Die Bulimie, was wörtlich aus dem Griechischen übersetzt Ochsenhunger bedeutet und auch als Ess-Brechsucht bezeichnet wird, gehört zu den Essstörungen. Die Betroffenen nehmen anfallsartig große Mengen an Nahrung zu sich, die sie anschließend wieder erbrechen. Menschen, die an Bulimie erkrankt sind (überwiegend Frauen), leiden unter der krankhaften Vorstellung, zu dick zu sein. Im Gegensatz zur Magersucht sind die Menschen, die an einer Bulimie erkrankt sind, normalgewichtig.
Auch wenn man sich über die Ursache der Bulimie noch nicht endgültig im Klaren ist, so gibt es doch eine Reihe Faktoren, die bei der Entstehung dieser Essstörung zusammenspielen und sie letztendlich auslösen. Betroffen sind überwiegend Frauen im Alter zwischen 20 und 30 Jahren, doch auch junge Männer können an Bulimie erkranken. Ohne professionelle Hilfe überwinden die meisten Betroffenen die Bulimie nicht, bei etwa 40 Prozent der Erkrankten kommt es zu einem chronischen Verlauf.
Obwohl die Ursachen der Entstehung einer Bulimie noch nicht abschließend geklärt wurden, geht man von einem Zusammenspiel verschiedener Faktoren aus, die die Bulimie auslösen:
An Bulimie erkrankte Menschen sind meist normalgewichtig und unterscheiden sich hierdurch zum Beispiel von Magersüchtigen. Typische Symptome der Bulimie sind anfallsartig auftretende Essattacken mit Heißhunger, nach denen die Kalorienzufuhr meist durch Erbrechen wieder rückgängig gemacht wird. Während der Essattacken schaffen es manche Betroffene, bis zu 5000 bis 10.000 Kalorien zu sich zu nehmen. Dies passiert in der Regel heimlich, etwa zweimal wöchentlich und mindestens über drei Monate hinweg. Währenddessen haben die Betroffenen das Gefühl, die Kontrolle über ihren Körper zu verlieren. Diese gilt es daher anschließend zurück zu gewinnen, indem die Kalorien wieder aus dem Körper entfernt werden. Die meisten Betroffenen erbrechen sich, missbrauchen Abführ- oder Brechmittel, legen Hunger- oder intensive Sportphasen ein. Aus diesem Wechsel zwischen Essattacken und Erbrechen hat sich der umgangssprachliche Name dieser Krankheit, die Ess-Brechsucht, hergeleitet.Nicht selten gehen mit einer Bulimie auch noch andere körperliche oder seelische Störungen einher. Dazu gehören Depressionen und Minderwertigkeitsgefühle, selbstverletzendes Verhalten oder starker Alkohol- und Nikotinkonsum.
Wie man sich leicht vorstellen kann, leidet auch der Körper unter diesem Wechsel von starker Kalorienzufuhr und anschließendem Erbrechen. Die Magensäure greift die Speiseröhre (Schleimhautentzündungen), den Magen (Magenentzündung) und die Zähne an (Karies entsteht leichter), im schlimmsten Fall kann es zu Blutungen und Durchbrüchen innerer Organe kommen. Durch das Erbrechen verliert der Körper wichtige Salze wie zum Beispiel Kalium, so dass die Entstehung von Herzrhythmusstörungen begünstigt ist. Wird das Erbrochene fälschlicherweise eingeatmet und gerät in die Lunge, kann es zu Lungenentzündungen kommen.
Die Betroffenen ziehen sich meist immer mehr aus ihrem sozialen Umfeld zurück und konzentrieren all ihre Kräfte auf das Essen, Brechen oder die anschließende Diät.
Die Diagnose einer Bulimie ist nicht immer einfach, da die meisten Betroffenen nur ungern über ihre Essstörung sprechen oder diese ganz verheimlichen, meist aus dem Glauben heraus, damit alleine klar zu kommen. Es sollten daher ausführliche Gespräche mit einem Arzt beziehungsweise Therapeuten stattfinden, zur besseren Einschätzung eventuell auch in Begleitung von einem guten Freund oder einem Familienangehörigen, um ein gutes Vertrauensverhältnis aufzubauen.
Neben der ausführlichen Anamnese sollte auch eine gründliche körperliche Untersuchung stattfinden, um bereits vorhandene mögliche körperliche Folgeerkrankungen er Bulimie festzustellen und zu behandeln. Dazu gehören neben der äußerlichen körperlichen Untersuchung die Untersuchungen des Blutes, des Herzens mittels einer Elektrokardiographie (EKG), bei Verdacht auf eine Nierenschädigung ein Ultraschall oder bei langem Bestehen eine Untersuchung der Speiseröhre und des Magens durch eine Magenspiegelung (Gastroskopie).
Von einer Bulimie sollten Erkrankungen abgegrenzt werden, die ebenfalls zu einem gestörten Essverhalten führen können. In erster Linie sollten die Magersucht (Anorexia nervosa) sowie die so genannte Binge-Eating-Störung von der Bulimie unterschieden werden. Außerdem können eine einige psychiatrische Erkrankungen auch zu einem bulimischen Essverhalten führen. Dazu gehören beispielsweise die affektiven Störungen, schizophrenen Psychosen oder Zwangserkrankungen. Nicht zuletzt sollte auch an Erkrankungen des Gehirns, wie zum Beispiel Hirntumoren oder Epilepsie, gedacht werden.
Bei der Therapie der Bulimie steht die Psychotherapie, anfänglich eventuell von einer medikamentösen (antidepressiven) Therapie begleitet, ganz klar im Vordergrund. Dabei muss individuell entschieden werden, ob eine Verhaltenstherapie oder eine Psychoanalyse besser für die erkrankte Person geeignet ist. Voraussetzung hierfür ist, dass der Betroffene sich eingesteht, krank zu sein, in der Lage ist, Hilfe anzunehmen und auch tatsächlich wieder gesund werden möchte. In Abhängigkeit von der Länge der Erkrankung und dem körperlichen und seelischen Zustand des Betroffenen sollte dann abgewägt werden, ob die Therapie ambulant oder für eine Zeit lang stationär erfolgen sollte.
Während der Psychotherapie sollte unter anderem nach den Ursachen für das gestörte Essverhalten gesucht werden, der Betroffene sollte lernen, schwierigen Situationen anders als mit einer Essstörung zu begegnen, seinen eigenen Körper wieder realistisch wahrzunehmen und an Selbstwertgefühl zu gewinnen. Auch das Aufsuchen einer Selbsthilfegruppe, wo sich der Betroffene mit anderen Erkrankten austauschen kann, kann sehr sinnvoll sein.
Außerdem sollte eine umfassende Ernährungsberatung stattfinden, während der allmählich ein neues, gesundes und regelmäßiges Essverhalten geübt werden soll.
Die Prognose der Bulimie kann zwar nicht als äußerst gut bezeichnet werden, aber immerhin wird etwa die Hälfte der Betroffenen wieder gesund. Von den verbleibenden 50 Prozent bessert sich die Symptomatik bei rund 30 Prozent, während 20 Prozent nicht aus dem Teufelskreis von übermäßigem Essen und Erbrechen herauskommen. Leider bekommt auch die Hälfte der zunächst wieder Gesunden einen Rückfall. Man hat herausgefunden, dass die Prognose umso schlechter ist, je später die Krankheit begonnen hat.
Letzte Aktualisierung am 13.04.2021.