das Gen in sich trägt, wird mit 75-prozentiger Wahrscheinlichkeit ein Karzinom im Darm entwickeln. Das Alter der Erkrankung liegt weit unter dem Durchschnittsalter. Durchschnittlich wird die Diagnose im Alter von 45 Jahren gestellt.
Es werden zwei Typen des Lynch-Syndroms unterschieden: Bei Typ I entwickelt sich ausschließlich Dickdarmkrebs, bei Typ II kommt es zu einer Häufung verschiedener Krebsarten im Bauchbereich. In den betroffenen Familien kommt es dann neben Darmkrebs auch zu Gebärmutter- und Eierstockkrebs sowie zu Karzinomen in Niere, Magen, Galle, Leber und Dünndarm. Die Zahl der Polypen ist bei HNPCC nicht erhöht, aber sie entarten schneller.
Kinder von Trägern des Gens haben eine 50-prozentige Wahrscheinlichkeit, selbst das Gen in sich zu tragen.
Familiäre adenomatöse Polypose wird durch eine Veränderung im Erbgut (im sogenannten APC-Gen) verursacht. Dabei bilden sich Hunderte von Polypen im Dickdarm und im Mastdarm, die meist schon im Alter von unter 40 Jahren zu Dickdarmkrebs führen. Nahezu alle Betroffenen mit FAP bekommen Darmkrebs. FAP gehört jedoch zu den seltenen Erkrankungen. Weniger als ein Prozent aller Kolonkarzinome haben hier ihren Ursprung.
AFAP ist eine Unterform von FAP, die etwas milder verläuft und erst später im Leben einsetzt.
Weitere sehr seltene Erbkrankheiten, die das Risiko eines Kolonkarzinoms steigern, sind die familiäre juvenile Polyposis, die MUTYH-assoziierte Polyposis und die Peutz-Jeghers-Hamartose. Darüber hinaus bestehen vermutlich eine Reihe genetischer Faktoren, die derzeit noch nicht bekannt sind. Bei einem Teil der erblich bedingten Darmkrebserkrankungen sind die genetischen Grundlagen noch nicht ausreichend erforscht.
Wer Vorkommen von Darmkrebs in der Familie hat, sollte dies mit einem Arzt besprechen. In den meisten Fällen wird dann empfohlen, eine erste Darmspiegelung bereits mit dem 40. Lebensjahr oder früher durchzuführen. Als Maßstab, aus dem der Zeitpunkt errechnet werden kann, wird häufig das Alter herangezogen, in dem der Verwandte erkrankte.
Trat zum Beispiel die Erkrankung bei diesem im Alter von 48 auf, sollten Familienangehörige bereits zehn Jahre früher, also mit 38, zur Darmspiegelung gehen. Das Gleiche gilt, wenn in der Familie Polypen vor dem 50. Lebensjahr auftreten. Eine weitere Vorsorgeuntersuchung ist ein jährlich durchzuführender immunologischer Stuhltest, der nach Blut im Stuhl sucht.
Da auch der Lebensstil Einfluss auf die Entwicklung von Tumoren hat, empfiehlt sich eine ballaststoffreiche Kost mit wenig tierischen Fetten. Übergewicht verdoppelt das Risiko für Darmkrebs und sollte abgebaut oder vermieden werden. Auf Rauchen sollte verzichtet werden. Wer sich wöchentlich rund sieben Stunden bewegt, kann sein Risiko für Darmkrebs um 40 Prozent senken. Besonders gut sind Ausdauersportarten wie Schwimmen, Radfahren oder Joggen. Wer sich nicht so fit fühlt, sollte mit regelmäßigen flotten Spaziergängen anfangen und seine Fitness langsam steigern.
Eine Häufung von Darmkrebs in der Familie kann genetische Ursachen haben, muss dies aber nicht. Ein Hinweis auf eine Genveränderung kann sein, dass eine Erkrankung bereits in sehr jungen Jahren, also zwischen dem 20. und dem 40. Lebensjahr erfolgt. Wer einen Fall von HNPCC oder FAP in der Familie hat, der kann einen Test durchführen lassen, um herauszufinden, ob er selbst unter dem Gendefekt leidet.
Gentests auf erbliche Krebserkrankungen erfolgen immer erst nach einer humangenetischen Beratung und sind freiwillig. Der Hausarzt kann den Patienten auf Wunsch in ein entsprechendes Zentrum überweisen. Dort prüfen Spezialisten, wie hoch die familiäre Belastung einzuschätzen ist und ob ein Gentest anhand einer Blutprobe sinnvoll ist.
Jeder Patient hat ein Recht auf Nichtwissen. Er muss für sich selbst entscheiden, ob er um sein erhöhtes Risiko, an Krebs zu erkranken, wissen will oder nicht. Diese Entscheidung muss sorgfältig abgewogen werden. Ein positives Ergebnis kann psychisch sehr belastend sein und engmaschige Kontrolluntersuchungen nach sich ziehen. Andererseits kann ein negatives Ergebnis sehr entlasten und ein positives Ergebnis dazu führen, dass der Krebs gegebenenfalls eher entdeckt werden und besser behandelt werden kann.
Betroffene müssen sich bewusst machen, dass ein Gentest nicht mit letzter Sicherheit sagen kann, ob eine genetische Veränderung vorliegt. Getestet werden kann nur auf die bekannten Genmutationen (Gen-Veränderungen). Die Forschung zu genetisch bedingten Darmkrebserkrankungen ist noch lange nicht abgeschlossen.
Menschen, die wissen, dass sie unter einer genetischen Veränderung leiden, die Dickdarmkrebs hervorruft, können in Abstimmung mit den Ärzten bestimmte Maßnahmen treffen. Eine davon ist die Durchführung engmaschiger Kontrolluntersuchungen.
Bei HNPCC wird empfohlen, ab dem 25.Lebensjahr jährlich eine Koloskopie (Darmspiegelung), eine Ultraschalluntersuchung des Bauchraums, eine Urinuntersuchung und bei Frauen eine gynäkologische Untersuchung auf Eierstockkrebs oder Gebärmutterkrebs durchzuführen. Nur so lassen sich schon kleinste Veränderungen zeitnah erkennen und behandeln.
Bei FAP liegt die Wahrscheinlichkeit, an Darmkrebs zu erkranken, bei fast 100 Prozent. Daher werden bereits ab dem zehnten Lebensjahr einmal jährlich eine Ultraschalluntersuchung und eine kleine Darmspiegelung durchgeführt. Bereits vor dem 20. Lebensjahr wird zu einer vorsorglichen Operation geraten, bei der Teile des Dickdarms und des Mastdarms entfernt werden.
aktualisiert am 06.05.2019