Stammfettsucht, Vollmondgesicht, Stiernacken und Bluthochdruck – das sind einige der Symptome, die beim Cushing-Syndrom häufig auftreten. Der Name dieser hormonellen Störung geht auf den Neurochirurgen Harvey Cushing zurück. Die körperlichen Veränderungen zeigen sich, wenn der Cortisolspiegel im Körper erhöht ist.
Cortisol, das eines der Stresshormone des Menschen ist, wirkt auf vielen Ebenen im Körper. Es gehört zu den lebenswichtigen Hormonen im menschlichen Körper: Sowohl ein zu niedriger als auch ein zu hoher Cortisolspiegel haben schwerwiegende Folgen auf die Gesundheit – und können sogar auf lange Sicht zum Tode führen. Im Körper wird das Cortisol in den Nebennieren produziert, was von der Hirnanhangdrüse (Hypophyse) durch deren Hormonausschüttung gesteuert wird. Andererseits kann der Cortisolspiegel auch durch externe Faktoren erhöht sein – nämlich durch die Gabe von synthetisch hergestellten Glucocorticoiden, umgangssprachlich als Cortison bezeichnet. Daher unterscheidet man auch zwischen dem exogenen (von außen erzeugten) Cushing-Syndrom sowie dem endogenen (im Körper verursachten) Cushing-Syndrom. Von dem endogenen Cushing-Syndrom sind deutlich mehr Frauen als Männer betroffen. Auch Kinder können bereits erkranken.
Von einem Morbus Cushing spricht man in einem speziellen Fall: wenn ein endogenes Cushing-Syndrom aufgrund eines gutartigen Tumors (Adenoms) in der Hirnanhangdrüse verursacht wird. Dies ist jedoch mit rund 85 Prozent der Fälle die häufigste Ursache.
Cortisol gilt als ein Stresshormon: Cortisol wird im gesunden Körper vor allem dann vermehrt ausgeschüttet, wenn Stresssituationen den Menschen zu schnellem Handeln zwingen. Kurzfristig ist ein überhöhter Cortisolspiegel in Gefahrensituationen also positiv, wenn nicht sogar lebensnotwendig. Durch unterschiedliche Faktoren kann der Cortisolspiegel jedoch dauerhaft erhöht sein.
Das Cortisol wird in den Nebennieren produziert. Diese Hormonproduktion wird jedoch durch ein Hormon namens ACTH (Corticotropin) gesteuert. Dieses wird in der Hirnanhangdrüse (Hypophyse) produziert. Das Cortisol greift auf ganz unterschiedlichen Ebenen in den Stoffwechsel des Menschen ein: So sorgt es für die Bereitstellung von Zucker, Proteinen und Fett. Cortisol hat zudem einen Einfluss auf den Abbau von Kollagen (einer Struktursubstanz des Gewebes), Bindegewebe und Knochenmaterial. Auf den Blutdruck hat der Cortisolspiegel ebenfalls einen Einfluss: Ein zu hoher Cortisolspiegel lässt den Blutdruck steigen. Und schließlich hat Cortisol Auswirkungen auf das Immunsystem: Cortisol hemmt die Immunantwort und die Entzündungsreaktionen des Körpers. Zu diesem Zweck wird in der Medizin das sogenannte Cortison, also das extern zugeführte Cortisol, eingesetzt.
Die Ursachen für das Cushing-Syndrom unterscheiden sich, je nachdem, ob es sich um das exogene (von außen verursachte) Cushing-Syndrom oder das endogene (im Körper verursachte) Cushing-Syndrom handelt.
Das exogene Cushing-Syndrom entsteht in der Regel durch eine medikamentöse Behandlung mit Glucocorticoiden, dem sogenannten Cortison. Dieses wird im Körper in Cortisol umgewandelt und greift dann, wie oben beschrieben, in den Stoffwechsel des Menschen ein. Diese Entstehungsform wird auch als iatrogenes Cushing-Syndrom bezeichnet – also als ein durch einen Arzt verursachtes Cushing-Syndrom. Cortison hat eine wichtige Bedeutung bei der Behandlung von chronisch-entzündlichen Erkrankungen sowie Autoimmunerkrankungen (Erkrankungen mit Immunreaktion gegen eigenes Gewebe). Wichtig ist bei der Cortison-Behandlung aufgrund der potentiellen Nebenwirkungen, zu denen eben beispielsweise das Cushing-Syndrom gehört, eine engmaschige ärztliche Überwachung.
In einigen Fällen führt nicht eine Cortisonzufuhr, sondern die Gabe von Adrenocorticotropin (ACTH) zu einem exogenen Cushing-Syndrom. ACTH wird als Medikament unter anderem bei Epilepsie eingesetzt.
Im Körper wird Cortisol – wie zahlreiche andere Hormone – in den Nebennieren produziert. Die Hirnanhangdrüse (Hypophyse) steuert über das Hormon ACTH die Nebennieren. Daher kann sowohl eine Störung im Bereich der Hirnanhangdrüse als auch in der Nebenniere ursächlich für einen erhöhten Cortisolspiegel sein. Ursächlich sind meist Tumore, sowohl gutartige als auch bösartige, im Bereich der Hirnanhangdrüse oder der Nebennieren.
Besteht ein (in aller Regel gutartiger) Tumor im Bereich der Hirnanhangdrüse, so handelt es sich um einen ACTH-anhängigen Hypercortisolismus, also ein Cushing-Syndrom, das durch die Fehlsteuerung des ACTH in der Hirnanhangdrüse verursacht ist. Diese Erkrankung wird auch Morbus Cushing genannt. Der Morbus Cushing ist die häufigste Form des endogenen Cushing Syndroms. Die ursächlichen Tumore im Bereich der Hirnanhangdrüse sind in der Regel sehr klein und können von der Ausdehnung her wenige Millimeter betragen. ACTH kann sich selten auch in Tumoren an anderer Stelle des Körpers bilden (ektopes oder paraneoplastisches Cushing-Syndrom).
In Ausnahmefällen kann ein Tumor im Bereich der Nebennierenrinde ursächlich für eine erhöhte Cortisolausschüttung und damit das Entstehen des Cushing-Syndroms sein. Andere seltene Störungen als Ursache sind ebenfalls denkbar.
Da das Cortisol auf so unterschiedlichen Ebenen in den Stoffwechsel eingreift, betreffen auch die Symptome beim Cushing-Syndrom ganz verschiedene Bereiche des Körpers:
Ebenso kommt es bei einem Cushing-Syndrom zu einer Erhöhung der Cholesterinwerte und zu einer Erhöhung des Blutdrucks aufgrund einer vermehrten Auswurfleistung des Herzens.
Aufgrund der Beschwerden kann bereits der Allgemeinmediziner (also der Hausarzt) den Verdacht haben, dass ein Cushing-Syndrom für die Beschwerden des Patienten ursächlich ist. Liegt keine exogene Ursache (Cortison-Einnahme) vor, erfolgt dann eine Überweisung an einen Facharzt für hormonelle Störungen, den Endokrinologen. Dieser führt zunächst ein Anamnesegespräch durch. Dabei stellt der Arzt insbesondere die folgenden Fragen:
Zusätzlich führt der Endokrinologe eine körperliche Untersuchung durch. In diesem Zusammenhang achtet der Arzt auf eventuelle Hautveränderungen. Durch das Abklopfen der Wirbelsäule wird abgeklärt, ob dort Schmerzen bestehen. Die Muskelkraft wird überprüft, indem der Patient aus der Hocke freihändig aufstehen soll.
Im Anschluss wird Blut abgenommen. Hier werden im Speziellen folgende Parameter untersucht:
Ebenso wird der Cortisolgehalt im Urin über 24 Stunden gemessen. Erhärten diese Untersuchungen den Verdacht auf ein Cushing-Syndrom, werden weitere Untersuchungen veranlasst: Hierbei erhält der Patient am Abend ein Glucocorticoid, also ein Cortison-Präparat, das im Körper in Cortisol umgewandelt wird. Bei einem gesunden Menschen ist das Präparat am nächsten Morgen deutlich reduziert beziehungsweise abgebaut, was in der Blutuntersuchung festgestellt werden kann. Sollte das Glucocorticoid nicht ausreichend abgebaut werden, ist ein Cushing-Syndrom wahrscheinlich.
Daran können sich weitere Tests anschließen. Mit diesen Tests lässt sich zuverlässig feststellen, ob ein Patient an dem Cushing-Syndrom leidet und weshalb es entstanden ist. Um herauszufinden, was das Cushing-Syndrom auslöst, ob die Ursache also in der Nebenniere selbst oder in der Hirnanhangdrüse besteht. Hierfür wird eine weitere Blutuntersuchung durchgeführt, bei der der ACTH-Wert bestimmt wird. Ist dieser erhöht, liegt die Ursache für die Erkrankung in der Hirnanhangdrüse, da das ACTH ein Hormon ist, das in der Hirnanhangdrüse produziert wird. Ist der ACTH-Wert nicht erhöht, wird das Cushing-Syndrom durch einen Tumor in einer der Nebennieren verursacht.
Mit Hilfe von bildgebenden Verfahren (MRT, Ultraschall, CT) lässt sich die Lage und Größe des Tumors feststellen.
Es gibt einige andere Erkrankungen, deren Symptome denen des Morbus Cushing stark ähneln. Im Rahmen der Differenzialdiagnose können die Ärzte feststellen, ob es sich tatsächlich um das Cushing-Syndrom handelt oder beispielsweise eine der folgenden Erkrankungen oder Faktoren für die Beschwerden ursächlich ist:
Die Therapie des Cushing-Syndroms hängt davon ab, welche Ursache vorliegt. Besteht ein exogenes Cushing-Syndrom, wird das Cortison-Präparat nach Möglichkeit allmählich abgesetzt. Beim endogenen Cushing-Syndrom richtet sich die Therapie danach, wo sich der Tumor befindet.
Ein Tumor im Bereich der Hirnanhangdrüse wird im Rahmen einer Operation entfernt. Der Operateur erreicht die Hirnanhangdrüse entweder über die Nase oder das Keilbein, einen Knochen des Schädels. Im Anschluss an die erfolgreiche Operation muss der Patient in der Regel eine Zeit lang künstliches Cortisol einnehmen, damit der Cortisolspiegel im Körper nicht zu schnell absinkt.
Ist eine Operation nicht möglich, können Medikamente (Adrenostatika) die Bildung von Cortisol unterdrücken. Allerdings haben diese starke Nebenwirkungen. Alternativ kommt eine Bestrahlung oder eine Chemotherapie in Betracht. Da die Operation jedoch das Mittel der Wahl ist, wird hierauf nur in Ausnahmefällen verzichtet. Hierzu zählen:
In einigen wenigen Fällen müssen die Nebennieren komplett entfernt werden, um das Cushing-Syndrom zu heilen. In der Folge müssen Patienten lebenslang künstliches Cortisol sowie Mineralocorticoide einnehmen, da die Nebennieren diese zuvor produziert haben.
Wichtig zu wissen ist, dass ein unbehandeltes Cushing-Syndrom eine ernsthafte Gefahr für die Gesundheit darstellt. Hierzu zählen das erhöhte Risiko für das Auftreten von Knochenbrüchen, Herzinfarkt und Schlaganfall.
Wird das Cushing-Syndrom durch einen Tumor der Hirnanhangdrüse ausgelöst und kann dieser operativ entfernt liegen, so stehen die Heilungschancen gut: Rund 80 Prozent der Patienten müssen nur kurzfristig Medikamente einnehmen. Diese können nach einem Einpendeln des Cortisolspiegels abgesetzt werden. Müssen die Nebennieren aufgrund eines dort bestehenden Tumors entfernt werden, ist eine lebenslange Einnahme von Medikamenten erforderlich. Allerdings bilden sich die Symptome des Cushing-Syndroms zurück. Ein durch Medikamente (meist Cortison) entstandenes Cushing-Syndrom bessert sich, nachdem die Zufuhr reduziert oder beendet wurde.
Einem endogenen (also einem im Körper verursachten) Cushing-Syndrom kann nicht vorgebeugt werden. Das exogene Cushing-Syndrom kann vermieden werden, wenn eine Cortison-Behandlung stets unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt wird und die Medikamenten-Dosis optimal eingestellt ist.
Weiterführende Informationen
Netzwerk Hypophysen- und Nebennierenerkrankungen e.V.: https://www.glandula-online.de/
Allianz chronisch seltener Erkrankungen: https://www.achse-online.de
Amboss – Cushing-Syndrom (Hypercortisolismus) https://www.amboss.com/de/wissen/Cushing-Syndrom (online, letzter Aufruf: 09.07.2019)
Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie – Cushing-Syndrom: https://www.endokrinologie.net/cushing-syndrom.php (online, letzter Aufruf: 06.07.2019)
Netdoktor, Marian Grosser; Martina Feichter – Cushing Syndrom: https://www.netdoktor.de/symptome/cushing-syndrom/ (online, letzter Aufruf: 06.07.2019)
aktualisiert am 12.11.2021