Infektionen mit Chlamydien betreffen viele Menschen, in Deutschland wird von einer halben Million Erkrankter ausgegangen. Die Bakterien gehören somit zu den häufigsten Erregern von sexuell übertragbaren Krankheiten. Bei den meisten Patienten nimmt die Chlamydien-Infektion einen leichten Verlauf oder verursacht keinerlei Symptome, sie kann aber auch weitreichende Folgen haben.
Der Erreger der Geschlechtskrankheit, Chlamydia trachomatis, tritt in verschiedenen Unterformen auf, die teils andere Auswirkungen nach sich ziehen können:
Außerdem werden die Arten Chlamydophila psittaci und Chlamydophila pneumoniae zu den Chlamydien gerechnet. Sie lösen andere Erkrankungen mit Atemwegs- und Lungenentzündungen aus und können verschiedene weitere Folgen haben.
Bei Infektionen mit Chlamydia trachomatis gehören zu den schwerwiegenden Folgen:
Durch die sexuell übertragbare Erkrankung mit Chlamydia trachomatis kommt es kurzfristig zu einer Entzündung an der Stelle des Körpers, an dem die Bakterien eindringen konnten. Daher kann es zu einer
Viele Fälle von Chlamydien-Infektionen bleiben aber unbemerkt. Knapp 80 Prozent der Frauen und ungefähr 50 Prozent der Männer haben bei der Infektion im Intimbereich keine Beschwerden. Das Problem der vielen unbemerkten Infektionen ist erstens die Gefahr, unbedacht den Erreger an andere Personen weiterzugeben. Dabei können sich auch Partner gegenseitig immer wieder anstecken. Zweitens kann auch eine symptomlose Infektion Folgen für Betroffene haben wie eine Unfruchtbarkeit.
Sowohl bei Frauen als auch bei Männern kann die Fruchtbarkeit aufgrund der Chlamydien-Infektion gestört sein. Deutlich häufiger sind Frauen davon betroffen.
Bei der Frau kann die Entzündung vom Muttermund nach oben in Richtung Gebärmutterschleimhaut, Eileiter, Becken und Bauchraum wandern. Dies wird als PID (Pelvic Inflammatory Disease) bezeichnet und kann auch durch andere Bakterien entstehen. Die Entzündung des Eileiters (Salpingitis) durch Chlamydien kann Narben und Verwachsungen zur Folge haben. Diese können das Innere des Eileiters blockieren. Chlamydien sind dadurch eine häufige Ursache für eine Unfruchtbarkeit der Frau oder für Eileiter- und Bauchhöhlenschwangerschaften. Ein verschlossener Eileiter wird zum größten Teil der Fälle (über 90 Prozent) durch eine Chlamydien-Infektion verursacht. Es ist davon auszugehen, dass in Deutschland deutlich mehr als 100.000 Frauen aufgrund von Chlamydia trachomatis keine Kinder bekommen.
Beim Mann kann es ebenfalls zu einer Ausbreitung der Infektion in den Geschlechtsorganen kommen. Die Entzündung kann die Prostata betreffen (Prostatitis) oder den Nebenhoden befallen (Epididymitis). Die Nebenhodenentzündung führt zu starken Schmerzen. Bei etwas mehr als einem Prozent der Männer mit einem Chlamydienbefall der Harnröhre kommt es zu einer Zeugungsunfähigkeit aufgrund einer aufsteigenden Entzündung.
Aufgrund einer Infektion mit Chlamydia trachomatis kann es zu entzündeten Gelenken kommen.
Diese Auswirkung wird reaktive Arthritis oder infektreaktive Arthritis genannt. Nicht die Chlamydien selbst lösen im Gelenk die Entzündung aus, sondern es handelt sich um eine dort stattfindende krankhafte Reaktion. Die reaktive Arthritis wird zu den rheumatischen Erkrankungen gezählt. Die reaktive Arthritis durch Chlamydien entwickelt sich öfter bei Männern als bei Frauen.
Typischerweise kommt es ein bis drei Wochen nach dem Ende der Beschwerden aufgrund der Harnröhreninfektion zur akuten Entzündung von Gelenken. Die Arthritis betrifft häufig Kniegelenk, Sprunggelenk oder Zehen, die Erscheinungsform ist allerdings variabel, die Unterscheidung von typischem Gelenkrheuma (rheumatoider Arthritis) ist nicht immer einfach. Darüber hinaus können die Sehnenscheiden betroffen sein. Manchmal entsteht zusätzlich zur Gelenkentzündung eine Entzündung in den Augen.
Beim Geburtsvorgang kann sich ein Baby infizieren, wenn die Mutter im Geburtskanal mit Chlamydien befallen ist. Dies geschieht bei 60 bis 70 Prozent der Neugeborenen, die von betroffenen Frauen auf natürlichem Weg zur Welt gebracht werden. Die Folgen können sein
Bei Schwangerschaften kommt es des Weiteren durch Chlamydien gehäuft zu Frühgeburten, zu Kindern mit Untergewicht oder zu einem verfrühten Blasensprung. Nach der Geburt können die Chlamydien außerdem bei der Mutter zu einer Entzündung der Gebärmutterschleimhaut und zur weiter aufsteigenden Infektion führen.
Eine Chlamydien-Infektion geht häufig mit weiteren Infektionskrankheiten einher, die über sexuelle Kontakte übertragen werden. Dazu gehören:
Bei einem Chlamydien-Befall ist es deshalb sinnvoll, einen Test auf solche weiteren sexuell übertragbaren Infektionen (STI) vorzunehmen.
Das Lymphogranuloma venereum ist ebenfalls sexuell übertragbar, verläuft aber anders als andere Chlamydien-Infektionen. Beim Lymphogranuloma venereum entwickelt sich an der Stelle der Infektion erst ein Bläschen und daraus ein Geschwür. In der Folge schwellen die Lymphknoten in der Umgebung an, was Schmerzen verursacht. Die entzündeten Lymphknoten können sich öffnen und bei der Abheilung entstehen Narben. Dies kann zu einem Aufstau der Lymphgefäße führen und im Laufe der Jahre eine starke Schwellung (Lymphödem, Elephantiasis), beispielsweise im Genitalbereich, nach sich ziehen. Ist die Infektion über analen Kontakt geschehen, kann es zu einer schweren Enddarmentzündung mit Geschwüren kommen, die sich durch Ausflüsse und Stuhldrang mit Schmerzen bemerkbar machen kann. In diesem Bereich kann es zu entzündlichen Gewebegängen (Fisteln) und eitrigen Hohlräumen (Abszessen) kommen. Narben, die sich verziehen und den Darm einengen können, sind ebenfalls möglich.
Zwei Erkrankungen an den Augen mit teils schweren Auswirkungen können durch verschiedene Chlamydien ausgelöst werden:
Das Trachom kommt fast nur in warmen Regionen der Welt vor, in denen schlechte Hygienebedingungen herrschen. Weltweit sind schätzungsweise sechs Millionen Menschen aufgrund des Trachoms blind. Damit ist es am zweithäufigsten von allen Erkrankungen für eine Erblindung von Menschen verantwortlich. Zuerst kommt es, häufig schon bei Kindern, zu einer Infektion mit den ursächlichen Chlamydien am Auge. Daraus entsteht eine Bindehautentzündung, bei der die Hornhaut beteiligt sein kann. Durch wiederholte Infektionen mit den Chlamydien und weiteren Infektionen mit anderen Bakterienarten kommt es zunehmend zur Vernarbung der Bindehaut, die sich dadurch immer mehr zusammenzieht. Das Lid rollt sich nach innen (Entropium) und durch das ständige Reiben des Lidrandes und der Wimpern kommt es an der Hornhaut zu einer Schädigung, Eintrübung und Entzündung. Die Schäden können so stark sein, dass es zur Erblindung der Betroffenen kommt.
Chlamydien, die sonst für die genitalen Infektionen verantwortlich sind, können auf die Augen übertragen werden. Das entsteht bei direktem Kontakt zu Menschen mit Chlamydienbefall, auch über die Finger nach Berühren der eigenen infizierten Schleimhaut (Genitalien, After) oder über verunreinigtes Wasser. Daher wird die Erkrankung auch Schwimmbad-Konjunktivitis genannt. Bei Neugeborenen können die Chlamydien während des Geburtsablaufs über die Schleimhaut der Mutter übertragen werden. Es entsteht eine Bindehautentzündung, die ohne rechtzeitige Behandlung chronisch wird und zu Narben der Bindehaut und Veränderungen der Hornhaut führt. Unter der richtigen Therapie heilt die Einschlusskörperchen-Konjunktivitis normalerweise folgenlos ab.
Deutsche Apotheker Zeitung, Dr. Hans-Peter Hanssen – Chlamydien-Infektion mit Folgen: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2008/daz-37-2008/chlamydien-infektionenmit-folgen (online, letzter Abruf: 23.04.2020)
Robert Koch Institut – Chlamydiosen (Teil 1): Erkrankungen durch Chlamydia trachomatis, RKI-Ratgeber: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Chlamydiosen_Teil1.html (online, letzter Abruf: 23.04.2020)
AWMF online, Dr. Viviane Bremer; Prof. Dr. Norbert H. Brockmeyer; PD Dr. Wolfgang Frobenius; Dr. Wolfgang Fuchs; Dr. Gisela Gille; Prof. Dr. Gert Gross; Dr. Dagmar Heuer; Prof. Dr. Peter Höger; Dr. Christine Klapp; Prof. Dr. Volker Klauss; Prof. Dr. Walter
Krause; Prof. Dr. Jens Gert Kuipers; Andrea Mais; Dr. Christoph Mayr; Prof. Dr. Elisabeth Messmer; PD Dr. Thomas Meyer; Prof. Dr. Harald Moi; Prof. Dr. Andreas Müller; Heidrun Nitschke; Prof. Dr. Andreas Plettenberg; Dr. Anja Potthoff; Prof. Dr. Klaus Püschel; Dr. Heinrich Rasokat; PD Dr. Sebastian M. Schmidt; Prof. Dr. August Stich; Prof. Dr. Eberhard Straube; Dr. Jochen Swoboda; Prof. Dr. Wolfgang Weidner – Infektionen mit Chlamydia trachomatis: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/059-005l_S2k_Chlamydia-trachomatis_Infektionen_2016-12.pdf (online, letzter Abruf: 23.04.2020)
aktualisiert am 23.04.2020