Bei Herzrhythmusstörungen, insbesondere bei Herzrasen (Tachykardie), empfiehlt es sich manchmal, einen speziellen Herzschrittmacher einzupflanzen, der die Herzaktionen kontrollieren und steuern kann. Ein solcher automatischer implantierbarer Cardioverter-Defibrillator (ICD, AICD-Schrittmacher) kann im Gegensatz zum herkömmlichen Schrittmacher nicht nur zu langsame, sondern auch zu schnelle Herzfrequenzen behandeln. Das Gerät wird durch eine langlebige Batterie angetrieben und erzielt seine Wirkung über Elektroden im Herzbereich.
Normalerweise werden im Herz, genauer in einem kleinen Knoten am rechten Herzvorhof (Sinusknoten), rhythmische elektrische Erregungen gebildet. Diese werden durch die Herzwand geleitet und führen zu einer Kontraktion des Herzmuskels, das Blut wird dadurch regelrecht durch den Kreislauf gepumpt. Bei Problemen in dieser Erregungsbildung und -leitung kommt es zu Rhythmusstörungen (Arrhythmien).
Verschiedene Gegebenheiten können zu solchen Herzrhythmusstörungen führen. Oftmals liegt eine Schädigung des Herzens vor, beispielsweise Herzklappenveränderungen mit starker Belastung des Herzens, Herzkranzgefäß-Verengungen (koronare Herzkrankheit, KHK), vorangegangene Herzinfarkte oder Herzmuskelentzündung (Myokarditis). Allerdings kann die Herzrhythmusstörung auch außerhalb des Herzens ausgelöst werden, z.B. durch bestimmte Substanzen (z.B. Koffein, Medikamente, Drogen, Nikotin), durch Schilddrüsenüberfunktion oder auch durch psychische Reaktionen.
Es werden verschiedene Formen von Herzrhythmusstörungen unterschieden. Grob unterteilt werden sie in zu schnellen Herzschlag (Tachykardie) und zu langsamen Herzschlag (Bradykardie). Die Normalfrequenz erwachsener Menschen liegt bei ungefähr 60 bis 100 Schlägen pro Minute.
Viele Herzrhythmusstörungen haben keine Symptome und richten auch keinen Schaden an. Verschiedene Arten können jedoch lebensbedrohlich werden. Mehrere Rhythmusstörungen können auch gleichzeitig auftreten.
Die unregelmäßige, verlangsamte oder beschleunigte Herztätigkeit wird oft direkt als Herzstolpern, Herzrasen oder ähnliches bemerkt.
Bei zu langsamer Herztätigkeit (Bradykardie) sinkt die Blutversorgung im Körper. Dies macht sich vor allem in Gehirn bemerkbar, es kommt unter anderem zu Müdigkeit und Schwindel. Der Patient kann bewusstlos werden.
Schlagen die Herzkammern zu schnell (ventrikuläre Tachykardie), dann ist die Pumpfunktion der einzelnen Schläge ungenügend, vor allem weil zwischen den Kontraktionen nicht ausreichend Blut in die Kammern fließen kann, und es kommt ebenfalls zur Minderdurchblutung des Körpers. Auch hier kann es zu Bewusstseinstrübungen und Schwindel bis hin zum Bewusstseinsverlust kommen. Atemstörungen können vorhanden sein, bisweilen besteht eine Angina pectoris (Brustenge, Schmerzen und Druck in der Brust, oft in andere Körperregionen ausstrahlend).
Beim Kammerflimmern schlägt das Herz so schnell (300 Schläge pro Minute und mehr), dass keine Pumpfunktion mehr ausgeübt wird. Dies ist von den Symptomen her mit einem Herzstillstand zu vergleichen, der Patient verliert in sehr kurzer Zeit das Bewusstsein. Ohne Behandlung kommt es zum Gewebeuntergang im Gehirn, was innerhalb von einigen Minuten so weit fortschreitet, dass es nicht wieder rückgängig gemacht werden kann. Nach etwa 10 Minuten verstirbt der Patient meist.
Es bestehen mehrere weitere Formen von Herzrhythmusstörungen, auf die hier nicht eingegangen werden soll, da eine Behandlung mit dem Cardioverter-Defibrillator bei den oben genannten Zuständen möglich ist.
Gelegentlich ergibt sich aus der Symptomatik, den Schilderungen des Patienten (Anamnese) und der körperlichen Untersuchung bereits die Verdachtsdiagnose einer Herzrhythmusstörung. Es wird ein EKG durchgeführt, in dem sich jeweils typische Veränderungen zeigen. Es empfiehlt sich auch ein Langzeit-EKG (24-Stunden-EKG), um Störungen aufzudecken, die nur zwischenzeitlich auftreten. Bisweilen werden weitere Untersuchungsmethoden angewendet, z.B. versuchsweise Gabe von Medikamenten oder eine so genannte elektro-physiologische Untersuchung (EPU) mittels Herzkatheter.
Da die Arten von Herzrhythmusstörungen ähnliche Symptome aufweisen können, müssen sie voneinander unterschieden werden.
Gering ausgeprägte Rhythmusstörungen brauchen oft gar nicht behandelt zu werden. Durch Arzneimittelgabe kann oft die Herztätigkeit wieder in einen normalen Rhythmus gebracht werden. Für jede Art der Rhythmusstörung werden bestimmte Medikamente eingesetzt, die in vier Klassen eingeteilt sind.
Es kann sinnvoll sein, bei einer Herzkatheteruntersuchung bestimmte Leitungsbündel durch Gewebezerstörung mittels Strom zu durchtrennen, so dass eine abnormale Erregung nicht mehr weiter übertragen werden kann.
Kammerflimmern wird notfallmäßig mit einem externen Defibrillator behandelt, der durch kurze starke Stromstöße die unkoordinierte Erregung durchbrechen kann. Ähnlich gestaltet sich die externe Kardioversion, meist in kurzer Narkose, die bei Herzrasen manchmal eingesetzt wird.
Sind die medikamentöse Therapie und weitere mögliche Behandlungsformen nicht ausreichend, um den Herzrhythmus zu normalisieren, dann kann es angezeigt sein, einen Defibrillator (ICD) einzusetzen. Ebenfalls kann das Gerät prophylaktisch eingepflanzt werden, wenn abzusehen ist, dass sich bald behandlungsbedürftige Herzrhythmusstörungen ergeben können.
Das Funktionsprinzip dieses Schrittmachers beinhaltet, dass bei Messung eines zu langsamen Herzschlags kleine elektrische Stöße an das Herz abgegeben werden. Bei zu schnellem Herzschlag (Tachykardie) sendet der Cardioverter-Defibrillator dagegen stärkere Stromimpulse aus, damit dies unterbunden wird. Das Gerät kann speziell auf die Verhältnisse angepasst programmiert werden.
Bei dem Eingriff wird unterhalb eines Schlüsselbeins in örtlicher Betäubung eine Tasche aus Gewebe hergestellt. In diese wird der Cardioverter-Defibrillator eingelegt.
Ist dies erfolgt, wird eine Elektrode über die Vene unterhalb des Schlüsselbeins (Vena subclavia) eingeschoben und bis innerhalb des Herzens gebracht. Positioniert wird die Elektrode für einem Einkammer-Defibrillator am unteren Ende der rechten Herzkammer. Wird ein Zweikammer-Defibrillator eingebaut, wird eine weitere Elektrode im rechten Herzvorhof fixiert. Das Vorschieben der Elektroden ähnelt einer Herzkatheter-Untersuchung und geschieht unter Durchleuchtung mit einem Röntgengerät. Die Elektroden werden daraufhin an den Cardioverter-Defibrillator angeschlossen.
Nach erfolgreicher Einbringung des Systems wird eine kurzzeitige Narkose eingeleitet, in der anhand von künstlich ausgelösten Rhythmusstörungen kontrolliert wird, ob der Schrittmacher funktioniert. Die ausgelösten Frequenzen werden durch weitere elektrische Impulse wieder rückgängig gemacht.
Manchmal ist es nötig, noch weitere Elektroden oder Sonden einzubringen. Komplikationen können es unter Umständen notwendig machen, andere Maßnahmen als geplant vorzunehmen.
Es besteht die Gefahr von Blutungen und Nachblutungen. In der Nähe liegende Strukturen können geschädigt werden, z.B. Nerven mit möglichen Lähmungserscheinungen, Taubheitsgefühl oder anderen Ausfällen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Herzmuskel geschädigt wird.
Auch die Lunge kann unter Umständen in Mitleidenschaft gezogen werden, bei Defekten im Rippenfell kann es zu Luftansammlungen kommen, die die Atmung behindern (Pneumothorax). An dieser Stelle sowie um das Herz herum kann es auch zu Ergüssen kommen, die die Funktion stark beeinträchtigen können. Entzündungen, Wundheilungsstörungen und Narbenbildungen können ebenfalls ausgelöst werden. Auch allergische Reaktionen sind möglich. Blutgerinnsel können sich bilden, die zu einer Mangeldurchblutung in verschiedenen Körperbereichen, z.B. auch der Lunge (Lungenembolie), führen können. Probleme mit dem Defibrillator-Gerät oder mit den Elektroden, z.B. Ausfall, Verschiebung, oder Beschädigung, können nicht ausgeschlossen werden.
Hinweis: Dieser Abschnitt kann nur einen kurzen Abriss über die gängigsten Risiken, Nebenwirkungen und Komplikationen geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Das Gespräch mit dem Arzt kann hierdurch nicht ersetzt werden.
Lebensbedrohliche Zustände (z.B. Kammerflimmern) werden durch den implantierbaren Cardioverter-Defibrillator in aller Regel zuverlässig erkannt und können durch die gezielte Stimulation aufgehoben werden.
Da Herzrhythmusstörungen oftmals in Folge anderer Erkrankungen auftreten, richtet sich die Prognose auch danach und nach der jeweiligen optimalen Behandlung.
Eventuell müssen Arzneimittel, die die Blutgerinnung hemmen, beispielsweise Aspirin® oder Marcumar®, sowie manchmal auch weitere Medikamente abgesetzt werden.
Am letzten Tag des Krankenhausaufenthalts wird das System erneut kontrolliert und mittels eines Programmiergerätes auf die individuellen Verhältnisse eingestellt.
Wenn der Cardioverter-Defibrillator zum ersten Mal einen Impuls abgibt, wird dies oft als kleiner Stoß vom Patienten bemerkt. Bisweilen kann auch eine Fehlauslösung auftreten, die unangenehm und schmerzhaft sein kann, aber in Kauf genommen wird, da lebensbedrohende Zustände durch das Gerät fast immer verhindert werden können.
Während der ersten Tage nach dem Eingriff dürfen insbesondere mit dem Arm, auf dessen Körperseite der Defibrillator einoperiert wurde, keine heftigen Bewegungen ausgeführt werden, damit sich Teile des Systems nicht verschieben. Auch Belastungen des ganzen Körpers sollten vermieden werden. Da die Gefahr des Bewusstseinsverlustes besteht, sollte nur in ärztlicher Absprache Auto gefahren werden. Auch andere Maschinen sollten nicht bedient werden, bei denen Unfälle passieren könnten. Beim Schwimmen kann dies ebenfalls gefährlich werden. Verschiedene Geräte und Einrichtungen können die Funktion des Defibrillators beeinträchtigen. Dazu gehören Hochspannungsanlagen, Elektromotoren, Reizstromapparate sowie weitere Geräte, die mit Strom oder Magneten arbeiten. In der Medizin kann daher z.B. auch ein MRT (Magnetresonanztomographie) negative Auswirkungen haben.
Regelmäßige Kontrollen des Systems und der Herzfunktion müssen durchgeführt werden und das Gerät eventuell neu eingestellt werden. Die versorgende Batterie kann nach einigen Jahren aufgebraucht sein und muss dann eventuell mitsamt des Schrittmachers gewechselt werden.
Sollten Besonderheiten auffällig werden, die auf eine Komplikation oder auf eine Fehlfunktion des Cardioverter-Defibrillators hinweisen könnten, sollte kurzfristig der Arzt informiert werden.
aktualisiert am 16.11.2023