Das bullöse Pemphigoid (von lateinisch bullosus = blasig und altgriechisch pemphix = Blase) ist eine seltene Hauterkrankung, die besonders ältere Menschen nach dem 60. Lebensjahr betrifft. Durch eine Fehlsteuerung unbekannter Ursache kommt es zu einem Angriff auf Hautzellen durch das körpereigene Immunsystem. Folge ist die Bildung großer, praller, gespannter, meist juckender Blasen über den gesamten Körper. Die Blasen sind mit einer klaren oder blutigen Flüssigkeit gefüllt. Zur Behandlung werden Medikamente eingesetzt, die zu einer Unterdrückung des Immunsystems führen.
Das bullöse Pemphigoid ist eine Autoimmunerkrankung, bei der sich das Immunsystem gegen Hautbestandteile richtet. Die Funktion des Immunsystems ist die Abwehr von Eindringlingen wie Bakterien oder Viren, von schädlichen Fremdstoffen oder von krankhaft veränderten Zellen (zum Beispiel Tumorzellen). Gelangen beispielsweise Krankheitserreger in den Körper, werden bestimmte Proteine – sogenannte Antikörper – gebildet. Sie heften sich an die Eindringlinge und markieren sie so als fremd. Dadurch wird eine Abwehrreaktion in Gang gesetzt mit dem Ziel, die Erreger zu zerstören. Bei einer Autoimmunerkrankung richtet sich das Immunsystem aufgrund einer Fehlsteuerung gegen gesunde körpereigene Bestandteile. In diesem Fall werden die Antikörper als Autoantikörper bezeichnet. Beim bullösen Pemphigoid sind die Angriffspunkte der Autoantikörper zwei Proteine, die in der Haut, genauer in der sogenannten Basalmembran zwischen Oberhaut und Lederhaut liegen. Eine Immunreaktion wird in Gang gesetzt, was zur Aktivierung verschiedener Enzyme führt. Dadurch kommt es zu einer Lösung der Verbindung zwischen den beiden Hautschichten. Gewebsflüssigkeit tritt ein und es kommt zu der typischen Blasenbildung.
Die Ursache für die Autoimmunreaktion ist unbekannt. Es scheint aber, dass die Einnahme einiger Medikamente das Risiko erhöhen, am bullösen Pemphigoid zu erkranken. Zu diesen Medikamenten gehören Gliptine (zur Behandlung von Diabetes mellitus), Furosemid (zur Entwässerung) oder verschiedene Antibiotika. Bestimmte Hautkrankheiten wie Schuppenflechte oder weitere Erkrankungen scheinen das bullöse Pemphigoid ebenfalls zu begünstigen. Außerdem können Faktoren wie UV-Strahlung eine Rolle spielen.
Das erste Symptom des bullösen Pemphigoids ist Juckreiz. Nach Wochen, Monaten oder teilweise auch Jahren kommt es zunächst zur Entwicklung von großen erhöhten Bereichen auf der Haut (einer Quaddel ähnlich). Aus diesen entwickeln sich große, feste, stark juckende und spannende Blasen. Die Blasen können einige Millimeter bis wenige Zentimeter groß sein. Sie enthalten klare oder gelbliche, manchmal blutige, zähe Gewebsflüssigkeit. Die umgebende Haut kann normal aussehen oder gerötet und entzündet sein. Da sich die Blasen aus der äußersten Hautschicht entwickeln, sind sie sehr stabil. Wenn sie dennoch platzen, entwickeln sich blutig-krustige, oberflächliche Hautdefekte, die ohne Narbenbildung abheilen. Die Blasen können beim bullösen Pemphigoid am ganzen Körper entstehen. Am häufigsten treten sie jedoch an der Innenseite der Beine, am Bauch, in der Leiste, der Beugeseite der Arme und in den Achselhöhlen auf. In etwa 20 Prozent der Fälle ist auch die Schleimhaut (Mund) betroffen.
Anhand der Krankengeschichte und durch die Betrachtung der Hautveränderungen kann der Hautarzt in Regel bereits eine Verdachtsdiagnose stellen. Zur Diagnosesicherung wird eine Gewebeprobeaus der Hautveränderung genommen und im Labor beurteilt. Beweisend ist die Spaltbildung zwischen Leder- und Oberhaut mit Nachweis von Antikörpern in diesem Zwischenraum. Die Antikörper lassen sich hierbei anhand einer speziellen Färbemethode, der direkten Immunfluoreszenz (DIF), sichtbar machen. Im Blut können zudem häufig Autoantikörper nachgewiesen werden. Meist gehen höhere Autoantikörper-Konzentrationen im Blut mit einer schwereren Erkrankungsphase einher.
Es gibt einige weitere blasenbildende Erkrankungen der Haut, die ähnliche Veränderungen wie ein bullöses Pemphigoid hervorrufen. Dazu gehören:
Ziel der Behandlung ist es, die Blasenbildung und den intensiven Juckreiz zu stoppen, indem die überschießende Immunreaktion unterdrückt wird. Die Bildung von Autoantikörpern soll verhindert werden. Zum Einsatz kommen vor allem Glucocorticoide (Cortison-Präparate). Je nach Schwere der Symptome erfolgt eine äußerliche oder auch eine innerliche Therapie.
In leichten Fällen kann eine äußerliche Behandlung mit Glucocorticoiden ausreichen, um die Hautveränderung zum Abklingen zu bringen. Häufig kommt es jedoch zum erneuten Auftreten der Blasen. Nach Rücksprache mit dem Hautarzt kann die frühzeitige Behandlung beginnender Hautrötungen mit Cortison die Blasenbildung verhindern.
Bei schwererem Verlauf, wenn größere Hautflächen betroffen sind oder sich ständig neue Blasen bilden, werden zusätzlich cortisonhaltige Tabletten eingesetzt. Dies ist in einem großen Teil der Fälle notwendig. Eine Besserung stellt sich oft schon nach wenigen Tagen ein. Dann wird eine schrittweise Reduzierung der Cortisondosierung vorgenommen. Oft kann das Medikament nach vollständigem Rückgang der Hautveränderungen abgesetzt werden. Manchmal ist eine Dauertherapie in einer sehr niedrigen Dosis angezeigt.
Bei unzureichendem Erfolg mit Glucocorticoiden oder sehr schweren Verlaufsformen wird eine Kombinationsbehandlung mit weiteren Medikamenten durchgeführt. Dabei werden Mittel eingesetzt, die zu einer Unterdrückung des Immunsystems führen (Immunsuppressiva), oder entzündungshemmende Wirkstoffe. Zum Einsatz kommen beispielsweise Methotrexat, Azathioprin oder Doxycyclin.
Bei chronischem Verlauf ist es wichtig, erste Hautveränderungen wie gerötete oder juckende Stellen umgehend dem Hautarzt vorzustellen. So kann zielgerichtet mit einer Therapie begonnen werden, ohne dass sich erneut Blasen bilden. Bei Dauertherapie mit Glucocorticoiden oder anderen Immunsuppressiva sollten regelmäßig Blutuntersuchungen beim Arzt durchgeführt werden. Diese sind erforderlich, um sicherzugehen, dass das Medikament gut vertragen wird.
Das bullöse Pemphigoid ist eine chronische Erkrankung, die ohne Behandlung schwere Verlaufsformen nehmen kann. In einzelnen Fällen kann sie sogar tödlich enden. Normalerweise lässt sich die Krankheit aber gut therapieren. Heilbar ist das bullöse Pemphigoid allerdings nicht.
Mit Medikamenten lassen sich die Symptome rasch lindern, teilweise ist jedoch eine lebenslange Therapie notwendig. Außerdem ist zu beachten, dass die eingesetzten Medikamente zwar helfen, aber auch Nebenwirkungen haben. Daher ist es wichtig, eine möglichst niedrige Dosierung zu finden oder die Wirkung mit Hilfe weiterer Medikamente zu verstärken.
MSD Manual, Daniel M. Peraza – Bullöses Pemphigoid: https://www.msdmanuals.com/de-de/profi/erkrankungen-der-haut/bullöse-erkrankungen/bullöses-pemphigoid (online, letzter Abruf: 09.03.2023)
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein – Zentrum für bullöse Autoimmundermatosen: https://www.uksh.de/dermatologie-luebeck/Leistungsspektrum/Zentrum+für+bullöse+Autoimmundermatosen/Erkrankungen/Bullöses+Pemphigoid.html (online, letzter Abruf: 09.03.2023)
aktualisiert am 09.03.2023